Politische Manöver Tibets Ende des 8. Jahrhunderts

Tibetische Beziehungen mit China

Tibet und China nahmen im Jahr 608 erstmals diplomatische Beziehungen auf, was dadurch geschah, dass der Vater von König Songtsen-gampo, Namri-lontsen (tib. gNam-ri slon-mtshan), zur Zeit der Sui-Dynastie, die erste tibetische Gesandtschaft an den chinesischen Hof sandte. Songtsen-gampo wiederum hatte im Jahr 634 eine Gesandtschaft an den Hof der Tang geschickt und im Jahr 641 die Han-chinesische Prinzessin Wencheng geheiratet. Vier Jahre später gab er den Bau des ersten tibetischen Tempels auf dem Wutaishan (Wu-t‘ ai shan, tib. Ri-bo rtse-lnga) in Auftrag, dem heiligen Berg der chinesischen Buddhisten südwestlich von Peking. Trotz häufiger Scharmützel zwischen den beiden Reichen, sandte Tibet seither regelmäßig weitere Boten an den Hof der Tang.

König Me-agtsom zeigte ein Jahrhundert später besonderes Interesse am Han-chinesischen Buddhismus, zweifellos aufgrund des Einflusses seiner Han-chinesischen buddhistischen Ehefrau, Königin Jincheng. Trotz des geschwächten Position des Buddhismus in Tang-China – der Kaiser Xuanzong hatte den Buddhisten in Tang-China 740 Beschränkungen aufgebürdet – sandte der Imperator Me-agtsom 751 eine Gesandtschaft dorthin, um mehr über die Religion zu erfahren. Das Interesse, das sein Sohn, der zukünftige tibetische König Tri Songdetsen (tib. Khri Srong-lbe-btsan) (742 – 797) am Buddhismus zeigte, hat wahrscheinlich auch seine Delegation der Mission angeregt. Die Delegation der Mission wurde von Ba Sangshi (tib. sBa Sang-shi), dem Sohn eines früheren Gesandten am Tang-Hof, angeführt.

Im Jahr 755 ermordeten fremdenfeindliche oppositionelle Minister den König Me-agtsom. Dabei handelte es sich um dieselbe Interessengruppe, die sechzehn Jahre zuvor die Han-chinesischen und khotanesischen Mönche aus Tibet vertrieben hatten, welche die ethnische Han-chinesische kaiserliche Prinzessin Jincheng eingeladen hatte. Die Ermordung geschah im selben Jahr wie die Rebellion von An Lushan und, wie zuvor, hatten die Minister wahrscheinlich gefürchtet, dass des Königs Neigung zum Buddhismus und Hang nach Tang-China Unglück über Tibet bringen könnte. Vielleicht wurden sie zu diesem dreisten Schritt auch dadurch ermutigt, dass die Abbasiden das umayyadischen Kalifats im Jahr 750 stürzten und die An Lushan eine Rebellion anzettelte. Sich an die Angriffe gegen den Han-chinesischen Buddhismus erinnernd, die von An Lushan verübt wurden, initiierten die ausländerfeindlichen Minister, dass der Buddhismus in Tibet sechs Jahre lang unterdrückt wurde. Ziel der Unterdrückung war aber wahrscheinlich eher die Pro-Tang-Partei am Hofe.

Die Einladung von Shantarakshita nach Tibet

Die Delegation nach China, die von Ba Sangshi angeführt wurde, kehrte im Jahr 756 nach Tibet zurück und brachte buddhistische Texte mit. Ba Sangshi verbarg die Texte zeitweise aufgrund der anti-buddhistischen Stimmung, die damals vorherrschte, ermutigte aber Tri Songdetsen, der zu dieser Zeit noch unmündig war, in die Richtung des Buddhismus zu gehen.

Im Jahr 761 erreichte Tri Songdetsen das Erwachsenenalter und erklärte sich, nachdem er den Thron bestiegen hatte, selbst offiziell zum Buddhisten. Dann sandte er eine Delegation ins kürzlich gegründeten Pala-Reich (750 – Ende des 12. Jahrhunderts) in Nordindien. Er betraute die von Selnang (tib. gSal-snang) geleitete Mission damit, den buddhistischen Meister Shantarakshita, den Abt von Nalanda, das erste Mal nach Tibet einzuladen.

Kurz nach der Ankunft des indischen Abts brach eine Pockenepidemie in Tibet aus. Die xenophobische Partei am Hof machte den fremden Mönch für die Epidemie verantwortlich und verjagte ihn aus Tibet, so wie sie es mit den Han-chinesischen und khotanesischen Mönchen in Tibet getan hatten, als im Jahr 739 eine ähnliche Epidemie ausbrach.

