Die drei Hauptgebiete der Ethik: Das Unterlassen von schädlichem Verhalten, Disziplin und die Unterstützung Anderer
Das heutige Thema befasst sich mit den „Grundlagen der Ethik“ und das ist ein sehr umfangreiches Gebiet. Wenn wir über Ethik oder über ethisches Verhalten im Buddhismus sprechen, dann geht es dabei um drei verschiedene Bereiche. Als erstes geht es um das Unterlassen von destruktivem, oder schädlichem Verhalten, was bedeutet, dass man nicht unter dem Einfluss von Wut, Gier oder Selbstsucht handelt, egal ob wir dabei jemanden schaden wollen oder nicht. Denn manchmal handeln wir selbstsüchtig und wir sind uns nicht einmal darüber bewusst, dass wir selbstsüchtig handeln. Und eigentlich beabsichtigen wir nicht einmal, jemandem wehzutun, aber tatsächlich passiert es doch und so entstehen große Schwierigkeiten.
Wenn alles nur nach unseren Vorstellungen laufen muss und wir immer alles bekommen müssen, was wir uns wünschen, weil wir selbstsüchtig sind und nur an uns selbst denken, dann ignorieren wir andere und, ohne es eigentlich zu wollen, verletzen wir andere damit in erheblicher Weise. Und wenn wir wütend werden, verlieren wir unsere Kontrolle und dann sagen wir viele Dinge und handeln auf eine Weise, die wir später bereuen und die eine Menge Schwierigkeiten verursachen. Diese erste Form der Ethik besteht also darin, schädliches Verhalten zu unterlassen.
Aber wenn wir über Ethik reden, geht es eigentlich auch um Disziplin. Und Disziplin haben bedeutet, die Kontrolle oder die „Steuerung“ für unser Leben zu übernehmen und uns vor dem Einfluss der Trägheit und aller möglicher verwirrender Geisteszustände zu bewahren, die uns daran hindern könnten, etwas in unserem Leben zu erreichen.
Die zweite Form des ethischen Verhaltens besteht also darin, sich mit etwas Konstruktivem zu befassen, wie zum Beispiel mit großem Eifer zu lernen und eine gute Ausbildung zu bekommen. Das erfordert viel Disziplin, nicht wahr? Das Lernen und Studieren erfordert viel Selbstdisziplin. Aber wenn wir irgendetwas Positives in unserem Leben erreichen möchten, brauchen wir Qualifikationen, wir müssen eine Ausbildung machen und dafür brauchen wir Disziplin. Das ist eine Form der Ethik.
Aber warum ist es eine Form der Ethik? Weil wir zum Beispiel auch versuchen könnten, ein guter Dieb oder Krimineller zu werden. Aber wir können auch daran arbeiten, jemand zu sein, der einen positiven Beitrag für die Gesellschaft leistet. Wenn wir also etwas erlernen möchten, sollten wir zuerst einmal entscheiden, was in Bezug zu meinen Stärken und Talenten, am nützlichsten sein könnte. Und das beinhaltet natürlich auch, dass es etwas sein sollte, was wir gerne machen und woran wir Freude haben. Wenn wir darüber nachdenken, was wir gerne machen, dann könnte das, was ich gerne mache einfach Fernsehen sein, oder dass ich mich mit Freunden treffe. Aber das ist nicht etwas, womit wir unser ganzes Leben verbringen können, oder? Wenn wir also darüber nachdenken, was wir gerne machen, dann sollte es nicht nur etwas sein, was ich in diesem Moment gerne mache, sondern etwas, das uns auf lange Sicht in unserem Leben glücklich machen wird.
