Sich vom Klammern an eigene Vorteile oder die vier Extreme lösen

Hängt man nicht mehr an eigenen Vorteilen, wird die Verwirrung vom Pfadgeist beseitigt 

In Bezug auf das dritte (Loslassen): „Hängt man nicht mehr an eigenen Vorteilen, wird die Verwirrung vom Pfadgeist beseitigt,“ 

Im Allgemeinen ist es so: Hat man Entsagung, die Entschlossenheit, frei von samsarischer Wiedergeburt auf den drei Ebenen zwanghafter Existenz zu sein, entwickelt, hat man sich völlig vom Klammern an dieses Leben gelöst. Es ist zwar gut, Befreiung für den eigenen Frieden und das eigene Glück als vorläufig höchstes Ziel zu verwirklichen, aber nur an Befreiung für sich selbst interessiert zu sein, ist ein völlig verwirrter Pfad des Geistes. Ein Pfad des Geistes ohne diese Verwirrung ist der Mahayana-Pfad des Geistes, den vollkommen befreiten Zustand eines völlig erleuchteten Buddhas zu erlangen. Die Wurzeln des Mahayana-Pfad des Geistes, durch den die Verwirrung bezüglich des höchsten Ziels vom Pfadgeist beseitigt werden, sind Liebe, Mitgefühl und Bodhichitta. Daher:

meditiert man über Liebe, Mitgefühl und Bodhichitta.

Kurz gesagt ist der Wunsch, alle begrenzten Wesen mögen glücklich sein, Liebe, und der Wunsch, sie mögen frei von Leiden sein, Mitgefühl. Hat man sie einmal entwickelt, wünscht man sich mit dem anstrebenden Bodhichitta das höchste Ziel, den völlig befreiten Zustand eines Buddhas zum Wohle aller begrenzter Wesen zu erlangen, und mit dem ausübenden Bodhichitta meditiert man durch das Gleichsetzen und Austauschen der Geisteshaltungen von sich selbst und anderen über Bodhichitta. 

Liebe

Bezüglich des ersten Punktes (Liebe), denkt man: „Befreiung von den Leiden samsarischer Wiedergeburt nur für mich reicht nicht aus. All die begrenzten Wesen auf den drei Ebenen (zwanghafter Existenz) haben ausnahmslos die Güte gehabt, viele Male meine Mütter und Väter gewesen zu sein.“

Es wird gesagt, dass es im unbegrenzten Raum eine grenzenlose Anzahl von begrenzten Wesen gibt und alle diese unzähligen begrenzten Wesen waren in anfangslos sich wiederholenden samsarischen Wiedergeburten unendlich viele Male bereits unsere Eltern. Auch wir wurden in den anfangslosen samsarischen Wiedergeburten schon unendlich viele Male wiedergeboren. Dennoch wird gesagt, dass man für die Meditation über Liebe und Mitgefühl zunächst über die derzeitige Mutter meditieren sollte, die uns in diesem Leben unseren Körper und Geist geschenkt hat, da dies einfacher ist. Daher meditiert man, indem man sich die eigene Mutter vor sich in ihrer Form und Gestalt, die sie hat, vorstellt.

„Doch besonders diese wichtige Mutter (meines gegenwärtigen Lebens) trug mich zunächst in ihrem Bauch und als ich geboren wurde, sorgte sie sich um das Leben dieses Wesen, das einem kleinen Käfer glich. Danach versorgte sie mich mit Nahrung, Kleidung und dergleichen.“ 
Sich an das Ausmaß ihrer Güte erinnernd, denkt man: „Ich muss sie in einen Zustand des Glücks führen, da meine Mutter so gütig zu mir war.“ 

Hat man darüber nachgedacht, wie schön es wäre, wenn diese Mutter glücklich wäre, meditiert man immer wieder darüber und wenn große Liebe entsteht, wünscht man sich, dass diese Mutter mit großem Glück bedacht wird.

Dann erinnert man sich an die Güte der anderen Verwandten, der schädlichen Feinde und sogar der leidenden Wesen, wie jenen in den drei schlechten Wiedergeburtszuständen, die einem seit anfangslosen samsarischen Wiedergeburten zuteil wurde. Man meditiert darüber, bis Liebe, der Wunsch, sie alle in einen Zustand des Glücks zu führen, im eigenen Geisteskontinuum entsteht. 

