Wie ein Buddha Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft erkennt

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Die Grundlage für die gültige Wahrnehmung von „Noch-nicht-Stattfindendem“

Wie wir gesehen haben, ist eine Facette einer „karmischen Tendenz, die zu einem Resultat führt“ das „zeitweilige Nicht-Hervorbringen ihres Resultats, solange die Umstände, die zu seiner Hervorbringung beitragen, unvollständig sind“. Diese Facette des „zeitweiligen Nicht-Hervorbringens ihres Resultats“ ist die Grundlage für die Zuschreibung des „Noch-nicht-Stattfindens des Resultats“ .

Eine andere Facette einer „karmischen Tendenz zu einem Resultat, die zeitweilig ihr Resultat nicht hervorbringt“ ist die „Fähigkeit zum Entstehen-Lassen eines Resultats, das noch nicht stattfindet“.

  • Denken Sie daran, dass das, was „noch nicht stattfindet“ das „Hervorbringen des Resultats“ der karmischen Tendenz ist – im Speziellen ihr „Hervorbringen eines Resultats, das gegenwärtig stattfindet“.
  • Die karmische Tendenz ist die herbeiführende Ursache für ein „ Resultat, das gegenwärtig stattfindet“, nicht die herbeiführende Ursache für das „Resultat, das noch nicht stattfindet“.

Aber wie nehmen wir eine „karmische Tendenz, die zu einem Resultat führt“ mit diesen zwei Facetten gültig wahr? Eine karmische Tendenz ist schließlich eine nicht mit den Kategorien Form oder Bewusstsein kongruente, beeinflussende Variable, also weder ein körperliches Phänomen noch eine Gewahrseinsart. Eine karmische Tendenz ist auf zugeschriebene Weise erkennbar, indem man sich für ihre Wahrnehmung auf die Grundlage für ihre Zuschreibung stützt. Das heißt, dass die gültige Wahrnehmung einer karmischen Tendenz gleichzeitig eine gültige Wahrnehmung ihrer Benennungsgrundlage erfordert.

Wie wir bereits festgestellt haben, ist die Grundlage für die Zuschreibung einer karmischen Tendenz das bloße „Ich“, und die Grundlage für die Zuschreibung des bloßen „Ich“ ist ein geistiges Kontinuum. Ein geistiges Kontinuum ist einem individuellen Kontinuum von Momenten gültig zuzuschreiben, das die fünf Aggregat-Faktoren der Erfahrung (tib. phung-po lnga, fünf Aggregate) beinhaltet. Diese fünf sind (1) Formen körperlicher Phänomene, (2) ein Gefühl eines gewissen Ausmaßes von Glücklichsein, (3) Unterscheidung, (4) andere beeinflussende Faktoren und (5) ein Primärbewusstsein.

Nur jeweils ein Moment zu einer bestimmten Zeit, der die fünf Aggregate beinhaltet, ist ein „ Phänomen, das gegenwärtig stattfindet“ und somit ein gültiges Phänomen, das gegenwärtig gültig erkennbar ist. Mit anderen Worten: Wir können nur einen Moment zu einer Zeit gültig erkennen; frühere und spätere Momente sind, obwohl es sie gibt, gegenwärtig ungültig. Eine gültige Wahrnehmung des „Noch-nicht-Stattfindens eines Resultats“ erfordert also gleichzeitige gültige Wahrnehmung eines „gegenwärtig stattfindenden Netzwerks der fünf Aggregat-Faktoren“.

Wir haben überdies festgestellt: Obwohl die „karmische Tendenz, die zu dem Resultat führt“ dem bloßen „Ich“ zugeschrieben wird, das einem geistigen Kontinuum zugeschrieben wird, das einem „ gegenwärtig stattfindenden Netzwerk der fünf Aggregat-Faktoren“ zugeschrieben wird, die Grundlage für die Zuschreibung des „Noch-nicht-Stattfindens des Resultats“ ist, ist sie nicht die Grundlage für die Negierung. Die Grundlage für die Negierung des „Noch-nicht-Stattfindens des Resultats“ ist die „Abwesenheit des ‚gegenwärtig stattfindenden Resultats‘ im geistigen Kontinuum“.

Kurz gesagt, die gültige Wahrnehmung des „Noch-nicht-Stattfindens eines Resultats“ erfordert die gleichzeitige gültige Wahrnehmung der „karmischen Tendenz, die zu dem Resultat führt“ mit ihren Facetten

  • der „Fähigkeit zum Entstehen-Lassen ihres Resultats, das noch nicht stattfindet“,
  • ihres „zeitweiligen Nicht-Hervorbringens ihres Resultats, solange die Umstände, die zu seiner Hervorbringung beitragen, unvollständig sind“.

