Der Dalai Lama im Dialog mit Gelehrten der Sufi-Tradition

Wallace Loh (Präsident der Universität von Maryland): Guten Tag, mein Name ist Wallace Loh, Präsident der Universität von Maryland. Ich möchte Sie, unsere verehrten Gäste, Damen und Herren, alle willkommen heißen, an diesem außergewöhnlichen Tag. Wie die Religionen der Welt, ist auch der Ozean eine Quelle des Lebens, die dem Geist Auftrieb verleiht; aufgewühlt durch Wind, Ebbe und Flut, gleicht der Ozean der religiösen Leidenschaft. Heute bieten wir eine sanfte Begegnung zweier Ozeane, dem Buddhismus und dem Sufismus. Das ist eine seltene und viel versprechende Gelegenheit und wir sind allen unseren Gästen zutiefst dankbar. Heute hat seine Heiligkeit, der Dalai Lama, unseren Campus tief bewegt. Er lässt uns teilhaben an seiner Gegenwart, seiner strahlenden Bescheidenheit, seiner Güte und seinem Sinn für Humor, wofür wir ihm sehr dankbar sind.

Heute Nachmittag teilen wir mit seiner Heiligkeit die Beiträge von Gelehrten anderer Traditionen. Unsere Teilnehmer vom „Roshan Institut for Persian Studies“ der Universität von Maryland sind hoch qualifiziert und geachtet. Sie übermitteln uns Jahrhunderte von Tradition, Bildung und Glauben. Ich möchte Dekan Bonnie Thornton Dill des „College of Arts and Humanities“ für diese besondere Gelegenheit danken. Dekan Dill ist international anerkannt für ihre wissenschaftlichen Arbeiten über Rasse, Geschlecht, Arbeit, Familie und Armut. Ihr Anliegen ist es, die Person als Ganzheit zu unterrichten. Bitte begrüßen Sie Dekan Bonnie Thornton Dill.

Bonnie Thornton Dill (Dekan des „College of Arts and Humanities“): Guten Tag. Ich möchte meinen Willkommensgruß zu dem von Präsident Loh hinzufügen und Ihnen für Ihre Anwesenheit an dieser ganz speziellen Veranstaltung danken. Wir fühlen uns demütig und zutiefst dankbar für die Gelegenheit, in dieser Nachmittagsveranstaltung „Die Begegnung zweier Ozeane: ein Dialog über Sufismus und Buddhismus“ für Seine Heiligkeit, den 14. Dalai Lama von Tibet Gastgeber, zu sein.

Das Motto des „College of Arts and Humanities“ ist „be worldwise” – und das passt zu dem, was wir gerade erleben. „Worldwise“ zu sein bedeutet die Welt zu erfassen als einen länderübergreifenden Raum, Verständnis anzustreben für die Bewegung und den Fluss von Menschen und Ideen und die Unterschiede und Vielfalt sowohl im eigenen Land wie auch in der Welt anzunehmen. In diesem Prozess Weisheit zu erlangen ist die größte Herausforderung, weil wir aufgefordert sind, die gesammelten Erkenntnisse für unser Wachstum zu nutzen, nicht nur intellektuell sondern auch emotional und spirituell. Wie Seine Heiligkeit, der Dalai Lama, heute schon in seiner Ansprache betont hat, müssen wir verstehen, dass es trotz aller Vielfalt eben doch nur eine gemeinsame Menschheit gibt und, wenn wir diese Weisheit erlangen, sollten wir sie als treibende Kraft für das Gute in der Welt anwenden.

Als ein Mann großer Weisheit und Erfahrung, der beides einsetzt um Frieden, Verständnis und Harmonie zu fördern, verkörpern Sie, Ihre Heiligkeit, was es bedeutet „worldwise“ zu sein. Deshalb bedeutet uns dieser heutige Dialog so viel und wir freuen uns darauf, viel dabei zu lernen. Neben Seiner Heiligkeit nehmen an diesem Nachmittag noch teil: Elahé Mir-Djalali Omidyar, Begründerin und Präsidentin des „Roshan Cultural Heritage Institute“; Fatemeh Kesharvarz, „Roshan Chair for Persian Studies“ und „Director of Roshan Institute for Persian Studies“ der Universität von Maryland, der Musiker Hossein Omoumi, Meister der Ney, einer Längsflöte; die neben ihm sitzende Sängerin Jessika Kenney, Ahmet T. Karamastaffa, Professor für Geschichte der Universität von Maryland und „Academic Development Officer“ des „Roshan Institute for Persian Studies“ hier auf dem Campus und Carl W. Ernst, „Kenan Distinguished Professor“ der Universität von North Carolina in Chapel Hill und Co-Direktor des „Carolina Centre for the Study of the Middle East and Muslim Civilizations“.

Bevor wir mit dem heutigen Programm beginnen, freue ich mich, die große Leistung würdigen zu können, die der Ehrwürdige Lama Tenzin Dhonden beigetragen hat. Lama Tenzin ist der persönliche Gesandte für Frieden Seiner Heiligkeit, dessen weiser Rat und logistische Expertise unser engagiertes Team durch jedes Planungsdetail für diesen Tag begleitet hat. Ohne ihn hätten wir das nicht geschafft. Oft wird das ja gesagt und nicht gemeint, aber ich meine das hier wirklich.

Es ist nun meine große Ehre Dr. Elahé Mir-Djalali Omidyar zu begrüßen, die wesentlich dazu beigetragen hat, diesen einzigartigen Dialog von Sufismus und Buddhismus zu ermöglichen. Als Begründerin und Präsidentin des „Roshan Cultural Heritage Institute“ war (und ist) Dr. Mir-Djalali ihr Leben lang und unerschütterlich Fürsprecherin für den Erhalt und die Entwicklung der persischen Kultur. Unter ihrer Führung wurde das „Roshan Cultural Heritage Institute“ weltweit die zentrale Einrichtung für Erhalt, Übermittlung und Ausbildung der persischen Kultur und Lehre und unterstütztedie Bemühungen in den USA, Europa und Asien. Im Jahr 2007 hat das Institut durch eine maßgebliche Spende das Programm für persische Studien an dieser Universität unterstützt und für den „Roshan Institut in Persian Studies“-Lehrstuhl, Stipendien für Master- und Bachelorstudenten und eine Stiftung für die persischen Programme finanzielle Mittel bereitgestellt. Als Anerkennung dieser Großzügigkeit ist das „Center for Persian Studies“, innerhalb der „School of Languages, Literatures and Culturs“, nun bekannt als „Roshan Institute for Persian Studies” der Universität von Maryland.

In den vergangenen 2 Jahren hatte ich das Privileg, eng mit Dr. Mir-Djalali zusammen zu arbeiten und habe sie als Menschen mit einer großen Integrität kennengelernt. Sie ist brillant und liebenswürdig, bescheiden und entschlossen, – das sind Worte, die ich nicht leichtfertig wähle und ich fühle mich geehrt sie meine Freundin nennen zu können. Als Erweiterung ihrer Arbeit und ihrer multikulturellen Herkunft hat Dr. Mir-Djalali mit großem Einsatz und Bemühungen die interkulturelle Kommunikation weitergebracht. Sie wurde im Iran geboren und in Frankreich und in den USA ausgebildet. Sie erhielt ihren Mastertitel von den Universitäten Sorbonne und Georgetown und ihren Doktortitel in Linguistik mit Auszeichnung von der Sorbonne Universität. Sie ist eine angesehene Autorin, hat Arbeiten in Französisch, Englisch und Persisch veröffentlicht und spricht diese Sprachen fließend. Zusätzlich zu ihren eignen Schriften hat sie ehrenamtlich ungezählte Stunden und Energie aufgebracht, um Sufi-Texte ins Französische und Englische zu übersetzen. In diesem Zusammenhang wurde sie eine große Verehrerin Seiner Heiligkeit, des 14. Dalai Lama, und seines Engagements für gemeinsame menschliche Werte. Es ist mir eine große Freude, Ihnen Dr. Mir-Djalali vorstellen zu können.