Tri Songdetsen ließ nicht zu, dass sein Absicht, die Position des Buddhismus in seinem Einflussgebiet zu stärken, durchkreuzt wurde. Er war ein außerordentlich mächtiger und ambitionierter Anführer. Während seiner Regentschaft verfolgte Tibet eine aggressive Expansionspolitik. Er nützte die Schwäche der Tang nach der Rebellion von An Lushan aus und eroberte große Teile des nordöstlichen Tibet zurück, die Tang-China vorher erobert hatte. Er besaß sogar kurz Chang‘an, die Hauptstadt der Tang, und zwar im Jahr 763, dem Jahr nachdem Bogu, der uigurische Kaghan, zum Manichäismus konvertierte.

Karte 18: Tibet im frühen neunten Jahrhundert
Karte 18: Tibet im frühen neunten Jahrhundert

Tri Songdetsen rückte dann in den Gansu-Korridor vor, blockierte damit den direkten Zugang Tang-Chinas zur Seidenstraße, dem nördlichen Hauptzweig, der zwischen dem Außenposten der Tang in Turfan und Kucha lag. Dies zwang die chinesischen Handelsleute, das von den Tibetern besetzt Territorium zu umgehen, indem sie im Norden durch die uigurischen Gebiete in der Inneren Mongolei zogen. Die Tibeter traten dann in einen sich hinziehenden Dreifrontenkrieg gegen die Uiguren und Tang-China ein, um die Kontrolle über Turfan und Beshbalik zu erlangen, wo die Tang-Regierung nur ein nominelles Amt innehatte. Die chinesischen Handelsbewegungen, die durch die Innere Mongolei umgeleitet wurden, mussten durch diese beiden Städte führen, damit sie die wichtige nördliche Seidenstraße erreichen konnten.

Mit seinem Selbstvertrauen und der Macht, die er durch seine militärischen Siege besaß, schickte Tri Songdetsen Selnang zügig noch einmal eine Gesandtschaft nach Indien, um Shantarakshita erneut einzuladen. Diesmal ließ sich der indische Abt von Padmasambhava (Guru Rinpoche) begleiten, damit dieser die spirituellen Kräfte in Tibet bezähmen sollte, die der Etablierung des Buddhismus feindlich gesinnt waren.

Die Errichtung des Klosters Samye

Die großen indisch-buddhistischen Klosteruniversitäten von Bihar, wie beispielsweise die Klosteruniversität Nalanda, die Heimatuniversität von Shantarakshita, genossen über mehrere Jahrhunderte hinweg die ununterbrochene Unterstützung des Staates. Das galt auch für die Zeitabschnitte in denen es zu einem Wechsel der politischen Dynastien kam. Kaiser Harsha (606 – 647) der früheren Gupta-Dynastie unterstützte an seinem Hof die eintausend Mönche der Klosteruniversität Nalanda und berührte sogar, als ein Zeichen des Respekts, die Füße des Han-chinesischen Mönchs Xuanzang.

Die gegenwärtige Gupta-Dynastie förderte den Buddhismus sogar noch stärker. Ihr erster Kaiser Gopala (750 – 770) gründete die buddhistische Klosteruniversität von Odantapuri, während der zweite Kaiser der Gupta-Dynastie, Dharmapala (770 – 819), die Klosteruniversitäten Vikramashila und Somapura errichtete. Auch wenn Dharmapala sein Reich im Westen bis an die Grenzen von Gandhara und im Osten bis nach Bengalen hin ausdehnte, verwickelte er die buddhistischen Klöster nie in die politischen und militärischen Wechselfälle des Staates. Er hatte auch nie versucht sie zu regulieren. Die Klöster Nordindiens genossen völlige Freiheit darin, der religiösen Schulung nachzugehen.

Im Jahr 766 beauftragte Tri Songdetsen, inspiriert durch das Vorbild des indischen Kaisers Gopala, die Errichtung des Kloster Samye nach dem Vorbild der Klosteruniversität Odantapuri. Es sollte das erste buddhistische Kloster des Landes sein, das in erster Linie dem Nutzen der Tibeter gewidmet war. Während des Verlaufes seiner Errichtung wurden die ersten sieben Tibeter als Mönche ordiniert und zur Zeit seiner Fertigstellung im Jahr 775 schlossen sich dreihundert Landsmänner ihrem Rang an. Vordem gab es in Tibet lediglich buddhistische Tempel und ein paar kleinere klösterliche Einrichtungen, die für ausländische Mönche errichtet wurden, wie beispielsweise für die khotanesischen und Han-chinesischen Flüchtlinge des Jahres 720.

Auch wenn die tibetischen Mönche in der indischen Tradition ordiniert wurden, verfolgte Tri Songdetsen eine Politik der kulturellen Synthese. Ein Teil seines Beweggrundes für diese Politik könnte aber politische Berechnung gewesen sein. Er musste Forderungen dreier wetteifernder Parteien an seinem Hof ausgleichen – und zwar die Forderungen der einheimischen Tibeter, der Pro-Inder und Pro-Chinesen. Er ließ daher den Haupttempel der Klosteranlage Samye in drei Stockwerken errichten, jedes Geschoß in einem anderen Architekturstil: Das untere Geschoß im tibetischen Stil, das mittlere im nordindischen Stil und das obere Geschoß gemäß der Han-chinesischen Kultur. Dieses Vorgehen erinnert einen an den Gründer seiner Dynastie, Songtsen-gampo, der versucht hatte eine, ein vergleichbares Gleichgewicht verschiedener Kulturen herzustellen, indem er aus politischen Gründen jeweils eine Prinzessin aus Zhang-zhung, aus Nepal und aus Tang-China heiratete.