Die dritte Form der Ethik besteht darin, tatsächlich zu versuchen, anderen zu helfen. Es ist nicht genug, nur an uns selbst und unseren Fähigkeiten zu arbeiten. Wir leben zusammen mit anderen Menschen in einer Gesellschaft und da ist es sehr wichtig, all unsere guten Eigenschaften, Talente und Fähigkeiten mit anderen zu teilen. Welche Fähigkeiten wir auch haben mögen, wir können sie dazu benutzen, anderen zu helfen. Und da wir in einer Gesellschaft leben, ist unser Glück sehr von dem Glück der ganzen Gesellschaft abhängig. Wenn wir über Ethik reden, ist es deshalb sehr wichtig, einen weiten Geist zu haben und nicht engstirnig und einseitig denken. Das bedeutet, dass wir nicht nur an uns und unsere Familie denken, sondern unser Interesse auf unsere Mitmenschen und auf die Gesellschaft ausweiten. Und es bedeutet auch, uns gedanklich nicht nur auf die Gegenwart zu beziehen, sondern uns auch mit der Zukunft und den Konsequenzen zu befassen, die unser Handeln mit sich bringt.
Die Grundlage des ethischen Verhaltens: die sich kümmernde Geisteshaltung
Wenn wir uns fragen, worin die Grundlage für ethisches Verhalten besteht, dann lautet die Antwort, dass der Schwerpunkt auf der so genannten „sich kümmernden Geisteshaltung“ liegt. Das bedeutet, dass ich mich um mich selber kümmere, darum kümmere, was ich selbst tue. Ich handle nicht unbewusst und folge nicht einfach meinen Drängen oder Impulsen, sondern ich kümmere mich darum, wie die Auswirkungen meiner Handlungen sein werden. Und ich kümmere mich auch darum, wie ich mein Leben gestalte und welche Auswirkungen das auf mich selbst und auf andere haben wird.
Wie wird zum Beispiel meine Zukunft aussehen, wenn ich mein Leben damit verbringe, in einer destruktiven Weise zu handeln, oder wenn ich faul bin und nichts aus meinem Leben mache? Besonders wenn wir jung sind, wie viele von Ihnen hier. Wie werden wir unseren Lebensunterhalt verdienen und wie werden wir mit dem Leben zurechtkommen, wenn wir jetzt nicht an unserem ethischen Verhalten arbeiten? Vielleicht denken wir: „Oh, darüber mache ich mir jetzt keinen Kopf. Es ist nicht so wichtig.“ Oder wir denken: „Es gibt sowieso keine Hoffnung, weshalb sollte ich mir also den Kopf darüber zerbrechen, eine gute Ausbildung zu bekommen, oder einen Beruf zu erlernen?“ Später im Leben werden wir es jedoch sehr bereuen, dass wir diese Möglichkeit nicht genutzt haben.
Es ist also sehr wichtig, die Konsequenzen ernst zu nehmen, die sich in der Zukunft daraus ergeben werden, wie ich mein Leben heute führe. Wir müssen dieses Gefühl entwickeln, dass es wichtig für mich ist, wie meine Zukunft aussehen wird. Wenn ich mich nicht um mich selbst kümmere, wer wird es dann tun?
Die Zügel des Pferdes des eigenen Geistes in die Hand nehmen
Im Buddhismus benutzen wir einen Ausdruck, der bedeutet, dass wir unser Leben in die eigenen Hände nehmen, oder mit anderen Worten, dass wir die „Steuerung“ für unser Leben übernehmen. Dies wird am Beispiel eines Pferdes beschrieben. Beim Pferd benutzt man Zügel, die dem Reiter dazu dienen, das Pferd zu führen. Es wird gesagt, man sollte die Zügel des Pferdes des Geistes in die eigenen Hände nehmen und das Pferd nicht wild umherlaufen lassen, oder die Führung jemand anderem überlassen.
Es ist sehr wichtig, zu versuchen, die „Steuerung“ dafür zu übernehmen, was ich aus dem Leben mache und was für ein Mensch aus mir wird. Wird aus mir einfach ein Faulpelz, der nichts im Leben erreicht? Oder wird aus mir ein Mensch, der ein sinnvolles und erfülltes Leben führt? Ob man ein sinnvolles und erfülltes Leben führt, hängt sehr davon ab, wie man mit anderen Menschen umgeht. Bin ich ein netter und hilfsbereiter Mensch, oder handle ich vollkommen selbstsüchtig und bin ständig wütend auf andere?