Dr. Elahé Mir-Djalali Omidyar: Vielen Dank Dekan Thornton Dill. Ihre Ausführungen beschämen mich und ich weiß nicht, was ich darauf sagen soll. Ihre Heiligkeit, Präsident Wallace Loh, sehr verehrte Zuhörerschaft, im Namen des „Roshan Cultural Heritage Institute“ mit seiner Mission „Erleuchtung durch Bildung“ freuen wir uns und sind privilegiert einen Beitrag zu dieser großartigen Veranstaltung „Begegnung zweier Ozeane: ein Dialog über Sufismus und Buddhismus“ leisten zu können. Es ist eine große Ehre, in der Gegenwart Seiner Heiligkeit, des 14. Dalai Lamas von Tibet, zu sein, der unserem Dialog Inspiration und Richtung verleiht. Seine Heiligkeit ist ein Vorbild für Frieden, er hat Menschen auf der ganzen Welt gelehrt: darüber, Probleme der Menschen durch Verwandlung der eigenen Haltung zu lösen; er hat Mitgefühl als die Grundlage für Weltfrieden gelehrt und Verständnis zu entwickeln für die Gemeinsamkeiten in der Zielsetzung und Ethik aller Weltreligionen. In Anerkennung der Tatsache, dass alle Welt kleiner geworden ist und alle Menschen schon fast eine Gemeinschaft geworden sind, hat sich Seine Heiligkeit unermüdlich dafür eingesetzt, ein tieferes Gefühl von universeller Verantwortung zu fördern, um mit der gemeinsamen Bedrohungen unserer Zeit umzugehen, für Sicherheit und Umwelt. Seine lebenslange Arbeit dafür, die Werte von Selbstlosigkeit, Liebe und Mitgefühl und speziell seine gewaltlose Kampagne, um die chinesische Herrschaft über sein Heimatland zu beenden, wurde durch die Verleihung des Friedensnobelpreis im Jahr 1989 gewürdigt. Als ich Seiner Heiligkeit erstmals in Dharamsala, Indien, begegnete, war ich persönlich nicht nur inspiriert von seiner Botschaft des Friedens und globaler Einheit, sondern auch von seiner warmen und gelassenen Präsenz. Daraufhin las ich seine inspirierenden Worte und Schriften und verfolgte für mehrere Tage seinen Vorlesungen und Unterweisungen in Toulouse, Frankreich, und bei vielen anderen Gelegenheiten. Die Unterweisungen Seiner Heiligkeit waren mir eine stete Erinnerung an die Grundwerte, die hohen moralischen Prinzipien und Übungen der Sufi-Lehre aus meiner Jugend. Ich erhebe keinen Anspruch darauf eine Sufi-Expertin zu sein, ich bin eher eine Suchende, eine Schülerin dieser Schule, die Jahre darauf verwendet hat, um Sufi-Texte anonym ins Französische oder Englische zu übersetzen, um sie mit anderen zu teilen.

Die Sufi-Meister lehren uns, „aleyka beghalbika“, „du bist all das, was dein Herz ist“. Sufismus ist die erwachende Stimme des spirituellen, inneren Wissens, das alle ethischen Vorsätze aller großen Religionen umfasst. Das Wort Sufismus kommt aus dem Westen und kann die volle Bedeutung des persischen Wortes „erfan“" von “arafa“", nicht erfassen, das so viel bedeutet wie „Wissen“, „Erkenntnis“ und „Erleuchtung“. Diese Botschaft der inneren Weisheit und selbstlosen Kraft in jedem von uns ist es, was für mich so stark in den Unterweisungen Seiner Heiligkeit mitschwingt. In diesem Geist gemeinsamer Werte, und erfüllt mit unermesslicher Dankbarkeit möchte ich Seiner Heiligkeit danken, für seine Bereitschaft, an diesem Dialog von Sufismus und Buddhismus teilzunehmen. Danken möchte ich auch der Universität von Maryland, dem Präsidenten Loh und seiner Leitung und all denen, die so hart gearbeitet haben, damit diese Veranstaltung stattfinden kann.

Es ist mir auch eine besondere Freude, Dr. Fatemeh Kesharvarz anzukündigen. Seit dem vergangenen Jahr ist sie Direktorin des „Roshan Institut in Persian Studies“ der Universität von Maryland und ist Vorsitzende des „Roshan Institute“ in „Persian Language and Literature“. Davor lehrte sie über 20 Jahre an der Washington Universität in St. Louis, wo sie dem „Department of Asian and Near Eastern Languages and Literature“ von 2004 bis 2011 vorstand. Geboren und aufgewachsen in Shiraz, Iran, erhielt sie ihre Ausbildung an der Shiraz Universität und an der Universität in London. Sie ist Autorin preisgekrönter Bücher, einer Vielzahl von Artikeln und inspirierender Poesie. Dr. Kesharvarz wird einige Gedanken über die Bedeutung von Poesie und Musik als Ausdruck der Spiritualität in der Sufi-Lehre zum Ausdruck bringen. Sie wird sich an einem spirituellen Begrüßungsgeschenk für Seine Heiligkeit beteiligen, das die Sufi-Lehre mit dem menschlichen Atem, Herzschlag und der Rohr-Flöte, dem einfachsten und ältesten Instrument der Welt, verbindet. Möge dieser bedeutsame Moment ein Anfang für die Einheit aller Glaubensrichtungen und Religionen auf der Basis gemeinsamer menschlicher Werte sein, die uns alle miteinander verbinden, unabhängig von Herkunft, Geschlecht und sozialem Status. Vielen Dank. Dr. Kesharvarz.

Dr. Fatemeh Kesharvarz: Danke Dr. Mir-Djalali für Ihre liebenswürdige Einführung. Ihre Heiligkeit, es ist eine große Ehre für mich, ein Teil dieses Dialogs mit Ihnen über Sufismus und Buddhismus zu sein. Wir nennen diesen Dialog „Begegnung zweier Ozeane“, weil wir der Meinung sind, dass Buddhismus und Sufismus wie zwei riesige Ozeane mit gemeinsamen Schätzen sind. Wenn wir tief eintauchen, glauben wir in diesen Ozeanen identische Perlen finden zu können. Ihre Heiligkeit, lange vor meiner akademischen Ausbildung als Wissenschaftlerin der Sufi-Dichtkunst, führte mich meine Familie schon in die Poesie ein. Es war Spiel, Unterweisung, Meditation und Anbetung zugleich. Was ich meine ist – genau wie Sie heute früh die Bedeutung von Ausbildung betont haben – ein Gutteil meiner Ausbildung in Sufi-Dichtung kam von meiner Familie und auch hier von meinem Freund und Kollegen, Ustad Hossein Omoumi, der gleichermaßen Musik spielt und sie studiert. Er erhielt das Geschenkt der Sufi-Musik zuerst von seiner Familie, bevor er sich ausbilden ließ. Ustad Omoumi hat sein Leben dem Geheimnis der persischen Ney-Rohr-Flöte gewidmet, worüber wir ein bisschen sprechen wollen. Aber er vertritt auch die Philosophie, dass man in der Ausbildung eine tiefe Beziehungmit seinen Schülern eingehen muss und nicht nur technische Unterweisung gibt sondern eine Beziehung aufbauen muss.