Gültige Wahrnehmung einer solchen karmischen Tendenz erfordert eine gleichzeitige gültige Wahrnehmung

  • des bloßen „Ichs“, dem die „karmische Tendenz, die zu dem Resultat führt“ zugeschrieben wird,
  • des geistigen Kontinuums, dem das bloße „Ich“ zugeschrieben wird,
  • des gegenwärtigen Moments des Netzwerks von „gegenwärtig stattfindenden fünf Aggregat-Faktoren“, denen das geistige Kontinuum zugeschrieben wird,
  • der Abwesenheit des „gegenwärtig stattfindenden Resultats“ im geistigen Kontinuum.

Die Grundlage für die gültige Wahrnehmung von „Nicht-mehr-Stattfindendem“

Die herbeiführende Ursache der „karmischen Tendenz zu einem Resultat, die zeitweilig dieses Resultat nicht hervorbringt“ ist eine „karmische Ursache, die gegenwärtig stattfindet“. Diese „ karmische Ursache, die gegenwärtig stattfindet“ ist auch die reifende Ursache (tib. rnam-smin-gyi rgyu) für das „Resultat, das gegenwärtig stattfindet“. Zu der Zeit der „ karmischen Tendenz, die zu diesem Resultat führt“ ist jedoch die „karmische Ursache, die gegenwärtig stattfindet“, ebenso wie das „Resultat, das gegenwärtig stattfindet“, ein existierendes, ungültiges Phänomen. Es kann zu dieser Zeit nicht gültig erkannt werden. Aber das „ Nicht-mehr-Stattfinden der karmischen Ursache“, gleichbedeutend mit dem „Schon-Zerfallensein der karmischen Ursache“ ist ein existierendes gültiges Phänomen zur Zeit des „gegenwärtigen Stattfindens der karmischen Tendenz“ und kann dann gültig wahrgenommen werden.

Wie wir gesehen haben, ist die „karmische Tendenz, die zu dem Resultat führt“ die Grundlage für die Zuschreibung des „Noch-nicht-Stattfindens des Resultats“, während die Grundlage für die Negierung des „Noch-nicht-Stattfindens des Resultats“ die „Abwesenheit des ‚ gegenwärtig-stattfindenden Resultats‘ im geistigen Kontinuum“ ist. Ähnlich ist im Fall des „ Nicht-mehr-Stattfindens der karmischen Ursache“ die „Abwesenheit der ‚gegenwärtig-stattfindenden karmischen Ursache‘ im geistigen Kontinuum“ die Grundlage für die Negierung. Die Grundlage für die Zuschreibung des „Nicht-mehr-Stattfindens der karmischen Ursache“ ist jedoch nicht die „karmische Tendenz für das Resultat, die zeitweilig dieses Resultat nicht hervorbringt“. Die Grundlage für die Zuschreibung des „Nicht-mehr-Stattfindens der karmischen Ursache“ ist das bloße „Ich“, das dem geistigen Kontinuum zugeschrieben wird.

  • Anders als das „Noch-nicht-Stattfinden des Resultats“, das, zusammen mit der „karmischen Tendenz, die zu dem Resultat führt“ mit dem „Auftreten des Resultats“ vergeht, vergeht das „ Nicht-mehr-Stattfinden der karmischen Ursache“ nicht mit dem Vergehen der „karmischen Tendenz, die zu dem Resultat führt“ zur Zeit des „Auftretens des Resultats“.
  • Das „Nicht-mehr-Stattfinden der karmischen Ursache“ ist weiterhin ein existierendes, gültiges Phänomen, das dem bloßen „Ich“ gültig zugeschrieben werden kann – auch dann noch, wenn die „karmische Tendenz, die zu dem Resultat führt“ vergangen ist.
  • Die „karmische Tendenz, die zu dem Resultat führt“ kann also nicht die Grundlage für die Zuschreibung des „Nicht-mehr-Stattfindens der karmischen Ursache“ sein.

Die „karmische Tendenz, die zu dem Resultat führt“ – die dem bloßen „Ich“ zugeschrieben wird, das einem geistigen Kontinuum zugeschrieben wird, welches einem Netzwerk der fünf Aggregat-Faktoren zugeschrieben wird – ist nur die Grundlage, die anzeigt (tib. mtshan-gzhi), dass es hier ein „Nicht-mehr-Stattfinden der karmischen Ursache“ gibt, die ebenfalls diesem bloßen „Ich“ zugeschrieben wird.

Zur Zeit des „gegenwärtigen Stattfindens des Resultats“ ist das „gegenwärtige Stattfinden des Resultats“ die Grundlage, die sowohl das „Nicht-mehr-Stattfinden der karmischen Tendenz, die zu dem Resultat führt“ als auch auf das „Nicht-mehr-Stattfinden der karmischen Ursache“ anzeigt.

