Die ersten drei von vier Punkten der anfänglichen Ebene

Überblick über die anfängliche Ebene 

In den letzten Sitzungen haben wir über das Vertrauen in einen spirituellen Meister und die kostbare menschliche Wiedergeburt gesprochen. Beide dieser Themen dienen als Grundlage für die nun folgende Thematik. Es ist möglich, dass es Menschen von äußerst scharfem Verstand gibt, die sich vergangenen Leben eine umfangreiche Schulung durchgegangen sind, und weil sie sich mit all den Arten des Trainings und der Meditation befasst haben und sich in diesen früheren Leben auf gewisse Weise damit vertraut geworden sind, können sie in diesem Leben nahezu unmittelbar und direkt Bodhichitta hervorbringen und Einsicht in Leerheit gewinnen. Ist das jedoch, wie bei uns, nicht der Fall, müssen wir auf korrekte Weise praktizieren und die verschiedenen Stufen durchlaufen, wie sie im Stufenpfad dargestellt werden.  

Was die anfängliche Ebene der Motivation betrifft, so gibt es vier Themenbereiche der Meditation: 

  • erstens die Meditation über Unbeständigkeit;  
  • zweitens die Nachteile der Wiedergeburt in den niederen Bereichen;  
  • drittens die Zufluchtnahme; und 
  • viertens das Nachdenken über karmische Ursache und Wirkung. Auf dieser Basis sehen wir davon ab, eine der zehn schädlichen Handlungen zu begehen.  

Tod und Vergänglichkeit 

Wir haben über die kostbare menschliche Wiedergeburt gesprochen, über die wir verfügen, und sollten wir uns weiter damit befassen und darüber nachdenken. Es wäre eine Sache, wenn diese menschliche Wiedergeburt, unsere Arbeitsgrundlage, ewig andauern würde. Tatsächlich ist es jedoch so, dass sie nicht ewig Bestand hat, sondern unbeständig ist. Da dieser menschliche Körper nicht für immer anhält und wir ihn bald verlieren werden, sollten wir die Zeit, die uns noch bleibt, nutzen, um so gut wie möglich den Dharma zu praktizieren.  

Denken wir über Tod und Unbeständigkeit nach, entsteht in unserem Geist normalerweise eine Traurigkeit, denn es gibt niemanden, der sich nicht vor dem Tod fürchtet.  Manche Menschen haben solche Angst vor dem Tod, dass sie nicht einmal davon hören wollen. Das wird sie aber nicht beschützen oder ihnen helfen, weil es nur eine Sache der Zeit ist, wann auch ihr Tod eintritt. Ganz klar ist diese Geisteshaltung also nicht sehr hilfreich. Sind wir uns auf der anderen Seite bewusst über den Tod, ist es uns möglich, das Leiden zu beseitigen, welches in dieser Zeit kommen mag.  

Wäre es nicht möglich, das Leiden im Moment des Todes zu beseitigen, wäre es besser, gar nicht darüber nachzudenken; da es aber eine Methode gibt, um die Furcht und das Leiden zum Zeitpunkt des Todes zu vermeiden, ist es sinnvoll, sich jetzt über den Tod bewusst zu sein. Im Moment verfügen wir über eine kostbare menschliche Wiedergeburt und es gibt eine Methode, mit der wir das Leiden vermeiden können, das mit dem Zeitpunkt des Todes verbunden ist. Daher ist es für uns lohnenswert, diesen Methoden nachzugehen. 

Bis jetzt haben wir jede Menge schädlicher Handlungen begangen und viel negatives karmisches Potenzial aufgebaut. Im Allgemeinen haben wir ein ziemlich unbändiges Verhalten an den Tag gelegt und uns so benommen, weil wir uns nicht bewusst über unseren Tod waren. 

Daher ist es überaus wichtig, sich den Tod zu vergegenwärtigen. Einer der Faktoren, der Buddha dazu brachte, selbst mit einer intensiven Dharma-Praxis zu beginnen, war seine Begegnung, die er mit dem Tod hatte, als er einen toten Menschen sah. Würde es so etwas wie den Tod nicht geben, hätte der Buddha selbst ganz unbeschwert und glücklich für immer in seinem Königspalast bleiben und seine Stellung dort genießen können. Aber weil er erkannte, dass der Tod kommen und seine königliche Stellung nicht andauern würde, wandte er seinen Geist davon ab, gab alles auf und widmete sich dem Dharma.   