Und wir haben auch Miss Jessika Kenney hier dabei, Vokalistin und Komponistin, die eine Schülerin vieler spiritueller Traditionen ist, wie z.B. dem javanesischen Gamelan-Gesang. Aber vor neun Jahren besuchte Jessika eine Vorstellung von Ustad Omoumi und verliebte sich in die persische Sufi-Musik. Sie bat ihn seine Schülerin werden zu dürfen und war es in den vergangenen neun Jahren. Sie sagt, dass diese neun Jahre ihr Verständnis zu den Tönen verändert hätte, dass die Klänge jetzt der Ausdruck tieferer Gedanken innerhalb ihrer eignen Gefühle seien anstatt nur Töne zu sein. Wie Sufis schon seit Jahrhunderten gesagt haben, kann die Verbindung von Wort und Melodie sich zu sehr vielem entwickeln, wie z. B. zu einem Tor für das Gebet; wie wenn sich ein Moment der Andacht öffnet und innere Gedanken erweckt oder, wie Dr. Mir-Djalali es nennt, „die innere Stimme“, die eingeschlafen war, aufzuwecken. Musik kann dafür genutzt werden und auch dafür, das zu nähren, was Sie „die Qualitäten des Herzens“ genannt haben.

Wie der menschliche Atem und der Herzschlag ist Musik eine universelle Sprache. Sie muss nicht übersetzt werden. Aus der Sicht der Sufis ist sie eine Sprache, mit der sie zu der ganzen Welt sprechen können. Persisch Sprechende leben mit ihr, übertragen sie in Kalligrafie, wie Sie in dem Geschenk sehen werden, das wir Ihnen überreichen werden, sie zitieren sie, sie singen sie, sie unterrichten sie und sie ist ein wichtiger Teil ihres täglichen Lebens. Und die Bilder, die aus den Versen aufsteigen, werden ebenfalls ein Teil ihres Lebens und ein ganz besonders wichtiges Bild ist das der Ney-Rohr-Flöte selber.

[Flötenmusik-Zwischenspiel]

Der große Sufi-Poet des 13. Jahrhunderts, Jalal ad-Din Rumi, beschrieb die Rohr-Flöte als ein menschliches Wesen, als Liebende, Suchende, die getrennt wurde von ihrer Heimat, wie auch das Schilfrohr von seiner Sumpfheimat getrennt wurde, um eine Flöte zu werden. Und wie Sie es selbst aus der buddhistischen Mythologie beschrieben haben, könnten wir Lichtwesen sein, die getrennt wurden und sich nun im Begierde-Bereich befinden und ihre himmlische oder Licht-Herkunft vergessen haben – genauso spricht Rumi auch davon, dass wir vergessen haben, wo wir hingehören, dass wir so abgelenkt sind, dass wir von höherer Herkunft sind. Aber wir können uns erinnern, indem wir hinhören, unserer inneren Stimme lauschen. Und so beginnt sein wichtigstes Sufi-Werk mit dem Wort „höre“.

[Flötenmusik-Zwischenspiel mit Zitaten aus der persischen Sufi-Dichtung].

So sagte er: „Hör auf die Geschichte vom tiefempfundenen Schmerz der Flöte, weil sie die Geschichte jeder Trennung erzählt. Seit man mich aus dem Röhricht schnitt, wohin ich gehörte, haben Mann und Frau ihren Sorgen durch mein Lied eine Stimme gegeben“.

[weitere Musik und Poesie]

Weiter sagt er: „Lass die Trennung mein Herz in Stücke reißen, damit ich den Schmerz der Sehnsucht in Worte fassen kann. Denn wer auch immer sich weit von seiner Heimat, seinem Ursprung fand, würde sicherlich die Vereinigung mit den Seinen suchen.“

Für Sufis ist der Antrieb für diese Suche, diese Suche nach dem Ursprung, die Liebe. „Die Kraft, das Feuer, das meiner Stimme Wärme verleiht, das ist die Liebe“, sagt Rumi. Aber Liebe ist für Sufis kein theoretisches Konzept. Sie können zwar viel darüber reden, aber es ist die Erfahrung, die zählt. Sie sind er Meinung, dass wir uns erlauben müssen, die Liebe zu schmecken. Der Begriff des „Schmeckens“ ist sehr wichtig, denn nur dadurch können wir die verwandelnden Qualitäten der Liebe begreifen. Deshalb sagt Rumi „Liebe zeigt sich in der Art, wie das Herz weint.“ Die Liebe zeigt sich also (eher) als dass sie sich beschreibt – oder dass wir sie beschreiben. Dieses Sehnen gibt dem Suchenden die Kraft voran zu gehen. Aber dieses Sehnen selbst kann weder erklärt noch beschrieben werden, weil es keine Form hat.

Rumi sagt: „Ich redete und redete, um die Liebe zu beschreiben und sie zu enträtseln. Aber als mir Liebe begegnete, erkannte ich, dass ich es ziemlich schlecht gemacht hatte, weil sie gar nicht beschrieben werde kann. Aber wenn man sie schmeckt, bleibt sie für immer im Herzen.“ Und das ist die Aufgabe der Sufi-Dichtung und -Musik, im Suchenden diesen Geschmack, den Geschmack des Formlosen oder diese formlose Schönheit hervor zu bringen.

[Weiteres Flötenspiel und Gesang]

Ihre Heiligkeit, nun möchte ich Ihnen Professor Ahmet Karamastaffa vorstellen, den hervorragenden Gelehrten des Sufismus und Professor für Geschichte an der Universität von Maryland. Er wird kurz über die Grundkonzepte des Sufismus sprechen.

Professor Ahmet Karamastaffa: Danke Dr. Kesharvarz. Ihre Heiligkeit, hochverehrte Kollegen und Gäste. Es ist ein seltenes Privileg und ich fühle mich geehrt, Ihrer Heiligkeit einige der Schlüsselkonzepte des Sufismus zur Erörterung unterbreiten zu dürfen. Buddhismus und Sufismus sind in der Tat riesige Ozeane, und da es mir aus Zeitgründen nicht möglich sein wird, alle wesentlichen Aspekte des Sufismus zu berühren, werde ich Ihre Aufmerksamkeit auf die Merkmale der Sufi-Gedanken und Praxis richten, von denen ich meine, dass sie mit buddhistischen Anliegen im Einklang sind. Ich beginne mit dem Sufi-Fokus auf das Selbst. Es ist wohl keine Übertreibung zu behaupten, dass im Herzen allen Sufi-Strebens der Versuch steht, das Individuum zu bändigen und umzugestalten. Gemäß den Sufis, hat jede einzelne Person einen spirituellen Kern, der aber normalerweise, überdeckt von kleinlichen Alltagssorgen des menschlichen Lebens, untätig ist und schläft. Deshalb neigt das menschliche Individuum dazu, im täglichen sozialen Umgang ichbezogen und eigennützig zu sein. Das spirituelle Herz kann jedoch durch göttliche Zeichen ins uns und um uns herum erweckt werden. Und wie wir gesehen haben, glauben Sufis, dass Dichtung und Musik diesbezüglich besonders reichhaltig sind. Und wenn das spirituelle Herz einmal erweckt ist, kann es wachsen und langsam das kleinliche, niedere Selbst, das es anfangs unterdrückt hat, ersetzen. Dieser Prozess der Bändigung und Umgestaltung des niederen Selbst durch das spirituelle Herz wird oft als langer, beschwerlicher Weg gesehen, auf dem das Herz sorgsam und geduldig genährt werden muss.

