Symbolik im Kalachakra bezüglich des Weltfriedens

Kalachakra, was Zyklen der Zeit bedeutet, hat, wie jede Tantra-Praxis, viele Ebenen der Symbolik. Die Symbolik offenbart sich in dem Weltbild, das Kalachakra in Form eines Mandala-Palastes darstellt und in 722 Buddha-Figuren die sich darin und darum herum aufhalten. Traditionelle Texte erklären die Symbolik als Verwirklichung verschiedener Aspekte des Kalachakra-Pfades zur Erleuchtung. Da die Kalachakra-Initiation jedoch mit der Förderung des Weltfriedens in Verbindung gebracht wird, dürfen wir auch über die Symbole bezüglich der Themen nachdenken, die wichtig sind, um dieses Ziel zu erreichen.
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Die Vereinigung von Gegensätzen

Ein auffallendes Merkmal im Kalachakra ist die Verbindung von Aspekten auf den sich gegenüberliegenden Seiten des Mandala-Palastes. Daher sind die beiden Seiten in Harmonie und Freude, als gegenseitige Ergänzungen und weniger als Gegensätze.

Jede Richtung im Kalachakra-Mandala ist mit einer Farbe, einem Element, einem Symbol, einer störenden Emotion und einem tiefen Gewahrsein (Weisheit) verbunden. Jede Richtung wird auch durch eine Buddha-Gestalt (Dhyani-Buddha) repräsentiert. Mit den vier Himmelsrichtungen Ost, West, Nord und Süd ist jeweils auch einer der vier Aspekte eines Individuums verbunden (Körper, Sprache, Geist und freudvolles tiefes Gewahrsein) sowie einer der vier Anlässe, bei denen die Winde unseres Karmas Erscheinungen entstehen lassen.

Die Vereinigung der Gegensätze wird durch Paare dargestellt, die sich in Vereinigung umarmen. Dabei ist diese Vereinigung kein Bild um pornographischen Sex zu illustrieren. Sie ist auch kein Bild, für die Vereinigung des männlichen und weiblichen Prinzips. Im Tibetischen wird das Paar als yab-yum bezeichnet, was „Vater“ und „Mutter“ bedeutet. Die Vereinigung von Vater und Mutter als sich ergänzende Kräfte, bringt Frieden und Erleuchtung als ihr Kind hervor. Auf der Ebene, die allen buddhistischen Praktiken gemeinsam ist, stehen Vater und Mutter für Methode und Weisheit.

Die Ost-West-Achse

Der Osten ist

  • schwarz,
  • Wind (Bewegung),
  • ein Schwert,
  • Eifersucht und Neid,
  • vollbringendes tiefes Gewahrsein,
  • Geist,
  • tiefer traumloser Schlaf,
  • Amoghasiddhi.

Der Osten wird vom Westen umarmt und umarmt diesen. Der Westen ist

  • gelb,
  • Erde (Ruhe),
  • ein Dharma-Rad (Religion),
  • Naivität,
  • spiegelgleiches tiefes Gewahrsein,
  • glückseliges tiefes Gewahrsein,
  • Anlässe höchster Freude,
  • Vairochana.

Schwarzer Wind passt zu gelber Erde. Wind und Erde stehen sich oftmals feindlich gegenüber. Wind kann von einem Erdwall aufgehalten werden und lose Erde kann vom Wind fort geblasen werden. Sie repräsentieren auch die Pole Bewegung und Ruhe. Jedoch kann die Energie, die durch den Wind symbolisiert wird, mit physikalischer Materie, die durch Erde symbolisiert wird, in einer Art zusammenarbeiten, die der Welt technologischen Nutzen bringt.

Das schwarze Schwert passt zum gelben Dharmarad der Religion. Ein schwarzes Schwert bewegt sich durch den schwarzen Wind und kann Dinge zerstören. Ein gelbes Dharmarad rollt auf der gelben Erde und kann religiösen Fanatismus verbreiten, indem es versucht, jeden zu zwingen, seinen Doktrinen zu folgen, wie bei einem Kreuzzug oder einer Inquisition. Die zerstörerischen Aspekte des Schwertes und des Rades der Religion können sich gegenseitig verstärken. Ein Schwert kann aber auch Unwissenheit durchschneiden und ein Rad der Religion kann ethische Werte stärken. In Harmonie miteinander können sie Frieden bringen.