Kulturelle Kontakte mit China

Obwohl Tri Songdetsen gegen China kämpfte, um Kontrolle über das westliche Ende der Seidenstraße zu erlangen, schien er kein kulturelles Vorurteil gegenüber den Chinesen gehabt zu haben, insbesondere nicht gegen den Buddhismus. Seine militärischen Beweggründe waren vor allem politischer und wirtschaftlicher Natur.

Nachdem die Rebellion An Lushans niedergeschlagen worden war und die kaiserliche Herrschaft wieder hergestellt, hoben die nachfolgenden Tang-Kaiser nicht nur die Beschränkungen auf, die dem Buddhismus vom Kaiser Xuanzong auferlegt wurden, sondern förderten sogar die Religion. Anders als in Pala-Indien, unterstützten die Han-chinesischen Buddhisten andererseits aber auch den Staat. Es ist nicht klar, ob die Buddhisten den Staat aus eigener Initiative heraus unterstützten oder ob dies von Seiten der Staatspolitik ausging, und die Popularität des Buddhismus dafür ausgebeutet wurde, um der Herrschaft des Staates den Rücken zu stärken. Letzteres scheint wahrscheinlicher wenn wir an die Präzedenzfälle denken, bei denen sich der Gründer der Sui-Dynastie selbst zum Chakravartin-Herrscher und die Tang-Kaiserin Wu sich selbst zu Buddha Maitreya erklärte.

Im Jahr 766 gründete Kaiser Daizong (reg. 763 – 780) ein neues Kloster auf dem Wutaishan, das bezeichnet wurde als: „Der goldene Pavillon-Tempel, der gegen dämonische Kräfte schützt und die Nation verteidigt“. Ein populärer neuer Han-chinesischer buddhistischer Text erschien: „Das Sutra des Bodhisattva-Königs, der die Nation verteidigt .“ Der Tang-Kaiser bürdete den Manichäern in den Jahren 768 und 771 wieder weitere Verfolgungen auf, um die „Reinheit“ des Buddhismus vor dieser unreinen Religion zu schützen, die als eine unaufrichtige Imitation gebrandmarkt wurde.

Diese Entwicklungen folgten dem Muster, das sich während der sechsten Dynastie-Zeitspanne (280 – 589) auch beim nördlichen chinesischen Buddhismus zeigte. Die Nicht-Han-Herrscher des nördlichen China kontrollierten damals die buddhistischen Klöster strikt und sponserten sie mit dem Ziel, dass sie Rituale für ihren militärischen Erfolg ausführten. Die Mönche, die den kaiserlichen Schutz benötigten, um die gefährlichen Zeiten überleben könnten, wurden als Gegenleistung verpflichtet, diese Herrscher als Buddhas anzuerkennen, ihren Regierungen zu dienen und in Bezug auf den Reinheitsgrad der buddhistischen Lehre Kompromisse einzugehen, so dass die Lehren sogar die härteste Politik dieser Anführer sanktionierten.

Tri Songdetsen war daran interessiert, mehr über diese vergangenen Entwicklungen in China zu erfahren, die im Zusammenhang mit seiner Politik einer kulturellen Synthese der tibetischen, indischen und chinesischen Bräuche standen. Daher schickte er in den späten 760er-Jahren nicht nur Ba Sangshi sondern auch Selnang auf eine zweite Mission nach Tang-China. Nach ihrer Rückkehr erbaute der König den buddhistischen Tempel Nang Lhakang (tib. Nang Lha-khang) in Dragmat (tib. Brag-dmar). Der Platz war nah dem königlichen Hof und in der Nähe des Klosters Samye, das noch immer im Bau war. Der Tempel wurde nach dem Vorbild des neuen „Goldenen Pavillon-Tempel, der gegen dämonische Kräfte schützt und die Nation verteidigt“ gebaut. Die Absicht war, dass der Buddhismus wie in China die zweite Stelle nach dem Staat einnimmt und verpflichtet ist, den Interessen der stetig wachsenden tibetischen Königsmacht zu dienen.

Die Fertigstellung des Klosters Samye

Das Kloster Samye wurde im Jahr 775 fertig gestellt und der König ernannte Shantarakshita zu seinem ersten Abt. Padmasambhava reiste jedoch kurz vor Fertigstellung des Klosters ab. Er empfand, dass die Tibeter noch nicht reif für die tiefgründigsten buddhistischen Lehren waren, das galt besonders für die Lehren des Dzogchen (tib. rdzogs-chen, die große Vollendung). Daher versteckte er Dzogchen-Texte in den Wänden und Pfeilern des Klosters, damit sie später, wenn die Zeit reif dafür wäre, entdeckt würden.

