Entsagen des Hervorbringens gewöhnlicher Erscheinungen & des Klammerns

Das letzte Thema, über das wir sprechen werden, ist die Entsagung unseres Geistes, gewöhnliche Erscheinungen hervorzubringen und unseres Klammerns an diese gewöhnlichen Erscheinungen, sowie stattdessen das Hervorbringen reiner Erscheinungen von Buddha-Gestalten und Mandalas zu unserem Hauptanliegen zu machen, ohne im Geringsten an ihnen zu klammern.

Eine Buddha-Gestalt ist eine Form, in der Buddhas erscheinen, die oft viele Gesichter, Arme und Beine hat, von denen jedes oder jeder eine andere positive Eigenschaft repräsentiert, die auf dem Pfad der Erleuchtung entwickelt wird. Ein Mandala ist ein Palast und eine Umgebung, in der diese Buddha-Gestalten stehen oder sitzen, wobei jedes architektonische Merkmal ebenfalls einen anderen Teil des Pfades repräsentiert. Fortgeschrittene Schüler visualisieren sich selbst in diesen Formen und Umgebungen, und üben sich in dieser ganzheitlichen Methode, indem sie die Qualitäten auf holistische, integrierte Weise entwickeln, um Erleuchtung zu erlangen.

Der allwissende Geist eines Buddhas 

Denkt an unsere Beschreibung des allwissenden Geistes eines Buddhas. Der allwissende Geist eines Buddhas bringt Erscheinungen des gesamten Quanten-Universums hervor und ist sich vollkommen über dessen Gesamtheit sowie der Abwesenheit einer selbst-begründeten Existenz bewusst. Was einen Buddha betrifft, so reduziert sein allwissender Geist dieses Feld nicht auf eine bestimmte Erscheinung selbst-begründeter Existenz, weil ein Buddha keine begrenzte Hardware besitzt. Aber ein Buddha weiß, dass andere mit ihrer Begrenztheit – sogar mit den subtilen Beschränkungen eines Arhats – dieses Quanten-Universum auf Erscheinungen selbst-begründeter Existenz reduzieren, wie die Webseiten auf einem Computerbildschirm.

Wie ein Buddha Informationen ausstrahlt und wie begrenzte Wesen sie wahrnehmen 

Der allwissende Geist eines Buddhas strahlt Informationen aus; er sendet sie in alle Richtungen. Und diese Information kann natürlich auf vielen verschiedenen Ebenen verstanden werden, aber entsprechend der Ausrüstung, mit der die verschiedenen Wesen diese Information empfangen, wird sie auf eine bestimmte Sprache reduziert und durch gewisse Konzepte und Konventionen ausgedrückt. 

Ein Buddha strahlt Information in Form von erleuchtender Rede und den Erscheinungen erleuchtender Körper aus. Aufgrund der begrenzten Ausstattung fühlender Wesen versteht jeder die erleuchtende Rede in seiner eigenen Sprache. Und was die Information des Aussehens eines Buddhas betrifft, so erscheint er entsprechend der Hardware des Empfängers den unterschiedlichen Wesen überall gleichzeitig in vielen verschiedenen Formen. Ist jemand jedoch nicht empfänglich für einen Buddha, wird die Hardware dieser Person die Worte oder das Bild des Buddhas nicht empfangen. 

Ich denke, diese Analogie ist ziemlich hilfreich – zumindest finde ich sie hilfreich, um zu verstehen, wie ein Buddha etwas sagen kann, was jeder in seiner eigenen Sprache versteht, und wie er Körper ausstrahlt, die jeder unterschiedlich wahrnimmt. Für mich ist das ziemlich schlüssig. 

Die Frage ist nun, ob wir mit unserer gewöhnlichen Ausrüstung, mit unserer gewöhnlichen Hardware, unserem begrenzten Körper und Geist, das Quanten-Universum zu unseren gewöhnlichen Erscheinungen reduzieren werden, oder zu der Struktur und Form von Buddha-Gestalten und Mandalas. Wir können diese Information auf eine der beiden Weisen runterbrechen; beide wären gültig. Es geht einfach darum, wie wir das Universum wahrnehmen und welche dieser beiden nützlicher sein wird, um auf die Erleuchtung hinzuarbeiten und sie zu erlangen. 