Zur Zeit des „Nicht-mehr-Stattfindens des Resultats“ ist dieses „Nicht-mehr-Stattfinden des Resultats“ die Grundlage, die sowohl das „Nicht-mehr-Stattfinden der karmischen Tendenz, die zu dem Resultat führt“ als auch das „Nicht-mehr-Stattfinden der karmischen Ursache“ anzeigt.

  • Zu dieser Zeit sind alle drei – das „Nicht-mehr-Stattfinden des Resultats“, das „ Nicht-mehr-Stattfinden der karmischen Tendenz, die zu dem Resultat führt“ und das „ Nicht-mehr-Stattfinden der karmischen Ursache“ – gültig dem bloßen „Ich“ zuzuschreiben, das dem geistigen Kontinuum zugeschrieben wird.
  • Die Grundlagen der Negierung für diese drei Negations-Phänomene zu dieser Zeit sind die „Abwesenheit des gegenwärtig-stattfindenden Resultats im geistigen Kontinuum“, „die „Abwesenheit der gegenwärtig-stattfindenden karmischen Tendenz für das Resultat im geistigen Kontinuum“ und die „Abwesenheit der gegenwärtig stattfindenden karmischen Ursache im geistigen Kontinuum“.

Lassen Sie uns unsere Untersuchung auf die Zeit des „gegenwärtigen Stattfindens der karmischen Tendenz, die zu dem Resultat führt“ beschränken. Zu dieser Zeit erfordert die gültige Wahrnehmung des „Nicht-mehr-Stattfindens der karmischen Ursache dieses Resultats“ die gültige Wahrnehmung

  • des bloßen „Ichs“, dem das „Nicht-mehr-Stattfinden der karmischen Ursache“ zugeschrieben wird.
  • des geistigen Kontinuums, dem das bloße „Ich“ zugeschrieben wird.
  • des gegenwärtigen Moments des Netzwerks von „gegenwärtig stattfindenden fünf Aggregat-Faktoren“, denen das geistige Kontinuum zugeschrieben wird.
  • der Abwesenheit der „gegenwärtig stattfindenden Ursache“ im geistigen Kontinuum.

Wenn gleichzeitig mit der gültigen Wahrnehmung dieser Phänomene die gültige Wahrnehmung der „ gegenwärtig stattfindenden karmischen Tendenz, die zum Resultat dieser karmischen Ursache führt“ auftritt, zeigt die Gegenwart dieser karmischen Tendenz das „dem bloßen Nicht-mehr-Stattfinden der karmischen Ursache“ an.

Die Ebene des Geistes, der „noch nicht Stattfindendes“ und „nicht mehr Stattfindendes“ gültig wahrnehmen kann

Immer wenn wir den Anblick, Geruch, Geschmack oder die körperliche Empfindung des Körpers von jemandem oder den Klang der Stimme einer Person wahrnehmen, nehmen wir auch das bloße „Ich“ dieser Person wahr, das auf zugeschriebene Weise anhand der Grundlage – irgendeiner dieser Formen körperlicher Phänomene – erkennbar ist. Diese körperlichen Phänomene, die wir dabei gültig wahrnehmen, sind mit unserem eigenen geistigen Kontinuum verbunden, nicht mit dem geistigen Bewusstsein der anderen Person. Mit anderen Worten: Die Sinnesobjekte die wir zu der Zeit wahrnehmen, sind von unserem Sinnesbewusstsein wahrgenommen. Wir nehmen nicht Objekte wahr, die vom Sinnesbewusstsein jener anderen Person wahrgenommen werden. Obwohl wir das bloße „Ich“ dieser Person wahrnehmen, nehmen wir nicht die fünf Aggregat-Faktoren wahr, die das geistige Kontinuum dieser Person ausmachen.

Das geistige Kontinuum von jemand anderem und die Aggregat-Faktoren, die es ausmachen, können wir nur dann wahrnehmen, wenn wir ein höher entwickeltes Gewahrsein der Reihe geistiger Zustände (tib. sems-kyi rnam-grangs-kyi mngon-shes) erreicht haben.

  • Der Ausdruck „Reihe geistiger Zustände“ bezieht sich auf das Primärbewusstsein und die Nebengewahrseinsarten bzw. Geistesfaktoren und die Objekte ihrer Wahrnehmung in den geistigen Kontinua von anderen.

Die verschiedenen Arten höher entwickelten Gewahrseins entstehen als Nebenprodukt, wenn man den tatsächlichen Zustand der ersten Ebene geistiger Stabilität (tib. bsam-gtan dang-po `i dngos-gzhi, wirklicher Zustand des ersten Dhyana) erreicht, der auf der Grundlage von Shamatha erlangt wird.