Auf dieser Reise versucht der Sufi, sein soziales Alltagsleben zu zerlegen, Schicht für Schicht abzuschälen, um das Herz freizulegen, um dann das spirituelle Organ, das Herz, zu kultivieren, um eins damit zu werden. Diese Reise von Eigennutz zur Selbstlosigkeit, von niederem zu höherem Selbst, zu einem reformierten Menschsein, ist wesentlich für die gesamte Sufi-Denkweise und -Praxis. Interessanterweise beginnt ein Sufi, der auf diesem Weg Schritt für Schritt unterwegs ist, allen Wesen mit einer tiefen, existenziellen Demut und unerschütterlicher Uneigennützigkeit zu begegnen. Indem er oder sie alle Spuren des Eigennutzes durch die Entwicklung des spirituellen Herzens auslöscht, verwandelt der Sufi das Selbst in einen Spiegel, der treu und ehrlich alles Sein reflektiert: alles ist eins, alles ist verbunden, wir sind alle vereint in diesem Streben, das wir „Leben“ nennen. Mit dieser Erkenntnis wird der Sufi in einen selbstlosen Diener verwandelt, der sich unablässig dafür einsetzt das Schicksal der Anderen zu verbessern. Er oder sie wird versuchen, andere Menschen aus der Tiefe der Selbstsucht zu befreien und ihnen den Weg zur Höhe der Verbundenheit zu weisen. Der Sufi wird zum Anknüpfungspunkt, oder noch zutreffender, er oder sie wird zum Spiegel, der die innige Vernetzung allen Existierenden wiedergibt. Das Auslöschen der Selbstbezogenheit schließt die verborgenen Schätze des spirituellen Herzens auf, die da sind Liebe, Mitgefühl und Selbstlosigkeit. Den Reichtum dieser Schätze teilt der Sufi bedingungslos und frei mit allen und jedem.

Als selbstloser Knotenpunkt, der alle Wesen in Verbindung bringt, lebt ein Sufi mitten im gesellschaftlichen Leben. Es gibt keine Flucht aus der Gesellschaft in die Wildnis oder ins Kloster. Sogar, wenn Zeiten der Isolation nötig sind, damit der Sufi sein spirituelles Herz polieren kann, verlässt er oder sie selten das normale soziale Leben vollkommen. Diese Verpflichtung der Gesellschaft und dem gemeinschaftlichen Leben gegenüber ist das Kennzeichen des Sufismus. Das ist auch der Grund, weshalb sich Sufis zu Gemeinschaften um einen renommierten Sufi-Meister zusammenfinden, es aber dennoch ablehnen, sich als getrennte Gruppe von der Gesellschaft abzuspalten. Sie leben als ganz normale Menschen innerhalb ihrer Gemeinden, in der Stadt oder auf dem Land. Ihre Einrichtungen werden oft buchstäblich zum Gemeindezentrum, das alle möglichen Dienste für die umliegende Gemeinde anbietet in Form von Nahrung, Unterkunft, geistiger und materieller Unterstützung, religiöser Beratung, Therapie, Sozialisierung, Bildung und wirklich nährender Unterhaltung.

Das Eingebettet-Sein der Sufis in die Gesellschaft, dieser kommunale Instinkt, diese sozial engagierte Seite, kennzeichnet die Vollendung der Sufi-Reise. Der Sufi hat das kleine niedere Selbst besiegt und gezähmt, es durch eine höhere spirituelle Einsicht für das Menschsein ersetzt und den Fluss von Liebe und Mitgefühl in Gang gebracht, der sich nun von diesem spirituellen Menschen aus ausdehnt als selbstloser Dienst an allen Wesen.

Ich glaube, dass große Teile dieser Sufi-Reise im Einklang mit den großen buddhistischen Anliegen sind, wie sie so eloquent und kraftvoll im Lebenswerk Ihrer Heiligkeit zum Ausdruck kommen und ich freue mich auf Ihre Erläuterungen dazu. Aber nun möchte ich den nächsten Redner ankündigen, meinen angesehenen Kollegen und Freund Carl Ernst. Unser Dekan hat Ihnen schon erzählt, dass er von der Universität von North Carolina kommt und auf Islamwissenschaften mit dem Schwerpunkt auf West- und Süd-Asien spezialisiert ist. Seine wissenschaftlichen Publikationen sind hauptsächlich drei Gebieten gewidmet: allgemeine und kritische Bereiche der Islamwissenschaften, Sufismus und indo-muslimische Kultur. Es ist eine Ehre, Carl Ernst hier bei uns zu haben. Die Bühne gehört jetzt ganz dir, Carl.

Carl Ernst: Vielen Dank, Ahmet. Es ist wirkliche ein Privileg und eine Ehre, dass ich dazu aufgefordert wurde, Seiner Heiligkeit, dem Dalai Lama gegenüber einige Bemerkungen über vergangene und zukünftige Begegnungen von Hindus, Buddhisten und Sufis zu machen und ich bin dankbar für diese Gelegenheit. Ohne Zweifel werden einige ein einen wirklichen Austausch zwischen diesen spirituellen Traditionen in Frage stellen, besonders in Hinblick auf die strengen Vorstellungen, die man mit dem islamischen Umfeld verbindet, aus dem der Sufismus entstand. Man kann in der Tat durch die Konflikte zwischen Hindus und Muslimen verstört sein, die ein schlechtes Licht auf die Geschichte des modernen Indiens, Pakistans und Bangladeschs geworfen haben. Und man kann auch beunruhigt sein durch die Trennungslinien zwischen Buddhisten und Muslimen in Thailand, Sri Lanka und Burma. Doch auch wenn man die religiösen Unterschiede betrachtet, gibt es doch eine (gemeinsame) Besonderheit, nämlich dass es innerhalb der geschichtlichen Traditionen von Hinduismus, Buddhismus und Sufismus eine tiefe und besondere Loyalität und Treue zu bestimmten Linien von Lehrern und speziellen Zentren spiritueller Kraft gibt, die gemeinsam die spirituelle Ausrichtung von Millionen von (spirituellen) Suchenden ausmacht.

Obwohl frühe europäische Gelehrte darüber spekuliert haben, dass sich der Sufismus irgendwie aus dem Hinduismus oder Buddhismus herleitete, kann es schwer abgestritten werden, dass viel der Praxis des Sufismus zutiefst mit dem Propheten Mohammad als Basis der Meister-Schüler- Beziehung verbunden ist sowie auch mit den Offenbarungen des Koran, den die Sufis als Buch des Herzens immer wieder lesen.Aber es kommt auch vor, dass Nicht-Muslime sich von den Lehren des Sufismus stark angezogen fühlen, die die universellen Ziele und Sehnsüchte der Menschen ansprechen. So hat, z.B. Ramon Llull, christlicher Denker des 13. Jahrhunderts, Arabisch gelernt und Gedichte im Stil der Sufis über die Liebe geschrieben. Ebenso hat Abraham Maimonides, Enkel des berühmten jüdischen Philosophen, umfangreiche Texte über den inneren Weg oder tariqah aus dem Sufismus geschrieben, den er durchaus in Übereinstimmung mit dem Judentum verstand.