Die Entschlossenheit, frei von unserem gewöhnlichen Hervorbringen von Erscheinungen zu sein 

Wovon wir hier mit Entschlossenheit freiwerden wollen, ist, die gewöhnlichen Erscheinungen, die unser Geist von unseren üblichen Körpern und der üblichen Umgebung hervorbringt, zu unserem Hauptanliegen zu machen, sowie uns an dieses Hervorbringen unseres Geistes zu klammern und eine selbst-begründeten Existenz auf sie zu projizieren. Stattdessen streben wir eine geschickte Methode an, die uns helfen wird, Erleuchtung zu erlangen, und mit der unser Geist das Feld auf Mandalas und Buddha-Gestalten reduziert, während wir uns bewusst darüber sind, dass weder die URL-Adresse gewöhnlicher Erscheinungen, noch die URL-Adresse von Mandalas innerhalb des Computers oder unserer inneren Hardware begründet sind. Beide sind gleichermaßen frei von selbst-begründeter Existenz. Da gibt es keinen Unterschied. Es ist nur so, dass es viele Vorteile hat, Dinge als Mandalas und Buddha-Gestalten zu sehen.

Zu starke oder zu schwache Widerlegung des gewöhnlichen Hervorbringens von Erscheinungen 

Mit der zu starken Widerlegung würden wir die konventionelle Existenz der gewöhnlichen Erscheinungen leugnen, die unser begrenzter Geist hervorbringt – wir würden sagen, dass sie überhaupt nicht erscheinen. Oder zu glauben, die Erscheinung eines Mandala oder einer Buddha-Gestalt würde es gar nicht geben, es wäre völliger Unsinn – all das wäre eine zu starke Widerlegung.

Mit der zu schwachen Widerlegung würden wir nur die selbst-begründete Existenz unserer gewöhnlichen Erscheinungen leugnen und meinen, dass Dinge eigentlich wirklich Mandalas und Buddha-Gestalten sind. Wir würden also der selbst-begründeten Existenz dieser so genannten reinen Erscheinungen zustimmen und nur die unreinen leugnen. Wir denken, ein gewöhnliches Wesen zu sein war eine völlige Täuschung, und im Grunde sind wir wirklich Buddhas, im wahrsten Sinne des Wortes – das wäre ebenfalls eine zu schwache Widerlegung. 

Die Ursache dafür, dass unser Geist gewöhnliche Erscheinungen hervorbringt 

Was ist die Ursache dafür, dass unser Geist gewöhnliche Erscheinungen unserer normalen Körper und der üblichen Umgebung um uns herum hervorbringt? Es sind die karmischen Tendenzen, die, wenn sie aktiviert sind, durch den Mechanismus der zwölf Glieder des anhängigen Entstehens unsere unkontrollierbar sich wiederholende Wiedergeburt bewirken. In jeder Wiedergeburt haben wir befleckte Aggregate – „befleckt“ bedeutet, dass es diesbezüglich eine Verzerrung oder Täuschung gibt. Im Gelug-Prasangika ist die Definition für „befleckt“: vermischt mit einer Erscheinung selbst-begründeter Existenz. Unsere Hardware ist also automatisch begrenzt; sie lässt von selbst Dinge erscheinen, als würden sie sich im Computerbildschirm befinden und wären aus eigener Kraft begründet. Das bedeutet befleckt. 

Aufgrund samsarischer Wiedergeburt mit dieser Art von begrenzten, befleckten Aggregaten, befleckter Hardware, lässt unser Geist, beruhend auf all unseren karmischen Tendenzen, diese gewöhnlichen Erscheinungen hervorbringen. Und wegen den anhaltenden Gewohnheiten des Greifens nach selbst-begründeter Existenz glauben wir, dass die Erscheinungen dem entsprechen, wie Dinge tatsächlich existieren. Wir klammern an deren selbst-begründeter Existenz.

Die Nachteile des Klammerns an gewöhnliche Erscheinungen und die Vorteile des Hervorbringens von reinen Erscheinungen unseres Geistes 

Die Nachteile, unseren Geist diese gewöhnlichen Erscheinungen hervorbringen zu lassen und an ihnen zu klammern, bestehen darin, starke störende Assoziationen mit unseren gewöhnlichen Erscheinungen zu verknüpfen – „ich bin zu dick, ich bin hässlich, ich werde alt“ – alle möglichen störenden Assoziationen mit unseren gewöhnlichen Erscheinungen. Es ist ausgesprochen schwierig, diese störenden Assoziationen loszuwerden, die wir mit unseren gewöhnlichen Erscheinungen verknüpfen, die unser begrenzter Geist hervorbringt. 