  • Shamatha (tib. zhi-gnas, ruhiges Verweilen) ist ein still gewordener und zur Ruhe gekommener Geisteszustand, der nicht nur durch tiefe Konzentration (tib. ting-nge-´dzin, Skt. samadhi) gekennzeichnet ist, sondern auch durch ein erhebendes Gefühl der Leistungsfähigkeit (tib. shin-sbyangs). Er ist frei von jeglicher Flatterhaftigkeit des Geistes und geistigen Trägheit und in vollständiger Ausrichtung auf ein Objekt zur Ruhe gekommen.
  • Wenn wir die unerlässliche vorbereitende Stufe der ersten Ebene geistiger Stabilität (tib. bsam-gtan dang-po´i nyer-bsdogs) erreichen, erlangen wir einen Geisteszustand, der als ein Gegenmittel dienen kann, welches uns zeitweilig von störenden Emotionen befreit, die auf Phänomene des Bereichs angenehmer Formen körperlicher Phänomene (tib. ´dod-khams, Bereich des Begehrens) gerichtet sind. Wenn wir den tatsächlichen Zustand der ersten Ebene geistiger Beständigkeit erreichen, werden diese störenden Emotionen zeitweilig blockiert.
    • Wenn wir den gerade bloß tatsächlichen Zustand der ersten Ebene geistiger Beständigkeit (tib. bsam-gtan dang-po ´i dngos-gzhi tsam-pa-ba) erreicht haben, haben wir immer noch sowohl abschätzig urteilende Unterscheidung (tib. rtog-pa) der niedrigeren Ebenen der Konzentration als minderwertig als auch aufwertende urteilende Unterscheidung (tib. dpyod-pa) der höheren Ebenen der Konzentration als überlegen.
    • Wenn wir den besonderen tatsächlichen Zustand der ersten Ebene geistiger Beständigkeit (tib. bsam-gtan dang-po ´i dngos-gzhi khyad-par-can) erreicht haben, ist die abschätzig urteilende Unterscheidung ebenfalls zeitweilig blockiert.
  • Derartige Zustände des Geistes sind sowohl mit buddhistischen als auch mit nicht-buddhistischen Meditations-Methoden erreichbar.

Ungeachtet der Ebene, die wir erreicht haben, erscheinen unserer Wahrnehmung, wenn wir die gegenwärtig stattfindenden fünf Aggregat-Faktoren in unserem eigenen geistigen Kontinuum und somit unser eigenes geistiges Kontinuum und unser eigenes bloßes „Ich“ wahrnehmen, auch alle anderen nicht mit den Kategorien Form oder Bewusstsein kongruenten, beeinflussenden Variablen, die unserem geistigen Kontinuum zuschreibbar sind. Es kann aber sein, dass wir sie nicht gültig wahrnehmen, das heißt, dass wir sie nicht notwendigerweise genau und entschieden wahrnehmen. Zu diesen nicht mit den Kategorien Form oder Bewusstsein kongruenten, beeinflussenden Variablen gehören auch

  • karmische Tendenzen,
  • ihr „zeitweiliges Nicht-Hervorbringen ihres Resultats,
  • ihre „Fähigkeit zum Entstehen-Lassen ihres Resultats, das noch nicht stattfindet“,
  • das „Noch-nicht-Stattfinden ihres Resultats,
  • das „Nicht-mehr-Stattfinden ihrer karmischen Ursachen“.

Sofern diese nicht mit den Kategorien Form oder Bewusstsein kongruenten, beeinflussenden Variablen zum geistigen Kontinuum von jemand anderem gehören, erscheinen sie unserer Wahrnehmung nur, wenn wir ein höher entwickeltes Gewahrsein haben, das auf dem Erlangen von Shamatha beruht. Und auch wenn sie unserer Wahrnehmung dann erscheinen, kann es sein, dass wir sie auf dieser Stufe nicht gültig wahrnehmen.

Außerdem gilt: Wenn wir einen gegenwärtig stattfindenden Moment von fünf Aggregat-Faktoren wahrnehmen, die unser eigenes oder das geistige Kontinuum von jemand anderem ausmachen, erscheinen unserer Wahrnehmung auch folgende statische Negations- Phänomene (auch dabei kann es sein, dass wir sie nicht gültig wahrnehmen):

  • die Abwesenheit der „gegenwärtig stattfindenden Resultate“ der karmischen Tendenzen im geistigen Kontinuum,
  • die Abwesenheit der „gegenwärtig stattfinden karmischen Ursachen“ der karmischen Tendenzen im geistigen Kontinuum.

Denken Sie daran, dass diese beiden Abwesenheiten, in dieser Reihenfolge, die Grundlagen der Negierung des „Noch-nicht-Stattfindens der Resultate der karmischen Tendenzen“ bzw. des „ Nicht-mehr-Stattfindens der karmischen Ursachen der karmischen Tendenzen“ sind. Gültige Wahrnehmung dieses „Noch-nicht-Stattfindens“ und „Nicht-mehr-Stattfindens“ erfordert also die gültige Wahrnehmung dieser Abwesenheiten.