Neid und Naivität (in Bezug auf Situationen, Ursache und Wirkung und in Bezug auf die Art und Weise, wie etwas zu tun ist) nähren sich oft gegenseitig. Wenn der Osten neidisch ist auf das, was der Westen materiell erreicht hat und wenn der Westen unwissend ist in Bezug auf die Situation im Osten und auf die Auswirkungen der eigenen Politik auf die Menschen dort, können Konflikte entstehen. Wenn jedoch beide Seiten die Weisheit erlangen, offen zu sein und sie die aktuelle Lage betrachten und die Wirkung ihrer Einstellung und Politik auf sie selbst und auf einander, dann werden beide Seiten die Weisheit erlangen, wie das zu erreichen ist, was für alle am besten ist.

Das Streben des Geistes und des Verstandes kann in Konflikt geraten mit dem Streben nach Vergnügen. Wenn jedoch Verstand und Freizeitvergnügen in Harmonie und Gleichgewicht sind, führt das zu einem friedlichen Geisteszustand und einer friedlichen Gesellschaft.

Wenn tiefer Schlaf als höchstes Vergnügen betrachtet wird, verharrt man in Unwissenheit und Naivität und wird nie etwas erreichen. Wenn andererseits die ganze Absorption des Geistes, ähnlich wie sie im traumlosen Schlaf auftritt, in der Meditation auf eine glückselige Erkenntnis von Leerheit konzentriert wird, durchschneidet man die Unwissenheit, die Wurzel allen Leidens und aller Probleme. Dies führt zu einem friedlichen Zustand der Befreiung und Erleuchtung.

Norden und Süden

Der Norden steht für

  • weiß,
  • Wasser (kalt),
  • einen Lotus,
  • Gier und Verlangen,
  • individualisierendes tiefes Gewahrsein,
  • Körper,
  • Wachzustand,
  • Amitabha.

Der Norden wird vom Süden umschlossen und umschließt diesen.

Der Süden ist

  • rot,
  • Feuer (heiß),
  • ein Juwel,
  • Knauserigkeit, Geiz, Arroganz,
  • gleichsetzendes tiefes Gewahrsein,
  • Rede,
  • Traumzustand,
  • Ratnasambhava.

Weißes Wasser (wie etwa Schnee) passt zu rotem Feuer. Wasser und Feuer können Feinde sein. Wasser löscht Feuer; Feuer verkocht Wasser. Sie stehen auch für die Pole Hitze und Kälte. Die beiden können aber auch zusammenarbeiten um etwa Dampfenergie zu erzeugen und technologischen Fortschritt bringen.

Der weiße Lotus passt zum roten Juwel. Ein weißer Lotus wächst aus weißem Wasser und kann wirtschaftliches Wachstum und Fortschritt symbolisieren. Ein roter Juwel, der wie rotes Feuer strahlt und scheint, kann für den Reichtum und Überfluss der Umwelt und ihrer natürlichen Schätze stehen. Wenn die Gier und das Verlangen die Schätze des Südens auszubeuten, das Drängen des Nordens nach wirtschaftlichem Wachstum antreiben, können solche Einstellungen zu Erschöpfung der Ressourcen und Zerstörung der Umwelt führen. Wenn der Süden stolz ist auf seine Reichtümer und statt sie gerecht zu teilen, um den industriellen Bedarf zu decken, stattdessen als Druckmittel nutzt, um seine politischen Ziele zu erreichen, kann das die Wirtschaft ruinieren.

Jedoch können Wärme und Sonnenschein in ausgewogener Menge den Lotus prächtiger wachsen lassen. Wenn die Umwelt ökologisch gesund und widerstandsfähig ist, kann sie in ausreichender Menge Rohstoffe für wirtschaftliches Wachstum hervorbringen, um die Bedürfnisse aller zu befriedigen. Das führt zu Frieden. Wenn darüber hinaus der Norden und der Süden die Weisheit erlangen, zu sehen, dass jeder gleich ist und sie die individuellen Bedürfnisse jedes Einzelnen und der Gesellschaft erkennen, profitieren beide davon und sie teilen auf eine Art und Weise, die jedem gerecht wird.