Hat man große Liebe gegenüber der jetzigen Mutter entwickelt, geht man weiter und meditiert über alle Verwandten – den Vater, die Brüder, die Schwestern und so weiter. Wenn man eine ausreichende Ebene der Liebe gegenüber ihnen entwickelt hat, meditiert man über jene, die einmal gütige Eltern waren, in diesem Leben jedoch Feinde sind, dem eigenen Körper, Reichtum und Besitz schaden und einen schlechten Ruf über einen selbst verbreiten, auch wenn es schwierig ist, ihnen auch nur ein wenig Liebe entgegenzubringen. Schließlich meditiert man auf diese Weise Schritt für Schritt über die Höllenwesen, Klammergeister, Tiere und dergleichen.

Mitgefühl

Zweitens, bezüglich der Meditation über Mitgefühl, erinnert man sich an die Güte dieser wichtigen Mutter 

Man denkt: „Meine gütige Mutter hat mir zunächst meinen Körper geschenkt und mich von da ab unterstützt, bis ich bereit war, mich dem heiligen Dharma zuzuwenden. Sie war wirklich ausgesprochen gütig und sollte glücklich sein. Doch warum ist sie unglücklich? Sie ist unglücklich, weil sie leidet und sollte frei von diesem Leiden sein.“

Man meditiert: „Obwohl meine gütige Mutter frei von Leiden sein sollte, ist es furchtbar, dass sie nun ein Leben führt, das von Natur aus voller Leiden ist. Wie schön wäre es, wenn sie frei von Leiden sein würde. Ich werde sie in einen Zustand führen, der frei von Leid ist.“

Wie in der vorherigen Meditation über Liebe, geht man zu allen anderen über – den Verwandten, Feinden, die einem Schwierigkeiten im Leben bereitet haben, den Wesen der drei schlechten Wiedergeburtszustände und so weiter. 

Ebenso meditiert man über Mitgefühl, indem man sich, wie zuvor, an die Güte (aller anderen) wandernden Wesen erinnert und sich wünscht, auch sie mögen frei von Leiden sein. Bringt man im eigenen Geisteskontinuum keine Liebe und kein Mitgefühl hervor, wird man nicht in der Lage sein, eine echte Bodhichitta-Ausrichtung zu entwickeln und daher ist es überaus wichtig, Anstrengungen bezüglich dieser zwei Dinge zu unternehmen. Sie sind die Wurzeln des gesamten Mahayana-Dharma.

Bodhichitta

Drittens gibt es drei Punkte, was die Meditation über Bodhichitta betrifft: (1) anstrebendes Bodhichitta, (2) das Bodhichitta des Gleichsetzens von sich selbst und anderen, und (3) das Bodhichitta des Austauschens von sich selbst und anderen.

Anstrebendes Bodhichitta

Was das erste (anstrebendes Bodhichitta) betrifft, meditiert man: „Obgleich meine gütigen Eltern in samsarischen Wiedergeburten auf den drei Ebenen zwanghafter Existenz voller Glück und frei von Leid sein sollten, bin ich momentan nicht in der Lage, das zu bewerkstelligen. Und nicht nur ich, sondern nicht einmal große weltliche Wesen, wie Brahma, Indra usw., sowie jene, die jenseits des Weltlichen sind – die Shravaka-Hörer und Pratyekabuddha-Alleinverwirklicher – sind dazu in der Lage. 

Man meditiert, indem man denkt: „Wie kann ich das Leid aller begrenzten Wesen beseitigen und sie in den Zustand eines Buddhas zu führen? Nicht einmal jene, die als die Mächtigen dieser Welt gelten, wie Brahma und Indra, die alle Fesseln eines gewöhnlichen Wesens besitzen, sind dazu in der Lage, und auch nicht die Shravakas und Pratyekabuddhas. Niemand von ihnen hat selbst die guten Eigenschaften all der Loslösungen und Verwirklichungen vollständig erlangt und sie kennen nicht die Methoden, jene zu bezähmen, die bezähmt werden müssen, die man braucht, um anderen zu nutzen. Wenn ich frage: ‚Wer hat die Fähigkeit, alle begrenzten Wesen von ihren Leiden zu befreien und sie in einen Zustand der Glückseligkeit zu führen?‘, so lautet die Antwort: ‚nur ein Buddha‘. Jemand, der ein Buddha genannt werden kann, hat die Herrschaft über gute Eigenschaften jenseits aller Vorstellungskraft gefunden. Sogar ein Lichtstrahl, der von seinem Körper ausgeht, oder eine kleine Dharma-Aussage aus seinem Mund hat die Fähigkeit, eine unergründliche Anzahl begrenzter Wesen auf die Ebene eines Buddhas zu erheben.“

„Doch wer hat die Möglichkeit dazu? Da nur ein vollkommen erleuchteter Buddha dazu in der Lage ist, werde ich das höchste Ziel erlangen und zum Wohle aller begrenzten Wesen ein vollkommen erleuchteter Buddha werden. Dann werde ich meine gütigen Mütter und Väter aus dem Ozean unkontrollierbar sich wiederholender Wiedergeburt befreien.“