So sehen wir vielleicht Dinge um uns herum und sind sehr kritisch: „Diese Wand sieht furchtbar aus, sie muss gestrichen werden.“ Wir betrachten das, was wir sehen nicht als Mandala, was neue Farbe braucht, sondern denken: „das Zimmer muss neu gestrichen werden“. Seht ihr, was das für einen Unterschied macht? 

Stellen wir uns den Raum, in dem wir uns befinden, als Mandala vor, kommen wir nicht auf die Idee, dass es frische Farbe braucht. Wir könnten uns natürlich ein Mandala vorstellen, das neu bemalt werden muss, aber das wäre albern. Normalerweise ist ein Mandala vollkommen. Was unsere gewöhnlichen Erscheinungen betrifft, so sind wir ihnen gegenüber äußerst kritisch.

Auch ändern sich unsere gewöhnlichen Körper ständig. Wenn wir sitzen und versuchen, uns auf unseren Körper zu konzentrieren, haben wir beispielsweise Schmerzen in unserem Knie, unser Gesicht juckt usw. Es ist also recht schwierig, Shamatha zu erlangen, wenn wir uns auf die Leerheit unserer gewöhnlichen Körper richten, oder auf die Unreinheit unserer gewöhnlichen Körper. Das liegt daran, weil sich die Erscheinung der Grundlage für die Ausrichtung, die unser Geist hervorbringt, ständig ändert. Richten wir uns jedoch auf die Leerheit von uns selbst in der Form einer Buddha-Gestalt, ändert sich diese Form nicht, die unser Geist hervorbringt. Sie ist immer gleich und das hilft unserem Geist, stabil zu werden.

Was streben wir an? Wir streben an, dass unser Geist Erscheinungen von uns und anderen als Buddha-Gestalten sowie unserer Umgebung als Mandala hervorbringt. Und dann fokussieren wir uns auf deren Leerheit. 

Zu starke oder zu schwache Widerlegung reiner Erscheinungen und das Klammern an ihnen 

Mit der zu starken Widerlegung meinen wir, dass es solche Dinge, wie reine Erscheinungen von Buddha-Gestalten und Mandalas, nicht gibt. Wir denken, sie wären Unsinn, reine Hirngespinste.

Mit der zu schwachen Widerlegung denken wir, dass eine bestimmte Buddha-Gestalt wirklich wie ein Buddha aussieht und als diese Figur, mit all diesen Armen und Beinen, und in einem Mandala, selbst-begründete Existenz hat. Wie gesagt, strahlt ein Buddha etwas aus und jeder reduziert es auf eine andere Erscheinung. Etwas auf die Form eines Mandalas zu reduzieren, ist eine geschickte Methode, die uns hilft, ein leichteres Verständnis der Leerheit zu bekommen und Erleuchtung zu erlangen. 

Ein Buddha kann in jeder Form erscheinen, die nützlich ist. Es gibt keine grundsätzliche Form, wie ein Buddha aussehen sollte. Sogar bei der klassischen Form eines Buddhas mit 32 Zeichen und 80 Merkmalen, spricht man von richtungsweisenden Zeichen: sie geben uns einen Hinweis auf die Ursachen zum Erlangen der Erleuchtung. In dieser Form zu erscheinen ist also eine geschickte Methode, andere auf die Ursachen für die Erleuchtung hinzuweisen. Es ist nicht so, dass ein Buddha wirklich von sich aus so aussieht. Die Erscheinungsweise eines Buddhas ist rein dafür da, um anderen zu helfen, Befreiung und Erleuchtung zu erlangen.

Die Vorteile unseres Geistes, alles als reine Formen von Buddha-Gestalten und Mandalas erscheinen zu lassen 

Der Sinn und Zweck davon, dass unser Geist alles um uns herum auf Formen von Mandalas und Buddha-Gestalten reduziert, anstatt sie von selbst als unsere gewöhnlichen Erscheinungen hervorzubringen, besteht darin, in der Lage zu sein, sich leichter auf die Leerheit dieser Erscheinungen fokussieren zu können. Die reinen Erscheinungen scheinen selbst-begründet zu sein, aber es ist leichter zu verstehen, dass sie wie eine Illusion sind. Auch ist es leichter, sich auf die Leerheit dieser Buddha-Gestalten zu fokussieren, weil wir keine störenden Assoziationen mit ihnen verknüpfen, wie wir es mit unseren Körpern und Umgebungen tun. 