Wenn das, was man sagt, sich unterscheidet, von dem, was man tut, können Konflikte entstehen zwischen Menschen und zwischen Nationen. Wenn Worte und Taten in Harmonie sind, gibt es eine größere Aussicht auf Frieden.

Wenn man sich im Wachzustand in Träumen verliert, ist man ohne Bezug zur Realität und schafft für alle Probleme. Wenn man andererseits erkennt, dass die Erscheinungen, die man im Wachzustand erfährt, wie eine Illusion ähnlich den Träumen sind, dann durchschaut man die scheinbare Solidität der Erscheinungen, die als unüberwindliche Probleme und Konflikte erscheinen. Wie eine Illusion entstehen sie aus Ursachen und Bedingungen und sie haben nur solange Bestand, wie die Bedingungen es zulassen. Diese Einsicht führt dazu, friedliche Lösungen zu finden.

Die Achse Oben-Unten

Oben ist

  • grün,
  • Raum oder Himmel (außen),
  • ein Vajra (ein Zepter, hart wie Diamant) (Blitz und Donner),
  • Ärger,
  • tiefes Gewahrsein der Wirklichkeit,
  • Akshobhya.

Oben ist von Unten eingeschlossen und umschließt dieses.

Unten ist

  • blau,
  • tiefes und weites Gewahrsein (innen), wie der Ozean,
  • eine Glocke mit einem Vajra-Griff,
  • begrenztes Gewahrsein,
  • Klares-Licht-Gewahrsein von allem,
  • Vajrasattva.

Grüner Raum passt zu blauem, ozean-tiefem Gewahrsein. Der Raum (der Himmel) und der Ozean scheinen sich in entgegengesetzte Richtungen zu bewegen, aber Himmel und Ozean können am Horizont harmonisch zusammentreffen. Geht man nach draußen in den äußeren Raum, kann man vergessen, in das tiefe Gewahrsein der ozeangleichen Tiefe des Geistes zu gehen. Wenn man bei der Erkundung des Inneren zu weit geht, kann man vergessen, die Welt draußen zu erkunden. Alle, Oben und Unten, Innen, wie Außen, sind nötig für Frieden und Harmonie.

Das grüne Vajra (ein Zepter, hart wie Diamant) steht für Methode – Mitgefühl. Die blaue Glocke mit dem Vajra-Griff steht für Weisheit. Wenn man nur Liebe und Mitgefühl besitzt, ohne Weisheit oder nur Weisheit ohne Mitgefühl, dann kann das zu Problemen führen. Man braucht beide in harmonischem Gleichgewicht.

Das diamant-harte Zepter ist wie ein grüner Blitz am grünen Himmel. Der Blitz ist entschieden und scharf, wie das Mitgefühl, das bestimmt und scharf sein muss, um das Leiden anderer zu beseitigen. Die Glocke klingt tief und ihr Klang hallt weit, wie die Weisheit des tiefen und weiten blauen Ozeans. Wie der Ozean muss Weisheit tief und weit sein, um alles in Betracht zu ziehen. Alles in Betracht zu ziehen und gleichzeitig bestimmt und stark zu sein kann unter Anspannung zu Konflikten führen. Eine friedliche Problemlösung benötigt jedoch beides in harmonischem Gleichgewicht.

Ärger auf der einen Seite und begrenztes Gewahrsein auf der anderen, können sich gegenseitig verstärken und zu Konflikten führen. Wenn die Menschen an der Spitze der Gesellschaft feindselig, wütend und aggressiv sind, und die am Fuße der Gesellschaft begrenztes Gewahrsein und begrenzte Bildung besitzen, kann es große Probleme geben. Wenn beide Seiten die Weisheit der Wirklichkeit erlangen und das Klare-Licht-Gewahrsein von allem, dann haben die Menschen überall eine größere Chance, in Frieden zu leben.

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