Analogien zur Quantenphysik nutzen, um Zweifel aufzulösen

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Einleitung

Angesichts obiger Analyse der drei Zeiten und dessen, was das allwissende Gewahrsein eines Buddha wahrnimmt, wenn es die drei Zeiten gültig erkennt, erheben sich einige Fragen hinsichtlich der Beziehung zwischen dieser Analyse und modernen Theorien der Quantenmechanik. Um unser Verständnis der buddhistischen Analyse zu bekräftigen, lassen Sie uns die beiden derzeit hauptsächlichen Interpretationen der Quantenmechanik betrachten – die Kopenhagener Interpretation und die „Viele-Welten“-Interpretation.

Die Kopenhagener Interpretation der Quantenmechanik

Die Tatsache, dass eine karmische Tendenz die Fähigkeit hat viele verschiedene „Resultate, die noch nicht stattfinden“ entstehen zu lassen, legt nahe, dass die Analogie einer Wahrscheinlichkeitsfunktion hilfreich sein könnte, um diese Situation zu beschreiben. In der modernen westlichen Physik wird der begriffliche Rahmen einer Wahrscheinlichkeitsfunktion verwendet, um z.B. den Welle-Teilchen-Dualismus der Natur von Licht zu beschreiben.

  • Die „Wahrscheinlichkeitsfunktion“ ist eine mathematische Funktion einer Variablen, z.B. eines Photons, die die Wahrscheinlichkeit angibt, dass ein bestimmter Wert, zum Beispiel die örtliche Position des Photons, auftreten wird.
  • Die „Wahrscheinlichkeitsdichte“ ist ein spezieller Wert der Wahrscheinlichkeitsfunktion – z.B. die Wahrscheinlichkeit eines Photons, sich an einem bestimmten Ort zu befinden.

Von dem Gesichtspunkt, dass das Photon als Welle wirksam ist, hat das Photon eine „Wellenfunktion“ und ist damit eine „Quantenentität“. Das bedeutet, dass vor der Messung der örtlichen Position eines Photons seine gegenwärtige Position nur als Wahrscheinlichkeitsdichte innerhalb einer Wahrscheinlichkeitsfunktion beschrieben werden kann. Gemäß der Kopenhagener Interpretation der Quantenmechanik nimmt das Photon jedoch eine bestimmte Position ein, wenn diese gemessen wird. Die Wellenfunktion des Photons „bricht zusammen“ – d.h. dass das Photon nicht mehr als Welle fungiert. Das Photon funktioniert nun als Teilchen an einem bestimmten Ort.

  • Bis die Wellenfunktion zusammenbricht, können wir nicht sagen, dass das Photon tatsächlich an einer seiner wahrscheinlichen Positionen „existiert“. Aber das bedeutet nicht, dass die Wellenfunktion nicht existiert, bevor sie zusammenbricht.
  • Präziser ausgedrückt würden wir sagen, dass ein unbestimmtes Quantensystem bei der Messung durch einen Beobachter wahrscheinlichkeitsgemäß zu einem bestimmten Resultat zusammenbricht.

Die Kopenhagener Interpretation in buddhistischer Terminologie ausgedrückt

Zwar hat ein existierendes, nicht-statisches Bestätigungsphänomen, z.B. ein Topf Joghurt, gemäß buddhistischer Terminologie nicht die Natur eines Welle-Teilchen-Dualismus, aber der buddhistische Untersuchungsrahmen gültiger und ungültiger Phänomene beschreibt dasselbe Szenario bezüglich gültiger Wahrnehmung der räumlichen Position eines Topfes Joghurt so, wie es bezüglich der gültigen Wahrnehmung eines Photons der Fall ist.

Um die Darstellung zu vereinfachen, lassen Sie uns den Topf Joghurt einfach „Joghurt“ nennen und von allen möglichen Positionen des Joghurts seine Position beschränkt darauf untersuchen, dass es sich entweder auf dem Tisch oder im Kühlschrank befindet.

Zur Zeit der „Milch im Topf, die gegenwärtig stattfindet“ ist das „Joghurt, das gegenwärtig stattfindet“ ein ungültiges Phänomen und kann nicht gültig wahrgenommen werden. Zu dieser Zeit ist jedoch das „Joghurt, das noch nicht stattfindet“ ein gültiges Phänomen und kann gültig wahrgenommen werden.

Überdies hat die „Milch, die gegenwärtig stattfindet und die zeitweilig ihr Resultat nicht hervorbringt“ sowohl die Fähigkeit, „Joghurt auf dem Tisch, das gegenwärtig stattfindet“ entstehen zu lassen, als auch die Fähigkeit, „Joghurt im Kühlschrank, das gegenwärtig stattfindet“ entstehen zu lassen.