Nur diejenigen Praktizierenden, die zusätzlich zu einem tatsächlichen Zustand der ersten Ebene geistiger Beständigkeit und dem höher entwickelten Gewahrsein, das damit einhergeht, auch die unbegriffliche Wahrnehmung der vier edlen Wahrheiten erlangt haben und somit Aryas geworden sind - hoch verwirklichte Wesen -, gewinnen gültige Wahrnehmung der oben aufgezählten fünf nicht mit den Kategorien Form oder Bewusstsein kongruenten, beeinflussenden Variablen und der beiden statischen Negations- Phänomene.

  • Der Grund dafür ist, dass die karmischen Tendenzen zur zweiten edlen Wahrheit, den wahren Ursprüngen des Leidens, gehören.

Je nachdem, welche Ebene ein Arya erlangt hat, kann er verschiedene Ausmaße der oben aufgezählten fünf nicht-kongruenten, beeinflussenden Variablen und der beiden statischen Negations- Phänomene klar und entschieden wahrnehmen, wenn er einen gegenwärtig stattfindenden Moment seines eigenen Netzwerks der fünf Aggregat-Faktoren oder desjenigen von jemand anderem wahrnimmt.

  • Arya-Bodhisattvas mit einem geistigen Zustand der ersten Bodhisattva-Ebene (Skt. bhumi) z.B. können untereinander diese Phänomene bezogen auf hunderte Äonen vor und nach dem gegenwärtig stattfindenden Moment gültig wahrnehmen.

Diejenigen Phänomenen, die solche Personen untereinander nicht gültig wahrnehmen können, werden von ihnen überhaupt nicht wahrgenommen, obwohl sie in ihrer Wahrnehmung auftauchen, wenn sie einen gegenwärtig stattfindenden Moment ihres eigenen Netzwerks der fünf Aggregat-Faktoren oder des Netzwerks von jemand anderem wahrnehmen.

  • Der Grund dafür ist, dass der unbegriffliche Geisteszustand des ruhigen Verweilens (tib. zhi-gnas, Skt. Shamatha) solcher Aryas nicht mit einem Zustand von Vipashyana (tib. lhag-mthong), einem außergewöhnlich wahrnehmungsfähigen Zustand des Geistes, verbunden ist. In einem damit verbundenen Zustand, bekannt als einfache yogische Wahrnehmung (tib. rnal-´byor mngon-sum tshad-ma), gibt es keine unbestimmte Wahrnehmung dessen, was ihr erscheint (tib. snang-la ma-nges-pa).

Der Status des „Resultats, das gegenwärtig stattfindet“ zu der Zeit der karmischen Tendenz

Zu der Zeit der karmischen Tendenz – gleichzusetzen mit der Zeit des „Noch-nicht-Stattfindens des Resultats“ – ist das „Resultat dieser karmischen Tendenz, die gegenwärtig stattfindet“ ein existentes, zu der Zeit nicht gültiges Bestätigungs- Phänomen.

Wie wir schon festgestellt haben, gibt es keinen gemeinsamen Nenner für das „ Noch-nicht-Stattfinden eines Resultats“, das „gegenwärtig Stattfinden des Resultats“ und das „ Nicht-mehr-Stattfinden des Resultats“. Es ist also nicht so, dass etwa durch eine Änderung der Funktion ein Resultat, das ein gemeinsamer Nenner wäre, aus „der Vergangenheit“ in „die Gegenwart“ reist.

Obwohl es das „Resultat einer karmischen Tendenz, die gegenwärtig stattfindet“ gibt, ist es also zu der Zeit dieser karmischen Tendenz nicht gültig erkennbar. Daher wird im Gelug-Prasangika-System angenommen, dass seine Existenz nicht wahrhaft von seiner Seite aus besteht – weder zu dieser Zeit noch zu irgendeiner anderen Zeit. Mit anderen Worten: Es existiert nicht wahrhaft. Wäre es so, dann erschiene es bereits und müsste nicht erst entstehen.

Mit derselben Argumentation wird begründet, dass es nicht der Fall ist, dass irgendwo innerhalb oder in Verbindung mit dieser karmischen Tendenz ein nicht manifestes „Resultat einer karmischen Tendenz, die gegenwärtig stattfindet“, das „Noch-nicht-Stattfinden dieses Resultats“ oder die „ Abwesenheit des ‚gegenwärtig-stattfindenden Resultats‘“ existiert und dann zu einem manifesten „ gegenwärtig-stattfindenden Resultat“ wird.

Wenn andererseits das „Resultat einer karmischen Tendenz, die gegenwärtig stattfindet“ zur Zeit dieser karmischen Tendenz wahrhaft nicht-existent wäre, dann könnte diese karmische Tendenz nie entstehen.