Sind wir uns nicht bewusst über den Tod, werden wir im Moment unseres Todes viel Leiden und Schwierigkeiten erfahren und dann wird es zu spät sein, weil wir sterben werden. Jetsün Milarepa sang in einem Lied: „Weil ich den Tod fürchte, ging ich in die Berge, um intensiv den Dharma zu praktizieren, und nun, wo ich das letztendliche Ziel erreicht habe, gibt es keine Angst mehr vor dem Tod. Der Tod wird nicht zu mir kommen.“

Meditationen über den Tod 

Was die Meditationen über den Tod betrifft, so gibt es drei Punkte, über die man meditiert:

  • Der erste Punkt ist die Tatsache, dass der Tod gewiss ist.  
  • Der zweite Punkt ist, dass der Todeszeitpunkt im Gegensatz dazu völlig ungewiss ist.  
  • Der dritte Punkt ist, dass uns im Moment des Todes nichts außer der Dharma-Praxis nützen wird.  

Jeder dieser drei Punkte hat drei Gründe, die ihn stützen. Sehen wir sie uns näher an.

Der Tod ist gewiss

Die drei stützenden Gründe für den Punkt über die Gewissheit des Todes sind:

  • Der Herr des Todes wird gewiss kommen und es gibt nichts, was ihn zurückhalten kann. 
  • Wenn unsere Lebensspanne vorüber ist, kann sie nicht verlängert werden. 
  • Während wir am Leben sind, ist die Zeit kurz, die wir dem Studium und der Praxis des Dharma widmen können.  

Was diesen ersten stützenden Grund betrifft, so gibt es ebenfalls drei Punkte:

  • Erstens ist es so, dass wir nie in einem Körper wiedergeboren wurden, der unsterblich ist oder nicht dem Tod unterliegt, egal welchen Körper wir auch angenommen haben.  
  • Zweitens können wir, wohin wir auch reisen oder wo wir leben, dem Tod nicht entkommen.  
  • Und drittens wird uns nichts helfen, das Sterben zu vermeiden, wenn der Tod kommt, egal welcher Methode wir uns zuwenden, welche Medizin wir einnehmen oder welche mechanischen Gerätschaften oder Mantras wir nutzen. Ist unsere Zeit vorüber, sterben wir.  

Der Buddha ist ein erleuchtetes Wesen, untersteht somit nicht der Gewalt des Todes und stirbt auch nicht auf normale Weise; dennoch hat er für uns den Tod manifestiert und ist gestorben. Für uns stellt sich nicht die Frage, ob wir ebenfalls sterben werden oder nicht. Egal, welchen Körper wir angenommen haben, er ist nicht unsterblich. 

Wohin wir auch gehen mögen, es gibt keinen Ort, der frei vom Tod ist. Es gibt keinen Ort, den der Tod nicht erreichen kann. In Dharamsala gibt es beispielsweise einige Leute, die sehr krank werden und darüber nachdenken, in den Westen in eines der berühmten Krankenhäuser zu gehen, um dort geheilt zu werden. Vielleicht machen sie jedoch diese große Reise und sterben dann trotzdem in einem westlichen Krankenhaus. Egal wohin wir gehen: wenn unsere Zeit gekommen ist, werden wir sterben. 

Es gab einmal einen Geshe, der ein Zimmer im Haus einer alten Frau mietete. Die Mutter in diesem Haus fand einen Floh bei ihrem Sohn und sagte: „Nimm ihn und wirf ihn irgendwohin, wo er nicht sterben wird.“ Der Geshe, der das Zimmer mietete, hörte dies und sagte zu der alten Mutter: „Wenn es einen Platz gibt, wohin du diesen Floh werfen kannst, an dem er nicht sterben wird, wirf mich bitte auch dorthin.“ Es gibt keinen Ort, zu dem wir gehen können und an dem wir nicht sterben werden. Natürlich ging es der Mutter um etwas anderes; der Floh sollte irgendwohin gebracht werden, wo es niemanden gibt, der ihn zertreten würde. Letztendlich gibt es allerdings keinen Ort, an dem wir nicht sterben werden. 

Welche Gerätschaften wir auch nutzen und sogar, wenn wir gegen das Sterben in den Krieg ziehen, gibt es nichts, was den Tod aufhalten kann. Egal, welche komplexen medizinischen Einrichtungen es geben mag – sie alle können es nicht verhindern, dass wir sterben, wenn unsere Zeit gekommen ist. Tatsächlich wird der Arzt selbst sterben, wenn es für ihn soweit ist. 

Wäre es möglich, unser Leben dem Tod abzukaufen oder gäbe es medizinische Gerätschaften, Medikamente, Mantras oder irgendetwas, das unser Sterben verhindern könnte, wären die reichsten Menschen in der Lage, ihr Geld dafür herzugeben. Aber wir sehen, dass dies nicht der Fall ist. Es gibt keine reichen Menschen, die ihren eigenen Tod verhindern können. Das sind drei Punkte, über die man in Bezug auf diesen Aspekt des Todeszeitpunktes meditieren kann.  