Zur Zeit der „Milch, die gegenwärtig stattfindet“ sind also sowohl das „Joghurt auf dem Tisch, das noch nicht stattfindet“ als auch das „Joghurt im Kühlschrank, dass noch nicht stattfindet“ gültige Phänomene und können gültig wahrgenommen werden. Diese beiden „Joghurts, die noch nicht stattfinden“ bilden so etwas wie ein unbestimmtes Quantensystem bezüglich des Joghurts.

Zur Zeit des „Joghurts im Kühlschrank, das gegenwärtig stattfindet“ ist das „Joghurt auf dem Tisch, das gegenwärtig stattfindet“ ein ungültiges Phänomen und kann nicht Objekt gültiger Wahrnehmung sein.

  • Das „Joghurt auf dem Tisch, das gegenwärtig stattfindet“ ist nur dann ein gültiges Phänomen, wenn die Position des Joghurts nirgendwo anders als auf dem Tisch ist. Das „Joghurt auf dem Tisch, das gegenwärtig stattfindet“ kann dann gültig wahrgenommen werden.

Nur mit der gültigen Wahrnehmung des „Joghurts auf dem Tisch, das gegenwärtig stattfindet“ wird das „Joghurt im Kühlschrank, das gegenwärtig stattfindet“ ein ungültiges Phänomen.

  • Zum Beispiel während des Zeitraums des „Joghurts auf dem Tisch heute Mittag, das gegenwärtig stattfindet“ ist das „Joghurt im Kühlschrank heute Mittag, das gegenwärtig stattfindet“ ein ungültiges Phänomen und kann nicht gültig wahrgenommen werden.
  • Der Zustand, dass alle geistigen Kontinua ab heute Mittag ohne gültige Wahrnehmung von „Joghurt im Kühlschrank heute Mittag, das heute Mittag gegenwärtig stattfindet“ sind, ist eine nicht-analytische Beendigung – das „Niemals-stattgefunden-Haben“ von etwas, sobald statt dessen etwas anderes stattgefunden hat, und das andernfalls hätte stattfinden können.

Die gültige Wahrnehmung von „Joghurt auf dem Tisch heute Mittag, das gegenwärtig stattfindet“ bestimmt die Existenz sowohl des „Joghurts auf dem Tisch heute Mittag, das gegenwärtig stattfindet“ als auch die nicht-analytische Beendigung der gültigen Wahrnehmung des „gegenwärtigen Stattfindens der Position des Joghurts, sich heute Mittag im Kühlschrank zu befinden“.

Die buddhistische Antwort auf die Kopenhagener Interpretation

Wenn wir den Wahrscheinlichkeitsfaktor untersuchen, welches Resultat aus einem Netzwerk von Ursachen und Umständen entstehen wird, so führt die obige Kopenhagener Interpretation von Wahrscheinlichkeitsfunktionen zu folgenden Schlüssen:

  • Die Gewissheit darüber, welches Resultat entsteht, tritt nur mit der Wahrnehmung des „gegenwärtig stattfindenden Resultats“ auf.
  • Zur Zeit der vielerlei „Resultate, die noch nicht stattfinden“ kann es keine Gewissheit geben über dasjenige „Resultat, das gegenwärtig stattfindet“, welches schließlich auftritt.

Die buddhistische Auffassung stimmt mit der Kopenhagener Interpretation überein, dass, in unserem obigen Beispiel, zur Zeit der „Milch im Topf, die gegenwärtig stattfindet“ das „Joghurt im Topf, das gegenwärtig stattfindet“ nicht tatsächlich an irgend einem seiner wahrscheinlichen Orte existiert – auf dem Tisch oder im Kühlschrank. Der Grund dafür ist, dass das „Joghurt, das gegenwärtig stattfindet“ zur Zeit der „Milch, die gegenwärtig stattfindet“ ein ungültiges Phänomen ist und daher gar nicht gültig wahrgenommen werden kann, geschweige denn an dem einen oder anderen Ort gültig wahrgenommen werden kann.