Niemand mag einen Menschen, der ständig wütend wird und die Fassung verliert. Meistens fürchtet man sich vor solchen Leuten. Wir möchten nicht mit ihnen zusammen sein, weil sie wütend auf uns werden können: „Mit solch einer Person möchte ich nicht zusammen sein.“ Das Gleiche gilt für jemanden, der sich ständig beschwert und kritisiert. Es ist kein Vergnügen, mit solchen Leuten zusammen zu sein, oder? Wenn wir aber an andere denken, anderen gegenüber feinfühlig sind, uns für sie interessieren und, anstatt ihre Fehler und Schwächen zu kritisieren, ihnen helfen sich zu entwickeln und zu verbessern, dann mögen uns die anderen und jeder würde gern mit uns zusammen sein.
Es hängt also sehr von der Ethik ab, was für Menschen wir sind und was für Menschen wir sein werden. Wir kümmern uns um die Auswirkungen unseres Verhaltens und was wir an uns ändern – darum, was für ein Mensch wir werden – und es ist uns wichtig, welche Auswirkungen dies auf andere bei meiner Interaktion mit ihnen haben wird. Das ist die sich kümmernde Geisteshaltung.
Dieses Wort (tib. bag-yod, Skt. apramada), welches ich als „sich kümmernde Geisteshaltung“ übersetzt habe, bedeutet auch „ vorsichtig zu sein“. Das heißt, wir müssen auch vorsichtig sein, in dem was wir tun, was wir sagen und was wir denken. Denn wenn wir in schlechte Gewohnheiten verfallen, werden diese Gewohnheiten immer tiefer und tiefer, und wir führen – z.B. wenn wir schlechte Gewohnheiten haben – ganz automatisch schädliche Handlungen aus.
Ich werde Ihnen dies an einem Beispiel erklären. Viele Menschen benutzen Schimpfwörter, wenn sie reden, und bedienen sich einer sehr groben und rauen Sprache. Jedenfalls ist es in der englischen Sprache so, aber ich denke, in der russischen Sprache ist es vielleicht auch so. Ich weiß nicht, wie es in eurer Umgangssprache aussieht, aber ich denke, dass es in den meisten Sprachen Schimpfwörter und andere schlechte Wörter gibt. Besonders junge Leute gewöhnen sich oft an, diese grobe Sprache zu benutzen und sie wird zu einem Teil ihres Wortschatzes. Später im Leben passiert es dann, dass sie in Situationen geraten, wo sie, ohne viel darüber nachzudenken, automatisch diese groben Worte benutzen, was sehr peinlich sein kann.
Um das zu verhindern, ist es wichtig, dass wir jetzt darauf achten, welche Gewohnheiten wir uns aneignen. Warum ist es wichtig, dass wir vorsichtig sind? Weil es ist uns wichtig ist, welche Auswirkungen es haben wird, wie ich mein Leben jetzt führe. Und mit Disziplin versuchen wir uns darüber bewusst zu sein, wie wir sprechen, wie wir denken und wie wir handeln. Und wir wissen: wenn ich anfange, schlechte Gewohnheiten und Verhaltensweisen zu entwickeln, werden sich diese später nur sehr schwer wieder ändern lassen.
Wenn man jung ist – und viele hier im Publikum sind jung – werden die Gewohnheiten geformt. Deshalb ist es sehr wichtig, die Zügel des Pferdes unseres Geistes und unseres Verhaltens in die eigenen Hände zu nehmen und auf diese Weise die „Steuerung“ dafür zu übernehmen, was für Menschen aus uns werden. Möchte ich in eine negative oder in eine positive Richtung gehen? Es hilft nicht, einfach zu sagen: „Ich kann mein Leben sowieso nicht beeinflussen, denn die Gesellschaft hat diese Mängel und die Wirtschaft jene,“ und uns nur über alles zu beklagen. Aber egal, wie die äußeren Umstände sind, es liegt an uns, was für Menschen wir sind. Sogar, wenn wir in den schlechtesten Umständen leben, können wir nette Menschen oder aber sehr unangenehme und grausame Menschen sein. Wir können sehr selbstsüchtig sein oder aber versuchen, mit allen anderen in Harmonie zu leben.