Der zweite Punkt über die Gewissheit des Todes ist die Tatsache, dass man keine zusätzliche Zeit der eigenen Lebensspanne hinzufügen kann. Mit anderen Worten: Haben wir in einem früheren Leben das karmische Potenzial angesammelt, in diesem Leben eine Lebensspanne von 100 Jahren zu haben, gibt es nichts, was wir in diesem Leben tun können, mehr als diese 100 Jahre zu leben. Sobald wir geboren wurden, beginnen die 100 Jahre abzulaufen.

Wir werden uns, egal was wir tun, uns immer weiter unserem Tod annähern. Wir bewegen uns kontinuierlich auf unseren Tod zu. Wir können keine Pause machen, für eine Weile vom Transportband absteigen und dann weitergehen. Es ist, als befänden wir uns in einem schnellen Flugzeug, Auto oder Zug, in dem es kein Halten gibt. Fahren wir mit einem Auto, könnten wir natürlich anhalten und rückwärts fahren; in dem Auto, welches sich auf den Tod zubewegt, gibt es jedoch keinen Rückwärtsgang. Darüber sollten wir nachdenken.  

Der dritte Punkt über die Gewissheit des Todes ist, dass die eigentliche Zeit, die wir für die Dharma-Praxis haben, äußerst kurz ist. Werden wir zum Beispiel 50 Jahre leben, beträgt Zeit, die wir tatsächlich der Dharma-Praxis widmen, vielleicht nur drei oder vier Jahre, wenn wir die Stunden und Tage zusammenzählen würden. Betrachten wir einmal die Zeit, die wir zum Schlafen, Essen, Arbeiten und für all diese Dinge benötigen, so ist das, was für die Dharma-Praxis übrig bleibt, nicht gerade viel. 

Als Kinder nehmen wir bis zu einem Alter von etwa 16 Jahren die Dharmapraxis nicht einmal bewusst wahr. Werden wir uns danach dann über sie bewusst und wollen sie ausführen, haben wir nur einen kleinen Teil unserer Zeit, die wir ihr widmen können. Betrachten wir zum Beispiel uns hier und heute: Der Tag ist recht lang, aber während des gesamten Tages widmen wir vielleicht nur diese eine Stunde hier für den Dharma und sind in der restlichen Zeit mit anderen Dingen beschäftigt. Auch wenn wir jetzt eine Stunde hier sind, so dauert doch der ganze Kurs nur ein paar Tage und es ist ein recht seltenes Ereignis. 

Das sind die drei Gründe, die untermauern, warum unser Tod gewiss ist. Zum Abschluss der Meditation über diese drei Punkte bezüglich der Tatsache, dass wir, weil wir geboren wurden, mit Sicherheit sterben werden, sollten wir den Entschluss fassen den Dharma zu praktizieren, bevor wir keine Zeit mehr dafür haben werden. Sogar wenn wir den Dharma praktizieren wollen, denken wir für gewöhnlich, dass wir es morgen oder übermorgen tun werden; das ist jedoch keineswegs die Denkweise, die wir haben sollten.   

Wie karmisches Potenzial unsere Wahrnehmung beeinflusst

Der zweite Hauptpunkt ist, sich bewusst darüber zu werden, dass es keine Gewissheit in Bezug auf den Todeszeitpunkt gibt. In diesem Zusammenhang gibt es drei Aspekte, die wir in Betracht ziehen sollten, aber bevor wir zu ihnen kommen, gibt es etwas zu klären, was die Darstellung des Universums mit Berg Meru, den vier Kontinenten und acht Subkontinenten betrifft. Hierbei handelt es sich um die Beschreibung des Universums entsprechend der Abhidharma-Lehren. Es gibt noch eine andere Beschreibung oder Darstellung des Universums in den Kalachakra-Lehren, die etwas unterschiedlich ist. 

Laut den Abhidharma-Lehren ist Berg Meru quadratisch, unglaublich schön und von prächtiger Gestalt; in der Kalachakra-Beschreibung ist Berg Meru rund und erscheint in einem ziemlich furchteinflößenden Aspekt, der sich genau über unseren Köpfen befindet. Es gibt tatsächlich Menschen, die dieses Gefühl haben, Berg Meru würde sich genau über ihren Köpfen befinden und gleich auf sie fallen, was ziemlich beängstigend ist. Natürlich wird Berg Meru nicht auf sie herabstürzen, aber laut dieser Beschreibung gibt es Menschen, welche mit großer Angst so eine furchteinflößende Vision von Berg Meru haben, als würde er jeden Moment auf sie herunterkommen.  