Die buddhistische Auffassung stimmt auch damit überein, dass zur Zeit der „Milch, die gegenwärtig stattfindet“ das „Joghurt auf dem Tisch, das noch nicht stattfindet“ und das „Joghurt im Kühlschrank, das noch nicht stattfindet“ nur Wahrscheinlichkeitsdichten sind: Sie sind nur bestimmte Werte einer Wahrscheinlichkeitsfunktion oder eines unbestimmten Quantensystems, welche die Position des „Joghurts, das gegenwärtig stattfindet“, beschreiben, wenn es auftritt. Vom Gesichtspunkt der Buddhas aus gesehen sind beide keine Wahrscheinlichkeitsdichten und all die „Joghurts an unterschiedlichen Positionen, die noch nicht stattfinden“ bilden keine Wahrscheinlichkeitsfunktion oder ein unbestimmtes Quantensystem.

Die buddhistische Auffassung stimmt mit der Kopenhagener Interpretation insofern überein, dass zur Zeit der „Milch, die gegenwärtig stattfindet“ eine Wahrscheinlichkeitsfunktion und ein unbestimmtes Quantensystem „existieren“ bezüglich der Position des „Joghurts, das gegenwärtig stattfindet“. Aber die Existenz der Wahrscheinlichkeitsfunktion oder des unbestimmten Quantensystems ist nicht von Seiten der Wahrscheinlichkeitsdichte eines der Bestandteile des Systems wahrhaft begründet. Die Existenz einer Wahrscheinlichkeitsfunktion oder eines unbestimmten Quantensystems ist nur im Sinne geistiger Zuschreibung begründet.

Die geistige Zuschreibung all der „Joghurts an verschiedenen Positionen, die noch nicht stattfinden“ als eine „Wahrscheinlichkeitsfunktion“ oder ein „unbestimmtes Quantensystem“ erschafft nicht die Wahrscheinlichkeitsfunktion oder das unbestimmte Quantensystem. Diese sind jedoch gültige geistige Zuschreibungen, denn sie erfüllen die drei Kriterien für die Gültigkeit geistiger Zuschreibung:

  • Es gibt die konventionellen Begriffe „Wahrscheinlichkeitsfunktion“ und „unbestimmtes Quantensystem“, die von einer bestimmten Klasse von Wesen geprägt wurden und verwendet werden – in diesem Fall von gewöhnlichen Wesen, die mit Quantenphysik vertraut sind.
  • Gültige Wahrnehmung der konventionellen Wahrheit über das Netzwerk all dieser „Joghurts, die noch nicht stattfinden“ durch diese Klasse von Lebewesen steht nicht im Widerspruch zu dessen Bezeichnung als „Wahrscheinlichkeitsfunktion“ oder „unbestimmtes Quantensystem“. Eine statistisch signifikante Anzahl solcher Wesen würde diesen geistigen Zuschreibungen zustimmen.
  • Gültige Wahrnehmung der tiefsten Wahrheit über das Netzwerk steht nicht im Widerspruch zu der Art und Weise, in der diese Klasse von Lebewesen die Zuschreibung vornimmt, wie dessen Existenz als Wahrscheinlichkeitsfunktion oder als unbestimmtes Quantensystem begründet ist. Gültige Wahrnehmung der tiefsten Wahrheit über das Netzwerk erkennt, dass dessen Existenz leer davon ist, auf irgend eine unmögliche Art und Weise begründet zu sein, zum Beispiel von Seiten der Wahrscheinlichkeitsdichte der jeweiligen Bestandteile des Systems.

Vom Gesichtspunkt der Buddhas aus sind jedoch „Wahrscheinlichkeitsfunktion“ und „unbestimmtes Quantensystem“ keine angemessenen geistigen Zuschreibungen, die auf die Grundlage der Zuschreibung anwendbar sind. Der Grund dafür ist, dass das allwissende Gewahrsein von Buddhas jeden ursächlichen Faktor gültig wahrnimmt, der beeinflussen wird, wo die Position des „Joghurts, das gegenwärtig stattfindet“ sein wird, wenn es auftritt. Vom Gesichtspunkt der Buddhas aus ist zur Zeit der „Milch, die gegenwärtig stattfindet“ die gültige Bezeichnung für das Netzwerk all der „Joghurts an unterschiedlichen Positionen, die noch nicht stattfinden“ ein „bestimmtes System“. Dies ist eine gültige geistige Zuschreibung aufgrund derselben drei Kriterien wie oben.

  • Beachten Sie, dass entsprechend dem dritten Kriterium die Existenz des Netzwerks als „bestimmtes System“ nicht von Seiten irgendeines Bestandteils der Grundlage für die Zuschreibung begründet ist.
  • Auch ist es nicht so, dass die Handlung eines Buddha, das Netzwerk als „bestimmtes System“ zu bezeichnen, irgendwie bewirkt, dass das System ein bestimmtes ist.
  • Und es ist auch nicht so, dass die gültige Wahrnehmung des „Resultats, das gegenwärtig stattfindet“ – z.B. „des Yoghurts auf dem Tisch, das gegenwärtig stattfindet“ – durch irgend jemanden, sei es ein gewöhnliches Wesen, ein Arya-Bodhisattva oder ein Buddha, a posteriori begründet, dass das Netzwerk all der „Joghurts an verschiedenen Positionen, die noch nicht stattfinden“ ein bestimmtes System wäre.

