Buddhistische Kosmologie im Abhidharma und im Kalachakra

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Einleitung 

Die Literatur des buddhistischen Abhidharma (die speziellen Themen des Wissens) und des Kalachakra (die Zyklen der Zeit) bieten zwei unterschiedliche Darstellungen der Kosmologie, und zwar jeweils für einen bestimmten Zweck. Das Studium des Abhidharma ist vor allem dazu da, das unterscheidende Gewahrsein (tib. shes-rab, Skt. prajna) zu entwickeln, indem man mit bestimmten Theorien arbeitet, die zur umfassenden System-Analyse verwendet werden. Die Kalachakra-Darstellung ist so gestaltet, dass sie die Struktur des menschlichen Körpers abbildet, und sie wird vor allem in der fortgeschrittenen tantrischen Meditation angewandt, um Karma zu überwinden. Jede Darstellung ist im Zusammenhang mit ihrer eigenen Zielsetzung gültig und wurde nicht als Mittel zur räumlichen Orientierung entwickelt.

Die Abhidharma-Erklärung, die hier dargelegt wird, basiert auf einem ausführlichen, einjährigen Kurs, den Geshe Sönam Rinchen (tib. dGe-bshes bSod-nams Rin-chen) über das „Schatzhaus spezieller Themen des Wissens“ (tib. Chos mngon-pa'i mdzod, Skt. Abhidharmakosha) von Vasubandhu (tib. dByigs-gnyen) lehrte. Geshe-la erläuterte den Text im Zusammenhang mit Vasubandhu’s „Eigenkommentar zum ‚Schatzhaus spezieller Themen des Wissens‘ “ (tib. Chos mngon-pa'i mdzod-kyi rang-‘ grel, Skt. Abhidharmakoshabhashya) und dem „Kommentar zum erhabenen ‚Schatzhaus spezieller Themen des Wissens’: Erhellung des Weges zur Erleuchtung” (tib. Dam-pa’i chos mngon-pa’i mdzod kyi rnam-par bshad-pa thar-lam gsal-byed), den der Erste Dalai Lama (tib. rGyal-wa dGe-‘dun rgya-mtso) verfasst hatte.

Die Kalachakra-Darstellung basiert auf dem Text „Schmuck für ‚Das Makellose Licht‘ “ (tib. Dri-med ‘ od-kyi rgyan) von Kedrub Norsang Gyatso (tib. mKhas-grub Nor-bzang rgya-mtsho), der „Darstellung der Erzeugungsstufe des glorreichen Kalachakra: Die mündliche Tradition Manjushris“ (tib. dPal dus-kyi 'khor-lo'i bskyed-rim-gyi rnam-bzhag 'jam-dpal zhal-lung) von Detri Rinpoche (tib. sDe-khri 'Jam-dbyangs thub-bstan nyi-ma) und den „Herz-Essenz (-Lehren) derer mit edler Abstammung“ (tib. Rigs-ldan snying-thig) von Kyenrab Norbu ( tib.mKhyen-rab nor-bu).

Anmerkungen und zusätzliche Ausführungen zur Klärung der Darstellungen sind in eckigen Klammern eingefügt.

Die Beschreibung des Universums 

Abhidharma

Ein Weltensystem hat einen quadratischen Zentralberg (Berg Meru), der von sieben konzentrischen Ringen von Meeren mit Süßwasser und niedrigeren goldenen Bergen umgeben ist. Jenseits des siebten Rings von Bergen befinden sich vier Ozeane – einer in jeder Himmelsrichtung – mit jeweils einer inselartigen Welt (einem Kontinent) inmitten des Ozeans. Diese Ozeane bilden das achte Meer. Jenseits eines jeden Kontinents liegen zwei kleinere Eilande (Subkontinente). Die gesamte Konstellation ist von einem äußeren achten Ring aus schwarzen Eisenbergen umgeben.

Die Meere und Landmassen jeder dieser Welten ruhen auf einer zylindrischen Basis aus solidem Gold. Diese wiederum liegt auf einer zylindrischen Basis aus Wasser (Flüssigkeit), welche ihrerseits auf einer zylindrischen Basis aus Wind (Gasen) liegt. [Das Ganze ist vergleichbar mit einer schematischen Darstellung von gasförmigen Riesen und Gesteinsplaneten mit geschmolzenem Kern.] Tausend dieser Welten bilden eine Galaxie; tausend Galaxien bilden einen Haufen und tausend Haufen bilden einen Superhaufen. Daher entsprechen eintausend, eine Million und eine Milliarde Weltensysteme der dritten Potenz von 1.000. Einer anderen Erklärung zufolge haben alle Welten eines Superhaufens eine gemeinsame Basis aus Gold, Wasser und Wind. Unzählige Superhaufen durchlaufen jeweils eigene Zyklen von Entstehen, Andauern, Zerfall und Leerzeiten, jedoch nicht synchron miteinander.

Die zylindrische Basis aus Wind ist 1.600.000 Yojanas tief und hat einen Durchmesser von einer Zillion. [Ein Yojana oder eine „traditionelle Meile“ entspricht 4,5 heutigen Meilen. Der Ausdruck „Zillion“, wörtlich „unzählig“, bezieht sich auf die größte Zahl im traditionellen indischen Zahlensystem. Sie bedeutet 10 hoch 60.] Der gesamte Superhaufen hat eine gemeinsame Basis aus Wind. Jedes Weltensystem besitzt eine zylindrische Basis aus Wasser, die 800.000 Yojanas tief ist, und eine aus Gold, die 320.000 Yojanas tief ist. Diese liegen übereinander und befinden sich oberhalb derjenigen aus Wind; ihr Durchmesser ist gleich: je 1.203.450 Yojanas. Die Meere und Ozeane sind alle 80.000 Yojanas tief.

Der Berg Meru ist 160.000 Yojanas hoch; 80.000 Yojanas befinden sich unterhalb der Wasseroberfläche und ebenso viele Yojanas darüber. Der Querschnitt des Berges Meru ist quadratisch, und jede Seite ist 80.000 Yojanas lang. Der Teil des Berges Meru, der sich über der Wasseroberfläche erhebt, sieht also aus wie ein Würfel. Der Berg Meru besteht aus kostbaren Edelsteinen: im Osten ist er aus Silber und von weißer Farbe, im Süden aus Beryll und blau, im Westen aus rotem Kristall und somit rot und im Norden aus Gold und daher gelb. Diese Farben werden vom Himmel wie auch im Wasser der entsprechenden Richtungen reflektiert. Wenn wir also im Süden leben, erleben wir den Himmel und das Wasser als blau.

Von den acht Bergringen auf der Basis aus Gold sind die sieben, die dem Berg Meru am nächsten sind, tatsächlich Berge, während der achte ein eiserner Zaun ist, der den Umfang der gesamten Basis aus Gold umfasst. Die Berge heißen „Mit Joch (-förmigen Gipfeln)”, „Mit Pflug (-förmigen Gipfeln)”), „ Mit Gerber-Akazie (-bewaldeten Gipfeln)”, „Mit schön anzusehenden (Gipfeln)”, „Mit Pferdeohr (-förmigen Gipfeln)”, „Mit respektvoll geneigten (Gipfeln)” und „Mit Radkranz (-förmigen Gipfeln)”. Jeder Bergring ragt genauso hoch aus dem Wasser, wie er breit ist, und jeder Bergring ist halb so groß wie der nächste. Der erste Ring misst 40.000 Yojanas, der zweite Ring 20.000 Yojanas und so weiter, bis hin zum achten Ring, der 312.5 Yojanas misst.

Die sieben Süßwasser-Binnenmeere sind nach der Qualität ihres Wassers benannt: Kühl, Köstlich, Leicht, Weich, Klar, Geruchlos und Unschädlich für Magen oder Hals, wenn es getrunken wird. Die Meere sind jeweils halb so breit wie das vorige, und zwischen dem Berg Meru und dem ersten Meer liegen 80.000 Yojanas, zwischen dem ersten und dem zweiten Meer 40.000 Yojanas und so weiter. Zwischen dem sechsten und siebten beträgt die Distanz 1.250 Yojanas und zwischen dem siebten Meer und dem schwarzen, eisernen Grenzberg liegen 322.000 Yojanas des achten Meeres, nämlich die vier Salzwasser-Ozeane, in denen die vier inselartigen Welten und acht kleineren Eilande liegen.

Im Osten liegt die Insel der Riesen, mit einem Berg aus Juwelen als ihrem Schatz. Neben ihr liegt das Eiland der Riesenmenschen und das der Riesen. Im Süden befindet sich die Rosenapfel-Insel (Skt. Jambudvipa), deren Schatz ein wunscherfüllender Baum ist. Auf dieser Insel leben wir. Neben ihr liegt das Eiland der „Yakschwanz-Fächer“ mit pygmäischen Kannibalen und das Eiland der „Anderen Yakschwanz-Fächer“. Im Westen liegt die Insel des von Kühen stammenden Reichtums, und der Schatz dieser Insel sind die wunscherfüllenden Kühe. Neben ihr liegen die Eilande der Vortäuschung und der erhabenen Reisewege. Im Norden befindet sich die Insel der „Stimme des Verhängnis“, deren Schatz die Getreideernte ist, die keine Bewirtschaftung erfordert. Neben ihr liegen die Eilande „Stimme des Verhängnis“ und „Begleitstimme des Verhängnis“.

Die Inseln der Riesen im Osten sind trapezförmig, wobei jede Seite halbmondförmig nach außen gewölbt ist. Drei Seiten sind jeweils 2000 Yojanas lang und die Seite, die dem äußeren Ring der eisernen Berge am nächsten ist, misst 350 Yojanas. Die Rosenapfel-Insel im Süden hat die Form eines gleichschenkligen Dreiecks, mit einer Seitenlänge von 2000 Yojanas. Die eine Spitze weist in Richtung des eisernen Ringes, und diese Spitze ist abgeflacht und misst am stumpfen Ende 3,5 Yojanas. Die Inseln des von Kühen stammenden Reichtums im Westen sind rund und haben einen Durchmesser von 2.500 Yojanas. Die Inseln der Stimme des Verhängnis im Norden sind quadratisch, mit einer Seitenlänge von 2.000 Yojanas. Die Eilande haben dieselbe Form, nur kleiner, und sie befinden sich rechts und links der Seite, die dem eisernen Ring zugewandt ist.