Ethisches Verhalten erfordert unterscheidendes Gewahrsein – zu wissen was schädlich und was hilfreich ist
Wenn wir also über die Ethik im Buddhismus reden, geht es nicht um Folgendes: „Hier sind die Gesetze, hier sind die Regeln und ich muss nur gehorsam sein und sie befolgen.“ Das ist nicht die buddhistische Herangehensweise. Wir führen unser Leben nicht so, als wären wir in der Armee: „ Jawohl Sir! Ich werde diese Regeln befolgen.“ So ist das nicht. Vielmehr besteht die Grundlage der Ethik im Buddhismus im so genannten „unterscheidenden Gewahrsein“. Wir müssen das, was hilfreich ist, von dem, was schädlich ist unterscheiden können. Und weil jeder glücklich und niemand unglücklich sein möchte, sollte ich, wenn ich nicht unglücklich sein möchte, das Schädliche vermeiden, was mein Glück und das Glück der anderen zerstören könnte. Wenn ich glücklich sein möchte, sollte ich das tun, was mir dabei hilft, glücklich zu sein.
Und die Realität ist, dass wir in einer Gesellschaft leben und dass wir nicht die einzigen Menschen auf diesem Planeten sind. Und wenn wir uns fragen, welche Ebene des Glücks wir anstreben sollten, dann lautet die Antwort, dass wir die Ebene des Glücklichseins aller Wesen anstreben sollten. Nun könnten wir uns fragen: „Wie kann ich jemals alle Wesen glücklich machen?“ Und offensichtlich besteht die Antwort darin, dass die eigenen Bemühungen nicht ausreichen, um alle Wesen glücklich machen zu können. Aber, wie Buddha schon sagte, wird ein Eimer Wasser Tropfen für Tropfen gefüllt. Und wir können unseren eigenen Wassertropfen in den Eimer dazugeben. Aber welchen Tropfen möchte ich in den Eimer dazugeben? Wird der Tropfen, den ich dazugebe, aus Problemen bestehen und den anderen nur Schwierigkeiten bringen? Oder möchte ich einen Tropfen dazugeben, der anderen von Nutzen ist, in welcher Weise auch immer? Auch wenn diese Hilfe nur darin besteht, Kinder großzuziehen, die positiven Werten im Leben folgen, dann ist dies ein sehr nützlicher Tropfen. Es muss nichts Weltbewegendes sein, oder? All dies liegt in unseren Händen.
Unser Gefühl für Werte
Eine weitere Grundlage der Ethik besteht in einem Gefühl für Werte. Es ist wichtig, dass wir Respekt haben für gute und positive Eigenschaften und Menschen mit diesen Eigenschaften. Wer ist in meinem Leben ein Vorbild für mich? Ist es ein großer Krimineller, oder ist mein Vorbild eine herausragende Persönlichkeit, die anderen hilft? Das ist eine interessante Frage, oder? Ist mein Vorbild ein Rockstar? Oder ist mein Vorbild ein Filmstar, oder ein Sportler? Einige dieser Menschen tun in ihrem Leben tatsächlich gute und nützliche Dinge, aber andere auch nicht. Vielleicht ist mein Vorbild auch eine große spirituelle Autorität, wie zum Beispiel Seine Heiligkeit der Dalai Lama?
Welche Werte sind für mich in meinem Leben am wichtigsten? Bestehen sie darin, einen Ball ins Tor zu schießen? Oder ist es mir wichtig, etwas zu tun, was anderen Menschen in ihrem Leben hilft? Wir können lernen, einen Ball ins Tor zu schießen. Das ist schön und trägt zur Unterhaltung einer Menge von Menschen bei, aber man kann wahrscheinlich auch einem Tier beibringen, einen Ball ins Tor zu schießen. Obwohl es ein schönes Ziel sein mag, ein großer Sportler zu sein, sollten wir uns fragen, ob wir nicht auch etwas lernen könnten, was vielleicht ein Tier nicht machen kann. Wir sind menschliche Wesen und können unglaublich viel erreichen, weil wir intelligent sind, weil wir Gefühle haben und die Fähigkeit besitzen, andere nicht nur zu unterhalten, sondern ihnen auf vielfache Weise behilflich zu sein.