Die „Viele-Welten“-Interpretation der Quantenmechanik

Die „Viele-Welten“- oder Everett-Interpretation der Quantenmechanik lehnt die Thesen des Zusammenbruchs der Wellenfunktion ab und postuliert stattdessen eine „Quanten-Dekohärenz“ und „Quanten-Superposition“. Gemäß dieser Erklärung wird bei Messung einer Quantenentität, z.B. der Wellenfunktion eines Photons, das Quantensystem von Beobachter und dessen, was beobachtet wird, „dekohärent“ oder „spaltet“ sich gewissermaßen auf in gleichzeitig existierende multiple Systeme, die sich quasi „überlagern“.

Ein unbestimmtes System bricht nicht bei Messung durch einen Beobachter zu einem bestimmten System zusammen, während andere mögliche bestimmte Systeme aufhören zu existieren. Vielmehr treten alle möglichen „Welten“ oder „Universen“ auf, in denen jeweils ein anderer Beobachter eine andere Position dessen misst, was beobachtet wird. Aber in jedem Quanten-Universum scheint es dem Beobachter, als hätte der Zusammenbruch einer Wellenfunktion stattgefunden, obwohl das nicht der Fall ist.

  • Einige Physiker interpretieren die Quanten-Superposition so, dass sie bedeutet, dass all die Quanten-Universen gleichermaßen Realität haben; andere sagen, nur eines sei real und die anderen „metaphorisch“; und wieder andere vertreten den agnostischen Standpunkt, dass wir nicht wissen können, ob andere Quanten-Universum als dasjenige, in dem wir selbst uns befinden, real sind oder nicht.
  • In jedem Quanten-Universum sind jedoch Beobachter und beobachtetes System „verschränkte Subsysteme“. Das bedeutet, dass das, was der Beobachter beobachtet, und der Zustand des beobachteten Systems in Relation zueinander stehen und miteinander korrelieren. Mit anderen Worten: Sie entsprechen einander.
  • Sobald eine Beobachtung oder Messung stattfindet, enthält jedes Quanten-Universum ein Element – d.h. eine Konfiguration – einer kombinierten Wellenfunktion von Subjekt und Objekt. Die anschließende Entwicklung eines jeden der verschränkten, in Relation zueinander stehender Subjekt-Objekt-Paare verläuft ohne dass sie von alternativen Subjekt-Objekt-Paaren in alternativen Universen beeinflusst wird.
  • Die Entwicklung in jedem Quanten-Universum hat mit jeder Beobachtung oder Messung, die vorgenommen wird, weitere Dekohärenz von Subjekt-Objekt-Wellenfunktionen zur Folge.
  • Für jeden Beobachter in jedem Quanten-Universum sind alternative „Parallel-Universen“ nicht sichtbar.
  • Nichtsdestotrotz ist die Information z.B. in Bezug auf ein Elektron in einem Quanten-Universum – etwa Position und Spin-Zustand des Elektrons – „verschränkt“ mit der Information bezüglich des Elektrons in alternativen Quanten-Universen. Wenn in einem Quanten-Universum ein Teil der Information bezüglich des Elektrons mit einem bestimmten Wert gemessen oder beobachtet wird, wird in alternativen Quanten-Universen nicht derselbe Wert für diesen Teil der Information gemessen.

Die buddhistische Antwort auf die „Viele-Welten“-Interpretation

Lassen Sie uns die „Viele-Welten“-Interpretation auf unser Beispiel der gültigen Wahrnehmung der Position des Topfes mit Joghurt heute Mittag übertragen. Lassen Sie uns auch den Fall unterschiedlicher Beobachter eines Ereignisses betrachten, die sich alle mit derselben Geschwindigkeit voranbewegen, so dass wir keine relativistische Zeit in unsere Untersuchung mit einbeziehen müssen.

Gemäß der „Viele-Welten“-Interpretation kann zur Zeit des „Joghurts heute Mittag auf dem Tisch, das gegenwärtig stattfindet“ auch das „Joghurt heute Mittag im Kühlschrank, das gegenwärtig stattfindet“ gültig wahrgenommen werden. Letzteres kann jedoch nicht von jemandem gültig wahrgenommen werden, der das „Joghurt auf dem Tisch heute Mittag, das gegenwärtig stattfindet“ gültig wahrnimmt.