Das nennt man „die Verpflichtung, das Resultat (zu erlangen)“ (tib. ’bras-bu-la dam-bca’-ba). Wie Acharya Shantideva in „Eintritt in das Verhalten eines Bodhisattvas (I.16)“ sagt: „So wie der Unterschied zwischen dem Wunsch zu gehen, und (dem tatsächlich) Gehen, verstanden wird, so versteht der Weise den Unterschied zwischen diesen beiden als seien sie Stufen.“ 

Wenn man zunächst denkt, dass man nach Indien gehen muss, ist das wie die Verpflichtung des anstrebenden Bodhichitta (tib. smon-sems). Hat man dann den Gedanken der Absicht, nach Indien zu gehen, entwickelt und begibt sich auf den Pfad, um dorthin zu gelangen, kann man das mit dem sogenannten „ausübenden Bodhichitta“ (tib. ’jug-sems) vergleichen. Laut Shantidevas Vers, sollte man dieses Beispiel nutzen. 

Wenn das so ist, sollte man zunächst denken: „Ich werde zum Wohle aller begrenzten Wesen das höchste Ziel erlangen und ein Buddha werden.“ Das ist die Verpflichtung, das vor einem liegende Resultat zu erreichen. Dieses höchste Ziel, Buddhaschaft zu erlangen, entsteht nicht ohne Ursachen und Bedingungen. Wie könnte es ohne irgendwelche Ursachen entstehen? Es entsteht weder aus Ursachen, die dem widersprechen, noch aus unvollständigen Ursachen. Daher muss man sich in dem unmissverständlichen Pfad des Mahayana üben, der vollständig mit allen Ursachen versehen ist, also den weitreichenden Geisteshaltungen (den Vollkommenheiten) der Großzügigkeit und so weiter. Denkt man: „Ich werde mich in ihnen üben“ und tut man es tatsächlich, hat man im eigenen Geisteskontinuum ausübendes Bodhichitta entwickelt.

Das ist die unerlässliche Ursache dafür, Buddhaschaft zu verwirklichen. 

Um allen begrenzten Wesen von Nutzen zu sein, muss man zunächst den Gedanken der Absicht haben, das Ziel der Buddhaschaft zu erlangen. Hat man nicht die Absicht, ein Buddha zu werden, wird man nicht in der Lage sein, allen begrenzten Wesen von Nutzen sein zu können. Daher wird hier gesagt, dass diese Absicht, Buddhaschaft zu erlangen, unerlässlich ist.

Hat man diesen Geisteszustand, werden alle Wurzeln konstruktiver Potenziale, die man aufgebaut hat, zu Ursachen, ein vollkommen erleuchteter Buddha zu werden. Dazu gibt es zahlreiche Preisungen im „Mahayana-Korb der Sutras“. 

Über all die diesbezüglichen Nutzen wird im „Mahayana-Korb der Sutras“ gesprochen und auch im „Eintritt in das Verhalten eines Bodhisattvas“ wird viel darüber gesagt.

Sich selbst und andere gleichsetzen

Was die Meditation über das Gleichsetzen von sich selbst und anderen betrifft, denkt man: „So, wie ich selbst gern glücklich sein möchte, haben auch alle begrenzten Wesen den Wunsch, glücklich zu sein; und weil ich mich für mein eigenes Glück bemühe, muss ich daher auch an dem Glück für alle begrenzten Wesen arbeiten. Und so, wie ich selbst nicht leiden möchte, haben auch alle begrenzten Wesen den Wunsch, nicht zu leiden; und weil ich mich bemühe, mein eigenes Leid zu beseitigen, muss ich daher auch das Leid aller begrenzten Wesen beseitigen.“

Was das Gleichsetzen von sich selbst und anderen betrifft, so ist man selbst allen begrenzten Wesen in dem Wunsch ebenbürtig, glücklich zu sein, sowie in den Wunsch, frei von Leiden zu sein. 