Andere zu unterhalten ist natürlich eine Möglichkeit, anderen dabei zu helfen, sich zu entspannen und zu beruhigen. Daran ist nichts auszusetzen. Wenn wir aber die Fähigkeiten haben, mehr als das zu tun, warum sollte das dann nicht unser Ziel sein? Wir könnten sowohl ein guter Entertainer und ein guter Sportler sein, als auch jemand, der daran arbeitet, der Gesellschaft in vielfältiger Weise von Nutzen zu sein. Das bringt uns zu einem Gespür für Werte. Was kann für andere hilfreich und nützlich sein? Unterhaltung ist eine Möglichkeit, wie ich anderen von Nutzen sein kann. Wenn jemand krank ist, ist sich um ihn zu kümmern eine andere Weise, zu helfen. Andere zu unterrichten ist eine andere Möglichkeit, anderen zu helfen. Wenn ich ein erfolgreicher Entertainer oder Sportler bin – prima! Aber was mache ich dann mit meinen Geld und meinem Ruhm?? Ich könnte davon nur einen Palast für mich bauen, um darin zu leben, oder ich könnte es benutzen, um Krankenhäuser zu errichten und um Spenden für andere zu sammeln. Es geht also um ein Gespür für Werte. Was ist mir wichtig? Ist es wichtiger, in einem Palast zu leben, oder anderen zu helfen?
Und wenn wir uns selbst und unser Leben betrachten, sehen wir, dass wir sehr viele Fähigkeiten haben und all diese Fähigkeiten nutzen können. Und dabei ist es sehr wichtig, zu versuchen, uns selbst besser kennen zu lernen. Worin bestehen meine Fähigkeiten? Was für Talente habe ich? Jeder hat einige Fähigkeiten, oder? Es könnte sein, dass ich ein guter Koch bin. Es muss nichts Außergewöhnliches sein. Und dann fragen wir uns: „Wie kann ich diese Fähigkeiten einsetzen? Wie kann ich dieses Talent nutzen, um anderen hilfreich zu sein?“ Es ist natürlich sehr gut, wenn wir dieses Talent sofort, in diesem Moment, einsetzen, indem wir eine schöne Mahlzeit kochen, oder andere unterhalten. Daran ist nichts falsch. Aber wäre es nicht sogar besser, wenn wir den anderen auf lange Sicht nützlich sein könnten, nicht nur in diesem Moment, mit einer schönen Mahlzeit?
All dies liegt in unseren Händen und hängt davon ab, wie diszipliniert wir sind: „Was für eine Disziplin werde ich haben? Werde ich mein Leben ganz ohne Disziplin führen, oder nur mit sehr wenig Disziplin? Oder werde ich echte Selbstdisziplin auf der Grundlage von Ethik entwickeln? Wie ich schon sagte, gründet alles auf einer sich kümmernden Geisteshaltung und darauf, vorsichtig zu handeln, die „Steuerung“ für unser Leben zu übernehmen und zwischen dem zu unterscheiden, was hilfreich und was schädlich ist. Und es dann nur umzusetzen: uns darin zu üben, positive Gewohnheiten zu entwickeln und negative Gewohnheiten zu überwinden, zu versuchen, achtsam zu sein und uns darüber bewusst zu sein, wie wir handeln, wie wir kommunizieren und wie wir denken. Und dabei sollten wir uns nicht einfach mit einem Teilerfolg zufrieden geben, der unser Leben nicht sehr glücklich macht. Es gibt immer eine Möglichkeit, es noch besser zu machen.