Ein weiterer Vorteil besteht darin, dass es viel leichter ist, mit dem Fokus auf diese Gestalten Shamatha zu erlangen. Sie sind so genannte „statische nichtstatische Phänomene“ – jeder Moment ändert sich, weil es immer wieder einen nächsten Moment der Wahrnehmung von ihnen gibt, aber die Gestalt selbst, die Form ändert sich nicht. Tara wird zum Beispiel nicht alt, die hat keinen Juckreiz am Arm; sie bleibt immer gleich. Auf diese Weise ist es viel leichter, in der Form von uns selbst als Tara Shamatha zu erlangen, weil unser Geist ein Objekt hervorbringt, das immer gleich bleibt. 

Sich auf diese Weise zu fokussieren, dient auch als Ursache dafür, die erleuchtenden Körper eines Buddhas zu erlangen; unsere gewöhnlichen Arten von Körper, die alt werden und so weiter, ähneln ganz und gar nicht den Formkörpern eines Buddhas. Unsere gewöhnlichen Körper werden nicht ganz natürlich zu einem erleuchtenden Körper eines Buddhas. Diese visualisierten Formen sind bereits Ebenbilder dessen, was wir erreichen wollen. Sie sind Formen, die dafür ausgelegt sind, anderen zu helfen all die Erkenntnisse auf dem Pfad zu bekommen, was für unsere gewöhnlichen Körper nicht zutrifft. 

Und wie gesagt repräsentieren all die Arme, Beine und Gesichter dieser Gestalten verschiedene Aspekte unseres Verständnisses, verschiedene Aspekte des Pfades. Es handelt sich dabei um eine wirklich geschickte Methode, die uns hilft, uns daran zu erinnern, was sie repräsentieren.

Überschätzen oder unterschätzen reiner Erscheinungen 

Es ist wichtig, das Hervorbringen dieser reinen Erscheinungen unseres Geistes nicht zu überschätzen. Damit würden wir denken, wir bräuchten lediglich alles als Buddha-Gestalt und als Mandalas zu visualisieren und das wäre dann genug, um Erleuchtung zu erlangen. Damit würden wir diese Art der Visualisierung jedoch überschätzen. 

Zu meinen, dieses konventionelle „Ich“ den Visualisierungen zuzuschreiben wäre falsch und die Visualisierungen wären damit reine Selbsttäuschung und eine Flucht vor der Realität, wäre ein Unterschätzen. Dem ist jedoch nicht so. Unsere Faktoren der Buddha-Natur haben einen Aspekt, der die resultierende Ebene der Buddhaschaft hervorbringen kann, wenn alle Bedingungen und Umstände vollständig sind. Erreichen wir erst einmal diesen erleuchteten Zustand, können wir ebenfalls Formen ausstrahlen, die andere auf diese Buddha-Gestalten reduzieren würden. Es ist also gültig, das konventionelle „Ich“ dem gesamten Kontinuum unseres Geistesstromes bis hin zur Erleuchtung zuzuschreiben. Es ist keine Selbsttäuschung dies zu tun, aber es ist Selbsttäuschung zu denken, wir wären bereits jetzt auf dieser resultierenden Ebene. 

Betrachten wir das Kontinuum unseres Lebens, von dem Moment an, an dem wir ein Baby waren, bis jetzt, so können wir das „Ich“ all dem, jeden Moment dieses Kontinuums, zuschreiben. Natürlich ändert sich das „Ich“, da sich die Grundlage für dessen Bezeichnung geändert hat – das Baby, das Kind, der Jugendliche usw. In ähnlicher Weise können wir so, wie wir das „Ich“ diesem Kontinuum bis jetzt gültig zuschreiben können, das „Ich“ auch einem alten Mann oder einer alten Frau zuschreiben. Dies kann ebenfalls eine gültige Grundlage für das „Ich“ sein. 

Das bedeutet nicht, dass wir jetzt ein alter Mann oder eine alte Frau sind, aber es wird eine gültige Zuschreibung sein, wenn wir lange genug leben, ein alter Mann oder eine alte Frau zu werden. Ebenso sind wir momentan kein Buddha, aber wenn wir all die Ursachen dafür schaffen, können wir ein Buddha werden und dann all diese Formen ausstrahlen, wie wir es in Sadhanas tun, und allen in jeder möglichen Form nützlich sein. Wenn wir sprechen, wird jeder es in seiner eigenen Sprache und auf seiner eigenen Ebene verstehen, wie bei einem Buddha. Wir stellen uns das jetzt vor, wenn wir Mantras rezitieren und Lichter und kleine Gestalten ausstrahlen, während wir uns vollkommen bewusst darüber sind, dass wir uns noch nicht auf dieser Ebene befinden, und fokussieren uns auf die Leerheit all dessen. 