Gemäß der buddhistischen Analyse stellt gültige Wahrnehmung des „Joghurts heute Mittag auf dem Tisch, das gegenwärtig stattfindet“ sowohl die Existenz von „Joghurt heute Mittag auf dem Tisch, das gegenwärtig stattfindet“ fest als auch die der nicht-analytischen Beendigung gültiger Wahrnehmung von „gegenwärtigem Stattfinden der Position des Joghurts, sich heute Mittag im Kühlschrank zu befinden“.

  • Eine gültige Wahrnehmung des „gegenwärtigen Stattfindens der Position des Joghurts, sich heute Mittag im Kühlschrank zu befinden“ kann es nie geben, weil das „Joghurt heute Mittag im Kühlschrank, das gegenwärtig stattfindet“ ab heute Mittag ein ungültiges Phänomen ist.
  • Das „Joghurt heute Mittag im Kühlschrank, das gegenwärtig stattfindet“ ist nicht nur zur Zeit des „Joghurts heute Mittag im Kühlschrank, das noch nicht stattfindet“ ein ungültiges Phänomen, sondern auch zur Zeit des „Joghurts heute Mittag auf dem Tisch, das gegenwärtig stattfindet“ und zur Zeit des „Joghurts heute Mittag auf dem Tisch, das nicht mehr stattfindet“.

An dieser Stelle erheben sich einige Fragen. Wir haben festgestellt, dass der Faktor der Gewissheit, welches Resultat aus einem Netzwerk von Ursachen und Umständen auftritt, abhängig im Sinne geistiger Zuschreibung entsteht. Für verschiedene Klassen von Lebewesen sind unterschiedliche Gewissheitsfaktoren gültige Zuschreibungen. Ist es denn für verschiedene Klassen von Lebewesen, die das Auftreten eines „gegenwärtig stattfindenden Resultats“ aus einer „karmischen Tendenz mit den Fähigkeiten zum Entstehen-Lassen einer Vielfalt von Resultaten, das noch nicht stattfindet“ beobachten, auch möglich, dass jede davon ein anderes „gegenwärtig stattfindendes Resultat“ gültig wahrnimmt?

Gemäß der buddhistischen Untersuchung ist das möglich. Beruhend auf der gültigen Wahrnehmung von „Milch im Topf, die gegenwärtig stattfindet“ können dann zur Zeit des Auftretens des „Resultats der Milch, die gegenwärtig stattfindet“ Menschen das Resultat als Joghurt, Klammergeister es als Eiter und himmlische Wesen es als Nektar gültig wahrnehmen.

Wie in der „Viele-Welten“-Interpretation könnte keine der Klassen von Lebewesen gültig wahrnehmen, was das Resultat ist, das eine der anderen gültig wahrnimmt. Im Buddhismus würde man jedoch die Aussage hinzufügen, dass einige Menschen mit höher entwickeltem Gewahrsein gültig wahrnehmen können, was ein Klammergeist oder ein himmlisches Wesen sieht.

Im Buddhismus würde die „Viele-Welten“-Interpretation allerdings dahingehend klargestellt, dass:

  • die „Fähigkeiten zum Entstehen-Lassen von Eiter, Joghurt oder Nektar, das noch nicht stattfindet“ nicht von ihrer eigenen Seite aus auf Seiten der „Milch, die gegenwärtig stattfindet“ begründet sind.
  • diese Fähigkeiten abhängig im Sinne der geistigen Zuschreibung einer jeden der drei oben erwähnten Klassen von Lebewesen entstehen.
  • jede der drei Fähigkeiten also nur in Bezug auf diejenige Klasse von Lebewesen ein gültiges Phänomen ist, die sie gültig zuschreibt.

Eine ähnliche Analyse kann hinsichtlich der Position des „gegenwärtig stattfindenden Resultats der Milch“ vorgenommen werden. Seine Position wird z.B. für Menschen und für Ameisen unterschiedlich erscheinen und von ihnen auf unterschiedliche Weise gültig zugeschrieben. Für Klammergeister kann die Position von „Eiter im Topf, der gegenwärtig stattfindet“ beispielsweise als in einem See von Säure befindlich erscheinen und gültig zugeschrieben werden. Auch in diesem Fall wären die unterschiedlichen Klassen von Lebewesen nicht imstande, die Position des Resultats gültig wahrzunehmen, welche von einer der anderen Klassen gültig wahrgenommen wird. Und wieder würde im Buddhismus hinzugefügt werden, dass einige Menschen mit höher entwickeltem Gewahrsein fähig sind, gültig wahrzunehmen, was ein Klammergeist sieht.