Ein ethisches Leben führt zu einem glücklicheren Leben
Aber wenn wir davon reden, etwas noch besser machen zu können, heißt das nicht, dass wir denken sollten, wir wären nicht gut genug und uns schlecht fühlen sollten. Daraus würde dann folgen, dass wir irgendein ethisches Leben als Bestrafung ansehen würden. Das ethische Leben ist mit Sicherheit keine Bestrafung. Wir müssen erkennen, dass ein ethisches Leben eine Möglichkeit ist, ein glücklicheres Leben zu führen. Außerdem hilft es auch dabei, andere glücklicher zu machen, was dann wiederum unser Glücklichsein verstärkt.
Unsere Zukunft hängt also allein von uns selbst ab. Was für ein Mensch wir jetzt und in der Zukunft sein werden, liegt allein in unseren Händen. Ob wir nun jung sind und noch zur Schule gehen, oder ob wir ein Erwachsener oder ein alter Mensch sind, wir können alle dieser Richtung folgen.
Ich denke, ich habe nun genug geredet. Wir haben jetzt Zeit für Fragen, Diskussionen, oder was immer ihr möchtet.
Fragen
Wie entwickeln wir ein Gespür für Werte?
Was können wir tun, um dieses Gespür für Werte zu entwickeln?
Um dieses Gespür für Werte entwickeln zu können, müssen wir in uns selbst erkennen, dass wir positive Eigenschaften haben: Wir alle haben einen Körper, der uns befähigt, mit anderen zusammen zu arbeiten. Wir alle haben die Fähigkeit zu kommunizieren. Wir alle haben einen Geist, mit dem wir Dinge verstehen und lernen können. Und wir alle haben ein Herz und können warmherzige und liebenswürdige Gefühle haben. Das sind Dinge, die jedem zur Verfügung stehen, egal wer wir sind. Und wir erkennen, dass wir mit diesen Dingen arbeiten können. Es liegt einzig und allein an uns, was wir daraus machen. Wenn wir erkennen, dass uns diese grundlegenden Dinge zur Verfügung stehen, haben wir ein gewisses Selbstwertgefühl: „An mir ist nichts falsch. Mit dem, was mir zur Verfügung steht, kann ich etwas Positives machen." Und das gibt uns ein Gespür für Werte.
Wie bewerten wir unsere guten Eigenschaften?
Wie können wir unsere guten Eigenschaften einschätzen und sie zum Wohle anderer nutzen?
Wie wir unsere guten Eigenschaften erkennen und einschätzen können, hängt davon ab, dass wir nach innen schauen. Wenn wir diese grundlegenden Voraussetzungen finden möchten, müssen wir nicht so weit suchen, um zu erkennen, dass sie da sind, dass wir einen Geist und eine Körper haben, dass wir sprechen können und so weiter. Sie sind nicht so schwer zu erkennen. Wir sollten uns fragen: „Habe ich in meinem Leben etwas gelernt?“ Egal wie jung wir sind, wir haben ohne Zweifel schon etwas gelernt. Wir haben gelernt zu laufen, zu sprechen ... all diese grundlegenden Dinge. Und um herauszufinden, in welche Richtung wir gehen sollen, um diese grundlegenden Eigenschaften nutzen zu können, fragen wir uns: „Was fällt mir leicht? Was kann ich ganz einfach erlernen?“ Einigen von uns fällt es sehr leicht mit Sprachen umzugehen, aber dafür haben wir größere Schwierigkeiten mit der Mathematik. Und andere Menschen sind gut in Mathematik und anderen Wissenschaften, haben aber Probleme mit dem Schreiben.
Wir sollten uns selbst fragen: „Worin bin ich gut?“ Und das beinhaltet auch: „Was macht mir Spaß? Was mache ich gern?“ Unser Leben müssen wir selbst erfahren. Denn was wir auch aus unserem Leben machen, wir selbst sammeln unsere eigenen Erfahrungen im Leben. Werde ich glücklich sein? Werde ich unglücklich sein? Am besten ist es, wenn wir mit unserem Leben versuchen etwas zu machen, das wir wirklich gern machen und das wir für sinnvoll halten. Wenn wir damit anderen helfen können, bekommt es einen Sinn. Und dabei muss es keine große und weltbewegende Sache sein.