Nun wurden sowohl indische als auch Han-chinesische Lehrer nach Samye eingeladen, um bei der Aufgabe zu helfen, buddhistische Texte zu übersetzen und zu lehren. Ursprünglich war das Kloster Samye allerdings nicht ausschließlich dem Buddhismus gewidmet. Seine Aktivitäten umfassten ein weiteres Spektrum an Kultur. Meister der einheimischen, pan-tibetischen Tradition waren ebenfalls im Kloster präsent, um Texte aus der Zhang-zhung-Sprache ins Tibetische zu übersetzen. Auch in dieser Sphäre spiegelte Samye die imperiale Politik der kulturellen Synthese wider.

Im Jahr 779 erklärte der König den Buddhismus zur Staatreligion von Tibet. Er befreite bestimmte reiche Familien von Steuern und bestimmte sie stattdessen dazu, die schnell wachsende klösterliche Gemeinschaft finanziell zu unterstützen. Zweihundert Familien mussten die Hilfsmittel für die Opfergaben des Haupttempels in Lhasa bereitstellen und drei Familien mussten die Versorgung von jeweils einem Mönch sichern.

Tri Songdetsen wurde zu diesem Schritt vielleicht durch das Beispiel des Königs Shivadeva II. (704 – 750) der nepalesischen Licchavi-Dynastie inspiriert. Im Jahr 749 bestimmte dieser nepalesische König, obwohl er den Buddhismus nicht zur Staatsreligion erklärte, ein ganzes Dorf dazu, sein persönliches Kloster Shivadeva-Vihara zu unterstützen. Obwohl die Maitraka- und Rashtrakuta-Könige von Saurashtra eine ähnliche Politik der Unterstützung der Klöster in Valabhi eingeführt hatten, ist es doch wenig wahrscheinlich, dass Tri Songdetsen dieses Präzedenzfalles gewahr war.

Der Frieden mit China und die Einberufung des religiösen Konzils in Tibet

Der tibetische König, noch immer eine kulturelle Synthese verfolgend, ersuchte 781 den neuen Tang Kaiser Dezong (reg. 780 – 805), jedes Jahr zwei Mönche aus Han-China nach Samye zu schicken, um die Tibeter zu instruieren. Zwei Jahre später, im Jahr 783, unterzeichneten Tang-China und Tibet, nach Jahrzehnten des Krieges um Turfan und Beshbalik, ein Friedensabkommen, in welchem den Streitkräften der Tang die Kontrolle über die beiden ostturkistanischen Städte überlassen wurde.

Shantarakshita, der indische Abt des Klosters Samye, starb kurz danach, also im Jahr 783. Vor seinem Tod warnte er Tri Songdetsen, dass in Zukunft die buddhistische Lehre in Tibet aufgrund des Einflusses der Han-Chinesen schwinden würde. Er wies den König an, seinen Schüler Kamalashila aus Indien einzuladen, um das Problem dann zu regeln.

Tri Songdetsen bestimmte Selnang dazu, die Nachfolge des verstorbenen Shantarakshitas anzutreten – als erster tibetischer Abt des Klosters Samye. Im selben Jahr 783 berief der König ein religiöses Konzil ein, das vom Abt des Klosters Samye geleitet wurde, um auf diesem Konzil in Bezug auf alle religiösen Angelegenheiten Entscheidungen zu fällen. Dies war der Beginn der tibetischen Form der Regierung, in der sich im Laufe der Zeit sowohl Laien als auch ordinierte Minister fanden. Wenn wir die Entwicklung der Regierung im Kontexts der Politik der damaligen Zeit begreifen, kann uns das vielleicht dabei helfen zu verstehen, warum sich der Islam weder in Tibet, noch in seinen Vasallenstaaten, verbreitet hat, nachdem sich Kabul Shah und der tibetische militärische Befehlshabers drei Jahrzehnte später den Abbasiden unterwarfen.

Eine Analyse der Politik des religiösen Konzils in Tibet

Damals gab es drei wesentliche Interessengruppen am tibetischen Königshof – die Pro-Indien-Partei, die Pro-Tang-China-Partei und die Partei der Xenophoben – jede Partei wurde durch bestimmte Klane unterstützt. Selnang war ein Mitglied des Klans, der die Pro-Indien-Partei anführte. Er wusste, nachdem er die königlichen Gesandtschaften sowohl nach Pala-Indien als auch nach Tang-China geleitet hatte, wie günstig die Lage des Buddhismus in Pala-Indien im Vergleich zu Tang-China ist. In Pala-Indien wurden die Klöster von der Regierung gefördert und erfreuten sich völliger Autonomie, ohne irgendwelche Verpflichtungen gegenüber dem Staat zu haben. Niemand war in die Angelegenheiten des anderen verwickelt. Vielmehr schickten die Pala-Kaiser seit Selnangs Besuch Anerkennungs-Zahlungen an den tibetischen Hof, auch wenn es sich bei dieser Beschreibung um eine Übertreibung handeln könnte, mit der man erreichen wollte, dass neue Handelsdelegationen entsandt würden. Nichtsdestoweniger könnte die Hoffnung dort bestanden haben, dass der Pala-Staat auch in Tibet buddhistische Institutionen unterstützen würde. Die buddhistischen Klöster in Tang-China erhielten andererseits jedoch nur staatliche Unterstützung unter der Voraussetzung, dass die Regierung die Klöster kontrollieren konnte.