Kalachakra

Jedes Weltensystem hat ein zylindrisches Wind-Mandala [kein gemeinsames wie bei einem Supercluster der Weltensysteme im Abhidharma] sowie Feuer-, Wasser- und Erd-Mandala. [Im Abhidharma gibt es kein Feuermandala, und die Basis ist aus Gold statt aus Erde.] Jedes Mandala ist 50.000 Yojanas tief, und sie befinden sich übereinander, wobei der Durchmesser des Wind-Mandalas 400.000 Yojanas, der des Feuer-Mandalas 300.000 Yojanas, der des Wasser-Mandalas 200.000 Yojanas und der des Erd-Mandalas 100.000 Yojanas beträgt. So hat jedes Mandala 50.000 Yojanas zwischen seiner äußeren und seiner inneren Kreislinie, etwa wie eine Hochzeitstorte mit mehreren Schichten. In der Mitte des Erd-Mandalas ist der runde Berg Meru [kein quadratischer wie im Abhidharma]. Er ist 100.000 Yojanas hoch; am Fuß beträgt der Durchmesser 16.000 Yojanas und oben 50.000 Yojanas. Oben auf dem Berg Meru befindet sich ein weiterer Teil, der nur eine geistige Form und weitere 100.000 Yojanas hoch ist, wie ein Kopf auf dem Körper des Berges Meru. Der Hals dieses „Kopfes“ ist 25.000 Yojanas, das Gesicht 50.000 Yojanas und die kronenartigen Erweiterung 25.000 Yojanas hoch.

Rund um den Berg Meru herum befindet sich ein kreisförmiges, 1000 Yojanas breites Randgebiet. Es gibt sechs Ringe [nicht sieben wie im Abhidharma], die abwechselnd aus Kontinenten, Meeren und Bergen bestehen. [Im Abhidharma gibt es nur Ringe aus Meeren und Bergen, nicht aus Kontinenten.] Der Raum zwischen dem äußersten Bergring und dem abgrenzenden Rand des Berges Meru misst 16.000 Yojanas [16+1+8+8+1+16 = 50], und diese werden in 18 gleiche Teile von 888.88 Yojanas für jeden Ring unterteilt. Alle Berge sind gleich hoch und alle Kontinente, Meere und Berge sind gleich breit [nicht immer kleiner werdend wie im Abhidharma]. Die Namen der Kontinente sind, von innen nach außen: Mond, Weißes Licht, Reinheit, Irgendetwas Menschliches, Kranich und Kraftvoll. Die Seen sind: Honig, Butter, Joghurt, Milch, Wasser und Bier. Die Berge sind: Blaues Licht, Massiv, Standhaft, Juwelen- Licht, Speicher und Kühler Berg. Der Berg Meru ist im Osten schwarz, im Süden blau, im Norden weiß und im Westen gelb. Auch die Farben unterscheiden sich also von den Farben des Weltensystems im Abhidharma. [Es scheint, als wären die Farben des Abhidharma-Systems einfach um eine Position nach links verschoben; die südliche blaue Farbe im Abhidharma wird beispielsweise im Kalachakra zur östlichen schwarzen Farbe.

Hier gilt zu beachten, dass sich auch die Maße unterscheiden: Im Abhidharma entsprechen 24 Fingerbreiten (tib. sor) einer Elle (tib. khru), vier Ellen sind eine Armspanne (tib. gzhu-‘dom), 500 Armspanne ergeben eine „Furchenlänge“ (tib. rgyang-grags, engl. furlong =Achtelmeile), und acht Furchenlängen sind eine traditionelle Meile (dpag-tshad, Skt. yojana). Im Kalachakra entsprechen 2.000 Armlängen einer Furchenlänge und vier Furchenlängen einer traditionellen Meile. Eine Kalachakra-Meile misst also das Doppelte einer Abhidharma-Meile und entspricht etwa neun heutigen Meilen. Außerdem werden im Kalachakra-System sechs Ellen mit einer Türbreite gleichgesetzt, während in den anderen Systemen vier Ellen eine Türbreite (tib. sgo-tshad) ausmachen.]

Der Berg Meru hat fünf Vorhänge oder Schleier, die seitlich an ihm herabhängen [sie hängen entweder gerade herunter, wie in der Darstellung von Kedrub Norsang Gyatso, oder sie gleichen, wie der Meister der Astrologie des Kalachakra, Kyenrab Norbu, beschreibt, umgedrehten Messingschalen, d.h. sie erstrecken sich zunächst horizontal bis zum Kreisumfang und hängen dann vertikal nach unten.] Der äußerste Vorhang reicht bis zum oberen Ende des Kühlen Berges und umschließt somit alle Kontinente, Seen und Berge.

Außerhalb davon liegt der siebte Kontinent, die Große Rosenapfel-Insel (Skt. Jambudvipa). Sie ist ringförmig und misst 25.000 Yojanas quer über die Weite des Rings gemessen [25 für den Ring + 50 dazwischen + wieder die 25 für den Ring = 100 Yojanas des Erd-Mandalas]. Sie ist in zwölf Teile unterteilt, wobei jeder Teil an den nächsten grenzt und nicht durch Ozeane voneinander getrennt ist. Sie werden südlicher, östlicher, westlicher und nördlicher Kontinent genannt und jeder von ihnen hat einen östlichen, zentralen und westlichen Teil. Der zentrale Teil einer Richtung ist durch eine Form gekennzeichnet, hat aber nicht tatsächlich genau diese Form. Der östliche Teil ist rund wie ein Vollmond, sein Durchmesser beträgt 7.000 Yojanas. Der Süden wird durch ein Dreieck gekennzeichnet, dieser Teil ist 8.000 Yojanas breit. Der Norden wird durch einen Halbmond gekennzeichnet und ist 9000 Yojanas breit und der Westen ist quadratisch und beträgt 10.000 Yojanas. [Im Abhidharma ist die östliche Insel-Welt trapezförmig, die südliche dreieckig, die nördliche quadratisch und die westliche rund.] Auch diese werden manchmal wie im Abhidharma die Insel der Riesen im Osten, die Rosenapfel-Insel im Süden, die Insel des von Kühen stammenden Reichtums im Westen und die Insel der Stimme des Verhängnis im Norden genannt. Im Kalachakra gibt es also zwei Kontinente mit dem Namen „Rosenapfel“.

Der 25.000 Yojanas breite Ring der Großen Rosenapfel-Insel ist in einen nördlichen und einen südlichen Teil untergliedert. Der nördliche Teil ist diejenige Hälfte, die dem Berg Meru am nächsten ist. Sie ist 12.500 Yojanas breit und wird von Norden nach Süden nochmals in sechs Teile untergliedert: Himavan, Kailash oder Shambhala, Chin, Li, Bhotia und Indien. Die gleiche Untergliederung gilt für alle zwölf Teile der Großen Rosenapfel-Insel und auch die Namen sind gleichlautend. [Hier gilt es zu beachten, dass Himavan (tib. Gangs-can; schneebedeckt) ein allgemein gebräuchlicher Name für Tibet, Chin für die Dolpo-Region im Nordwesten von Nepal, Li für das Kathmandu-Tal und Bhotia für die Region Terai im südlichen Nepal ist. Manche Gelehrte halten zwar Chin für China, Li für Khotan und Bhotia für Tibet, aber das ergibt geographisch kaum einen Sinn.]

Die Grenzlinie zwischen der nördlichen und der südlichen Hälfte der Großen Rosenapfel-Insel liegt dort, wo im Kleineren Rosenapfel die Sonne im Krebs direkt im Zenit steht und die Sommersonnenwende anzeigt. [Das entspricht dem Wendekreis des Krebses, wo sich Ujjain, das Zentrum der alten hinduistischen Astrologie, befindet.]

Außerhalb der Großen Rosenapfel-Insel, die am Ende des Erd-Mandalas liegt, befinden sich die 50.000 Yojanas des Wasser-Mandalas, der Salzwasser-Ozean. Der siebte Berg heißt Feuerberg, Vajra-Berg oder Vulkan und erhebt sich an der Grenze zwischen Wasser- und Feuer-Mandala.

Im Kalachakra sind die dreitausend Welten also nicht 1000 hoch 3, wie es im Abhidharma der Fall ist. Vielmehr bedeutet die „Weltensphäre von Eintausend“, dass es, von der oberen Welt aus betrachtet, in jeder der zehn Richtungen tausend solcher Welten gibt. In der mittleren Sphäre von Zweitausend, zählt man eine dieser Weltensphären von Eintausend und in jeder ihrer zehn Richtungen nochmals zweitausend weitere davon. Für die Weltensphäre von Dreitausend rechnet man eine dieser Sphären und in jeder ihrer zehn Richtungen nochmals 3000 solcher Weltensysteme. Die Weltensphäre der großen Tausend besteht aus einer davon und einer Zillion (10 hoch 60) Weltensystemen in jeder ihrer zehn Richtungen. Das Hauptaugenmerk im Kalachakra liegt jedoch auf nur einer Weltensphäre, da sie als analog zum menschlichen Körper betrachtet wird. Aber da es unzählige begrenzte Wesen (fühlende Wesen) gibt, gibt es analog dazu auch unzählige Weltensphären.

Die Beschreibung von begrenzten Wesen in einem Universum 

Abhidharma

Es gibt acht heiße und acht kalte freudlose Bereiche (Höllen), und jede der heißen Bereiche hat vier benachbarte freudlose Bereiche, die jeweils an einer seiner vier Seiten liegen. Die heißen freudlosen Bereiche sind unterhalb von Bodh Gaya in Indien lokalisiert, während die kalten, freudlosen Reiche unterhalb von Tibet liegen. Da die Inselwelten 80.000 Yojanas tief sind und auf der Basis aus Gold liegen, beginnen sowohl die heißen als auch die kalten freudlosen Bereiche 20.000 Yojanas oberhalb der Basis aus Gold, mit jeweils 4000 Yojanas dazwischen, und der oberste liegt 32.000 Yojanas unterhalb des Bodens. Jeder dieser Bereiche ist quadratisch mit einer Seitenlänge von 20.000 Yojanas. Die Fläche der freudlosen Bereiche erstreckt sich also bis weit außerhalb der Rosenapfel-Insel (dem südlichen Kontinent), da die Rosenapfel-Insel die Form eines gleichschenkligen Dreiecks mit einer Seitenlänge von 2000 Yojanas hat.

Die Klammergeister (hungrige Geister) leben 500 Yojanas unterhalb von Vaishali in Indien auf der Rosenapfel-Insel, bewegen sich aber auch an die Oberfläche.

Gebeugte Kreaturen (Tiere) findet man auf dem Land, im Wasser, am Himmel und einige sogar in göttlichen Bereichen (z. B. als Reittiere der Götter).