Es ist auch nicht so, dass das „Noch-nicht-Stattfinden des Resultats“ die herbeiführende Ursache (tib. nyer-len-gyi rgyu) ist, die sich dann in das „Resultat, das gegenwärtig stattfindet“ verwandelt und dabei verschwindet. Und es ist auch nicht der Fall, dass das „Resultat, das gegenwärtig stattfindet“ aus gar keiner Ursache entsteht.

Die herbeiführende Ursache für das Bestätigungs-Phänomen, das „Resultat einer karmischen Tendenz, die gegenwärtig stattfindet“ heißt, ist das Bestätigungs-Phänomen „die karmische Tendenz zu diesem Resultat, die zeitweilig ihr Resultat nicht hervorbringt“ . Ähnlich wie ein Same einen Keimling hervorbringt und dabei aufhört zu existieren, bringt die „karmische Tendenz zu diesem Resultat, das zeitweilig ihr Resultat nicht hervorbringt“ das „ Resultat, das gegenwärtig stattfindet“ hervor und vergeht dabei.

Der Status des „Resultats, das noch nicht stattfindet“ zur Zeit der karmischen Tendenz

Zur Zeit der karmischen Tendenz, die zu einem Resultat führt, – gleichbedeutend mit der Zeit des „Noch-nicht-Stattfindens des Resultats“ – ist das „Resultat, das noch nicht stattgefunden hat“ ein existentes, gültiges Bestätigungs-Phänomen. Das heißt, dass es jetzt gültig wahrgenommen werden kann. Es findet jedoch nicht jetzt statt. Mit anderen Worten: Das „Resultat, das noch nicht stattfindet“ ist nicht ein „Resultat, das gegenwärtig stattfindet“. Tatsächlich kann es, wie wir bereits festgestellt haben, keinen gemeinsamen Nenner für ein „Resultat, das gegenwärtig stattfindet“ – – als existentes, zu dieser Zeit nicht gültiges Phänomen – und ein existentes, zu dieser Zeit gültiges Phänomen geben.

Ähnlich gilt: Zur Zeit der karmischen Tendenz, die zu einem Resultat führt, – gleichbedeutend mit der Zeit des „Nicht-mehr-Stattfindens der karmischen Ursache“ – – ist die „karmische Ursache, die nicht mehr stattfindet“ ebenfalls ein existentes, gültiges Bestätigungs-Phänomen. Auch sie kann jetzt gültig wahrgenommen werden, obwohl auch sie jetzt nicht stattfindet.

Gültige Wahrnehmung eines „Resultats, das noch nicht stattfindet“

Wie könnten wir ein „Resultat, das noch nicht stattgefunden hat“ zur Zeit des „gegenwärtigen Stattfindens der karmischen Tendenz, die zu diesem Resultat führt“ gültig wahrnehmen und welche Art von Phänomen würden wir dabei tatsächlich wahrnehmen? Lassen Sie uns unsere Erörterung auf Formen physischer Phänomene beschränken, z.B. die physische Form der Aktion, mit einem Tonkrug auf den Kopf geschlagen zu werden, und die körperliche Empfindung, damit geschlagen zu werden.

Wenn ein „Resultat, das noch nicht stattgefunden hat“, ein körperliches Phänomen ist, ist dieses Resultat eine von fünf Formen physischer Phänomene, die nur zu den Auslösern der Wahrnehmung gehören, die alle Phänomene sind (tib. chos-kyi skye-mched-pa‘i gzugs). Eine solche Form physischer Phänomene kann nur unbegrifflich durch geistige Wahrnehmung gültig wahrgenommen werden, nicht durch Sinneswahrnehmung. Und insbesondere ist solch eine Art von „Resultat, das noch nicht stattgefunden hat“ eine Form, die ganz und gar begrifflich vorgestellt wird (tib. kun-btags-pa‘i gzugs, vollkommen imaginäre Form).

  • Völlig imaginäre Formen schließen auch Formen im Traum (tib. rmi-lam-gyi gzugs) mit ein, die unbegrifflich durch geistige Wahrnehmung wahrgenommen werden, sowie die Formen von Buddha-Gestalten, die in Visualisationspraktiken erscheinen, sei es durch begriffliche oder unbegriffliche geistige Wahrnehmung. In westlicher Terminologie sind letztere als „Objekte der Imagination“ bekannt.

Einige begrenzte Wesen sind aufgrund einer Besonderheit ihres Wiedergeburtszustands oder einer Nachwirkung starker Eindrücke von Errungenschaften aus Meditationspraxis in früheren Leben fähig, schon bevor sie Buddhaschaft erlangen, bestimmte „Resultate, die noch nicht stattgefunden haben“ gültig wahrzunehmen.