Es ist überaus wichtig, im Sinn zu behalten, dass wir und alle anderen um uns herum als Buddha-Gestalten und unsere Umgebung als Mandala, illusionsgleich sind. Sie erscheinen selbst-begründet zu sein, sind es jedoch nicht. Es ist eine geschickte Methode, die Buddha lehrte, um uns die Möglichkeit zu geben, ein leichteres Verständnis der Leerheit der Erscheinungen selbst-begründeter Existenz zu bekommen, da wir mit ihnen nicht all diese negativen Assoziationen verknüpfen. Das ist auch einer der Vorteile.

Was tun wir, wenn unser Geist diese reinen Erscheinungen von Buddha-Gestalten und Mandalas hervorbringt? Wir schreiben ihnen unser konventionelles „Ich“ zu. Das bezeichnet man als „Stolz der Gottheit bewahren“. Dann fokussieren wir uns auf deren Leerheit und während wir uns in diesen Formen visualisieren, führen wir all die Übungen aus, um positive Kraft aufzubauen, indem wir uns vorstellen, allen Wesen zu helfen, sie zu unterrichten und so weiter. Es ist viel leichter, auf diese Weise Methode und Weisheit miteinander zu verbinden. 

Die Methode, von gewöhnlichem Hervorbringen von Erscheinungen frei zu werden und unseren Geist reine Erscheinungen hervorbringen zu lassen 

Mit welcher Methode beseitigen wir unser gewöhnliches Hervorbringen von Erscheinungen und lassen unseren Geist reine Erscheinungen hervorbringen? Zunächst richten wir uns auf die gewöhnlichen Erscheinungen, die unser Geist hervorbringt, und widerlegen die selbst-begründende Natur, die sie zu haben scheinen. Dann fokussieren wir uns auf die Leerheit dieser selbst-begründenden Natur. Wenn wir uns auf die Leerheit fokussieren, bringt unser Geist nicht gleichzeitig gewöhnliche Erscheinungen hervor. Eine Abwesenheit selbst-begründeter Existenz und die Anwesenheit einer Erscheinung selbst-begründeter Existenz schließen sich gegenseitig aus. Konzentrieren wir uns darauf, dass es so etwas, wie kleine Menschen in unserem Smartphone nicht gibt, die selbst-begründet dort erscheinen, und sind uns darüber im Klaren, dass es so etwas nicht gibt, werden auch keine kleinen Menschen auf dem Bildschirm erscheinen. Wir fokussieren uns einfach darauf, dass es so etwas nicht gibt. 

Dann visualisieren wir die reine Erscheinung der Buddha-Gestalten und des Mandalas; und obwohl es manchmal heißt: „aus der Leerheit heraus erscheine ich als diese oder jene Gottheit“, so ist dies eine irreführende Übersetzung. Sogar im tibetischen Text scheint der Wortlaut so zu sein, aber die ursprüngliche Formulierung im Sanskrit, aus dem die tibetische Übersetzung stammt, ist: „im Geschmack der Leerheit“ – im Bewahren des Geschmacks der Leerheit bringt unser Geist also diese Erscheinungen hervor. Es ist nicht so, als würde sich die Erscheinung einer Gottheit in der Leerheit befinden und herausspringen. Die reinen Erscheinungen dieser Gestalten behalten den Geschmack der Leerheit bei: mit anderen Worten bringt unser Geist sie mit dem Geschmack der Leerheit hervor, ohne dass Leerheit entsteht. Das ist die eigentliche Bedeutung der Worte, wenn wir uns auf die ursprünglichen Sanskrit-Verse beziehen. Sie wird illusionsgleiche Leerheit genannt. Weil unser Geist nach wie vor begrenzt ist, bringt er diese reinen Erscheinungen mit einer scheinbar selbst-begründeten Existenz hervor, doch sie haben noch immer diesen Geschmack der Leerheit, den unser Geist unmittelbar davor hervorgebracht und verstanden hat. Somit wissen wir indirekt, dass sie wie eine Illusion sind. 

Überzeugung erlangen, dass wir das Hervorbringen reiner Erscheinungen von Buddha-Gestalten und deren Leerheit zu unserem Hauptanliegen machen können 

Wir können überzeugt sein, dass wir es zu unserem Hauptanliegen machen können, unseren Geist reine Erscheinungen von Buddha-Gestalten und Mandalas hervorbringen zu lassen, weil die Faktoren der Buddha-Natur, die unserem geistigen Kontinua zugeschrieben sind, einen Aspekt unserer noch nicht stattfindenden Erleuchtung haben – das noch nicht stattfindende Resultat in der Form dieser Buddha-Gestalten, das diese Faktoren der Buddha-Natur hervorbringen kann, wenn all die Ursachen und Bedingungen vollkommen vorhanden sind. Und es ist gültig, unser konventionelles „Ich“ diesen Aspekten zuzuschreiben, während wir ihr Noch-nicht-Stattfinden erkennen. 