Sich selbst mit anderen austauschen

Was die Meditation über das Austauschen von sich selbst mit anderen betrifft, stellt man sich seine Mutter in diesem Leben vor und denkt: „Diese Mutter war so gütig gegenüber mir, doch oh je, sie lebt (ein Leben), das von Natur aus voller Leid ist. Möge all ihr Leid und destruktives Verhalten in mir heranreifen und möge ich (deren Auswirkungen) erfahren. Möge all mein Glück und konstruktives Verhalten in ihr heranreifen und möge diese Mutter Buddhaschaft erlangen.“

Man meditiert, indem man denkt: „Möge das negative Potenzial, das von dieser Mutter seit anfangsloser samsarischer Existenz aufgebaut wurde, sowie das resultierende Leid zukünftiger samsarischer Existenz in den schlechten Wiedergeburtszuständen in mir heranreifen.“ Dann denkt man: „Ich werde dieser Mutter all das konstruktive Potenzial schenken, das ich in den drei Zeiten aufgebaut habe.“ Mit „Tonglen“, dem Geben und Nehmen, stellt man sich in Übereinstimmung mit den Quintessenz-Lehren seines Lamas beim Einatmen vor, wie die negativen Potenziale und Leiden dieser Mutter die Form von dunklen Lichtstrahlen annehmen, die mit einem selbst verschmelzen. Beim Ausatmen stellt man sich vor, wie die konstruktiven Potenziale und das Glück, was man selbst in den drei Zeiten aufgebaut hat, mit dieser Mutter als leuchtende Lichtstrahlen, wie die der aufgehenden Sonne, verschmelzen, und dass sie die Glückseligkeit des letztendlichen Zustandes erreicht. Laut Gorampa sollte man sich darin üben und immer wieder über Tonglen meditieren. 

Konnte man genug Erfahrungen darin sammeln, Tonglen mit dieser Mutter und dann auch mit dem eigenen Vater und den Verwandten zu praktizieren, sollte man es wie zuvor mit jenen üben, die man als schwierig empfindet, wie Feinde.

In ähnlicher Weise sollte man im Einzelnen bezüglich der anderen Verwandten, der begrenzten Wesen, die man gesehen oder von denen man gehört hat, der Feinde, die einem Schaden zugefügt haben und der leidenden Wesen, wie jenen in den schlechten Wiedergeburtszuständen, meditieren. Nachdem man schließlich die Leiden aller begrenzten Wesen zusammen in sich aufgenommen hat, meditiert man, dass das eigene Glück und die eigenen konstruktiven Potenziale vorläufig die Ursachen für alles werden, was sie sich wünschen, und letztlich die Ursachen dafür, Buddhaschaft zu erlangen.

Es gibt einen Vers, der zusammen mit dieser Übung rezitiert wird: „Mögen die Leiden der wandernden Wesen, die alle meine Mutter waren, in mir heranreifen. Möge all mein Glück und meine konstruktiven Potenziale für jedes wandernde Wesen zur Erfüllung führen.“ Dies mit der Rede zu rezitieren und mit dem Geist zu denken ist diese Form des Geistestrainings. Es handelt sich dabei um eine einzigartige Methode.

Da dies die Essenz der Mahayana-Praxis, der geheimen Worte aller Buddhas der drei Zeiten, ist, werde ich nicht weiter darauf eingehen, da es zu umfangreich werden würde, obgleich es nützlich wäre, die Gründe für die Notwendigkeit solch einer Meditation, schriftliche Zitate dazu und (eine Analyse) anzuführen, um Zweifel bezüglich der Methode für die Meditation zu zerstreuen.

Gemäß Gorampa sollten wir uns, zwecks ausführlicheren Erklärungen, dem „Eintritt in das Verhalten eines Bodhisattvas“ zuwenden, sowie dem „Filigranschmuck der Mahayana-Sutras“ und dergleichen.

Vom anstrebenden Bodhichitta bis zu diesem Punkt, sollte man auf jeden Fall als Vorbereitung die sichere Ausrichtung oder Zuflucht genommen und seine Bodhichitta-Ausrichtung vertieft haben. Zusätzlich dazu wäre es auch sehr gut, über Guru-Yoga zu meditieren.

Gorampa sagt, dass es wirklich vortrefflich wäre, wenn man jemand ist, der sich auf den Pfad des geheimen Mantra begibt, eine Einweihung dafür bekommt, dann den eigenen Wurzel-Guru und die anderen Lamas, von denen man Dharma-Lehren bekommen hat, als Vajradhara visualisiert, der die Wesensnatur von ihnen allen in einer Form repräsentiert, und diese Lamas bittet, dies auf dem Pfad des Geistes im eigenen Geisteskontinuum zu entwickeln.

Zum Abschluss der Meditationssitzungen über all diese Punkte, versiegelt man sie mit Gebeten der Widmung und bleibt während aller Aktivitäten – des Bewegens, Gehens, Schlafens oder Sitzens – achtsam ihnen gegenüber.