Im Buddhismus wird klargestellt:

  • Innerhalb einer Klasse von Lebewesen, zum Beispiel Menschen, würden heute Mittag alle dieselbe Position des „Joghurts, das gegenwärtig stattfindet“ gültig wahrnehmen.
  • Es ist nicht möglich, dass einige Menschen seine Position heute Mittag als auf dem Tisch befindlich gültig wahrnehmen und andere sie als im Kühlschrank befindlich gültig wahrnehmen.
  • Einige Menschen könnten jedoch fälschlich denken, dass der „Joghurt, der heute Mittag gegenwärtig stattfindet“ sich im Kühlschrank befindet, während er sich in Wirklichkeit auf dem Tisch befindet. Ihre verzerrte Wahrnehmung und geistige Zuschreibung der Position bewirkt nicht, dass der Joghurt für sie im Kühlschrank ist. Ihre verzerrte Wahrnehmung kann aber bewirken, dass sie zum Kühlschrank gehen, um den Joghurt zu holen.

Weitere Punkte im Hinblick auf die „Viele-Welten“-Interpretation

Lassen Sie uns nun unsere Untersuchung auf die gültige Wahrnehmung bei Menschen beschränken. Und lassen Sie uns innerhalb dieser Rahmenbedingungen ihre gültige Wahrnehmung und Zuschreibung der Position des „Joghurts, das gegenwärtig stattfindet“ als heute Mittag auf dem Tisch befindlich näher untersuchen.

Es erhebt sich die Frage, ob es zur Zeit des „gegenwärtigen Stattfindens des Joghurts heute Mittag auf dem Tisch“ oder zur Zeit des „Nicht-mehr-Stattfindens des Joghurts heute Mittag auf dem Tisch“ ein gültiges Phänomen „Nicht-mehr-Stattfinden des Joghurts heute Mittag im Kühlschrank“ gibt, das von Menschen gültig wahrgenommen werden kann?

Gemäß den buddhistischen Erklärungen lautet die Antwort: „Nein“. Es kann nur das „Nicht-mehr-Stattfinden eines gegenwärtig stattfindenden Phänomens“ geben. Das „Nicht-mehr-Stattfinden“ entsteht mit dem Vergehen des „gegenwärtig stattfindenden Phänomens“ und fährt dann fort, weitere Momente des „Nicht-mehr-Stattfindens“ hervorzubringen.

Betrachten wir den Fall der „Milch, die heute Vormittag gegenwärtig stattfindet“. Sie hat die Facetten der „Fähigkeit zum Entstehen-Lassen von Joghurt heute Mittag auf dem Tisch, das noch nicht stattfindet“ und des „zeitweiligen Nicht-Hervorbringens von Joghurt heute Mittag auf dem Tisch“. Letztere ist die Grundlage für die Zuschreibung des „Nicht-mehr-Stattfindens des Joghurts heute Mittag im Kühlschrank“. Die „Milch, die heute Vormittag gegenwärtig stattfindet“ hat auch die Facetten der „Fähigkeit zum Entstehen-Lassen von Joghurt heute Mittag im Kühlschrank, das noch nicht stattfindet“ und des „zeitweiligen Nicht-Hervorbringens von Joghurt heute Mittag im Kühlschrank“. Letztere ist die Grundlage für die Zuschreibung des „Nicht-mehr-Stattfindens des Joghurt heute Mittag im Kühlschrank“.

Wenn die „Milch, die heute Vormittag gegenwärtig stattfindet“ und ihre Facette des „zeitweiligen Nicht-Hervorbringens von Joghurt heute Mittag auf dem Tisch“ vergehen, nämlich mit dem Entstehen des „Joghurts heute Mittag auf dem Tisch, das gegenwärtig stattfindet“, vergehen auch die beiden Facetten der Milch, welche ihre „Fähigkeit zum Entstehen-Lassen von Joghurt heute Mittag auf dem Tisch, das noch nicht stattfindet“ und das „Noch-nicht-Stattfinden des Joghurt auf dem Tisch heute Mittag“ sind. Ihr Vergehen geschieht gleichzeitig mit dem Entstehen:

  • des „Nicht-mehr-Stattfindens der Milch“,
  • des „Nicht-mehr-Stattfindens der Fähigkeit der Milch zum Entstehen-Lassen von Joghurt heute Mittag auf dem Tisch“,
  • des „gegenwärtigen Stattfindens des Joghurts heute Mittag auf dem Tisch“.