Nehmen wir das Beispiel eines Blumensamens. Ein Blumensame besitzt einen Aspekt, die noch nicht stattfindende Blume hervorzubringen, wenn all die Ursachen und Bedingungen vollständig vorhanden sind: wenn er in die Erde gesetzt wird, sowie Wasser und Sonnenlicht bekommt. Diese Blume, das Resultat, findet zum Zeitpunkt des Samens noch nicht statt, aber wir können davon ausgehen, dass es stattfinden wird. Wir können ihn auch als Blumensamen bezeichnen, während wir uns vollkommen bewusst darüber sind, dass die Blume des Blumensamens momentan noch nicht existiert. Aber es handelt sich trotz allem um einen Blumensamen – es ist gültig ihn als solchen zu bezeichnen.

Genauso verhält es sich mit unseren Faktoren der Buddha-Natur – diese Faktoren beziehen sich in erster Linie auf unsere Netzwerke positiver Kraft und tiefen Gewahrseins. Diese Zwei, zusammen mit der Leerheit des Geistes, erlauben als dessen Resultat das Stattfinden der Erleuchtung. Diese zwei Netzwerke können ihr Resultat, nämlich die erleuchtenden Körper und den Geist eines Buddhas, wegen der Leerheit des Geistes, der Leerheit der zwei Netzwerke und der Leerheit von Ursache und Wirkung hervorbringen. Wir verstehen, dass die Leerheit selbst-begründeter Existenz, abhängiges Entstehen bedeutet. Wir können also überzeugt davon sein, dass die Methode zum Erlangen der Erleuchtung, mit der wir unseren Geist diese Buddha-Gestalten hervorbringen lassen und korrekte Meditationen mit ihnen ausführen, viel effizienter ist, als ihn lediglich Erscheinungen unserer gewöhnlichen Formen hervorbringen zu lassen.

Zusammenfassung 

Um es noch einmal zusammenzufassen, haben wir über die Entschlossenheit, frei zu sein, gesprochen, mit der wir unseren Hauptfokus von bestimmten Dingen abwenden, die zu Problemen oder Beschränkungen führen und stattdessen unser Hauptanliegen etwas anderem zuzuwenden, was viel hilfreicher sein wird:

  • Wir wenden uns davon ab, nur an kurzfristige Vorteile in diesem Leben zu denken und streben langfristigen Nutzen in diesem Leben an.
  • Wir wenden uns davon ab, nur an die angenehmen Dinge dieses Lebens zu denken und streben das Verbessern zukünftiger Leben an.
  • Wir wenden uns davon ab, uns nur auf weitere schöne Leben in der Zukunft zu fokussieren – dem Erlangen samsarischer Leben – und streben an, Befreiung zu erlangen.
  • Wir wenden uns davon ab, uns nur auf egoistische Weise um uns selbst zu kümmern und streben das Wertschätzen anderer an.
  • Wir wenden uns davon ab, nach selbst-begründeter Existenz zu greifen, also tatsächlich zu existieren, und streben die Leerheit an, also dass es so etwas nicht gibt.
  • Wir wenden uns von unserem gewöhnlichen Hervorbringen von Erscheinungen und das Klammern daran sowie an dessen Erscheinen selbst-begründeter Existenz ab und streben an, unseren Geist reine Erscheinungen hervorbringen zu lassen, während er dessen Leerheit versteht.

Jede dieser Ebenen haben wir in Bezug auf einer Reihe von Variablen analysiert:

  • Wir haben korrekt identifiziert, was das Objekt ist, von dem wir mit Entschlossenheit frei sein wollen, ohne es zu sehr oder nicht ausreichend zu widerlegen, und haben somit dargestellt, was eine zu starke oder zu schwache Widerlegung wäre.
  • Wir haben die Ursache des Klammerns daran identifiziert, sowie die Nachteile dieses Klammerns.
  • Wir haben klar und korrekt identifiziert, was wir stattdessen anstreben, ohne es zu über- oder unterschätzen.
  • Wir haben die Vorteile des Erlangens benannt.
  • Wir haben erläutert, was wir damit tun werden, wenn wir es erlangt haben.
  • Wir haben die Methode zum Freiwerden von Dingen, an denen wir klammern, und zum Erlangen von dem, was wir anstreben, korrekt bestimmt und verstanden, also mit anderen Worten: die Methode zum Erlangen dieser Freiheit.
  • Wir haben Zuversicht gewonnen, dass die Methode funktionieren wird und wir erfolgreich darin sein werden, das Ziel zu erreichen, indem wir sie anwenden.