Der Punkt ist hier, dass jede Praxis vorbereitende Übungen, einen grundlegenden Teil und eine abschließende Übung haben sollte. Als vorbereitende Übungen schlägt man die sichere Richtung ein und bittet um Inspiration. Als grundlegende Übung meditiert man, so gut man kann und zum Abschluss widmet man die Wurzeln der konstruktiven Handlungen, damit sie nicht abnehmen, sondern immer weiter heranwachsen und schließlich als Ursache dafür dienen, Buddhaschaft zu erlangen. 

Dafür macht man eine begriffsbestimmende Widmung mit einer Reinheit der drei Kreise – nicht-konzeptuelle Wahrnehmung der Leerheit von dem, der widmet; des Ziels, dem gewidmet wird; und des Ausführens der Widmung. Man tut dies mit den Worten: „Mögen alle Wesen durch diese konstruktive Handlung ihre Netzwerke positiver Kraft und tiefen Gewahrseins vervollständigen und dadurch die zwei reinen Buddhakörper erlangen, die durch diese positive Kraft und das tiefe Gewahrsein entstehen. So, wie der heldenhafte Vira Manjushri und auch Samantabhadra allwissendes Gewahrsein erlangt haben, widme ich diese konstruktiven Handlungen, damit ich ihren Fußspuren folge und mich ebenfalls darin übe.“ Obgleich man momentan als ein gewöhnliches Wesen diese Allwissenheit nicht erlangen kann, macht man die Widmung, um in der Lage zu sein, ähnlich wie der heroische Vira Manjushri und Samantabhadra mit der Reinheit der drei Kreise praktizieren zu können.

Bis hierhin hat Gorampa erklärt: „Wenn du an diesem Leben hängst, bist du kein Dharma-Praktizierender. Wenn du an samsarischer Wiedergeburt hängst, hast du keine Entsagung, keine Entschlossenheit, frei zu sein. Wenn du an deinen eigenen Vorteilen hängst, hast du keine Bodhichitta-Ausrichtung.“ Weiter geht es folgendermaßen:

Hängt man nicht mehr an den vier Extremen, erscheint Verwirrung als tiefes Gewahrsein. 

Was das vierte (Loslassen) betrifft : „Hängst du nicht mehr an den vier Extremen, erscheint Verwirrung als tiefes Gewahrsein“,

Die andauernde Natur aller Phänomene ist getrennt von den vier Extremen: sie sind weder existent noch nicht-existent; sie sind nicht sowohl existent als auch nicht-existent; sie sind nicht existent; und sie sind nicht nicht-existent.

In der Tradition einer anderen Quintessenz-Lehre gibt es zwei Dinge – einen still gewordenen und zur Ruhe gekommenen Geisteszustand des Shamatha und einen außergewöhnlich wahrnehmungsfähigen Geisteszustand des Vipashyana.

In einer anderen Quintessenz-Lehre neben jeder des Geistestrainings, gibt es zunächst die Meditation über Shamatha und dann die Meditation über Vipashyana.

Was Vipashyana betrifft, so gibt es die Meditation über die Selbstlosigkeit von Personen und die Meditation über die Selbstlosigkeit von Phänomenen. Ungeachtet dessen gibt es in dieser Tradition

In der Sakya-Tradition des Geistestrainings „Sich von den vier Arten des Klammerns lösen“ sind die Übungen zum Erlangen von Shamatha die gängigen, die mit anderen geteilt werden. Hat man gelernt, was vertiefte Konzentration und diese Dinge sind, gilt es zu üben, was ihre Ursachen sind, die man als die neun Stufen zum Beruhigen des Geistes kennt, um einen wahren Bezug zu ihnen zu bekommen. Dies muss man von einem Lama lernen und hören, der ein spiritueller Lehrer ist. 

Es gibt zahlreiche Übungen – Shamatha auf der Basis eines Objekt und ohne eine Basis. Die Methode, um den Geist einsgerichtet in vertiefte Konzentration zu bringen, ist Shamatha. Danach richtet man sich mit Vipashyana auf das Erkennen der andauernden Natur aller Phänomene, so, wie sie sind.

Während der Periode völliger Versenkung gibt es eine Meditation über drei Punkte: (1) Erscheinungen werden als vom Geist begründet; (2) der Geist wird als illusorisch festgelegt; und (3) Illusorisches wird als etwas ohne eine selbst-begründende Natur betrachtet. Während der Periode nachfolgender Erlangung, gibt es die Praxis der Sicht, dass alles wie eine Illusion und ein Traum ist, ohne an etwas zu hängen.