Der Buddhismus in Han-China unterstand häufig einer Verbindung aus Regierungsförderung und Regierungskontrolle, besonders im Norden. Da aber die Herrscherhäuser häufig wechselnden und umgestürzt wurden, fand sich die Religion oft auf unsicherem Grund. Die tabgatschische Nördliche Wie-Dynastie (386 – 535) hatte zum Beispiel ein Regierungsbüro mit einem leitenden Mönch, der vom Kaiser ernannt wurde, um die buddhistischen Klöster in ihrem Gebiet zu verwalten. Dieses Büro hatte die Macht, korrupte Mönche, die mit der klösterlichen Disziplin prunkten und ihre Position missbrauchten, aus den Klöstern auszustoßen. Häufig übte das Büro seine ordnende Funktion gemäß dem Gesetz aus. Wurde die Regierung jedoch von einem Minister regiert, der darauf eifersüchtig war, dass der König den Buddhismus bevorzugt behandelte, so wurde das Büro aufgelöst und die Buddhisten im vollen Umfang verfolgt. Eine solche Situation gab es beispielsweise im Jahr 446.

Bei der Einberufung eines religiösen Konzils folgte Tri Songdetsen möglicherweise dem Vorbild der Han-Chinesen, fügte dem Konzil jedoch bestimmte indische und tibetische Aspekte hinzu. In Übereinstimmung mit indisch-nepalesischen Präzedenzfällen, würde der Staat die Klöster unterstützen, indem er bestimmte Familien von der Steuer befreien würde und sie dazu bestimmen würde, statt der Steuer an den Staat Lebensmittel für die Klöster und Mönche bereitzustellen. In Han-China würden die Klöster hingegen, als Gegenleistung für ihre Förderung durch den Staat, Rituale für das Wohlergehen des Staates durchführen. Das Vorgehen befand sich auch im Einklang mit der seit langer Zeit bestehenden tibetischen Tradition, gemäß derer Priester der einheimischen vorbuddhistischen Tradition Tibets am Hof dienten und dort Rituale durchführten. Wie beim Han-chinesischen Modell, würde das Büro die internen buddhistischen Angelegenheiten regulieren, und wie im indischen Modell, könnten sie sich an der Unabhängigkeit von Regierungsbestimmungen erfreuen.

Selnang bevorzugte es natürlich, als ein Mitglied des überwiegend pro-indischen Klans am tibetischen Hof und als der erste Vorstand des religiösen Konzils, engere Verbindungen mit Indien zu knüpfen und die Bindungen an Tang-China zu lösen. Ferner war es ihm besonders wichtig, die Regierungskontrolle nach han-chinesischem Muster oder die Verfolgung des Buddhismus zu verhindern. Tri Songdetsen hatte jedoch an der politischen Front gerade erst vor kurzem gegenüber Tang-China nachgegeben. Dies stärkte den Einfluss der Pro-China-Partei am tibetischen Hof. Für die Pro-China-Partei war die Zeit nun reif, den König zu drängen, eine Politik der Regierungskontrolle der Klöster nach han-chinesischem Muster zu verfügen. Und auch für die Xenophoben am Hof war nun die Zeit reif, etwas gegen die starke Verbindungen zu unternehmen, die mit Tang-China geschmiedet worden waren. Die Fremdenfeindlichen fühlten sich jetzt dazu berufen, das Land erneut von fremden Einflüssen zu säubern, dass heißt auch von den Buddhisten.

Selnang und das religiöse Konzil musste schnell und entschieden handeln. Eine Lösung wäre gewesen, die Position des Konzils zu stärken, um dadurch mehr Unabhängigkeit zu gewinnen und einen größeren Einfluss auf die Regierung ausüben zu können. Selnang überzeugte Tri Songdetsen, den Mitgliedern des religiösen Konzils zu erlauben, allen ministeriellen Treffen beizuwohnen und von ihm die Machtbefugnis zu erhalten, mit der er seine Minister überstimmen konnte. Unter der anfänglichen Führung des tibetischen Abts wurde das religiöse Konzil bald mächtiger als des Königs Konzil der Minister selbst.

Die Säuberungsaktion von den Xenophoben

Als ersten Schritt richtete das religiöse Konzil im Jahr 784 eine Säuberungsaktion von den konservativen Xenophoben ein, indem es seine Anführer ins Exil nach Gilgit und Nanzhao (Nan-chao), in der heutigen nordwestlichen Yünnan-Provinz in der Volksrepublik China, schickte. Da die Partei der Xenophoben vor neunundzwanzig Jahren den Vater des Königs ermorden ließ und eine sechsjährige Verfolgung des Buddhismus angestiftet hatte, stellten diese Partei eindeutig die größte Bedrohung dar.