Das gibt uns ein ausgesprochen nützliches Format, um an den verschiedenen Stufen des Pfades zu Befreiung und Erleuchtung zu arbeiten.

Jetzt haben wir Zeit für ein paar letzte Fragen.

Fragen 

Wenn ich jetzt, in diesem Leben, angenehme Bedingungen habe, hält mich das wahrscheinlich davon zurück, angenehmen Bedingungen im nächsten Leben zu entsagen. Sind meine Bedingungen in diesem Leben nicht so angenehm, wird es vielleicht leichter für mich sein, sie im nächsten Leben ebenfalls zu entsagen und Entsagung gegenüber Samsara im Allgemeinen zu haben. Ist es in gewisser Weise so, dass es besser ist, umso schlechter wir es haben?

Befinden wir uns in einer recht komfortablen Situation, können wir natürlich ziemlich selbstgefällig werden und denken: „wie wunderbar, ich werde mich einfach zurücklehnen und genießen“. Oder wir nutzen die vortrefflichen Bedingungen als Grundlage, um anderen besser zu helfen. Wir entsagen nicht unseren Komfort, sondern unser Klammern an ihn. Wir müssen uns nicht absichtlich Leiden zufügen, um besser dem Leiden entsagen zu können. Sind wir feinfühlig genug, werden wir überall Leiden erkennen: die Leiden des Alterns, die Leiden des Krankseins und viele andere Arten des Leidens. Es geht nicht nur darum, arm zu sein oder keinen schönen Fernseher zu haben.

Es ist jedoch wichtig, sich über die Leiden anderer bewusst zu sein. Ob wir uns darüber bewusst sind, indem wir Menschen in Situationen um uns herum in diesem Leben sehen oder an das Leiden der Höllen denken: es ist notwendig, um unsere Herzen zu öffnen. Wir müssen keine Hölle erleben, um an die Leiden der Höllen zu denken und um Mitgefühl für jene zu entwickeln, die sie erleben. Aber es ist wirklich schwierig, das ernsthaft zu tun und sich wirklich vorzustellen, wie es wäre, in einer Hölle zu verbrennen oder als Mensch bei lebendigem Leibe verbrannt zu werden. Dennoch versuchen wir es.

Kurzum ist es notwendig, auf Schuldgefühle zu achten, wenn es uns gut geht und stattdessen unsere angenehme Situation, wenn wir sie haben, zu nutzen, um anderen effektiver zu helfen.

Gibt es neue geistige Kontinua, die geboren werden oder erscheinen?

Jedes geistige Kontinuum ist anfangslos und daher gibt es keine Neuen, die erschaffen werden. Die Anzahl von geistigen Kontinua ist zahllos, aber das heißt nicht, dass sie unbegrenzt sind – ihre Anzahl ist begrenzt. Gäbe es neue geistige Kontinua, müssten wir die Frage stellen, woher sie kommen und welche Umstände, Ursachen und Bedingungen sie hervorbringen würden. Da gibt es viele Widersprüche.

Normalerweise werden in den Schriften Liebe und Mitgefühl in zwei unterschiedliche Dinge unterteilt, aber wenn Sie über Liebe sprechen, mit dem wir anderen wünschen, glücklich zu sein, welche Art von Glück sollten wir uns wünschen? Wünschen wir ihnen nur gewöhnliches Glück, ist dieses gewöhnliche Glück eine Art des Leidens. Was ist in diesem Fall der Grund dafür, Liebe und Mitgefühl zu unterscheiden?

Schenken wir anderen Liebe, den Wunsch, sie mögen glücklich sein, gibt es natürlich Ebenen des Glücklichseins, die wir ihnen wünschen. Sind sie unglücklich, wäre es gewiss besser, wenn sie glücklich sind, auch wenn es nur gewöhnliches Glücklichsein ist. „Mögen alle Wesen das Glück haben, welches ihnen die förderlichen Bedingungen dafür bieten wird, Erleuchtung zu erlangen“. Das ist unermessliche Liebe. Dann gibt es unermessliche Freude, im Sinne des Mahayana: „Mögen sie das Glück der Erleuchtung haben, das niemals abnimmt.“

Es gibt also Ebenen des Glücklichseins, die wir ihnen wünschen. Und Mitgefühl ist: „mögen sie frei von Leiden sein.“ Hier geht es darum, etwas wegzunehmen, frei von etwas zu sein, und bei der Liebe, etwas zu bekommen, Glück. Wir wünschen uns jedoch für andere nicht nur gewöhnliches Glück; das ist nicht das letztliche Ziel. Doch mit diesem gewöhnlichen Glück wollen wir, dass sie in der Lage sind, sich weiter zu entwickeln und das nicht wieder abnehmende Glück der Buddhaschaft zu erlangen – unermessliche Freude.