Was die sogenannte „Periode völliger Versenkung“ (tib. mnyam-bzhag) und die „Periode nachfolgender Erlangung“ (tib. rjes-thob) betreffen: wenn man sich hingesetzt hat, um mit vertiefter Konzentration zu meditieren, bezeichnet man die Periode während dieser Sitzung „Periode völliger Versenkung“. Die sogenannte „Periode nachfolgender Erlangung“ bezieht sich auf das, was man nachfolgend erlangt oder erkennt, während man seinem Tagesablauf folgt, geht, isst, schläft, spricht usw., nachdem man aus seinem Zustand der vertieften Konzentration wieder herausgekommen ist. Während dieser Zeit gibt es die Praxis, ohne geistiges Abschweifen zu erkennen, dass alle Handlungen durch die drei Tore von Körper, Rede und Geist wie in einem Traum und illusionsgleich sind. 

Dafür muss man meditieren, indem man sich auf die Quintessenz-Lehren des Lamas stützt. Meditiert man, ohne sich auf die Quintessenz-Lehren des Lamas zu stützen, ist das eine große Basis für Verwirrung und Missverständnisse. Hat man Glück und besitzt ein karmisches Potenzial für diese Sicht, wird man in der Lage sein, sich persönlich darauf einzulassen. Doch für jene, die nicht das Glück oder karmische Potenzial haben, gilt laut Manjushri Sakya Pandita: „Meditieren Dumme über Mahamudra, dient dies meist als Ursache für die Wiedergeburt als ein Tier. Bestenfalls werden sie die ausgewogene Vertiefung über die Beendigung eines Shravaka-Hörers erlangen, und schlimmstenfalls eine Wiedergeburt auf der Ebene der formlosen Wesen.“ Weil dies so ist, kann es zu großer Verwirrung und Missverständnissen führen.

Meditiert man über was immer man möchte, ohne sich auf die Quintessenz-Lehren des Lamas zu stützen, ist das eine große Basis für Verwirrung und Missverständnisse. Da man dies nicht durch bloße Worte erkennen wird, werde ich nicht weiter darauf eingehen.
Auf kurze Sicht ist es jedoch nützlich, 

Solange es hinsichtlich des Pfades keine Missverständnisse, Fehler oder Abweichungen gegeben hat,

dass man hinsichtlich der Wurzeln konstruktiver Kraft, die man aufgebaut hat, nicht auf arrogante Weise denkt, man wäre der Ausführende dieser konstruktiven Handlung, die konstruktive Handlung sei dies und man habe folglich diese konstruktive Handlung ausgeführt.

Welche Wurzeln konstruktiver Kraft man auch mit der Meditation über die Erzeugungs- und Vollendungsstufe des Tantra aufgebaut hat – wie durch das Tor des Körpers die reinigenden Übungen der Niederwerfungen und des Umschreitens, durch die Rede beispielsweise das Umsetzen konstruktiver Handlungen des Rezitierens von Texten oder durch den Geist die Meditation über die Gottheit einer Buddha-Gestalt – laut Gorampa liegt der eigentliche Punkt darin, zu denken, dass sie absolut keine konkrete Existenz des Greifens nach wahrhaft begründeter Existenz haben und wie ein Traum oder eine Illusion sind.  

Es ist jedoch nicht falsch bekanntzugeben, eine bestimmte konstruktive Handlung ausgeführt zu haben, um andere zu ermutigen, konstruktiv zu handeln, so lange man keine Fehler, die man gemacht hat, verschweigt. 
Verwirklicht man eine Wurzel positiver Kraft oder führt eine alltägliche gewöhnliche Handlung aus, sollte man sich daher vergegenwärtigen, dass sie wie ein Traum oder eine Illusion ist, was als Ursache zum Verwirklichen der Sicht dienen wird. Da dies zutrifft, ist es wichtig, solch eine Vergegenwärtigung zu bewahren.

Zusammenfassung 

Auf diese Weise gibt es vier Ebenen auf diesem Pfad: Da man auf der Ersten daran arbeitet, die Ziele für zukünftige Leben und darüber hinaus zu verwirklichen, nennt man sie „den Geist dem Dharma zuwenden“.

Hat man ausreichend über die Schwierigkeit, eine menschliche Wiedergeburt mit Ruhepausen und Bereicherungen zu finden, über Tod, Vergänglichkeit usw. meditiert, ist es unmöglich, nicht den Wunsch zu entwickeln: „Ich muss eine Dharma-Lehre verwirklichen, um den Nutzen für meine zukünftigen Leben zu sichern, da dieses Leben nicht die geringste Essenz hat.“ Das nennt man: „den Geist dem Dharma zuwenden“.

Da man auf der Zweiten daran arbeitet, die Pfade des Geistes zur Befreiung zu verwirklichen, während man samsarische Existenz aufgibt, nennt man sie „den Dharma als ein Pfad des Geistes wirken lassen“.