Menschliche Wesen gibt es auf allen vier Inselwelten. Ihre Gesichter haben die Form ihrer Inselwelt. Auf der Rosenapfel-Insel ist das die Form eines gleichseitigen Dreiecks, das unten abgerundet ist. Die Menschen im Süden, Osten, Westen und Norden sind, in dieser Reihenfolge, jeweils doppelt so groß wie die in der vorgenannten Himmelsrichtung. Die Menschen im Norden sind also etwa 16 Mal so groß wie wir. Diejenigen auf den angrenzenden Eilanden sind halb so groß. Die Rosenapfel-Insel ist ein Land der Taten, wo man die Wirkungen der Handlungen erleben kann, welche man in einem Leben begangen hat. Daher gibt es Unterschiede zwischen den Menschen und somit Anreiz zum Handeln. Auf den anderen drei Kontinenten herrscht Luxus. Die Menschen dort genießen ein Leben in Wohlstand und Annehmlichkeiten, was ein Resultat von Handlungen in früheren Leben ist. Was in diesem Leben getan wird, bewirkt keinen Unterschied im selben Leben; es bringt erst in zukünftigen Leben Resultate hervor. Deshalb gibt es hier keinen Anreiz zum Handeln und dazu sich weiterzuentwickeln.

Die Möchtegern-Götter (Skt. asura, Gegengötter) leben an den Hängen des Berges Meru und unterhalb des Meeres, das ihn umgibt.

Die Götterwesen (Skt. deva, Götter) leben in verschiedenen göttlichen Reichen (Himmel). Es gibt sechs göttliche Bereiche auf der Ebene der Sinnesfreuden (Reich der Begierden). Die untersten göttlichen Wesen sind die Wächter der vier Himmelsrichtungen; auch sie leben an den Hängen des Berges Meru. An den Hängen des Berges Meru gibt es vier bewohnte Streifen. Der erste liegt 16,000 Yojanas hoch, der zweite 8.000, der dritte 4.000 und der vierte 2.000 Yojanas hoch. Insgesamt 10.000 Yojanas sind unbewohnt: je 2.500 Yojanas große leere Strecken zwischen jedem der vier bewohnten Streifen. Somit erreicht der vierte Götterbereich eine Höhe von 40.000 Yojanas, was der Hälfte des Weges auf den 80.000 Yojanas hohen Teil des Berges Meru gleichkommt, welcher sich über die Wasseroberfläche erhebt. In den unteren drei streifenförmigen Gebieten leben die Reichtumsgötter (Skt. yaksha). Die Wächter der vier Himmelsrichtungen leben auf dem vierten Streifen, aber auch auf den sieben Bergen und den vier Inseln.

Der zweite göttliche Bereich auf der Ebene der Sinnesfreuden ist das Reich der 33 Götter (der Himmel der 33); dieses liegt ganz oben auf dem Berg Meru. Dort residieren auch die meisten der Hindu-Gottheiten. Die nächsten vier göttlichen Reiche dieser Ebene befinden sich über dem Berg Meru. Die Distanz oberhalb und unterhalb dieser Reiche ist jeweils die gleiche. Das erste liegt 40.000 Yojanas über der Oberfläche der südlichen Insel (also auf einer Höhe, die der Hälfte des Weges auf den Berg Meru entspricht). Das zweite (das göttliche Reich der 33 Götter) liegt 40.000 Yojanas darüber oder auf 80.000 Yojanas, also 80.000 Yojanas über der südlichen Insel. Das nächste liegt 80.000 Yojanas darüber oder auf 160.000 Yojanas.

Die Ausmaße setzen sich auch auf dieselbe Weise fort in den göttlichen Bereichen der Ebene ätherischer Formen (Form-Bereich). Sie werden in vier Stufen geistiger Stabilität eingeteilt (Skt. dhyana). Die erste, zweite und dritte Stufe bestehen aus je drei göttlichen Reichen, die vierte aus drei gewöhnlichen und fünf reine Aufenthaltsorten, was insgesamt 17 Götterbereiche ergibt. Auf der Ebene der formlosen Wesen (formloser Bereich) gibt es vier göttliche Reiche; diese haben keinen materiellen Ort. Zusammen gibt es somit 27 Götterbereiche.

Die göttlichen Wesen sind zunehmend größer, je höher man auf den Berg Meru kommt. Die vier Wächter sind eine viertel Furchenlänge, also 125 Ellen groß. In jedem der göttlichen Reiche auf der Ebene der Sinnesfreuden nimmt die Größe der göttlichen Wesen gegenüber dem vorhergehenden um je eine viertel Furchenlänge zu. Die Möchtegern-Götter sind so groß wie die göttlichen Wesen im Reich der 33 Götter, d.h. eine halbe Furchenlänge (250 Ellen). Die göttlichen Wesen des ersten Brahma-Reiches – das ist das erste der 17 göttlichen Reiche auf der Ebene ätherischer Formen – sind ein halbes Yojana groß. In den ersten vier göttlichen Reichen auf der Ebene ätherischer Formen darüber nimmt die Größe jeweils um ein halbes Yojana zu, bis sie das Ausmaß von zwei Yojanas erreicht. Darüber verdoppelt sich die Größe, so dass in Akanistha, dem höchsten der 17 Götterbereiche, eine Größe von 16.000 Meilen erreicht wird. [Zu beachten ist, dass in den Texten die Körpergröße der göttlichen Wesen, die in der ersten Unterteilung der vierten Stufe geistiger Stabilität von 128 Yojanas auf 125 Yojanas abgerundet wird.]

Die Ebene der formlosen Wesen hat keinen Ort, da sie ohne jede physische Form ist.

Kalachakra

Es gibt 31 Arten der Existenz, die jeweils in elf, sechzehn und vier Bereiche auf den drei Ebenen samsarischer Existenz unterteilt werden. Die elf Arten der Existenz auf der Ebene des Sinnesbegehrens sind die der freudlosen Bereiche, der Klammergeister, der gebeugten Kreaturen (Tiere), der Menschen, der Möchtegern-Götter und die der sechs Arten göttlicher Wesen. Je nachdem, auf welchen Kalachakra-Text man sich beruft, spricht man von acht oder sieben freudlosen Bereichen. Das Wind-Mandala mit 50.000 Yojanas Tiefe wird in zwei Teile von je 25.000 Yojanas Tiefe aufgeteilt. Der äußere Bereich der unteren Hälfte ist „Das freudlose Reich der Vajra-Flammen“ [Kyenrab Norbu lässt diesen Bereich in seiner Beschreibung aus, während Kedrub Norsang Gyatso ihn mit einschließt], und der innere Bereich ist „Das große Wehklagen“ . Die obere Hälfte ist „Die große Dunkelheit“. Auch das Feuer-Mandala wird in zwei Teile gegliedert. Die untere Hälfte ist „Das freudlose Reich des Feuers“, die obere Hälfte „Der schreckliche Rauch“. Somit gibt es fünf heiße freudlose Bereiche. Das Wasser-Mandala ist in zwei Bereiche unterteilt: Die untere Hälfte ist „Das freudlose Reich des Sumpfwassers“, die obere Hälfte „Das freudlose Reich des sandigen Wassers“. Das sind die zwei kalten freudlosen Bereiche. Das Erd-Mandala ist gleichfalls in zwei Bereiche unterteilt: Die untere Hälfte ist „Das freudlose Reich der Dornen“ (entsprechend den benachbarten freudlosen Bereichen des Abhidharma), die obere Hälfte ist der Bereich der Möchtegern-Götter und Nagas. Insgesamt gibt es also acht freudlose Bereiche.

Menschen, gebeugte Kreaturen und Klammergeister leben auf den Kontinenten. Die Große Rosenapfel-Insel mit allen zwölf Teilen ist das Land der Taten, während die sechs inneren Kontinente die Länder des Luxus sind.

Ebenso wie die göttlichen Wesen auf der Ebene der Sinnesfreuden leben auch die Wächter der vier Himmelsrichtungen am Rande des Berges Meru; das Reich der 33 Götter hingegen liegt oben auf dem Rumpf des Berges in 100.000 Yojanas Höhe. Die nächsten vier göttlichen Bereiche liegen auf dem unteren Drittel des „Halses“ des Berges Meru. Der „Hals“ misst 25.000 Yojanas – geteilt durch drei und dies dann geteilt durch vier ergibt 2083,33 Yojanas für jeden dieser vier Bereiche.

Die Ebene der ätherischen Formen umfasst 16 göttliche Bereiche, nicht 17 wie im Abhidharma. Diese werden nicht wie im Abhidharma in vier Zustände geistiger Stabilität unterteilt, wo diesen Zustände, der Reihe nach, drei, drei, drei und acht göttliche Bereiche zugeordnet werden. Die Namen dieser Bereiche lauten jedoch gleich wie im Abhidharma. Die ersten vier liegen auf den oberen zwei Dritteln des „Halses“ des Berges Meru. Diese vier werden „weißer Anteil“ (oder Äon) oder „die vier Erd-Plätze“ genannt. Die 50.000 Yojanas des „Gesichts“ werden in Kinn, Nase und Stirn unterteilt. Dem Kinn werden vier Bereiche zugeordnet; sie heißen „die rundum vollkommenen Anteile“ oder „die vier Wasserstellen“. Der Nase sind vier Bereiche zugeordnet; es sind die „Anteile jenseits Brahmas“ bzw. „die vier Orte des Feuers“. Der Stirn werden vier Bereiche zugeordnet und dies sind die „Brahma-Anteile“ oder „die vier Orte der Winde“.

Was die Ebene der formlosen Wesen betrifft, so werden dafür die 25.000 Yojanas der kronenartigen Erweiterung des Berges Meru in vier Bereiche unterteilt, die „der überragende Dharma-Anteil“ oder „die vier Orte des Raumes“ genannt werden. Das Wort „Anteil“, oder auch „Zeitalter“, im Namen der göttlichen Bereiche steht im Zusammenhang mit der Länge der Lebenszeit dort. Die formlosen Götterwesen haben hier nicht nur die subtilsten Bewusstseinszustände und Energiewinde, wie im Guhyasamaja-System, sondern auch einen subtilsten Samentropfen (tib. khu-ba phra-mo). Das bezieht sich auf einen Tropfen der Quelle des Raum-Elements (tib. nam-mkha’i khams) mit der Qualität des Klangs. [Diese Qualität des Klangs ist möglicherweise das, worauf sich die Kalachakra-Literatur an anderer Stelle als „subtilste Rede“ bezieht.]

In dieser Raumquelle bzw. dem subtilsten Samentropfen sind Partikel der anderen vier elementaren Quellen (Wind, Feuer, Wasser und Erde) nicht markant, aber sie sind auf eine gewöhnliche, nicht markante Weise vorhanden. Mit anderen Worten: Sie enthält Spuren davon. Denn – so argumentiert Kedrub Norsang Gyatso – aus nur einer einzigen Qualität, dem Klang, könnte man nicht die Eigenschaften aller anderen ableiten. Da die formlosen Götterwesen über einen subtilsten Samentropfen verfügen, haben sie also einen physischen Wohnsitz.