  • Himmlische Wesen (Götter) z.B. sind fähig, wenn ihr Tod naht, die Körper ihrer nächsten Wiedergeburtszustände wahrzunehmen.
  • Wesen im Bardo-Zustand – dem Zustand zwischen den Wiedergeburten - sind fähig, sich in der Körperform ihres nächsten Wiedergeburtszustandes im Alter von acht Jahren wahrzunehmen.

Für die meisten Wesen aber gilt, dass die völlig imaginären Formen von „Resultaten, die noch nicht stattfinden“ nur auf der Grundlage höher entwickelten Gewahrseins gültig wahrgenommen werden können, das durch einen tatsächlichen Zustand der ersten Ebene geistiger Beständigkeit durch Meditation in diesem Leben erreicht wurde.

  • Wenn wir das höher entwickelte Gewahrsein des göttlichen Auges (tib. lha‘i mig-gi mngon-shes) erreicht haben, können wir dadurch z.B. die Form unserer physischen Körper in Wiedergeburten, die noch nicht stattgefunden haben, mit dem geistigen Bewusstsein unbegrifflich wahrnehmen.

Die geistige Wahrnehmung eines „Resultats, das noch nicht stattfindet“, sei sie begrifflich oder unbegrifflich, ist so ähnlich wie die geistige Wahrnehmung einer Buddha-Gestalt, z.B. Manjushri, wenn wir eine Person vor uns als Buddha-Gestalt visualisieren. Wenn wir jemanden als Manjushri visualisieren, erscheinen die farbigen Formen jener Person unserer visuellen Wahrnehmung und werden davon wahrgenommen. Gleichzeitig erscheinen die farbigen Formen von Manjushris Körper unserer geistigen Wahrnehmung und werden von dieser wahrgenommen. Ähnlich verhält es sich, wenn man auf der Grundlage des geistigen Kontinuums von jemandem ein „Resultat, das noch nicht stattfindet“ wahrnimmt: Die farbigen Formen des Körpers jener Person sowie deren bloßes „Ich“, das diesen zugeschrieben wird, erscheinen unserer visuellen Wahrnehmung und werden davon wahrgenommen. Gleichzeitig erscheinen die farbigen Formen des „Resultats, das noch nicht stattfindet“ unserer geistigen Wahrnehmung und werden davon wahrgenommen.

Wenn wir ein Arya sind und ein „Resultat, das noch nicht stattfindet“ gültig wahrnehmen, indem wir uns auf unsere „gegenwärtig stattfindenden fünf Aggregat-Faktoren“ ausrichten, nehmen wir auch Folgendes gültig wahr:

  • die karmische Tendenz für dieses Resultat
  • ihr „zeitweiliges Nicht-Hervorbringen ihres Resultats“,
  • ihre „Fähigkeit zum Entstehen-Lassen dieses Resultats, das noch nicht stattfindet“,
  • das „Noch-nicht-Stattfinden dieses Resultats“.
  • die Abwesenheit des „gegenwärtig stattfindenden Resultats“ dieser karmischen Tendenz.

Beachten Sie, dass wir in diesem Beispiel nicht ein „Resultat, das noch nicht stattfindet“ der „ gegenwärtig stattfindenden fünf Aggregat-Faktoren“ wahrnehmen. Wir nehmen ein „Resultat, das noch nicht stattfindet“ einer „gegenwärtig stattfindenden karmischen Tendenz, die aus einer nicht mehr stattfindenden karmischen Ursache entstanden ist“ wahr.

Gültige Wahrnehmung einer „karmischen Ursache, die nicht mehr stattfindet“

Die gültige Wahrnehmung einer „karmischen Ursache, die nicht mehr stattfindet“ zur Zeit der „karmischen Tendenz, die zum Resultat dieser karmischen Ursache führt“ ist ähnlich der gültigen Wahrnehmung des „Resultats der karmischen Tendenz, die noch nicht stattfindet“ zur selben Zeit. Man nimmt die „karmische Ursache, die nicht mehr stattfindet“ als vollkommen imaginäres Phänomen wahr.

  • Beachten Sie, dass ein karmisches Resultat nicht bloß das Resultat einer karmischen Tendenz ist; es ist auch Resultat einer karmischen Ursache.

Als Arya können wir eine „karmische Ursache, die nicht mehr stattfindet“ mit dem höher entwickelten Gewahrsein der nachfolgenden Vergegenwärtigung früherer Situationen (tib. sngon-gyi gnas rjes-su dran-pa‘i mngon-shes) gültig wahrnehmen. Ein solches höher entwickeltes Gewahrsein befähigt uns zum Beispiel, gültig und unbegrifflich die Formen unserer Körper in Lebenszeiten, die nicht mehr stattfinden, und die von ihnen, in jener Form, getätigten Handlungen, die nicht mehr stattfinden, wahrzunehmen.