Hat man ein gutes Verständnis der Nachteile unkontrollierbar sich wiederholender samsarischer Existenz, begreift man, dass es, egal wo man in der samsarischen Existenz geboren wird, auf dem höchsten Gipfel zwanghafter Existenz oder in der niedersten Hölle gefangener Wesen, nicht einen Hauch von Glück gibt. Wenn man das verstanden und somit samsarische Existenz aufgegeben hat, ist es unmöglich, nicht den Gedanken zu entwickeln, mit dem man sich wünscht: „Ich muss die Pfade des Geistes zur Befreiung verwirklichen und Befreiung frei von allen Leiden erlangen. Das nennt man „den Dharma als ein Pfad des Geistes wirken lassen“ und bezieht sich auf die Dharma-Methoden zum Verwirklichen der Pfade des Geistes zur Befreiung.

Da man auf der Dritten im Einklang mit dem weitreichenden Fahrzeug des Mahayana handelt, während man die Wünsche des bescheidenen Fahrzeugs des Hinayana aufgegeben hat, nennt man sie „Verwirrung durch den Pfadgeist beseitigen“.

Befreiung von den Leiden der drei Ebenen samsarischer Existenz für uns selbst allein ist nicht gut; es ist ein furchtbarer Wunsch. Alle begrenzten Wesen waren unsere Mütter und Väter. An die Leiden all dieser begrenzten Wesen zu denken, die unsere Eltern waren, und sich trotz allem nur Glück für sich selbst zu wünschen – diese zwei Gedanken sind sich vollkommen widersprüchlich. Hat man daher den Wunsch entwickelt, die Leiden all dieser begrenzten Wesen beseitigen zu müssen und sie zur erleuchteten Ebene eines Buddhas zu führen, bringt man mit seinen bestrebenden Gedanken Bodhichitta hervor und übt sich mit seinen Handlungen in den sechs weitreichenden Geisteshaltungen, den sechs Vollkommenheiten, da man alle Wünsche des bescheidenen Fahrzeugs des Hinayana aufgegeben hat. Das nennt man „die Verwirrung vom eigenen Pfad des Geistes beseitigen“ – indem man in Übereinstimmung mit den sechs Vollkommenheiten handelt und die Verwirrung beseitigt, sich nur Glück für sich selbst zu wünschen.

Da man auf der Vierten im Einklang mit der Bedeutung der andauernden Natur der Realität handelt, während man die Extreme der geistigen Fabrikation des Greifens nach Extremen aufgegeben hat, nennt man sie „Verwirrung als tiefes Gewahrsein erscheinen lassen“.

Alle Phänomene sind getrennt von der geistigen Fabrikation der vier Extreme – sie entstehen nicht aus sich selbst, sie entstehen nicht aus etwas anderem, sie entstehen nicht aus beiden und sie entstehen nicht aus keinem von beiden. Sie sind nicht existent, sie sind nicht nicht-existent, sie sind nicht beides und sie sind nicht keines von beidem. Sie sind getrennt von den Extremen des Absolutismus und Nihilismus, sowie von allem Kommen und Gehen. In Übereinstimmung mit der Bedeutung der andauernden Natur der Realität zu handeln, die getrennt von Verwirrung ist – nämlich der Verwirrung all dieser geistigen Fabrikationen, die nach all diesen Extremen greift – nennt man „Verwirrung als tiefes Gewahrsein erscheinen lassen“.

Während man die Hauptpunkte des Pfades so praktiziert und sein tägliches Leben führt, macht man Niederwerfungen und Umkreisungen, um dem Körper einen Sinn zu geben. Um der Rede einen Sinn zu geben, bringt man den Buddhas und Bodhisattvas Gebete dar und liest die tiefgründigen Sutras.

Man sollte die tiefgründigen Sutras lesen, wie das „Zusammengefasste (Sutra) des weitreichenden unterscheidenden Gewahrseins“ (tib. Shes-rab-kyi pha-rol-tu phyin-pa bdus-pa) und „Ein Konzert der Namen Manjushris“ (tib. ’Jam-dpal mtshan-brjod), sowie die Gebete aus „Eintritt in das Verhalten eines Bodhisattvas“ (tib. Byang-chub sems-pa’i spyod-pa-la ’jug-pa), und dergleichen.

Um dem Geist einen Sinn zu geben, meditiert man über Liebe, Mitgefühl und Bodhichitta. Um seinen Besitz einen Sinn zu geben, bringt man den drei kostbaren Juwelen Opfergaben dar, hilft der monastischen Gemeinschaft, bringt ihr Respekt dar usw. Verbindet man all das mit reinen Gebeten, ist es sicher, dass man vollständige Buddhaschaft erreicht, die mit allen guten Eigenschaften verbunden und ohne Mängel ist.