Die Analogie der Maße im Kalachakra zum menschlichen Körper

Die Entfernung vom Boden des Wind-Mandalas bis zum Gipfel des Berges Meru beträgt 400.000 Yojanas [(50x4)+100+25+50+25]. Analog dazu beträgt die Distanz von Fußsohlen bis zum oberen Ende des Kopfes vier Ellen. Die Strecke von einem Ende des Wind-Mandalas bis zum anderen misst 400.000 Yojanas. Analog dazu misst man von der Spitze eines ausgestreckten Armes bis zur Spitze des anderen vier Ellen.

Vom Boden des Wind-Mandalas bis zur Basis des Berges Meru sind es 200.000 Yojanas. Parallel dazu misst man von den Fußsohlen bis zur Hüfte zwei Ellen. Diese Strecke wird in acht Abschnitte unterteilt, die jeweils 25.000 Yojanas messen. Entsprechend wird auch der Abstand zwischen Füßen und Hüfte in acht Abschnitte unterteilt. [Allerdings misst hier nicht jeder Abschnitt eine viertel Elle. Vielmehr rechnet man für Ober- und Unterschenkel des Beins je eine Elle – aufgeteilt in Fuß, Wade, eigentlichen Oberschenkel und Hüfte, für die man je eine halbe Elle zählt. Beide Beine zusammen haben somit insgesamt acht Abschnitte, doch jeder davon misst eine halbe Elle.]

Die Höhe des Berges Meru von 100.000 Yojanas hat ihre Parallele im Abstand des Körpers zwischen Hüftgelenk und Hals, mit anderen Worten ist die Wirbelsäule eine Elle lang. Der „Hals” des Berges Meru mit 25.000 Yojanas entspricht dem Hals des menschlichen Körpers mit einer viertel Elle. Das „Gesicht“ des Berges mit 50.000 Yojanas entspricht dem menschlichen Gesicht mit einer halben Elle und die Stirn des Berges mit 25.000 Yojanas entspricht der menschlichen Stirn mit einer viertel Elle.

Vom Zentrum des Berges Meru bis zum Ende des Erd-Mandalas misst man 50.000 Yojanas; die Entsprechung dafür ist der Abstand von der Brustmitte bis zum Schultergelenk, der eine halbe Elle beträgt. [Hier gilt es zu beachten, dass eine Elle die Spanne zwischen der Fingerspitze und dem Ellbogen und ebenso vom Ellbogen zur Brustmitte ist. Also misst man von der ausgestreckten Fingerspitze bis zum Handgelenk eine halbe Elle, vom Handgelenk zum Ellbogen ebenfalls eine halbe Elle und genauso auch vom Ellbogen bis zur Schulter und von der Schulter bis zur Brustmitte.] Der sichtbare obere Teil des Wassers [wie gesagt haben die Mandalas aller Elemente ihre Basis auf derselben Ebene, sodass jeweils nur ein Teil von ihnen über dem Mandala, das darunter liegt, zu sehen ist] misst 50.000 Yojanas und analog dazu ist der Abstand vom Ellbogen bis zur Schulter eine halbe Elle. Der sichtbare obere Teil des Feuer-Mandalas misst 50.000 Yojanas und analog dazu ist die Entfernung vom Handgelenk bis zum Ellbogen eine halbe Elle. Der sichtbare obere Teil des Wind-Mandalas misst 50.000 Yojanas und entspricht der Entfernung von einer halben Elle zwischen Fingerspitze und Handgelenk. Diese drei Abschnitte des rechten Arms entsprechen den drei Kontinenten im Osten, die des linken Arms den dreien im Süden. Das rechte Bein entspricht den drei Kontinenten im Norden und das linke Bein den drei Kontinenten im Westen. [Die drei Abschnitte des Arms beziehen sich auf diejenigen von der Fingerspitze zum Handgelenk, vom Handgelenk bis zum Ellbogen und vom Ellbogen bis zur Schulter.]

So wie das Wind-Mandala 400.000 Yojanas, das Wasser-Mandala 200.000 Yojanas und das Erd-Mandala 100.000 Yojanas misst, beträgt die Entfernung vom Zentrum des Körpers bis zu den Fingerspitzen vier halbe Ellen. Halb so groß ist die Distanz vom Nabel bis zur Kehle und wiederum halb so groß die Entfernung von einer Brustwarze zur anderen. [Dies entspricht auch den Palästen der Mandalas von Körper, Rede und Geist, die von ihrem Zentrum bis zu den Wänden jeweils vier, zwei und eine Türbreite messen.] Oder aber die auf den Körper bezogene Entsprechung von 400.000 Yojanas wird vom Schambein bis zum Scheitelpunkt gemessen, die Hälfte davon vom Nabel bis zur Kehle, und die Hälfte davon ist schließlich der Abstand von der Mitte zwischen Herz und Nabel bis zur Mitte zwischen Herz und Kehle.

Lebensdauer 

Abhidharma

Rechnet man 30 Tage für einen Monat und zwölf Monate für ein Jahr, so lebt das niedrigste der sechs Klassen göttlicher Wesen auf der Ebene der Sinnesfreuden 500 Jahre, in denen jeder Tag fünfzig Jahre lang ist (neun Millionen menschliche Jahre). Die Wesen auf der zweiten Ebene leben 1.000 Jahre, bestehend aus 100 Jahre langen Tagen. Auf diese Weise erhöht sich für jede der sechs Arten die Lebensdauer jeweils um den Faktor vier [doppelt so lange Tage und doppelt so viele Jahre].

Die erste der 17 Arten von göttlichen Wesen auf der Ebene der ätherischen Formen lebt ein halbes mittleres Äon, bestehend aus Tagen, die einem halben mittleren Äon entsprechen. Tatsächlich bedeutet ein mittleres Äon hier ein halbes großes Äon. Das sind vierzig mittlere Äonen und die Hälfte davon sind 20. Ein mittleres Äon ist die Zeitspanne, in der die menschliche Lebensdauer von zehn auf 80.000 Jahre ansteigt und dann wieder abnimmt, bis sie nur noch zehn Jahre währt, wobei die Rate ein Jahr pro Jahrhundert beträgt. Die erste der 17 Arten göttlicher Wesen lebt also 20 mittlere Äonen, die aus Tagen bestehen, die 20 mittleren Äonen entsprechen, und bei den nächsten drei Arten erhöht sich die Lebensdauer jeweils um 20 mittlere Äonen, sodass die Wesen der vierten Art 80 mittlere Äonen bzw. ein großes Äon lang leben, bestehend aus Tagen, die einem großen Äon entsprechen. Von der fünften bis zur 17. Klasse der Götterwesen mit ätherischer Form verdoppelt sich dies, sodass die Lebensdauer der 17. Klasse 8.192 große Äonen währt, mit Tagen, die 8.192 großen Äonen entsprechen. Bei den Götterwesen in der formlosen Dimension beträgt die Lebensdauer 20.000 große Äonen, bestehend aus Tagen, die 20.000 großen Äonen entsprechen, und dann auf den nächsthöheren Stufe beträgt sie jeweils 40.000, 60.000 und 80.000 Äonen.

Die Lebensdauer in den heißen freudlosen Reichen wird gemäß den göttlichen Lebenszeiten berechnet. Im ersten heißen freudlosen Bereich dauert das Leben 500 Jahre, bestehend aus Tagen, die der Lebensspanne des ersten göttlichen Bereichs entsprechen, d.h. sie leben neun Millionen menschliche Jahre. Die Lebensdauer im zweiten Bereich währt 1.000 Jahre, bestehend aus Tagen, die der Lebensspanne des zweiten göttlichen Bereichs entsprechen. Auf diese Weise erhöht sich die Lebensdauer jeweils um den Faktor acht bis zum sechsten heißen freudlosen Bereich. Im siebten heißen freudlosen Bereich beträgt die Lebensdauer 20 mittlere Äonen, bestehend aus Tagen, die der Lebensspanne des ersten göttlichen Bereichs auf der Ebene ätherischer Formen entsprechen, und die des achten beträgt 40 mittlere Äonen mit Tagen, die der Lebensspanne des zweiten göttlichen Bereichs auf der Ebene ätherischer Formen entsprechen (oder 3,4 x 10 hoch 31 Jahre).

Für die kalten freudlosen Bereiche gilt Folgendes: Wenn man aus einem Behälter mit 80 Säcken oder Scheffeln voll Sesamkörnern alle 100 Jahre ein Sesamkorn herausnimmt, so entspricht die Zeit, bis der Behälter ausgeleert ist, der Lebensdauer des ersten kalten freudlosen Bereiches. [Ein Scheffel entspricht 20 Pints; ein Pint sind sechs Handvoll. Wenn eine Handvoll 15.000 Sesamkörner sind, dann sind dies 1,4 x 10 hoch 10 Jahre.] Die Lebensdauer erhöht sich für die übrigen der acht kalten freudlosen Bereiche jeweils um den Faktor 20 für jeden Bereich.

Was die menschlichen Arten betrifft, so beträgt die Lebensdauer auf der nördlichen Insel 1.000 Jahre. Diese Lebensdauer ist festgelegt. Die Wesen der drei anderen menschlichen Arten hingegen können eines vorzeitigen Todes sterben. Die Lebensdauer im Westen beträgt 500 Jahre, im Osten 250 Jahre und im Süden ca. 100 Jahre. Die Lebensdauer der gebeugten Wesen (Tiere) ist unterschiedlich. Klammergeister leben 500 Jahre, wobei jeder Tag einen Monat dauert (also insgesamt 15.000 Jahre).

Kalachakra

Die Lebensdauer im ersten freudlosen Bereich (dem der Dornen) und der Nagas im Erd-Mandala beträgt ein kleines Äon. Im zweiten und dritten freudlosen Bereich im Wasser-Mandala beträgt sie ein mittleres Äon, im vierten und fünften freudlosen Bereich im Feuer-Mandala ein höheres Äon, und im sechsten und siebten freudlosen Bereich im Wind-Mandala beträgt sie ein großes Äon. Im „Freudlosen Reich der Vajra-Flammen“ dauert eine Lebenszeit so lange, bis sich die Weltensphäre zusammenzieht. Die Lebensdauer der sechs Arten von göttlichen Wesen auf der Ebene des Sinnesbegehrens beträgt der Reihe nach eins, zwei, drei, vier, fünf und sechs kleine Äonen. Die 16 Arten göttlicher Wesen auf der Ebene ätherischer Formen leben ein Äon bis 16 Äonen. Laut Kedrub Norsang Gyatso handelt es sich dabei für die unteren achten Arten um mittlere Äonen und für die obersten vier, da dies reine Bereiche sind, um höhere Äonen. Bei den vier Arten im Bereich der formlosen Wesen währt die Lebenszeit ein bis vier große Äonen.