Die ersten beiden dieser drei sind gültige, nicht-statische Phänomene und lassen endlos weitere Momente im Laufe ihrer Kontinuität entstehen, während derer sie ihre wesentliche Natur beibehalten. Wenn das „gegenwärtige Stattfinden des Joghurts heute Mittag auf dem Tisch“ am Nachmittag vergeht, bringt es das „Nicht-mehr-Stattfinden des Joghurts heute Mittag auf dem Tisch“ hervor. Auch dieses „Nicht-mehr-Stattfinden“ ist ein gültiges, nicht-statisches Phänomen und lässt ebenfalls endlos weitere Momente im Laufe seiner Kontinuität entstehen, während derer es seine wesentliche Natur beibehält.

Im Gegensatz dazu hören, wenn die „Milch, die heute Vormittag gegenwärtig stattfindet“ mit dem Entstehen des „gegenwärtigen Stattfindens des Joghurts heute Mittag auf dem Tisch“ vergeht, die Facetten ihrer „Fähigkeit zum Entstehen-Lassen von Joghurt heute Mittag im Kühlschrank, das noch nicht stattfindet“ und ihres „zeitweiliges Nicht-Hervorbringens von Joghurt heute Mittag im Kühlschrank“ – die Grundlage für die Zuschreibung des „Nicht-mehr-Stattfindens des Joghurts heute Mittag im Kühlschrank“ – auf zu existieren. Gleichzeitig mit ihrem Aufhören ist das Erlangen der nicht-analytischen Beendigung gültiger Wahrnehmung von „gegenwärtigem Stattfinden der Position des Joghurt, sich heute Mittag im Kühlschrank zu befinden“ im geistigen Kontinuum einer jeden Person.

  • Der Unterschied zwischen Vergehen (tib. ‘ jig-pa) und Aufhören (tib. ‘ gog-pa) ist folgender: Eine Ursache vergeht, wenn die Umstände dafür vollständig sind, dass sie als herbeiführende Ursache ihres Resultats wirkt, indem sie dieses Resultat hervorbringt.
  • Ein ursächliches Phänomen hört auf, wenn keinerlei Umstände mehr auftreten können, die es ihm ermöglichen würden, als herbeiführende Ursache seines Resultats zu wirken, indem es sein Resultat hervorbringt. Wenn das ursächliche Phänomen aufhört, sind fortan alle geistigen Kontinua abgetrennt ( bral-ba) von der gültigen Wahrnehmung des Resultats jenes ursächlichen Phänomens und erlangen eine nicht-analytische Beendigung der gültigen Wahrnehmung dieses Resultats.
  • Gleichzeitig mit dem Vergehen ist also das Entstehen eines nicht-statischen Phänomens, nämlich des Resultats der Ursache. Gleichzeitig mit dem Aufhören ist das Erlangen einer statischen Abgetrenntheit und nicht-analytischen Beendigung. Diese Abgetrenntheit und nicht-analytischen Beendigung währen für immer und ändern sich nie.
  • Beachten Sie, dass man nicht das Aufhören von „etwas, das nie stattfand“ gültig wahrnehmen muss, um im geistigen Kontinuum eine derartige Abgetrenntheit und nicht-analytische Beendigung von diesem Etwas zu erlangen.

Weil, in unserem Beispiel, die Facette der Milch, welche das „zeitweilige Nicht-Hervorbringen des Joghurts heute Mittag im Kühlschrank“ ist, nicht mit gleichzeitigem Entstehen des „gegenwärtigen Stattfindens des Joghurts heute Mittag im Kühlschrank“ vergeht – da dieses „gegenwärtige Stattfinden“ nie geschieht – kann es kein „Nicht-mehr-Stattfinden des Joghurts heute Mittag im Kühlschrank“ geben. Denn das „Nicht-mehr-Stattfinden eines Phänomens“ kann nur gleichzeitig mit dem Vergehen dieses Phänomens entstehen.

  • Mit anderen Worten: Es kann kein „Nicht-mehr-Stattfinden“ von „etwas, das nie stattfand“ geben. Es kann nur ein „Nicht-mehr-Stattfinden von etwas, das tatsächlich stattfand“ geben.