Tibetisch-buddhistische Chroniken des 12. Jahrhunderts beschreiben das Geschehen als eine Verfolgung der Bön-Priester, die gegen den Buddhismus waren. Obwohl die einstige Anwesenheit von Anhängern der organisierten Bön in Gilgit und Nanzhao zeigt, dass viele, die ins Exil geschickt wurden, der vor-buddhistischen Bön-Tradition folgten, war die Säuberungsaktion im Wesentlichen politischer Natur. Sie gründete sich nicht auf religiöse, die Lehre betreffende Differenzen. Vor dem Ende des 11. Jahrhunderts war die Bön-Tradition schließlich noch keine organisierte Religion und der Begriff Bön bezog sich einfach auf diese Opposition, die fremdenfeindliche Partei am königlichen Hof.

Meister des Buddhismus und Vertreter der einheimischen tibetischen Tradition hatten bislang Seite an Seite gearbeitet, um die Texte der jeweils anderen Tradition in Samye zu übersetzen. Da aber die politische Lage zu diesem Zeitpunkt äußerst unsicher war, versteckte Drenpa-namka (Dran-pa nam-mkha‘), das in Samye lebende spirituelle Oberhaupt der einheimischen Religion, Kopien der meisten Texte seiner Tradition zur Aufbewahrung in Ritzen der Klostermauern. Die spätere tibetische Bön-Geschichtsschreibung unterstützt den Bericht über die religiöse Verfolgung und besagt, dass er vorgab, den Buddhismus zu akzeptieren, um im Kloster Samye bleiben zu können und dort diese Texte zu beschützen. Ungeachtet seiner Motive ist es aber klar, dass dieser einheimische Meister weiter im Kloster blieb. Nach der Säuberung lehrte er eine Mischform aus seiner Bön-Tradition und des Buddhismus, die er an so berühmte tibetische Meister wie den Übersetzer Vairochana weitergab.

Das tibetische Bön und die buddhistische religiöse Historie beschreibt Geschehnisse häufig im Licht ihrer eigenen politischen Agenda. In keiner der tibetischen Quellen wird jedoch ausgesagt, dass Drenpa-namka oder einer seiner Praxis-Gefährten, die gemäß der einheimischen Tradition praktizierten, gezwungen wurde, seine Bräuche und seinen Glauben aufzugeben und zum Buddhismus überzutreten. Es ist viel wahrscheinlicher, dass die tibetische einheimische Tradition und der Buddhismus sich mindestens seit der Zeit des Königs Songtsen-gampo miteinander vermischten. Der erste tibetische König verlangte die Durchführung von Ritualen beider Traditionen und Drenpa-namka setzte diese Richtung fort und möglicherweise förderte er sie sogar. Der gegenseitige Einfluss, den die beiden religiösen Systeme aufeinander gehabt haben, wäre aufgrund der Gegenwart spiritueller Meister beider Systeme im Kloster Samye in jedem Fall ganz natürlich entstanden und gewachsen.

Die meisten, wenn auch nicht alle, Anhänger der ausländerfeindlichen Partei, die vom königlichen Hof vertrieben wurden, folgten möglicherweise der einheimischen Tradition Tibets. Das heißt aber nicht unbedingt, dass alle Praktizierende von Ritualen der einheimischen Tradition oder alle Elemente des einheimischen Systems aus Tibet vertrieben wurden, wie uns das die religiöse Geschichtsschreibung weiß machen will. Im Jahr 821 wurde ein zweiter Friedensvertrag mit Tang-China unter Aufbietung vollständiger Ritualen der eingeborenen Tradition, wozu auch Tieropfer gehörten, abgeschlossen. Die Gründer der organisierten Bön-Religion und Meister des eklektischen Bön-Buddhismus zu Beginn des 11. Jahrhunderts entdeckten die von Drenpa-namka versteckten Texte. Diese beiden Tatsachen zeigen deutlich, dass das religiöse Konzil in Tibet keine Politik der erzwungenen Konvertierung zum Buddhismus verfolgte. Sie zeigen auch, dass der eingeborene Glaube, auch nach der Säuberungsaktion von 784, weiterhin in Zentraltibet toleriert wurde.

Wenn dies in Bezug auf den einheimischen Glauben und in Bezug auf die eingeborenen Tibetern selbst der Fall war, können wir mit Sicherheit daraus schließen, dass das religiöse Konzil die tibetische Regierung in den folgenden Jahrzehnten nicht dazu zwang, die Rebellion in Sogdien zu unterstützen, um dort eine fremde Religion, nämlich den Islam, zu verfolgen und Nicht-Tibeter zum Buddhismus zu bekehren.