Die Zeitdauer dieser Äonen wird folgendermaßen beschrieben: Wenn man aus einem mit Haaren gefüllten, würfelförmigen Behälter mit einer Seitenlänge von jeweils einem Yojana – das sind neun heutige Meilen – alle hundert Jahre je ein Haar herausnimmt, so ist die Zeitspanne, bis der Behälter leer ist, ein Tag eines kleinen Äons. Einhundert Jahre dieser Tage ist ein kleines Äon Ein kleines Äon entspricht somit 1,1 x 10 hoch 36 Jahren. Die Zeitdauer mittlerer, höherer und großer Äonen beträgt jeweils das Quadrat dieser Zahl. [Man beachte, dass die Lebensdauer im untersten freudlosen Reich, Avichi, gemäß den Schriften des Abhidharma 3,4 x10 hoch 31 Jahre beträgt. Hier im Kalachakra sind die Lebenszeiten also viel länger.]

Es gibt zwei Traditionen, in denen die Bedeutung von „Quadrat“ in diesem Zusammenhang beschrieben wird. Die Übersetzungstraditionen des Shong (Shong-‘gyur) und des Jonang (Jo-nang ‘gyur) verstehen es wörtlich als Quadrat. Wenn ein kleines Äon 100 Jahre solcher Tage währt, dann entspricht ein mittleres Äon 100 mal 100 bzw. 10.000 (10 hoch 4), ein höheres Äon 10 hoch 8 und ein großes Äon 10 hoch 16 Jahren des kleinen Äons. Der Rva-Lotsawa-Übersetungstradition (tib. Rva-‘gyur) zufolge, der Kedrupje angehört, verhält es sich so, dass wenn man alle 100 Jahre eines kleinen Äons ein Haar herausnimmt, also ein Haar pro kleinem Äon, dann ist die Zeit, die es dauert, bis das Gefäß leer ist, ein Tag eines mittleren Äons. Ein mittleres Äon dauert 100 Jahre solcher Tage. Wenn jemand also alle 100 Jahre eines mittleren Äons ein Haar herausnimmt, dann ist die Zeit, bis das Gefäß leer ist, ein Tag eines höheren Äons, und dieses währt 100 Jahre mit solchen Tagen. Wenn man alle 100 Jahre eines höheren Äons ein Haar herausnimmt, ist die Zeit, bis das Gefäß leer ist, ein Tag eines großen Äons und das währt 100 Jahre mit solchen Tagen.

Menschen leben bis zu 100 Jahren. Wenn sie jeden Tag 21.600 Atemzüge nehmen, entspricht eine Zeitspanne von 777.777.000 Atemzügen 100 Jahren. Bei winzigen Insekten dauert ein Atemzug den 21.600. Bruchteil eines menschlichen Atemzugs. 21.600 davon sind also ein Tag ihres Lebens [und somit beträgt ein Tag ihres Lebens die Zeitspanne eines menschlichen Atemzuges], 30 solcher Tage entsprechen einem Monat und zwölf solcher Monate einem Jahr. Sie leben also 100 dieser Jahre. Bei Klammergeistern, die Opfer eines gewaltsamen Todes waren (Skt. bhuta), dauert ein Atemzug so lange wie 30 menschliche Atemzüge, und sie leben 100 entsprechende Jahre. Bei den Möchtegern-Göttern entspricht einer ihrer Atemzüge einem menschlichen Tag und sie leben 100 solcher Jahre; die Lebenszeit kann jedoch kürzer oder länger ausfallen. Yogis können ihre Lebenszeit ausdehnen, indem sie pro Tag nur einen Atemzug tun.

Die vierphasigen Zyklen des Universums 

Abhidharma

Jeder Supercluster mit 1000 hoch 3 Weltensystemen durchläuft einen eigenen Zyklus, der nicht synchron mit den anderen Superclustern ist. Es gibt also immer einen Ort, an dem man geboren werden kann. Ein Zyklus dauert ein großes Äon. Einige dieser großen Äonen sind erhellte Äonen, während derer sich Buddhas zeigen. Manche sind dunkle Äonen, in denen keine Buddhas erscheinen. Ein großes Äon entspricht 80 mittleren Äonen. Ein mittleres Äon ist die Zeitspanne, in der die menschliche Lebensdauer mit einer Rate von einem Jahr pro Jahrhundert von zehn auf 80.000 Jahre anwächst und dann wieder abnimmt, bis sie wiederum nur noch zehn Jahre währt. Ein mittleres Äon dauert also 16 Millionen Jahre. Die 80 mittleren Äonen werden in vier Gruppen zu je 20 mittleren Äonen eingeteilt.

Die ersten 20 mittleren Äonen sind die mittleren Äonen des Entstehens. Aus der Kraft der Elemente und aus dem kollektiven Karma derer, die in diesem Universum wiedergeboren werden, entwickelt sich zuerst ein leichter Hauch im Wind-Mandala. Es besteht aus sphärischen Partikeln. [Man beachte, dass alle Primärpartikel (tib. rdul-phran, rdul phra-rab) mindestens aus acht Bestandteilen bestehen. Diese acht sind Bestandteile der vier Elemente (tib. ‘ byung-ba’i khams) – Erde, Wasser, Feuer und Wind – und Bestandteile der vier daraus abgeleiteten Elemente (tib. ‘ byung-gyur) – Anblick, Geruch, Geschmack und Berührung. Das Primärpartikel erscheint als Partikel desjenigen Bestandteils, das vorherrschend ist, zum Beispiel Wind. Klang-Partikel verfügen über einen zusätzlichen Bestandteil des Klanges und Partikel physischer kognitiver Sensoren verfügen entweder über einen zusätzlichen Bestandteil (einen körperlichen Sensor) oder zwei zusätzliche Bestandteile (einen Augen-Sensor etc., sowie einen körperlichen Sensor). Auf der Ebene der ätherischen Formen haben Partikel keine Geruchs- oder Geschmackskomponenten, da die göttlichen Wesen dort keine Geruchs- oder Geschmackssensoren haben.] Der Energie-Wind ist der Träger des Universums [ebenso wie er der Träger des subtilsten Bewusstseins im Anuttarayoga-Tantra ist]. Damit wird widerlegt, dass das Universum auf dem Rücken des Schildkröten-Avatars von Vishnu ruht oder das Produkt der Gedanken Ishvaras ist.

Wenn ein Universum entsteht, erscheint über dem Wind-Mandala eine Wolke von goldener Essenz. Große Regenmassen erzeugen das Wasser-Mandala. Dieses wird vom Wind aufgewühlt, wodurch an der Oberfläche ein goldenes Mandala entsteht (ähnlich wie Butter). Dann bringt eine zweite Wolke mit der Essenz aller Elemente weiteren Regen hervor, der noch ein Wasser-Mandala erzeugt. Der Wind wühlt es auf, und aus den besten Elementen entsteht ein Berg Meru. Aus den Elemente mittlerer Qualität und einem zweiten Prozess des Aufwühlens gehen die sieben goldenen Berge hervor. Ein drittes Aufwühlen lässt aus den Elementen niedrigster Qualität die vier Kontinente entstehen.

Während des ersten der 20 mittleren Äonen des Entstehens erscheinen zuerst die göttlichen Bereiche oberhalb des Berges Meru, beginnend mit den drei Brahma-Reichen und dann folgen abwärts die anderen göttlichen Bereiche. Mit anderen Worten: Die göttlichen Bereiche im ersten Zustand geistiger Stabilität auf der Ebene der ätherischen Formen erscheinen zuerst, denn die göttlichen Bereiche oberhalb des Brahma-Bereiches bleiben während der meisten großen Äonen bestehen. Dann entstehen jene Bereiche, die auf Land und Wasser beruhen, angefangen vom niedrigsten freudlosen Reich der Reihe nach aufwärts. Während der nächsten 19 mittleren Äonen entwickeln sich die verschiedenen Lebensformen, beginnend mit den göttlichen Wesen im Bereich Brahmas („ Anspruchsvoller Erster“) und dann der Reihe nach abwärts. Weil Brahma zuerst erscheint, meint er, dass alles, was nach ihm kommt, von ihm erschaffen sei, und daher stammt die Vorstellung eines Schöpfergottes.

Menschliche Wesen aus dieser frühen Zeit sind als Menschen des ersten Äons bekannt. Sie sind durch wundersame Emanation entstanden und sehen alle gleich aus, mit Lichtkörpern, ohne Geschlechtsorgane, jedoch mit voll ausgebildeten Sinnesorganen. Sie haben außerphysische Kräfte, ernähren sich von vertiefter Konzentration und haben keine Ausscheidungen. Ihre Lebenszeit ist unermesslich, denn während dieser Periode gibt es weder Sonne noch Mond oder Sterne und daher keine zeitliche Einteilung. Durch die natürliche Strahlkraft ihrer Körper gibt es ausreichend Licht.

Regen fällt, und Wind verfestigt die obere Schicht des angesammelten Wassers zu Erdmasse, die so süß wie Honig schmeckt. Aus früheren Tendenzen störender Emotionen entsteht Anhaftung an den Geschmack. Jemand taucht seinen Finger in die Masse und probiert davon. Die anderen tun es ihm gleich und so entsteht der Brauch des Essens. Durch den Genuss fester Nahrung werden die Körper schwerer und verlieren ihre natürliche Strahlkraft. Während das Licht schwindet, erscheinen die äußeren Leuchtkörper von Sonne, Mond und Sternen auf halber Höhe des Berges Meru (40.000 Yojanas oberhalb des Meeresspiegels) in Höhe des ersten Rings der goldenen Berge. Diese Leuchtkörper bewegen sich auf dem Wind über den Gipfeln dieser Bergkette.

Die Wesen, die viel essen, werden hässlicher, und jene, die wenig essen, bleiben schöner. Sie blicken auf die hässlicheren Personen herab und die ersten Zwistigkeiten entstehen. Die süße Masse wird weniger und die Menschen beginnen, das Moos, das am Boden wächst, zu essen. Die Gier wird größer und so nehmen Streitigkeiten zu. Das Moos wird weniger und dasselbe geschieht mit den Sprossen von Blumen. Dann essen die Menschen wildes, hülsenloses Getreide, das nicht angebaut werden muss. Weil die Menschen gröbere Nahrung verzehren, entwickeln sie die körperlichen Organe, um den Unrat auszuscheiden, sowie Geschlechtsorgane. Aufgrund früherer Tendenzen entsteht gegenseitige Begierde. Die schamloseren Menschen beginnen sich zu vereinigen und andere werfen angeekelt Steine nach ihnen. Um sexuellen Aktivitäten in privaterem Rahmen nachgehen zu können, bauen die Menschen ihre ersten Häuser.

