Unterteilung der 6 Vollkommenheiten: Vier Traditionen

Einführung

Die verschiedenen tibetischen Traditionen haben leicht unterschiedliche Schemata zur Unterteilung der sechs weitreichenden Geisteshaltungen (tib. pha-rol-tu phyin-pa, Skt. paramita; Vollkommenheiten). Die Vielfalt an Schemata weist auf die Bandbreite hin, die jede dieser sechs weitreichenden Geisteshaltungen abdeckt. Sie weist zudem auf die Auswahl an Bezeichnungen hin, die die verschiedenen Traditionen oder Meister gelegentlich für dieselbe Unterteilung gewählt haben. Der am leichtesten zugängliche Ort, wo man diese Schemata finden kann, ist die jeweilig maßgebliche Darstellung des Sutra-Pfades von jeder der Traditionen, die als Vorbereitung für die Tantra-Praxis geübt wird. Es gibt viele Anordnungen des Sutra-Pfades – zum Beispiel kann der Sutra-Pfad anhand des Lamrim (der geordneten Stufen der Motivation) unterteilt sein; der vier Gedanken, die den Geist dem Dharma zuwenden; des Sich-Trennens von den vier Arten des Anklammerns; der vier Edlen Wahrheiten; oder anhand von Grundlage, Pfad und Ergebnis.

Hier wollen wir die maßgeblichen Schemata zur Unterteilung untersuchen, wie sie in der Kagyü-, Nyingma- und Gelug-Tradition zu finden sind. Die am weitesten verbreitete Darstellung des Sutra-Pfades in der Sakya-Tradition, die im Text „Ein wunderschöner Filigranschmuck der drei Erscheinungen“ (tib. sNang-gsum mdzes-rgyan; Die drei Visionen) des im frühen sechzehnten Jahrhundert lebenden Meisters Ngorchen Könchog Lhündrub (tib. Ngor-chen dKon-mchog lhun-grub), teilt die sechs weitreichenden Geisteshaltungen nicht in ihrer Vielfältigkeit auf.

Für die Dagpo-Kagyü-Tradition und speziell für die Karma-Kagyü-Tradition werden wir uns auf den Text „Der kostbare Filigranschmuck der Befreiung“ (tib. Thar-pa rin-po-che'i rgyan; engl. Jewel Filigree of Liberation) des im frühen zwölften Jahrhundert lebenden Meisters Gampopa (tib. sGam-po-pa Zla-'od gzhon-nu) beziehen.

Für die Drigung-Kagyü-Tradition werden wir den Text „Ein Ozean an Zitaten, die Drigungpas ,Essenz der Mahayana-Lehren‘ gut erklären“ des Meisters Ngoje-Repa (tib. Ngo-rje ras-pa Zhe-sdang rdo-rje), der im späten zwölften Jahrhundert gelebt hat, zitieren.

Für die Nyingma-Tradition werden wir uns auf den Text „Persönliche Anleitung meines vollkommen vortrefflichen Gurus“ (tib. Kun-bzang bla-ma'i zhal-lung; Die Worte meines vollendeten Lehrers) des im neunzehnten Jahrhundert lebenden Meisters Paltrül Rinpoche (tib. rDza dPal-sprul O-rgyan 'jigs-med chos-kyi dbang-po) beziehen.

Für die Gelug-Tradition, werden wir uns auf den Text „Eine große Darstellung der geordneten Stufen des Pfades“ (tib. Lam-rim chen-mo) des Meisters Tsongkhapa (tib. Tsong-kha-pa Blo-bzang grags-pa), der im späten vierzehnten Jahrhundert gelebt hat, beziehen.

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