Die Neutralisierung der Pro-Tang-China-Partei

Nach der Säuberungsaktion von 784 blieben der tibetischen Regierung zwei gegnerische Parteien. Einige Minister entstammten dem mächtigen Klan aus dem nordöstlichen Tibet, der Tang-China wohlwollend gegenüberstand und von dem auch kaiserliche Prinzessin Dowager Trima Lo abstammte. Die andere Partei, zu der Selnang gehörte, entstammte einem rivalisierenden Klan aus Zentraltibet, der dem Tang-Hof misstraute und eine ständige Kriegsführung gegen den Tang-Hof ermutigte. Diese Partei suchte auch engere Verbindungen nach Pala-Indien und wünschte sich ein enge Verbindung mit einem starken religiösen Konzil.

Im Jahr 786 endete der dreijährige Frieden mit Tang-China. Die Uiguren unterstützten die Jucu-Rebellion (783 – 784) gegen das Herrscherhaus der Tang-Chinesen und die Tibeter halfen den Streitkräften der Tang diese Rebellion niederzuringen. Der Tang-Hof hatte den Tibetern als Lohn für ihre Hilfe versprochen, Turfan und Beshbalik an die Tibeter zu übergeben. Als die Tang-Kaiser sich nicht an ihr Abkommen hielten, griffen die Tibeter an.

Innerhalb der nächsten fünf Jahre eroberten die Tibeter Dunhuang von Tang-China, merzten die Streitkräfte der Tang im Wettstreit mit den Uiguren um Turfan und Beshbalik aus und sicherten sich wieder ihren starken Einfluss über das südliche Tarimbecken, besonders über Khotan. Die Uiguren nützten die Situation aus und vertrieben ihre nominellen Vasallen, die Karluken, aus Dzungarien und Teilen des nördlichen Westturkistan und eroberten zudem auch Kucha von Tang-China. Die Streitkräfte der Tang forderten jedoch die Herrschaft Tibets über den Gansu-Korridor weiterhin heraus.

Zu diesem Zeitpunkt der sino-tibetischen Beziehungen rief der tibetische König Tri Songdetsen zu der berühmten Debatte im Kloster Samye (792 – 794) auf, bei der Repräsentanten des nördlichen indischen Buddhismus die Han-chinesisch-buddhistischen Mönche in der Debatte besiegten. Diese Debatte entschied ein für alle Mal, dass die Hauptform des in Tibet praktizierten Buddhismus der nord-indische Buddhismus sein würde und nicht der Han-chinesische Buddhismus. Eine ähnliche Debatte mit einem vergleichbaren Ergebnis wurde in Bezug auf das medizinische System veranstaltet, das in Folge dann für das ganze Land übernommen werden sollte. Diese Entwicklung war für die politische Sichtweise der Anti-Tang-China-Partei ein ebensolcher Triumph wie für die indisch-buddhistischen philosophischen Lehrsysteme und die Ausübung der indischen Medizin.

Das religiöse Konzil stärkte zweifellos der pro-indischen Interessengruppe vor der Pro-China-Partei den Rücken. Weiterhin weist die Tatsache, dass Selnang als Dolmetscher für die meisten Debatten fungierte, darauf hin, dass er durchaus die Möglichkeit gehabt hatte, das Ergebnis zu seinen Gunsten zu beeinflussen.

Zusammenfassung der tibetischen Politik in Sogdien

König Tri Songdetsen starb im Jahr 797 und wurde von seinem Sohn Muney-tsenpo (Mu-ne btsan-po) (reg. 797 – 800) beerbt. Ihm wiederum folgte ein zweiter Sohn, Tri Desongtsen (Khri lDe-srong-btsan) (reg. 800 – 815), auch als Saynaleg (Sad-na-legs) bekannt. Dass der Kalifs al-Ma'mun während der Regierungszeit von Tri Desongtsen die mächtige Nation Tibet als eine Bedrohung betrachtete, war völlig gerechtfertigt, insbesondere als Tibet und dessen Verbündete Sogdien bedrohten und die Revolte dort unterstützten. Die Analyse des Kalifs in Bezug auf die Motivation für die Vorgehensweise Tibets war jedoch nicht korrekt, ebenso wenig wie sein Schlussfolgerung, die er aus seiner Analyse zog, nämlich dass er den Konflikt zu einem heiligen Krieg erklärte.

Nachdem Tibet seinen Einfluss auf Ostturkistan wieder hergestellt hatte, versuchte Tibet sicherlich sein Territorium nach Westturkistan hin auszudehnen und hatte daher sicher auch versucht, die Herrschaft seiner Feinde zu erschüttern. Tibet war jedoch nicht damit beschäftigt, die religiösen Anschauungen seiner Feinde zu unterminieren. Das religiöse Konzil der Mönche war besessen davon, eine ungehinderte interne Macht innerhalb Tibets zu erlangen, um so das Gedeihen des Buddhismus im eigenen Land sicherzustellen. Nachdem sich das religiöse Konzil erfolgreich von der Staatsgewalt der Parteien befreit hatte, die vielleicht gegen diese Expansion gewesen wären oder diese zu kontrollieren versucht hätten, konzentrierte das Konzil seine Aktivität auf die Erstellung eines Wörterbuchs zur Standardisierung von Übersetzungen aus dem Sanskrit ins Tibetische, und auch darauf zu regeln, welche Texte zu übersetzen wären, damit der Buddhismus bestmöglich zu verstehen sei und rein bliebe. Das religiöse Konzil befasste sich nicht mit anderen Religionen, und auch nicht damit, den Buddhismus weiter zu verbreiten – weder innerhalb Tibets noch außerhalb von Tibet.