Zusammenfassung der essenziellen Punkte in Versform 

Um die essenziellen Punkte noch einmal im Vers zusammenzufassen: 
Wohl wissend, dass es schwierig ist, eine körperliche Basis zum Verwirklichen des reinen Dharma zu finden und dass diese unbeständig ist und die Natur hat, schnell zu vergehen, sowie bereitwillig zu akzeptieren, stets wachsam zu sein, um Positives anzunehmen und Negatives abzulehnen – dies ist der erste Schritt.

Das ist eine Richtlinie für das Aufgeben der Anhaftung an dieses Leben, denn „Wenn man an diesem Leben hängt, ist man kein Dharma-Praktizierender.“ 

Zahllose wandernde Wesen im Ozean Samsaras sehend, die gefangen sind in den Klauen der Monster des Leidens, die Entsagung zu entwickeln, mit der man sich brennend für das trockene Land der Befreiung, jenseits allen Leids, interessiert – dies ist der zweite Schritt.

Damit wird gesagt: „Wenn man an samsarischer Wiedergeburt hängt, hat man keine Entsagung, die Entschlossenheit, frei zu sein.“ 

An die Güte der wandernden Wesen, so weit wie der Raum, denkend, die immer wieder unsere Väter und Mütter waren und uns so geholfen haben, die Ziele anderer mit Liebe, Mitgefühl und dem höchsten Bodhichitta zu verwirklichen – dies ist der dritte Schritt.

Die Worte: „Wenn du an deinen eigenen Vorteilen hängst, hast du keine Bodhichitta-Ausrichtung“, deuten darauf hin, dass man den Bodhisattva-Pfad erreichen wird, wenn man sein Klammern an diesen Dingen aufgibt.

Zu verstehen, dass all diese Dinge, wie sie erscheinen, aus dem eigenen Geist stammen, dass der Geist selbst, nur ein Netzwerk von Ursachen und Bedingungen, wie eine Illusion ist und dass die Illusion getrennt von geistiger Fabrikation ist, und über die andauernde Natur der Realität zu meditieren – dies ist der vierte Schritt. 

All diese Erscheinungen werden durch den Geist erzeugt; sie sind magische Ausstrahlungen des eigenen Geistes. Der Geist selbst ist wie eine Illusion oder wie ein Traum, der keine wahrhaft begründete Existenz hat und lediglich ein Netzwerk von Geistesfaktoren ist, die abhängig von Ursachen und Bedingungen entstanden sind. Und sogar diese Illusion wird ebenfalls nur durch geistige Fabrikation gestützt. Sich mit diesem Verständnis dann in die Bedeutung der andauernden Natur der Realität, getrennt von geistiger Fabrikation, zu vertiefen, ist der vierte Schritt. Damit wird also gesagt: „Wenn Greifen entsteht, hast du keine Sicht“.

Hat man bei allen Gelegenheiten den drei Juwelen Opfergaben dargebracht, schrittweise die destruktiven Handlungen aufgegeben und mit der eigenen Großzügigkeit die Armen und Niedrigen, die keinen Beschützer haben, zufriedengestellt und verbindet man dies, zusammen mit der Reinheit der drei Kreise, mit einem Widmungsgebet, ist es sicher, dass man seine vorläufigen und letztendlichen Zwecke erfüllen wird.
Indem ich damit die essenziellen Punkte des Mahayana-Pfades zusammengefasst habe, bringe ich sie dir, oh Förderer der Lehren, nun als Geschenk mit den Wünschen dar, sie mögen hilfreich sein und dir am Herzen liegen. Mögest du alle Ziele erreichen, indem du all dies in die Praxis umsetzt.

Schlussformel 

Der Haushälter-Bodhisattva, Ralö Dorje, der durch ungeteilten zuversichtlichen Glauben in die kostbaren Lehren ein pflichtgetreuer Förderer der Bewahrer der Lehren geworden ist, bat mich mit den Worten: „Ich benötige eine Richtlinie deiner erleuchtenden Rede, die eine ausführliche Schulung und dem heiligen Dharma von Nutzen ist.“ Angesichts dessen habe ich, der buddhistische Mönch Sönam Sengge, dies im heiligen Retreat von Dokhar (tib. mDo-mkhar) am dritten Tag des zunehmenden Mondes im Sternbild der Plejaden geschrieben. Demnächst werde ich die essenziellen Punkte hinsichtlich karmischer Ursache und Wirkung, zusammen mit den Zitaten aus den Sutras, darlegen, die ihre Quellen sind. Möge alles glücksverheißend und konstruktiv sein. 
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