Aus Bequemlichkeit beginnen die Menschen, Nahrung zu horten. Sie wollen nicht jeden Tag Getreide sammeln. Weil nun viel gehortet wird, bekommen die Menschen mehr und mehr Angst, dass sie nicht genug Nahrung abbekommen. Aus dieser Situation heraus entstehen Diebstahl, Misstrauen und Aufteilung des Landes in private Gebiete. Diejenigen, die am meisten Getreide gehortet haben, meinen, dass es gut wäre, einen König zu haben, der sie beschützt und Streitigkeiten beilegt. Sie wählen dafür die Person aus, die am besten aussieht und den umgänglichsten Charakter hat. Die ersten Könige werden also volkstümlich gewählt. Der König entscheidet Streitigkeiten über Land und Getreide und erhält dafür ein Sechstel des Getreides als Bezahlung. Damit beginnen Dynastien von Weltenherrschern, die sich mit einem Rad Autorität verschaffen und mehrere Insel-Welten regieren (Chakravartin-Herrscher). Wenn sie über eine Inselwelt herrschen, haben sie ein Rad aus Eisen, im Falle von zwei Inseln eines aus Kupfer, bei dreien eines aus Silber und bei vieren eines aus Gold. Das trifft jedoch nur während des ersten Äons zu, während dessen die Lebensspanne von unermesslicher Dauer auf 80.000 Jahre sinkt. Die Körper der Chakravartin-Herrscher sind die des südlichen Kontinents und sie weisen Nachbildungen der 32 Zeiten eines Buddha auf. [Das erste Äon bezieht sich also auf die 20 mittleren Äonen des Entstehens.]

Dann folgen die 20 mittleren Äonen des Andauerns. Das erste dieser 20 ist das große Zeitalter der Verminderung, während dessen sich die menschliche Lebensdauer auf dem südlichen Kontinent von 80.000 auf zehn Jahre reduziert, indem sie alle 200 Jahre um ein Jahr abnimmt. Die nächsten 18 mittleren Äonen sind Phasen des Auf und Ab, und die menschliche Lebensdauer nimmt von zehn bis 80.000 Jahre zu und sinkt dann wieder auf zehn Jahre, wobei die Rate ungefähr bei einem Jahr pro Jahrhundert liegt. Das 20. mittlere Äon ist dann eine große Phase zunehmenden Lebensalters, in der die menschliche Lebensdauer wieder von 10 auf 80.000 Jahre ansteigt, und zwar alle 200 Jahre um ein Jahr.

Buddhas erscheinen nur in Phasen der Verringerung, während sich die Lebensspanne von 80.000 auf 100 Jahre reduziert. Der erste Buddha dieses Äons erschien zu einer Zeit, in der die Lebensdauer bei 60.000 Jahren lag, der zweite bei 40.000, der dritte bei 30.000, und Shakyamuni erschien, als die Lebensdauer etwa 100 Jahre betrug. Der fünfte Buddha, Maitreya, wird erscheinen, wenn die Lebensspanne wieder auf 80.000 Jahre ansteigt. Das gegenwärtige, erhellte Zeitalter wird „das glückliche Äon“ genannt; in seinem Verlauf erscheinen (während seiner 20 mittleren Äonen des Andauerns) 1.000 Buddhas. Darauf folgen 60 dunkle Äonen (jedes davon dauert 80 mittlere Äonen), und dann kommt ein sternengleiches Äon mit 20.000 Buddhas.

Wenn die menschliche Lebensdauer weniger als 100 Jahre beträgt, ist dies die Zeit der fünf Degenerationen (tib. snyigs-ma lnga). Während dieser Zeit sind die Menschen nicht empfänglich für die Lehren des Buddhas, und zwar aus folgenden Gründen:

  • Rückgang der Lebensdauer – das Leben geht immer schneller vorbei und niemand lebt mehr Tausende von Jahren wie in den goldenen Zeitaltern;
  • Entartung störender Emotionen und Geisteshaltungen – sie sind sogar unter Ordinierten verbreitet, die ihre Familien verlassen haben;
  • Degeneration der Ansicht – insbesondere bei Haushältern, die jeden Respekt oder Glauben an etwas Konstruktives verlieren;
  • Degeneration der Wesen – Menschen und Tiere sind kleiner und schwächer als früher und weniger in der Lage, für sich selbst zu sorgen;
  • Niedergang der Zeiten – die natürlichen Ressourcen gehen aus, die Umwelt wird zerstört und Epidemien, Kriege usw. treten auf.

Gemäß dem „Schatzhaus spezieller Themen des Wissens“ endet der Abwärtstrend der Lebenszeit jeweils auf unterschiedliche Arten, die einander abwechseln. Wenn die Lebenszeit eine Dauer von zehn Jahren erreicht, gibt es ein Inferno bewaffneten Massakers, das sieben Tage dauert. Die Menschen sind zwergenhaft, missgestaltet, übelriechend und so aggressiv, dass sie alles, was sie nur haben, dazu benutzen, sich gegenseitig umzubringen. Die Überlebenden fliehen in Höhlen und erkennen die verheerenden Folgen des Mordens, woraufhin sich die Zeiten bessern. Wenn die Lebenszeit sich zum zweiten Mal auf zehn Jahre verringert hat, kommt es, da die Menschen nicht reinlich sind und keine Rücksicht aufeinander nehmen, zu einer Seuche, die sieben Monate und sieben Tage dauert. Wenn die Überlebenden die katastrophalen Wirkungen des unguten Handelns gegenüber anderen und der Umwelt erkennen, verbessern sich die Zeiten wieder. Wenn die Lebenszeit zum dritten Mal auf zehn Jahre abgesunken ist, tritt eine Hungersnot auf, die sieben Jahre, sieben Monate und sieben Tage währt. Die Menschen haben sich so negativ verhalten, dass es Auswirkungen auf das Wetter hat, das Getreide verfault und daher das Horten und Kämpfen um Nahrung zunimmt. Schließlich bereuen die Menschen ihr Verhalten und der Prozess kehrt sich um. Gemäß der „Anthologie spezieller Themen des Wissens” (tib. Chos mngon-pa kun-las btus-pa, Skt. Abhidharmasamuccaya) treten alle drei Plagen auf: wenn die Lebenszeit nur noch 30 Jahre beträgt, gibt es eine Hungersnot, wenn sie 20 Jahre beträgt, tritt die Plage auf und wenn sie bei zehn Jahren liegt, die Waffengewalt.

Dann folgen 20 mittlere Äonen des Zerfalls. Während der ersten 19 Äonen dieser Phase werden die Lebensformen nach und nach ausgelöscht. Dieser Prozess verläuft der Reihe nach vom niedrigsten heißen freudlosen Bereich bis zu den göttlichen Brahma-Bereichen. Wenn das Karma, in den entsprechenden Lebensformen wiedergeboren zu werden, aufgebraucht ist, werden die Wesen in einer anderen Lebensform wiedergeboren. Wenn nicht, erscheinen sie in einem anderen Supercluster wieder in derselben Lebensform. Zuerst werden die drei schlimmsten Wiedergeburtszustände ausgelöscht. Etwa zu diesem Zeitpunkt erreicht normalerweise ein Mensch die erste Ebene geistiger Stabilität. Dieser Mensch denkt: „wie schön“, und erzählt anderen davon. Als Folge davon, dass sie sich in die Meditation versenken, werden sie im Brahma-Bereich wiedergeboren. Das gilt für die Menschen des südlichen, östlichen und westlichen Kontinents. Die Menschen auf dem nördlichen Kontinent werden lediglich als göttliche Wesen im Bereich der Sinnesfreuden wiedergeboren. In dem Fall findet derselbe Prozess der natürlichen Versenkung in die erste Ebene geistiger Stabilität bei den göttlichen Wesen auf der Ebene der Sinnesfreuden statt und daraufhin werden sie in den Brahma-Bereichen wiedergeboren. Danach erreicht ein Wesen im ersten Brahma-Bereich die zweite Ebene geistiger Stabilität und allmählich werden alle dort wiedergeboren.

Wenn dann im 20. mittleren Äon keine göttlichen Wesen mehr übrig sind, die Regen bewirken, werden alle Bereiche bis einschließlich der ersten Ebene geistiger Stabilität im Brahma-Bereich durch das Feuer von sieben Sonnen zerstört, die der Reihe nach auftauchen. Die erste verbrennt die gesamte Vegetation; die zweite trocknet alle Flüsse und Bäche aus; die dritte trocknet den Manasarovar-See und die vier großen Ströme aus, die am Berg Meru (Berg Kailash) entspringen; die vierte und fünfte trocknen die Ozeane aus, bis sie auf ein paar wenige Tropfen geschrumpft sind. Die sechste trocknet alles aus und lässt nicht einmal einen Tropfen Feuchtigkeit übrig. Die siebte bewirkt, dass die Erde und der Berg Meru sich in Rauch auflösen und alles in Flammen aufgeht, sodass nur Asche übrig bleibt.

Dann folgen 20 mittlere Äonen der Leere. Dieser Zyklus wiederholt sich sieben Mal. Beim nächsten Mal wird der Supercluster dann durch Wasser zerstört, und zwar einschließlich des göttlichen Bereiches der zweiten Ebene der geistigen Stabilität. [Man beachte, dass jedes der Milliarden Weltensysteme eines Superclusters seinen eigenen Bereich der ersten Ebene geistiger Stabilität hat, jedoch nur einen gemeinsamen Bereich der zweiten, dritten und vierten Ebene geistiger Stabilität für den gesamten Supercluster.] Diese Abfolge von acht Zyklen wiederholt sich sieben Mal und darauf folgt wieder die siebenmalige Zerstörung durch Feuer. Beim nächsten Mal wird der Supercluster durch Wind zerstört, einschließlich der Bereiche der dritten Ebene der geistigen Stabilität. Anschließend wiederholt sich die Gesamt-Sequenz der nunmehr 64 Zyklen. Auf der vierten Ebene der geistigen Stabilität kann die Umwelt nicht durch eine der vier Elementar-Quellen zerstört werden, weder durch feste noch durch flüssige, feurige oder gasförmige. Die Umwelt jeder der Unterteilungen löst sich auf, wenn die Potenziale der begrenzten Wesen, sich dort aufzuhalten, zu Ende gehen und sie sterben.