Im Weiteren zeigte Tibet, indem es die sogdischen Anhänger des Musalemiyya-Islam und der manichäischen Schia bei ihrer Rebellion gegen die Abbasiden unterstützte, überhaupt keinen Gefallen an ihren religiösen Sekten. Durch die Edikte des Königs Tri Sondetsen in Bezug auf die Wahl des indischen Buddhismus als einen Hauptpfeiler Tibets, wurde eindeutig auch der Manichäismus zurückgewiesen. Die Edikte wiederholten die Kritik des Tang-chinesischen Kaisers Xuanzong, dass der Manichäismus lediglich eine schwache Imitation des Buddhismus sei und auf einer Lüge basiere.

König Tri Relpachen

Einer der Hauptgründe warum die Abbasiden in der Lage waren, den tibetischen Vasallen, den Shah von Kabul, im Jahr 815 zu besiegen und weitere Einfälle in das von Tibet verwaltete Gilgit in den folgenden Jahren zu unternehmen, war zweifellos, dass Tri Desongtsen im selben Jahr starb. Der neue tibetische König, sein Sohn Tri Relpachen (Khri Ral-pa-can, reg. 815 – 836) bestieg den Thron als Kind, und Tibet besaß zu dieser Zeit keine starke Führung. Kurz danach aber, als Tri Relpachen herangereift war, wurde er außerordentlich mächtig und stärkte die Position des Buddhismus noch weiter.

Die Abbasiden zogen sich mit der Gründung des Tahirid-Staates im Jahr 819 aus Kabul und Gilgit zurück. Im Jahr 821 unterzeichnete Tibet ein zweites Friedensabkommen mit Tang-China und erreichten im nächsten Jahr eine ähnliche Vereinbarung mit den Uiguren. Die Tibeter behielten den Gansu-Korridor und Dunhang, sowie Turfan und Bashbalik. Der Besitz der Städte Turfan und Bashbalik wechselte zwischen Tibetern und Uiguren in den vorherigen drei Jahrzehnten einige Male hin und her.

Gestärkt durch seine Siege, errichtete König Tri Relpachen viele neue buddhistische Tempel, um den Frieden zu feiern. Auch wechselte er den Sitz seiner Hauptstadt aus dem Yarlung-Tal nach Lhasa, die Stätte des vorrangigen buddhistischen Heiligtums in Tibet. Gemäß der frommen tibetischen Geschichtsschreibung gründete Tri Relpachen auch ein Übersetzungsbüro, um ein Sanskrit-Tibetisch-Wörterbuch zusammenzustellen, sowie die Terminologie und den Stil für die Übersetzung von tibetischen Texten zu standardisieren. Tatsächlich wurden diese Projekte bereits unter der Herrschaft seines Vaters Tri Songdetsen begonnen. Die fromme Geschichtsschreibung schreibt die Projekte aber Tri Relpachen zu, um dadurch zu ermöglichen, dass Songtsen-gampo, Tri Songdetsen und Tri Relpachen damals als die drei königlichen Hauptpatrone des Buddhismus identifiziert werden könnten und daher als Inkarnationen der Buddha-Gestalten Avalokeshvara, Manjushri und Vajrapani angesehen werden könnten. Das spiegelt sich auch in den Geschichten wider, die diese drei Buddha-Gestalten als Patrone Buddhas für Tibet, China und den Manchus, beziehungsweise der Mongolei beschreibt, sowie den Gründer der Gelug-Tradition Tsongkapa (Tsong-kha-pa, 1357 – 1419) als die Verkörperung von allen Dreien.

Gleich der wilden Gestalt Vajrapanis, wurde auch der König Tri Relpachen recht fanatisch in seiner religiösen Glut. Er vergrößerte nicht nur die Anzahl der Familien, die für die Aufgabe bestimmt wurden, jeweils einen Mönch zu unterstützen von drei auf sieben Familien. Damit setzte er nicht nur die Staatswirtschaft ernsthaft unter Druck, sondern erließ zudem auch noch ein Gesetz, dass jedem, der einen spöttischen Finger auf einen Mönch richtet, den Finger abgehackt bekäme. Nun da der Buddhismus sich in einer so starken Position befand und die Aufmerksamkeit der Abbasiden auf etwas anderes gerichtet war, hinterließ die Bekehrung des Schahs von Kabul zum Islam einen wenig bleibenden Eindruck in Bezug auf die Verbreitung des Islams in Tibet oder in einem seiner Vasallenstaaten in Kabul oder Gilgit.

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