Das Einschätzen unserer guten Eigenschaften hängt davon ab, was wir bis jetzt gemacht haben, was uns leicht fällt und was wir gerne machen. Und das ist eigentlich alles.
Ich werde Ihnen ein Beispiel zeigen, dass einige Menschen vielleicht übersehen würden. Die guten Eigenschaften mancher Menschen bestehen zum Beispiel darin, dass sie gerne reden. Sie sind nicht schüchtern, es fällt ihnen leicht, mit jedem zu sprechen und sie fühlen sich im Umgang mit anderen wohl. Wir mögen denken, dass dies keine besonders gute oder beeindruckende Eigenschaft ist, aber es ist tatsächlich eine sehr gute Eigenschaft. Wenn man zum Beispiel in einem Geschäft arbeitet, mag man das Gefühl haben „Oh, das ist wirklich kein besonders aufregender Beruf.“ Wenn man aber diese Fähigkeit hat, freundlich mit den Menschen zu reden, die in das Geschäft kommen und auf eine liebenswürdige Weise mit ihnen umzugehen, anstatt scheu und kalt zu sein (man könnte auch wie ein Roboter zu sein), dann werden einen die Menschen mögen und gerne in das Geschäft kommen und mit einem Lächeln im Gesicht wieder gehen. Das ist eine gute Eigenschaft, die man wertschätzen sollte. Sie hilft anderen Menschen.
Wie sollte man mit selbstsüchtigen Menschen umgehen?
Wie sollte man mit einer sehr selbstsüchtigen Person umgehen?
Was wir tun sollten, wenn wir mit einer sehr selbstsüchtigen Person zusammen sind? Eigentlich hängt alles davon ab, ob diese Person offen für Hilfe ist.
Ich denke da an das Beispiel einer Person, die ich in Berlin kenne und die immer ziemlich egozentrisch an sich selbst denkt, ständig nur über sich selbst redet, sich beschwert und kritisiert. Zum Beispiel gehe ich mit ihr zusammen Mittag essen und sie verbringt die meiste Zeit damit, sich zu beschweren, dass sie nicht das richtige Material für die neue Gardine in ihrem Zimmer gefunden hat. Wie geht man mit so einer Person um? Zuerst und als grundlegendstes sollte man erkennen, dass sie sehr unglücklich und auch sehr einsam ist. Und wenn sie irgendjemanden trifft, dann redet sie ohne Unterbrechung, hauptsächlich um Aufmerksamkeit zu bekommen. Ihre Absicht besteht gewiss nicht darin, eine unangenehme und langweilige Atmosphäre beim Mittagessen zu kreieren. Alles was sie möchte, ist ein wenig Aufmerksamkeit und Sympathie. In solch einer Situation kann ich nicht mit deutlichen Worten reagieren (denn dann wäre sie beleidigt): „Hör auf mit dem Gejammer und lass uns über etwas Sinnvolleres als Gardinen reden.“ Was ich tun kann, ist geduldig zu sein und ihr mit einem offenen Geist zuzuhören, ihr ein wenig Sympathie zu schenken, die ihr vielleicht hilft, sich etwas zu beruhigen, denn wenn sie so redet und kritisiert, ist sie sehr angespannt.
Ich denke, die meisten selbstsüchtigen und egozentrischen Menschen sind unglücklich und sehr angespannt, reden die ganze Zeit und suchen nach Aufmerksamkeit. Und ich denke, dass es schwierig ist, irgendetwas anderes zu machen, als ihnen dabei zu helfen, sich zu beruhigen und ein wenig Sympathie zu zeigen, anstatt nur intolerant zu sein. Nach einer Weile wird ihnen dann bewusst, dass noch jemand da ist, und zwar nicht nur als Zuhörer, sondern auch als Gesprächsteilnehmer.