Darüber hinaus waren jahrhundertelang Generationen von persisch-sprechenden Hindu-Gelehrten als Sekretäre im Mughal Imperium angestellt und sie wurden im Studium der persischen Dichtung unterrichtet. Da so viel der persischen Dichtung von den Lehren des Sufismus durchdrungen ist, überrascht es nicht, dass viele der Hindu-Gelehrten von den mystischen Einblicken von Rumi, Hafez und anderen sehr beeinflusst waren. Die Geschichte der bemerkenswerten Begegnung von Hindus und Sufis, einschließlich der vielen Übersetzungen von Sanskrit-Texten ins Persische, wurde von politischen Konflikten überschattet, die die moderne Geschichte beherrschen. Aber ich bin froh sagen zu können, dass die Gelehrten sich diesen faszinierenden Episoden vermehrt zuwenden – als wichtige Veranschaulichung, wie ein komplexer kultureller und geistiger Austausch wirklich stattgefunden hat.

In Bezug auf den Buddhismus kann man sagen, dass die Begegnung mit dem Sufismus noch auf eine günstige Gelegenheit wartet. Es gab in der Vergangenheit kurze Momente in denen ein Dialog zwischen Buddhisten und Sufis möglich gewesen wäre, aber sie blieben quälend unbefriedigend. Der zentralasiatische Sufi-Lehrer, Ala ud-Daula Simnani wurde vom mongolischen Herrscher Arghun gezwungen, mit buddhistischen Mönchen zu debattieren, wogegen er sich emotional sträubte. Dennoch ist es erstaunlich, dass in dem von ihm entwickelte Meditationssystem, das die Visualisierung der bisherigen Propheten als Lichtgestalten innerhalb des Körpers mit einbezog, die wichtigen spirituellen Übungen des Mahayana-Buddhismus wiederhallen.

Die offiziellen islamischen Lehren haben lange die Götzenverehrung abgelehnt, die in Persien die Anbetung von bhut genannt wird, ein Wort, das von Buddha abgeleitet ist. Aber in esoterischen Erläuterungen von Sufi-Texten werden Idol-Verehrungen gepriesen, die darin bestehen, dass der „wahre Geliebte“ angebetet wird, ob es sich nun um Gott oder den Sufi-Meister handelt. Es ist schwierig kurz zusammenzufassen, was die spirituellen Visionen der Hindus, Buddhisten und Sufis in ihrem Bestreben verbindet. Aber wie Dr. Mir-Djalali und auch Sie, Ihre Heiligkeit, schon erwähnt haben, kann man vermuten, dass die Verbindung darin besteht, dass es ein tiefes Verständnis des inneren Geistes gibt sowie von Empathie und einer Anerkennung der Menschlichkeit aller. Wir haben hier einen historischen Moment, in dem wir versuchen können uns vorzustellen, welche Form solche besonderen Begegnungen heute annehmen können. Ich freue mich auf die Gedanken Seiner Heiligkeit bezüglich dieses bedeutenden Prozesses. Vielen Dank.

Seine Heiligkeit, der Dalai Lama: Ich kenne einen spirituellen Führer der Sufi. Ich weiß nicht woher er kommt, aber er lebt in Paris, wo ich ihn mehrmals anlässlich interreligiöser Begegnungen getroffen habe. Er ist ein sehr netter, alter, bärtiger Mann. Eine merkwürdige Sache war, dass er einen sehr jungen Sohn hatte, der studieren wollte und für einige Monate nach Indien geschickt wurde, um den Buddhismus zu studieren. Das ist sehr ungewöhnlich und der alte Meister schien sehr gespannt darauf zu sein, mehr über die buddhistische Denkweise zu erfahren. Darin besteht mein persönlicher Kontakt zu den Sufis.

Nach unseren Treffen haben viele gesagt, es gäbe viele Ähnlichkeiten zwischen gewissen Sufi-Praktiken und buddhistischen Praktiken, aber ich habe nicht viel Wissen oder Erfahrung in Bezug auf den Sufismus. Wenn zum Ausdruck gebracht wurde, dass Sufismus im Persischen „Wissen“ oder „Erkenntnis“ bedeutet, zeigt das einen Schwerpunkt auf Weisheit und Analyse. Das ist einem Aspekt des Buddhismus, speziell der Sanskrit-Tradition, ähnlich, in der durch Analyse und Erforschung immer mehr Klarheit erreicht wird. Eine Parallele ist also dieser Schwerpunkt auf Wissen und nicht nur auf den Glauben. Und dann scheint es in Ihren Darstellungen noch weitere Ebenen zu geben. Auf einer tieferen Ebene scheint es eine Art von reiner, selbstloser Wesensart zu geben und, auf einer gröberen Ebene, destruktive Gefühle.

Das deutet darauf hin, dass Untersuchungen nötig sind und dann ein Prozess der Beseitigung dieser negativen Emotionen. Wenn wir von Natur aus unsere negativen Gefühle wären, dann könnten wir nicht von ihnen getrennt sein. Das wäre sehr schwierig. Also machen Sie die Unterscheidung zwischen tieferen und gröberen Ebenen. Und durch das tiefere Verständnis dieses tieferen „Ichs“ können die gröberen Ebenen der destruktiven Emotionen reduziert oder eliminiert werden. Das ist auch ähnlich wie im buddhistischen Denken. Sie erwähnten auch den Gebrauch von Imagination und Visualisierung, die wir auch im Buddhismus anwenden.

Als ich von diesem Programm hörte, hatte ich großes Interesse, mehr darüber in Erfahrung zu bringen. Meine Kenntnisse des Sufismus sind gleich Null und heute habe ich einiges neues Wissen dazubekommen. Aber mein Wissen ist immer noch sehr begrenzt und deshalb weiß ich nichts weiter dazu zu sagen. Im Grunde glaube ich, dass alle großen religiösen Traditionen unterschiedliche Methoden anwenden. So empfehlen die meisten theistischen Religionen den vollkommenen Glauben (an) und die vollkommene Hingabe an Gott. Um dieses Element des Glaubens zu stärken wurde das Konzept von Gott als Schöpfer geschaffen, wo man selbst nur ein Teil der Schöpfung Gottes ist. Diese Art des strengen Glaubens reduziert automatisch eine ich-bezogene Haltung. Wir Buddhisten sagen, dass es kein unabhängiges Selbst gibt, um dieser ich-bezogenen Haltung entgegenzuwirken. Das sind unterschiedliche Ansätze, die aber mehr oder weniger dieselbe Wirkung haben, nämlich die Verringerung der ich-bezogenen Gesinnung, die der Grund für Wut, Neid, Misstrauen und all die anderen negativen Emotionen ist. Weil diese extrem selbstsüchtigen Gefühle ein Grund für Probleme sind, lehren alle großen Religionen Liebe, Mitgefühl, Toleranz, Vergebung usw. Alle die Religionen, die im Grunde an Gott glauben, beschreiben Gott als grenzenlose Liebe und aus fester Überzeugung an die Größe seiner Liebe erwächst der Ansporn, selber Liebe und Mitgefühl zu üben.

Nun hat dieses Treffen eine größere Betonung auf Weisheit. Es gab einen Führer einer kleinen Gruppe in Ithaca, ein wirklich wunderbarer Mensch, der glaubte, dass alle unterschiedlichen Traditionen, speziell die verschiedenen indischen, gleich sein müssten. Seiner Meinung nach mussten alle wichtigen Teile gleich sein und mit dieser Ansicht versuchte er, die Gleichheit all dieser Philosophien deutlich zu machen. Aber er erzählte mir, dass es ihm sehr schwer fiel, dies zu tun. Einmal beschwerte er sich über die Schwierigkeit, die Unterschiede und Gegensätze der verschiedenen Philosophien in Einklang zu bringen, und da wir enge Freunde waren, sagte ich ihm, dass er sich wahrscheinlich unnötige, zusätzliche Arbeit mache.