Kalachakra

Im Kalachakra werden die Zyklen des Entstehens, Überdauerns, Verfalls und der Leere indirekt erwähnt, aber ohne viele Einzelheiten. Es gibt jedoch im Kalachakra eine spezielle Erörterung der die Partikel der Elementar-Quellen (tib. khams). Es gibt fünf Arten davon. Die Erde hat fünf Qualitäten: Geruch, Form, Geschmack, Berührung und Klang, wobei jede subtiler ist als die nächste. Seine Heiligkeit der Dalai Lama erläutert, dass die Partikel der acht Arten von Abhidharma-Bestandteilen (mit Ausnahme des Klangs) hier wahrscheinlich mit eingeschlossen sind. Wasser-Partikel haben vier Qualitäten: die vier oben genannten mit Ausnahme des Geruchs. Feuer-Partikel haben drei der oben genannten Qualitäten, sie sind ohne Geruch und Form. Wind-Partikel sind durch zwei Qualitäten gekennzeichnet, ohne Geruch, Form und Geschmack. Raum-Partikel haben nur eine Qualität, nämlich Klang. Während der leeren Äonen bestehen die gröberen Partikel auf fragmentierte Weise weiter, d.h. sie haben keinen Zusammenhalt mehr. Für diese Situation gibt es auch die Bezeichnung, dass man sie Raum-Partikel nennt. Da die Raum-Partikel mit ihrer Klang-Qualität alle vier Zyklen eines Universums überdauern, könnte man sagen, sie währen ewig. Im Kalachakra wird erklärt, dass dies die tiefere, verborgene Ebene der Bedeutung des ewigen Klangs ist, von dem in den Veden und im Samkhya-System die Rede ist.

Detri Rinpoche führt aus, dass mit Raum-Partikel auch der Raum zwischen den Partikeln gemeint ist, nämlich zu der Zeit, wenn sie sich aus ihrer Verbindung lösen und zerstreuen, d.h. wenn sie in der Situation sind, in der sich Raum zwischen ihnen befindet. Es gibt also zwei Zustände der Raum-Partikel: einen, wenn sie zusammenhängen, und einen, wenn sie nicht zusammenhängen.

Man beachte auch, dass es in einem Weltensystem unterhalb seines Wind-Mandalas und oberhalb des Berges Meru ebenfalls Raum-Partikel gibt, nämlich Partikel der fünf Elementar-Quellen, die sich nicht berühren und keinen Zusammenhalt haben. Dies wird „alleinige Leere“ (tib. stong-pa gcig-bu) genannt und erscheint wie freier Raum zwischen den Dingen.

Aufgrund des Potenzials des kollektiven Karmas beschränkter Wesen, die in diesem speziellen Universum geboren werden, geschieht es dann, dass Wind-Partikel zusammenkommen und aneinander hängenbleiben, und dadurch kommt es zu wehendem Wind. Aus sich zusammenballenden Feuer-Partikeln entsteht der Aspekt von Blitzen mit Wind (wie statische Aufladung). Durch sich zusammenballende Wasser-Partikel kommt es zu Regen mit Wind und Feuer bzw. Blitzen. Sich zusammenballende Erd-Partikel lassen Regenbögen mit Wind, Feuer und Wasser entstehen. Raum-Partikel bleiben als das bestehen, das alle anderen durchdringt; und dies bezieht sich hier auf beeinflussbaren Raum als Raum für die Dinge bzw. Raum, den sie einnehmen.

Was die Entstehung von Sonne, Mond und Planeten betrifft, so erscheinen zuerst die Sternbilder und Zeichen des Tierkreises. Dann erscheint bei null Grad Krebs zuerst die Sonne und dies ist der Beginn des ersten tatsächlichen Jahres. Die Sonne bewegt sich dann gegen den Uhrzeigersinn im Umlauf, und wenn sie null Grad Widder über der vertikalen Achse bzw. dem zentralen Meridian des Zentralen Östlichen Kontinents (gleichbedeutend mit dem Aszendenten aus der Perspektive der Zentralen Südlichen Kontinents) erreicht hat, erscheint zum ersten Mal der Mond und zwar mit einem Neumond. Das ist der Beginn des ersten Tages des Mond-Kalenders und der Grund, warum der Tierkreis mit dem Widder beginnt. Es ist auch der erste Montag, und nun wechseln sich Sonntag und Montag ab. Wenn die Sonne sechs Grad 40 Minuten im Zeichen Löwe erreicht und dies über dem Meridian stattfindet, erscheint Mars. Das ist der erste Dienstag, und nun gibt es drei Wochentage, die einander abwechseln. Wenn die Sonne zehn Grad Skorpion auf dem Meridian erreicht, erscheint Merkur, und von da an gibt es den Mittwoch. Erreicht sie zehn Grad Jungfrau auf dem Meridian, so erscheint Jupiter und damit der Donnerstag. Bei 20 Grad Zwillinge und dem Meridian-Stand erscheint Venus und damit Freitag. Bei null Grad Schütze auf dem Meridian erscheint Saturn und damit Samstag.

Im Kalachakra gibt es keine ausführliche Erörterung der Entwicklung beschränkter Wesen und ihre Dauer, so wie es im Abhidharma der Fall ist. Doch es wird erwähnt, dass während des Zerfalls eines Universums zuerst die Erd-Partikel auseinanderfallen und dann der Reihe nach Wasser-, Feuer- und Wind-Partikel; übrig bleiben nur die Raum-Partikel.

Das Überdauern der Lehren Buddhas 

Abhidharma

Vom Gesichtspunkt der Sutras werden die Sutra-Lehren 5.000 Jahre erhalten bleiben. Dieser Zeitraum wird in zehn Perioden von je 500 Jahren unterteilt, während derer die Lehren immer mehr im Niedergang begriffen sind. Die ersten drei sind „Kapitel“ (tib. le’u) oder Perioden des Verständnisses tiefen Gewahrseins bzw. die drei Perioden des Erlangens von Ergebnissen, in denen folgende Zustände erreicht werden: der eines Arhats, der einer Person, die nicht mehr [in den Daseinskreislauf] zurückkehrt, und der einer Person, die nur noch einmal [in den Daseinskreislauf] zurückkehrt. Die zweiten drei Perioden sind die drei Kapitel oder Perioden des Übens, nämlich des Übens von unterscheidendem Gewahrsein, vertiefter Konzentration und ethischer Selbstdisziplin – also Perioden, während derer die Menschen sich in erster Linie in diesen Disziplinen üben. Die nächsten drei Perioden sind dann die Kapitel oder Perioden der Schriften – die Periode des Abhidharma, die der Sutras und die des Vinaya, da die Lehren und Handlungen während dieser Perioden jeweils damit übereinstimmen. Die letzte Periode ist dann diejenige, in der nur noch die Symbole aufrechterhalten werden, d.h., die Praktizierenden tragen einfach nur ihre Roben, erhalten aber nicht die entsprechenden Sicht- oder Verhaltensweisen aufrecht.

Im Jahr 1956 waren 2500 Jahre seit dem Dahinscheiden Buddhas vergangen. Gemäß dem Abhidharma beginnt die Datierung 544 v.u.Z. und wird 4456 enden. Wir sind also jetzt in der Periode, in der es vorrangig um das Praktizieren ethischer Selbstdisziplin geht.

Kalachakra

Die Dauer der Lehren von Buddha Shakyamuni wird 5.104 Jahre währen. Buddha wurde 960 v.u.Z. geboren und in seinem 81. Lebensjahr, 880 v.u.Z., lehrte er das Kalachakra-System. Dies markiert den Beginn der 5104-jährigen Periode, und somit werden die Lehren im Jahr 4224 verschwinden, also 32 Jahre früher, als ihr Untergang gemäß den Sutras vorhergesagt wird.

Buddha lehrte Kalachakra im Stupa in Shridhanyakataka (tib. dPal ‘bras-spungs) in Andhra Pradesh, Südindien. Der König von Shambhala, Suchandra (tib. Zla-ba bzang-po), begab sich mit 96 Königen niedrigeren Ranges dorthin, brachte die Lehren mit zurück nach Shambhala, schrieb das Wurzel-Tantra nieder und verfasste einen erklärenden Kommentar dazu. Er herrschte noch weitere drei Jahre. Er war der erste einer Reihe von sieben religiösen Königen. Die nächsten sechs Könige regierten je 100 Jahre lang. Dann schrieb Manjushri Yashas (tib. ‘ Jam-dpal grags-pa), der erste Kalki (tib. rigs-ldan; Aufrechterhalter der Kasten), „Das abgekürzte Kalachakra-Tantra“ (tib. bsDus-rgyud, Skt. Laghutantra). Sein Sohn, Pundarika (tib. Pad-ma dkar-po) schrieb den erklärenden Kommentar „Makelloses Licht“ (tib. Dri-med ‘od, Skt. Vimalaprabha).

In der Reihe der 25 Kalkis herrschte jeder 100 Jahre lang, mit Ausnahme des zehnten – dieser regierte 182 Jahre – und des elften, der 221 Jahre lang regierte. Die Herrschaft des Zehnten. Kalki begann 624; dies war auch der Beginn der muslimischen Ära (eigentlich 622). Die Herrschaft des Zwölften Kalki begann 403 (tib. me mkha’ rgya-mtsho) Jahre später, im Jahr 1027 u.Z., als das Kalachakra-System nach Tibet gelangte, und das ist der Zeitpunkt, an dem die Tradition des Kalachakra-Kalenders beginnt. Die Herrschaft des Elften Kalkis beginnt 806 u.Z., und damit beginnt das genaue Zeitrechnungs-System (tib. byed-rtsis). Im 98. Jahr der des 25. Kalki, Rudrachakrin (tib. Drag-po ‘khor-lo-can), also im Jahr 2424 u.Z. und 1.800 Jahre nach Beginn der muslimischen Periode wird es einen großen Krieg geben, der mit Hilfe von Shambhala gewonnen werden wird.

Bis zu diesem Zeitpunkt werden 3.304 Jahre der Lehren Buddhas vergangen sein [3+600+221+182+2200+98]. Diese werden die frühen vier Zeitalter oder Yugas genannt, nämlich „das volle Zeitalter“ (Skt. krtayuga), „die drei Teile“ (Skt. tretayuga), „die zwei Teile“ (Skt. dvaparayuga) und „das Zeitalter der Konflikte“ (Skt. kaliyuga), das im Jahr 1598 begann. Nach dem Krieg werden die Kalachakra-Lehren weitere 1.800 Jahre florieren – dies sind dann die späteren vier Yugas oder Zeitalter. Jedes davon dauert 450 Jahre. 3304 + 1800 = 5104. Nach dieser Zeit werden Rudrachakrins Lehren des Kalachakra der Reihe nach auf jedem der anderen elf Kontinente 1.800 Jahre überdauern, somit also insgesamt 21.600 Jahre erhalten bleiben.