In den Lehren höre ich oft das Wort „Verdienste“ und dort wird gesagt, wenn wir genügend Verdienste ansammeln, werden wir gute Umstände bekommen und alles wird reibungslos für uns laufen. Arbeite ich jedoch daran, anderen zu helfen, komme ich nicht umhin zu denken: „Jetzt sitze ich im Boot und bekomme bessere Umstände und Gelegenheiten, weil ich durch all diese Übungen Verdienste schaffe. Doch andere ertrinken weiter im Ozean von Samsara.“ 

Besteht das Problem darin, sich schuldig zu fühlen, weil man positive Kraft aufgebaut hat, muss man analysieren, was daran falsch sein soll, positive Kraft aufzubauen. Und beruhend darauf, sollte man sich fragen, welche Sicht man von sich selbst hat und ob man vielleicht meint, man würde es nicht verdienen, diese positive Kraft zu haben. Mit anderen Worten geht es um niedriges Selbstwertgefühl. 

Wir müssen erkennen, dass es für niedriges Selbstwertgefühl keine Grundlage gibt. Wir alle haben diese Faktoren der Buddha-Natur, also eine Art Ansammlung positiver Kraft; ansonsten würden wir in keinem Augenblick unseres Lebens jemals glücklich sein. Es gibt also etwas positive Kraft und es gibt auch ein gewisses Maß an tiefem Gewahrsein. Wir sind in der Lage, etwas zu verstehen, wir können Sprache verstehen und haben somit die Faktoren, die uns erlauben, erleuchtet zu werden. Es gibt somit keinen Grund, kein Vertrauen in uns zu haben; es gibt keinen Grund dafür, niedriges Selbstwertgefühl zu haben. Indem wir immer mehr positive Kraft aufbauen, verstärken wir einfach nur das, was wir bereits haben. Vielleicht wurden wir indoktriniert und denken: „ich verdiene es nicht, glücklich zu sein“ oder „niemand verdient es glücklich zu sein“, aber dann müssen wir uns fragen, ob das akzeptabel ist. Aus rein buddhistischer Sicht ist es nicht akzeptabel. 

Es ist ein grundlegendes buddhistisches Prinzip, dass alle gleichermaßen verdienen, glücklich zu sein. Es gibt also keinen Grund dafür, sich schlecht zu fühlen, wenn wir die Ursachen dafür schaffen, glücklich zu sein.

Ist es möglich, diese sechs Ebenen der Entsagung gleichzeitig zu entwickeln oder sollten sie der Reihe nach, eine nach der anderen in diesem Leben oder in verschiedenen Leben entwickelt werden?

Arbeiten wir erstmals mit diesen sechs, entwickeln wir sie der Reihe nach, weil eine auf der anderen aufbaut, wie beim Lam-rim: zuerst die anfängliche Ebene, dann die mittlere Ebene und schließlich die fortgeschrittene Ebene, wobei jede auf der vorherigen Ebene aufbaut und sie voraussetzt. Haben wir uns aber über einen längeren Zeitraum mit ihnen vertraut gemacht, sollten wir in der Lage sein, alle sechs Arten der Entsagung auf einmal zu haben.

Mein Lehrer Serkong Rinpoche sagte immer: „Ihr solltet in der Lage sein, alle Punkte des Lam-rim gleichzeitig in der Zeit parat zu haben, die man braucht, einen Fuß in den Steigbügel eines Sattels zu setzen und das andere Bein über das Pferd zu schwingen. Wir benötigen also große Vertrautheit damit, um das tun zu können. Wir benötigen Wiederholung und das bedeutet Meditation.

Ich denke, das ist ein guter Punkt, mit der Meditation zu enden.

Widmung 

Wir denken: „Möge alles Verständnis und alle positive Kraft, die aus alledem entstanden sind, sich immer weiter vertiefen und als Ursache dafür wirken, zum Wohle von uns allen die erleuchtete Ebene eines Buddhas zu erlangen.“ Vielen Dank. 

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