Alle großen buddhistischen Meister stellten eine Vielzahl unterschiedlicher Fragen in Bezug auf die anderen alten indischen Traditionen und begannen Debatten mit ihnen. Einer der Meister, Dharmakirti, wollte unbedingt die Philosophien kennenlernen, mit denen er sich auseinandersetzte. Die Schwierigkeit bestand darin, dass die tiefergehenden Konzepte immer nur mündlich vom Guru an ein oder zwei vertrauenswürdige Schüler weitergegeben wurden, niemals schriftlich oder öffentlich. Obwohl er für kurze Zeit der Diener eines Hindu-Meisters wurde, war es immer noch sehr schwierig, an die geheimen Lehren zu kommen. Dann erbat er die Hilfe der Frau des Gurus, die dem Guru erklärte wie aufrichtig der Diener mehr lernen wollte, was aber auch nichts half. Dann ersann die Ehefrau folgende List: Dharmakirti versteckte sich unter dem Ehebett, wo er zuhören konnte, während sie dem Guru Fragen stellte. Diese großen buddhistischen Logiker haben also zuerst geforscht und dann in religiösen Debatten Fragen aufgeworfen. Auch innerhalb des Buddhismus haben sie viele Fragen aufgeworfen und debattiert, was dazu führte, dass sich vier große Denkrichtungen gebildet haben, die noch weiter unterteilt werden können. Durch die Debatten entstehen unwillkürlich unterschiedliche Sichtweisen. Deshalb habe ich meinen Freund gesagt, dass es schwierig sei, weil sogar buddhistische Gelehrte mit der vollen Kenntnis der unterschiedlichen Traditionen die Unterschiede anerkennen.

Wenn man die klassischen indischen Schriften studiert, erkennt man, dass die Gelehrten, die wirklich in der Debatte mit anderen Traditionen bewandert waren, anerkannt haben, dass man nicht einfach einen Strohmann für andere Meinungen aufstellen kann, um ihn dann umzuwerfen. Sie haben sehr gründlich erforscht, wogegen sie debattieren sollten, um dem angefochtenen Standpunkt gerecht zu werden. Die Gelehrten brachten also viel Energie und Anstrengung für ein möglichst genaues Verständnis der Standpunkte ihres Kontrahenten auf, was zeigt, wie ernst sie die Unterschiede und Unterscheidungen nahmen. Es gibt also Unterschiede und es ist gar nicht nötig, alles gleichzumachen.

Ich habe schon erwähnt, dass es innerhalb des Buddhismus unterschiedliche philosophische Ansichten gibt, von denen viele von Buddha selbst gelehrt wurden – unterschiedliche Sichtweisen, aber vom selben Lehrer, nämlich Buddha. Ich erkläre den Menschen, dass diese widersprüchlichen Philosophien des Buddha nicht daher stammen, dass er unsicher war, einen Tag lehrte er das und den nächsten Tag lehrte er etwas anderes, ganz sicher nicht. Es war auch nicht so, dass er verwirrt war oder seine Anhänger verwirren wollte, indem er unterschiedliche philosophische Ansichten unterrichtete, ganz sicher nicht! Die Antwort ist, dass es notwendig war. Unter den Anhängern Buddhas befanden sich viele unterschiedliche Veranlagungen, die die unterschiedlichen Ansätze nötig machten. Im spirituellen Bereich bedingen unterschiedliche Herangehensweisen verschiedenartige philosophische Sichtweisen, die alle notwendig sind und alle dasselbe wunderbare Ziel im Auge haben: dass die ganze Menschheit aus bewussten und mitfühlenden Wesen bestehen möge.So, das ist mein Ansatz und meine Denkweise, anstatt zu versuchen alles eins oder gleich zu machen.

Wie die Sufi-Experten schon erwähnt haben, gibt es Ähnlichkeiten bei den Herangehensweisen der Sufi und der Buddhisten. Dennoch, im Buddhismus gibt es, genauso wie beim Jainismus und der antiken indischen philosophischen Tradition der Samkhya, kein Konzept eines externen Schöpfers, wir selbst sind die Schöpfer. Dinge passieren aufgrund unserer Taten und Beweggründe. Dennoch müssen wir eine Differenzierung machen: Da in der buddhistischen Tradition Kausalität und die Berufung auf das Prinzip von Kausalität so wichtig sind als Erklärung für den Ursprung von Allem, wird ein Unterschied gemacht bezüglich des kausalen Ursprungs fühlender Wesen in Gegensatz zu empfindungsunfähigen Objekten. Obwohl beide aufgrund ihren eigenen Ursachen entstehen, können gemäß dem Gesetzt von Ursache und Wirkung, Schmerz und Freude nur von Wesen erlebt werden, die kognitive Fähigkeiten besitzen.

Natürlich stellt Singen und Tanzen eine gemeinsame Praxis in allen Traditionen dar. Aus eigener Erfahrung wissen wir, dass ähnliche oder gleiche Worte unterschiedliche Wirkung auf den Zuhörer haben können, je nachdem, wie wir sie sprechen oder zu Musik singen. Darin besteht also eine weitere Ähnlichkeit. Aber manchmal hängen die Menschen zu sehr an Instrumenten und Musik und vergessen dabei die wahre Bedeutung. Viele tibetische Klöster lieben Rituale sehr, weil sie die Möglichkeit bieten, die Instrumente zu spielen, aber sie geben dem Studium nicht die nötige Aufmerksamkeit. Diese Zustände spiegeln wider, was ein gewisser tibetischer Meister einmal dazu sagte: „diese Menschen klammern sich an die Äste und vergessen dabei, nach den Wurzeln zu schauen.“

Dr. Fatemeh Kesharvarz: Wie Sie, Ihre Heiligkeit, so weise darauf hingewiesen haben, gibt es wahrscheinlich starke Ähnlichkeiten wie auch Unterschiede, die es sich lohnt anzuschauen. In dem Fall von Musik zum Beispiel sehen wir darin die Möglichkeit, die Wurzeln zu erreichen und nicht um sich davon abzukoppeln. Mit anderen Worten, Musik ist ein Werkzeug zur Öffnung des Herzens, um zur Meditation zu kommen. Meditation ist wahrscheinlich wie Musik keine Unterhaltung oder Zeitvertreib, sondern eine Form von Gebet. Aber ich möchte Sie etwas fragen: als Schülerin der Sufi-Tradition wuchs ich damit auf, Gott als Teil von mir zu sehen ohne Abgrenzung. Er ist kein Schöpfer außerhalb von mir; er ist eine Quelle von Licht in mir. Wenn ich diese Quelle des Lichts in mir nähre und für sie sorge, dann gibt es keine Grenze zwischen mir und Gott. Ich denke es ist keine Übertreibung zu sagen, dass viele Sufis sagen, dass wir zwar in einer menschlichen Form leben aber die Möglichkeit haben eine Tür zu öffnen, und dann fällt der Wassertropfen in den Ozean und ist kein Tropfen mehr sondern der Ozean. Ich denke also ...