Wenn wir auf diese Weise eine „karmische Ursache, die nicht mehr stattfindet“ gültig wahrnehmen, wobei wir uns auf unsere „gegenwärtig stattfindenden fünf Aggregat-Faktoren“ ausrichten, nehmen wir auch Folgendes gültig wahr:

  • die karmische Tendenz, die zum Resultat dieser karmischen Ursache führt,
  • das „Nicht-mehr-Stattfinden dieser karmischen Ursache“,
  • die Abwesenheit der „gegenwärtig stattfindenden karmischen Ursache“, die diese karmische Tendenz entstehen ließ.

Beachten Sie, dass wir in diesem Beispiel nicht die „karmische Ursache, die nicht mehr stattfindet“ der „gegenwärtig stattfindenden fünf Aggregat-Faktoren“ wahrnehmen. Wir nehmen die „ karmische Ursache, die nicht mehr stattfindet“ einer „gegenwärtig stattfindenden karmischen Tendenz, die aus einer nicht mehr stattfindenden karmischen Ursache entstanden ist“ wahr.

Zusammenfassung der Untersuchung

Wenn wir zur Zeit der „karmischen Tendenz, die gegenwärtig stattfindet“ als Arya Bodhisattva diese karmische Tendenz gültig wahrnehmen, nehmen wir also auch das bloße „Ich“, dem diese karmische Tendenz zugeschrieben wird, sowie einen Moment der fünf Aggregate, denen dieses bloße „ Ich“ zugeschrieben wird, gültig wahr.

  • Mit anderen Worten: Wenn wir die farbigen Formen des Körpers von jemandem auf einem Stuhl sitzen sehen, sehen wir auch die „Person“, die diesen farbigen Formen und diesem Körper zugeschrieben wird. Wir „sehen“ zur selben Zeit auch, dass diese Person diese karmische Tendenz hat.

Indem wir diesen Moment der fünf Aggregate gültig wahrnehmen, können wir auch die „Abwesenheit des gegenwärtig stattfindenden Resultats im geistigen Kontinuum“ und die „Abwesenheit der gegenwärtig stattfindenden karmischen Ursache im geistigen Kontinuum“ gültig wahrnehmen.

  • Indem wir zur selben Zeit die Facette der karmischen Tendenz gültig wahrnehmen, die wir ihr „ zeitweiliges Nicht-Hervorbringen ihres Resultats“ genannt haben, nehmen wir das „ Noch-nicht-Stattfinden des Resultats“, das ihr zugeschrieben wird, gültig wahr.
  • Indem wir die karmische Tendenz gültig wahrnehmen, nehmen wir auch eine Grundlage wahr, die das „Nicht-mehr-Stattfinden der karmischen Ursache“ anzeigt. Daher können wir auch dieses „Nicht-mehr-Stattfinden der karmischen Ursache“ zu dieser Zeit gültig wahrnehmen, das der Grundlage, dem bloßen „Ich“, gültig zugeschrieben werden kann, das den fünf Aggregaten gültig zugeschrieben werden kann.

So könnten wir, indem wir das „gegenwärtige Stattfinden der karmischen Tendenz“, das „ Noch-nicht-Stattfinden ihres Resultats“ und das „Nicht-mehr-Stattfinden ihrer karmischen Ursache“ gültig wahrnehmen, die drei Zeiten gleichzeitig wahrnehmen.

  • Gleichzeitige gültige Wahrnehmung der drei Zeiten bedeutet nicht, gleichzeitig des „ gegenwärtige Stattfindens der karmischen Tendenz“, das „gegenwärtige Stattfindens ihres Resultats“ und das „gegenwärtige Stattfinden ihrer karmischen Ursache“ wahrzunehmen.

Während unser visuelles Bewusstsein all die obigen Phänomene gültig wahrnimmt, kann unser geistiges Bewusstsein mit höher entwickeltem Gewahrsein die „karmische Ursache dieser Tendenz, die nicht mehr stattfindet“ und das „Resultat dieser karmischen Ursache und Tendenz, das noch nicht stattfindet“ gültig wahrnehmen. Sie erscheinen als vollkommen imaginäre Phänomene.

  • Gleichzeitige gültige Wahrnehmung der Objekte der drei Zeiten bedeutet nicht, gleichzeitig eine „karmischen Tendenz, die gegenwärtig stattfindet“, ihr „Resultat, das gegenwärtig stattfindet“ und ihre „karmische Ursache, die gegenwärtig stattfindet“ wahrzunehmen.
  • Es bedeutet, dass man gleichzeitig eine „karmischen Tendenz, die gegenwärtig stattfindet“, ihr „karmisches Resultat, das noch nicht stattfindet“ und ihre „karmische Ursache, die nicht mehr stattfindet“ wahrnimmt.
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