Gemäß der „Viele-Welten“-Interpretation der Quantenmechanik kann jemand, wenn er ein mögliches „gegenwärtig stattfindendes Resultat“ einer ursächlichen Situation beobachtet, nicht gleichzeitig das „gegenwärtige Stattfinden eines der anderen möglichen Resultate“ gültig wahrnehmen. Denn die anderen „gegenwärtig stattfindenden Resultate“ treten in „Parallel-Universen“ auf, die für ihn nicht beobachtbar sind. Es ist anzunehmen, dass diese Person auch nicht imstande wäre, das „Nicht-mehr-Stattfinden von einem der anderen möglichen Resultate“ wahrzunehmen, und erleben würde, dass in ihrem geistigen Kontinuum das Erlangen der nicht-analytischen Beendigung von gültiger Wahrnehmung dieser anderen Resultate entsteht. Die buddhistische Auffassung stimmt also in diesem Punkt mit der „Viele-Welten“-Interpretation überein.

Implikationen der obigen Untersuchung im Hinblick auf das allwissende Gewahrsein eines Buddha

Wenn Buddhas die Milch in unserem obigen Beispiel gültig wahrnehmen, nehmen sie deren „Fähigkeiten sowohl zum Entstehen-Lassen von Joghurt heute Mittag auf dem Tisch als auch von Joghurt heute Mittag im Kühlschrank, von denen keines gegenwärtig stattfindet“ gültig wahr. Heute Vormittag, zur Zeit dieser Wahrnehmung, nehmen Buddhas auch das „Joghurt heute Mittag auf dem Tisch, das noch nicht stattfindet“ und das „Joghurt heute Mittag im Kühlschrank, das noch nicht stattfindet“ gültig wahr. Sie kennen auch den Faktor der Gewissheit, dass die Milch das „Joghurt heute Mittag auf dem Tisch, das gegenwärtig stattfindet“ hervorbringen wird.

Während sie diesen Faktor der Gewissheit gültig erkennen, haben sie jedoch in ihrem geistigen Kontinuum keine nicht-analytische Beendigung der gültigen Wahrnehmung von „Joghurt heute Mittag im Kühlschrank, das gegenwärtig stattfindet“. Bevor sie die gültige Wahrnehmung des „Joghurts heute Mittag auf dem Tisch, das gegenwärtig stattfindet“ haben, ist nicht nur das „Joghurt heute Mittag im Kühlschrank, das gegenwärtig stattfindet“ ein ungültiges Phänomen; auch die nicht-analytische Beendigung von gültiger Wahrnehmung des „Joghurts heute Mittag im Kühlschrank, das gegenwärtig stattfindet“ ist ein ungültiges Phänomen. Keines dieser beiden Phänomene kann gültig wahrgenommen werden, weil keines davon vor heute Mittag stattfinden kann. Ebenso gilt, dass Buddhas, in diesem Beispiel, nie das „Nicht-mehr-Stattfinden des Joghurts heute Mittag im Kühlschrank“ gültig wahrnehmen können.

Trotz der Tatsache, dass Buddhas völlige Gewissheit darüber haben, welches die Resultate jeglicher ursächlichen Phänomene sein werden, macht das die Fähigkeit der ursächlichen Phänomene, verschiedene Resultate hervorzubringen, von denen manche niemals auftreten werden, nicht ungültig. All diese Fähigkeiten sind gültige Phänomene, nämlich gültig erkennbar während des Zeitraums ihres „gegenwärtigen Stattfindens“.

Fazit

Was Karma betrifft, so haben die karmischen Tendenzen in unserem geistigen Kontinuum also die Fähigkeit, eine Vielzahl karmischer Resultate hervorzubringen, je nachdem, ob wir die ursächlichen Handlungen, die sie hervorgebracht haben, wiederholen oder bereuen, ob wir Gegenkräfte anwenden oder nicht usw. Bevor wir Buddhas sind, können wir gültig wahrnehmen oder zumindest durch Vermutung erkennen, dass diese Fähigkeiten existieren. Beruhend auf diesem Verständnis haben wir Auswahlmöglichkeiten, wie wir handeln werden, und können insofern beeinflussen, welches Resultat aus diesen karmischen Tendenzen entstehen wird.

Weil (1) unsere karmischen Tendenzen diese Fähigkeiten haben und weil (2) wir beeinflussen können, was diese Tendenzen hervorbringen, und weil (3) all diese Fähigkeiten und die jeweilige Wahl, die wir treffen, auf früheren Ursachen beruhen, die ein Buddha alle gültig erkennen kann, haben Buddhas Gewissheit, welches Resultat tatsächlich auftreten wird. Folglich ist es so, dass wir gewöhnlichen Wesen die „Zukunft“ beeinflussen, während Buddhas „die Zukunft“ gültig erkennen, ohne im Voraus zu bestimmen, was „die Zukunft“ sein wird.

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