Seine Heiligkeit, der Dalai Lama: Ich glaube, Sie erwähnten eine andere, tiefere Ebene des „Selbst“, die in der buddhistischen Literatur „Buddha-Natur“ genannt wird, die unser Potential ist ein Buddha zu werden, wir könnten auch „Gott“ sagen. Kürzlich während eines Seminars in Indien mit meinen christlichen Freunden, gab ein Teilnehmer eine andere Art der Interpretation. Nämlich, dass Gott uns innewohne und unsere Übungen ihn erwecken. Das war mir neu und es scheint, dass es im Sufismus die gleiche Vorstellung gibt, nämlich dass Beten und Glauben an Gotte eine Möglichkeit ist, dies zu erwecken – dies ist der buddhistischen Praxis sehr ähnlich.

Professor Ahmet Karamastaffa: Das ist genau was ich auch gemeint habe, dass es im Wesentlichen wie das Ablösen von Schalen ist, unter denen wir vor uns selbst im Grunde genommen das verstecken, was wir das „tiefe Selbst“ nennen. Und das tiefe Selbst ist tatsächlich die Entdeckung, dass „Alles eins“ ist, dass wir alle miteinander verbunden sind und wodurch dann Liebe, Mitgefühl und Selbstlosigkeit frei fließen können. Aber wir müssen daran arbeiten; und Gebet, Gesang und Musik – ja, das ist dieses Abschälen.

Der Übersetzer seiner Heiligkeit, des Dalai Lama: Dieses Metapher vom Abschälen ist sehr vertraut, in buddhistischen Texten gibt es genau die gleiche Metapher.

Professor Ahmet Karamastaffa: Und auch im Sufismus [die Stimme einer Frau wirft ein: „wie eine Zwiebel geschält wird“] werden sogar Zahlen genannt, um den Menschen klar zu machen wie schwer diese Aufgabe ist: „es gibt siebzigtausend Schleier“ und du musst jeden einzelnen davon lüften, einen nach dem anderen, um schließlich die tiefe, verborgene Wahrheit zu entdecken.

Seine Heiligkeit, der Dalai Lama: In den klassische buddhistischen Texten spricht man von 84 000 Formen von Leidenschaften.

Professor Ahmet Karamastaffa: Ihr habt mehr! (Gelächter)

Seine Heiligkeit, der Dalai Lama: Sogar die Anzahl ist ähnlich. Offen gesagt, obwohl in den Texten von 84.000 Formen von Leidenschaften die Rede ist, wenn man dann spezifischer wird, dann sind die Darstellungen da allgemeiner, mit einer Gliederung von 21 000 in der Kategorie und 21 000 in jener Kategorie [Gelächter].

Professor Ahmet Karamastaffa: Das ist genau das gleiche auf dem Sufi-Weg, der auch gegliedert ist in Stufen und Stationen mit jeweils einer Anzahl von Hindernissen auf dem Weg, die bewältigt werden müssen in der Hoffnung, schließlich zum spirituellen Herzen zu gelangen. Und sobald man es erreicht hat, ist das Selbst, das egoistische Wesen, nicht mehr da, es verschwindet. Und das ist der Tropfen, der den Ozean erreicht und eins mit ihm wird, das ist die Idee und das ist ...

Seine Heiligkeit, der Dalai Lama: Um wieder Parallelen zur Sprache zu bringen: In buddhistischen Texten sprechen wir metaphorisch nicht von „Tropfen“ sondern von Flüssen, die zur Einheit des Ozeans werden.

Professor Ahmet Karamastaffa: Ja, ja genau!

Dr. Fatemeh Kesharvarz: Ihre Heiligkeit, Sie zitieren Gedichte und kurze Prosa in Ihren Büchern. Ich habe die Frage, ob es Teil Ihrer Tradition ist, Poesie zur Inspiration und Meditation einzusetzen?

Seine Heiligkeit, der Dalai Lama: Üblicherweise stammen diese Texte und Verse von den alten Meistern Indiens und wir müssen sie tatsächlich von Kindheit an auswendig lernen. Wenn ich heute meditiere, rezitiere ich den einen oder anderen Vers und reflektiere über seine Bedeutung. Das ist sehr, sehr hilfreich. Unter praktizierenden Buddhisten nutzen manche in der Meditation Musik um inspirierende Verse zu chanten, aber das nimmt in meinem Ansatz keinen großen Raum ein.

Es gibt eine Geschichte von einem Praktizierenden, der zusammen mit anderen Eremiten ein Einsiedlerleben führte. Jeder lebte für sich und einer davon sang bestimmte Gebete oder Verse. Der Gesang wurde immer leiser bis er ganz versiegte. Ein Eremit dachte, er sei vielleicht eingeschlafen, wollte das überprüfen und fand den Eremiten in voller Meditation. Das ist ein Hinweis, dass dieser spezielle Meditierende das Chanting und Singen als einen Einstieg in einen bestimmten Geisteszustand nutzte. Wenn er ihn erreicht hatte, versiegte der Gesang langsam, bis er den einspitzigen Zustand erreicht hatte, der sich quasi „jenseits der Stimme“ befindet. Solange es einen Ton gibt, funktioniert auch das Ohr noch bewusst und wenn es zur wahren Meditation kommt, sind die fünf Sinnesorgane nicht mehr aktiv.

Professor Ahmet Karamastaffa: Ihre Heiligkeit, dasselbe gibt es auch in der Sufi-Praxis, in dem was wir „zikr“ nennen, was Mantras oder Formulierungen sind, die wiederholt werden, musikalisch oder manchmal auch nur gesprochen. Viele Sufis glauben Folgendes: man singt sie oder sagt sie laut – und dadurch haben sie eine sinnliche Form; aber in Wirklichkeit müssen sie verinnerlicht werden. Und je öfter sie wiederholt werden, desto mehr werden sie Teil des eigenen Denkens und Herzens, sodass schließlich, sogar nachdem man aufgehört hat und man anscheinend still geworden ist, das „zikr“, die Erinnerung und das Chanting innerlich weiter geht. So wird die Idee zum Ausdruck gebracht und manchmal geht es in Fleisch und Blut über, bis in den Geist hinein, ist nicht mehr länger sensorisch, nicht mehr etwas, was man hört oder sieht. Die Person wird zum Chant, um diese Vorstellung geht es.

Seine Heiligkeit, der Dalai Lama: In der indisch-tibetischen Tradition gibt es viele verschiedene Arten der Rezitation, manchmal mit lauter Stimme, andere flüsternd und wieder andere gedanklich, ohne Stimme.

Carl Ernst: Ich sollte noch hinzufügen, dass es eine Tradition gibt, in der manche der Sufis sich dem Yoga gewidmet und entdeckt haben, dass die Wiederholung mancher Sanskrit-Mantras den arabischen Namen im „zikr“ sehr ähnlich sind. Die Rezitation dieser Silben scheint uns irgendwie mit unserem inneren Wesen in Verbindung zu bringen und uns zu öffnen für neue Bewusstseinsebenen.

Dr. Elahé Mir-Djalali Omidyar: Ihre Heiligkeit, ich weiß, dass die Zeit drängt. Aber, als Sie von dem Mönch sprachen, seiner Meditation und den Wiederholungen, die immer stiller wurden, hat mich das an eine Zeile von Rumi erinnert: „Worte können gezählt werden aber die Stille ist unermesslich.“ Letzten Endes ist es diese Ebene, die zu erreichen ist.