[Siehe: Kalachakra sagt nicht eine tatsächliche Katastrophe voraus]

Die Bewegung der Himmelskörper, Jahreszeiten und so weiter 

Abhidharma

Entsprechend der Rotation der Sonne um den Berg Meru sind Tag und Nacht auf den gegenüberliegenden Seiten des Meru unterschiedlich. Je nachdem, wie weit die Sonne dabei im Norden oder Süden steht, werden die Tage länger und kürzer und so entstehen die Jahreszeiten.

Kalachakra

Die Sternbilder des Tierkreises sowie auch die Himmelskörper Sonne, Mond und Planeten [allesamt als „Planeten“ (tib. gza’) bezeichnet] kreisen im Uhrzeigersinn um den Berg Meru, sodass sie im Osten auf- und im Westen untergehen. Die Bewegung der Himmelskörper in Relation zu den Sternbildern verläuft jedoch gegen den Uhrzeigersinn; das bedeutet, dass jede Nacht zur selben Zeit der Mars etwas weiter östlich steht, während die Sternbilder sich nach Westen verschieben. Die Bewegung der Himmelskörper gleicht also der einer Fliege, die gegen den Uhrzeigersinn auf einer Platte läuft, die sich im Uhrzeigersinn dreht. [Gemäß der heutigen wissenschaftlichen Sicht ist die scheinbare Bewegung der Himmelskörper im Uhrzeigersinn dadurch begründet, dass sie aus der Perspektive der Erde betrachtet werden, die sich um die eigene Achse gegen den Uhrzeigersinn dreht. Ihre scheinbare Bewegung gegen den Uhrzeigersinn in Bezug auf die Sternbilder liegt daran, dass sie von der Erde aus betrachtet werden und diese sich im Uhrzeigersinn um die Sonne dreht.]

Jeder Himmelskörper hat eine eigene, konstante Geschwindigkeit, doch er bewegt sich mal schneller, mal langsamer. Das bedeutet, dass er seiner nach dem Mittelwert der Geschwindigkeit bestimmten Position manchmal voraus und manchmal hinterher ist. Es gibt zwei Möglichkeiten der Korrektur der schnelleren bzw. langsameren Bewegung: an der mittleren Position, wenn der Planet in Konjunktion mit seinem eigenen Haus steht oder wenn er in Konjunktion mit der Sonne steht. Diese Erklärungen entsprechen der Art und Weise, wie es in elliptischen Bewegungen schnellere und langsamere Phasen beim Umlauf gibt.

Die Sonne umkreist den Berg Meru im Uhrzeigersinn, und darum wechseln sich, wie auch im Abhidharma beschrieben, Tag und Nacht jeweils auf den gegenüberliegenden Seiten ab.

Um den Wechsel der Jahreszeiten zu veranschaulichen, kann man sich zwölf Epizyklen (tib. go-la) vorstellen – einen für jeden der zwölf Kontinente der Großen Rosenapfel-Insel. [Epizyklen sind kleine Kreise, die sich auf der Umfanglinie eines größeren Kreises befinden.] Der Umfang des größeren Kreises und damit das Zentrum der zwölf Epizyklen liegt 12.500 traditionelle Meilen weit im Wasser-Mandala, und dies entspricht dem Äquator. Allgemein verlaufen die Epizyklen im Bereich zwischen dem Kühlen Berg (dem äußeren Rand des oberen Teils vom Berg Meru) und dem Feuerberg (dem äußeren Rand des Wasser-Mandalas). Es handelt sich um einen Ring, der aus 25.000 Yojanas des Erd-Mandalas (dort, wo sich die Große Rosenapfel-Insel befindet) und aus 50.000 Yojanas des Wassermandalas besteht. Die Kreislinie, die auf der Grenzline zwischen dem nördlichen und dem südlichen Teil der Großen Rosenapfel-Insel (in 12.500 Yojanas Entfernung vom Kühlen Berg) liegt, entspricht dem Wendekreis des Krebses, während sie dreiviertel weit im Wasser-Mandala (in 12.500 Yojanas Entfernung vom Feuerberg) dem Wendekreis des Steinbocks entspricht.

Diese Epizyklen verlaufen in einer Neigung [anders ausgedrückt: mit einem Gefälle], so als wären sie um einen geöffneten Regenschirm herum aufgereiht, wobei der höchste Punkt nahe des Kühlen Berges und der niedrigste Punkt nahe des Feuerberges liegt. Der Teil in der Nähe des Kühlen Berges befindet sich in der Höhe von 86.000 Yojanas (der Berg Meru ist 100.000 Yojanas hoch) und der Teil in der Nähe des Feuerbergs in der Höhe von 75.000 Yojanas. Die Bahn der Sonne über dem Horizont ähnelt im Sommer der Form eines Lotosblütenblattes [wie Dreiviertel eines Kreises] und im Winter der Form eines Bogens [wie ein Viertelkreis].

Jeder Epizyklus ist von den zwölf Sternzeichen des Tierkreises umgeben. Für den Epizyklus des Zentralen Südlichen Kontinents befindet sich das Sternzeichen Widder auf halber Strecke zwischen dem Kühlen Berg und dem Feuerberg auf der rechten Seite, d.h. in Richtung Osten auf der Umfanglinie des größeren Kreises [auf der Äquatorlinie]. Auf dem Epizyklus des Östlichen Südlichen Kontinents befindet sich Widder eine Position weiter im entgegengesetzten Uhrzeigersinn, also näher am Kühlen Berg, und an der Äquatorlinie befindet sich das Sternzeichen Fische. Für den Westlichen Östlichen Kontinent liegt der Widder auf der nächsten Position im entgegengesetzten Uhrzeigersinn, und Wassermann am Äquator. Im Zentralen Östlichen Kontinent liegt Widder dem Kühlen Berg am nächsten. Im Zentralen Nördlichen Kontinent liegt der Widder wieder in der Mitte zwischen den beiden Bergen, d.h. von beiden gleich weit entfernt, und im Zentralen Westlichen Kontinent liegt Widder dem Feuerberg am nächsten.

Während der Widder-Phase wandert die Sonne auf einer unebenmäßigen, exzentrischen Bahn, die alle Widder-Punkte der zwölf Epizyklen miteinander verbindet. Im Stier wandert die Sonne durch alle Stier-Punkte. Immer wenn die Sonne dem Kühlen Berg am nächsten ist, hat sie ihren Höchststand am Himmel erreicht, und dieser Zeitpunkt ist somit die Sommersonnenwende. Wenn die Sonne dem Feuerberg am nächsten ist, hat sie ihren tiefsten Stand erreicht und es ist Wintersonnenwende. Wenn die Sonne sich in gleicher Entfernung von beiden befindet, steht sie in halber Höhe am Himmel; dies ist entweder die Frühlings- oder die Herbst-Tagundnachtgleiche. Wenn die Sonne im Widder steht, ist für den Zentralen Südlichen Kontinent Frühlings-Tagundnachtgleiche, für den Zentralen Östlichen Kontinent Sommersonnenwende, für den Zentralen Nördlichen Kontinent Herbst-Tagundnachtgleiche und für den Zentralen Westlichen Kontinent Wintersonnenwende. Die Jahreszeiten sind also auf jeder Seite des Berges Meru verschieden. [Man beachte, dass dies nicht ganz so ist, wie die gegensätzlichen Jahreszeiten auf der nördlichen und südlichen Erdhalbkugel.]

Man teilt den Raum zwischen dem Zentrum eines jeden Kontinents und dem Zentrum des nächsten Kontinents in 30 Abschnitte, beginnend mit dem Zentralen Südlichen Kontinent. Die Bereiche, über die der dritte, sechste und neunte Epizyklus verläuft, [von der Mitte des Östlichen Westlichen bis zur Mitte des Zentralen Westlichen Kontinents, von der Mitte des Östlichen Nördlichen bis zur Mitte des Zentralen Nördlichen. Kontinents und von der Mitte des Östlichen Östlichen bis zur Mitte des Zentralen Östlichen Kontinents] teilt man jedoch in 31 Abschnitte. Das Gebiet, über dem der zwölfte Epizyklus verläuft [von der Mitte des Östlichen Südlichen bis zur Mitte des Zentralen Südlichen Kontinents] wird in 32 Abschnitte unterteilt. Die Sonne umkreist den Berg Meru im Uhrzeigersinn und somit wandert auch die Tagundnachtgleiche, sodass sie, während die Sonne in einem Jahr mit 365 Tagen den Berg Meru umrundet, in jedem der 365 Abschnitten um einen Tag später auftritt. [Hier gilt es zu beachten, dass dies eher dem Zyklus der Präzession von Tagundnachtgleiche ähnelt, der gemäß der westlichen Astronomie allerdings gegen den Uhrzeigersinn verläuft.]

Nicht nur die Länge der Tage rund um den Berg Meru ist unterschiedlich, je nachdem, wie weit die Sonne im Norden oder Süden steht, sondern auch die Länge der Tage in den sechs Ländern jedes Kontinents ist vom Wendekreis des Krebses bis hin zum Kühlen Berg unterschiedlich, bedingt durch nördlicheren oder südlicheren Sonnenstand.

Abschließende Bemerkungen 

Es gibt also unterschiedliche Beschreibungen der Kosmologie für verschiedene Zwecke. Die Beschreibung im Abhidharma dient dazu, Wissen zu erlangen und das unterscheidende Gewahrsein zu trainieren, wie in den drei höheren Schulungen. Im Guhyasamaja-System wird diese Darstellung aus dem Abhidharma auch als Grundlage für die Meditation entsprechend dem Zerfall und der Evolution eines Welten-Systems verwendet.

Die Beschreibung im Kalachakra soll Analogien zum Körper zeigen, sodass man eine parallele Grundlage für Bereinigung und Meditation hat. Darüber hinaus dient diese Darstellung als Basis für den Kalender und die Astrologie. Zudem hat sie in Bezug auf den menschlichen Körper symbolische Bedeutung. Für die Menschen des Abendlandes ist diese Darstellung aus dem Kalachakra auch deshalb interessant, weil sie viele anregende Ideen beinhaltet, etwa hinsichtlich der Länder der Taten und des Luxus, die Beschreibung, wie Zivilisationen entstehen und zerfallen, und so weiter. Diese beiden Darstellungen der Kosmologie dienen also vielerlei Zwecken und nicht bloß als interessante Information. Innerhalb des buddhistischen Kontextes ist der wesentliche Punkt, dass der Buddha beide gelehrt hat, um den Geist zu schulen und seine eigenen Beschränkungen und Mängel zu vermindern, und um besser in der Lage zu sein, anderen zu helfen.

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