Seine Heiligkeit, der Dalai Lama: Kürzlich traf ich einen hinduistischen Übenden. Er sprach und verstand Englisch, aber sein Schüler erzählte mir, dass er in den vergangenen 22 Jahren kein Wort gesprochen habe. 22 Jahre! Das ist schwer! Wir haben einige Übungen, in denen wir für eine bestimmte Zeit schweigen. Ich mache das auch, aber auch schon eine Woche zu schweigen ist schwer. Es braucht Achtsamkeit, sonst tauchen ständig Worte auf.

Dr. Elahé Mir-Djalali Omidyar: Ihre Heiligkeit, es ist nun meine Aufgabe, diese Zusammenkunft zu beenden. Man sagt mir, die Zeit sei um, obwohl wir immer noch sehr hungrig sind und mehr und mehr über diese Vergleichsstudien hören möchten. (Aber) da sie eine lange, 16 stündige Reise aus Indien hinter sich haben, wollen wir Sie nicht ermüden. Und wenn Sie gestatten, werden wir diese Veranstaltung jetzt beenden.

Seine Heiligkeit, der Dalai Lama: Diese Art des Gesprächs ist wirklich wunderbar. Wir können uns ernsthaft über Ähnlichkeiten unterhalten und wenn wir auf Unterschiede stoßen, ist es hilfreich, zu verstehen zu versuchen, was die wahre Absicht hinter den unterschiedlichen Herangehensweisen ist. Wie ich schon gesagt habe, werden wir dasselbe Ziel finden. Wir brauchen wirklich mehr solcher Treffen. Erst einmal auf wissenschaftlicher, akademischer Ebene, um die Ähnlichkeiten und Unterschiede und deren Ursachen zu diskutieren. Und dann brauchen wir die Begegnungen zwischen ernsthaft Praktizierenden, obwohl es natürlich wenig Sinn macht, wenn der Meister kommt, der 22 Jahre stumm war [Gelächter].

Tibeter und Chinesen bauen gerne riesige Statuen, z.B. Statuen von Buddha oder anderen wichtigen Persönlichkeiten. Im letzten Jahr hat eine tibetische Gruppe so eine riesige Statue erbaut und mich eingeladen sie zu segnen. Ich ging hin, nahm teil und hielt einen Vortrag über Buddhismus. Ich bin Buddhist und deshalb achte ich diese Statue. Aber gleichzeitig wird dieses Denkmal für eintausend Jahre bestehen bleiben aber in dieser Zeit kein Wort sprechen [Gelächter und Applaus]. Deshalb ist es sinnlos für solche Menschen, die im Schweigen praktizieren, zu kommen, es sei denn sie haben die Fähigkeit Wunder zu vollbringen. Jedenfalls sollten solche ernsthaft Praktizierenden zusammenkommen, die viele Jahre Praxis haben und ihre unterschiedlichen Erfahrungen austauschen. Das ist meiner Meinung nach sehr wichtig, um zu zeigen, dass sie dasselbe Potenzial haben und dieselbe Wirkung erzielen.

Dr. Elahé Mir-Djalali Omidyar: Ihre Heiligkeit, sie tun das nicht öffentlich und sprechen aus denselben Gründen nicht (darüber) in der Öffentlichkeit, die Sie nannten, nämlich, dass es so viele Ebenen des Verständnisses und der Interpretation dessen, was gesagt wurde, gibt. Aus Furcht von den meisten missverstanden zu werden, bleiben diese ernsthaft Praktizieren still und teilen ihre Gedanken und Ideen nur untereinander mit. Rumi und Shams Tabrizi sind gute Beispiele, genau wie viele der wahrhaftig Praktizierenden öffnen sie sich nicht in der Öffentlichkeit. Sie geben öffentliche Unterweisungen, indem sie eine widersprüchliche Sprache verwenden, so wie Sie es auch von den Unterweisungen Buddhas erzählt haben. Dasselbe tun Sufi-Meister, weil sie sagen, jeder versteht das, was er kann und er hört in den Unterweisungen das, was er hören will. Um also Verwirrung durch komplexe und schwierig zu verstehende Konzepte zu vermeiden, sprechen sie nur untereinander, weil sie einen Punkt erreicht haben, bei dem es zu weniger Missverständnissen kommt..

Seine Heiligkeit, der Dalai Lama: Gut, dann brauchen sie nicht in die Öffentlichkeit zu gehen, eine Auswahl von zehn oder zwanzig Praktizierender (würde reichen), die ihre tieferen, wahren Erfahrungen miteinander austauschen. Das wäre ungemein hilfreich und sehr, sehr wichtig, um den Wert der unterschiedlichen Traditionen zu verstehen. Die Zeit ist jetzt gekommen, dass wir uns bemühen müssen, die Harmonie unter den Religionen voranzutreiben, um eine wirkliche Harmonie zu entwickeln. Wir müssen jede Anstrengung unternehmen gegenseitige Achtung und Verständnis für einander zu entwickeln – nicht durch gelehrte Worte oder schöne Darstellungen, sondern aus wahrer spiritueller Erfahrung heraus.

Vor kurzem versuchte ich mit einigen Hindu-Praktizierenden ins Gespräch zu kommen. Vor zwei Monaten fand das Kumbh Mela statt, eine alle 12 Jahre stattfindende riesige Zusammenkunft von fast 70 Millionen Pilgern, an der ich bei den drei letzten Gelegenheiten teilgenommen hatte. Ich wollte mich diesmal wieder beteiligen, aber das Wetter erlaubte den Abflug meines gecharterten Flugzeugs von Dharamsala nicht. Gott wollte es also nicht. [Gelächter]. Ich hatte eine Nachricht übermitteln lassen, dass ich die Praktizierenden kennenlernen wollte, die vollständig nackt herumlaufen. Mir wurde erzählt, dass einige von ihnen Jahre und Jahrzehnte in den Schneebergen zubringen, ohne jegliche Kleidung. Sie müssen also Erfahrungen gemacht haben. Wir haben eine spezielle Übungstechnik, um Wärme zu entwickeln und zu vermehren, ohne die ein Überleben im Schnee nicht möglich ist. Ich hätte diese Menschen wirklich gerne getroffen, aber das Wetter hat es nicht gestattet!

Ich schätze daher Ihre Bemühungen sehr, dieses Treffen zu organisieren und ich freue mich auf weitere dieser Art. Nicht der Publicity wegen, sondern einfach nur für ein tieferes Verständnis der unterschiedlichen Traditionen, ihrer wahren Lehren und Wirkung und so weiter.

Dr. Elahé Mir-Djalali Omidyar: Das war ein historisches Ereignis heute, das erste einer Reihe, wie Seine Heiligkeit angeregt hat. Ich hoffe, dass dies erst der Anfang eines ernsthaften Dialogs zwischen den Religionen war. Und wir danken seiner Heiligkeit für seine freundliche Teilnahme, der Universität von Maryland und jedem einzelnen Teilnehmer. Und ich möchte der Zuhörerschaft danken, dass Sie hier waren, um von den Unterweisungen seiner Heiligkeit zu profitieren und den bedeutsamen Austausch genossen haben.

Das Roshan-Institut hat für Sie, Ihre Heiligkeit, ein Präsent vorbereitet, als Erinnerung an dieses erste Treffen zwischen Buddhismus und Sufismus. Es ist eine persische Handschrift (Kalligraphie), die folgendes sagt: [wird persisch vorgelesen].

/qeyre notq-oqeyre imâ-o sejel//sad hezaran tarjomân khazad ze del/

Die Übersetzung lautet: 

Jenseits der Worte, Andeutungen und Debatten, kennt das Herz hunderttausend Arten um zu sprechen.

Darum geht es, um das Herz!

Top