Wie Dinge für uns erscheinen, hängt von unseren eigenen karmischen Potenzialen ab. Wegen einem individuellen karmischen Potenzial und dem gemeinsamen, karmischen Potenzial, das von allen aufgebaut wurde, erscheint die Erde den Menschen heutzutage im Allgemeinen als eine Kugel. Dieser Erdball, auf dem wir leben, bildet die Erscheinung des südlichen Kontinents. Wir sollten nicht denken, der nördliche, westliche und östliche Kontinent würden ein Teil dieser Erde sein; diese Welt macht nur den südlichen Kontinenten aus. 

Was die Beschreibung des Universums in Bezug auf einen quadratischen Berg Meru und die vier Kontinente betrifft, so haben wir heutzutage nicht das karmische Potenzial, die Dinge auf diese Weise sehen zu können. Sie erscheinen uns nicht auf diese Weise. Aber obwohl die Dinge uns momentan so erscheinen, als gäbe es nur die Erdkugel und auch wenn wir hartnäckig darauf bestehen, dass es nur diese Erde und so etwas wie Berg Meru, die anderen Kontinente und andere Welten nicht gibt, ist es nicht möglich, das tatsächlich zu beweisen. Wir können auch nicht in das andere Extrem gehen und ein Dharma-Fanatiker werden, der behauptet, das Universum würde tatsächlich nur als Berg Meru, die vier Kontinente und acht Subkontinente existieren. Ein weiteres Extrem wäre, darauf zu bestehen, die Weise, wie die Welt uns momentan als eine Erdkugel erscheint, wäre lediglich eine Erscheinung, die jedoch nicht der Realität entspricht. In dieses Extrem können wir auch nicht gehen, denn die Erde ist nun einmal rund und wie eine Kugel. Auf diese Weise existiert sie. 

Karmisches Potenzial ist ziemlich interessant. Nehmen wir einmal die Flüssigkeit in diesem Glas – wir alle sehen sie als Wasser, aber für hungrige Geister würde sie als Eiter erscheinen. Wenn ein Mensch sie betrachtet, sieht er sie als Wasser, und wenn ein Gott einen Blick darauf wirft, sieht er sie als Nektar. Wir können nicht sagen, dass alle dieses Glas mit der Flüssigkeit auf die gleiche Weise sehen. Das individuelle karmische Potenzial, etwas auf eine bestimmte Weise zu sehen, bestimmt, wie etwas für jedes Wesen erscheinen wird. Das ist eine Sache, die wir beherzigen sollten, da es sich um einen wichtigen Punkt handelt.  

Wenn wir davon reden, dass Menschen dies als Wasser, hungrige Geister als Eiter und Blut, und Götter es als Nektar sehen, ist jede dieser Sichtweisen gültig und korrekt für die Wahrnehmung dieser Art von Wesen. Wir müssten also sagen, dass dies tatsächlich ein Glas voller Eiter und Blut für einen hungrigen Geist, ein Glas voll Wasser für Menschen und ein Glas voll Nektar für Götter ist. Es handelt sich dabei nicht um verzerrte Wahrnehmungen, wie wenn wir ein doppeltes Bild vom Mond sehen, einen weißen Schneeberg als blau oder Bäume, die sich rückwärts bewegen, wenn wir mit einem Zug an ihnen vorbeifahren. Das sind Beispiele von verzerrter Wahrnehmung, bei dem das, was wir sehen, nicht wirklich dem entspricht, was tatsächlich da ist. In diesem Beispiel existieren diese Dinge jedoch auf gültige Weise, wenn wir die Flüssigkeit als Eiter, Wasser oder Nektar sehen.  

Somit müssten wir sagen, dass die Sichtweise der Erde als eine Kugel gültig und wahr ist, dass sie so existiert und Menschen sie so sehen. In ähnlicher Weise müssten wir aber davon ausgehen, dass das Universum auch aufgrund der Kraft karmischen Potenzials als ein quadratischer Berg Meru mit vier Kontinenten und acht Subkontinenten gesehen werden kann. Er existiert in dieser Form durch die Kraft des karmischen Potenzials jener, die es so sehen. 

Innerhalb dieses Systems, in dem das Universum als Berg Meru erscheint, leben wir auf dem südlichen Kontinent und auf der anderen Seite des Berges Meru befindet sich der nördliche Kontinent. Wenn die Sonne aufgeht und hier auf dem südlichen Kontinent scheint, ist es Nacht auf dem nördlichen Kontinent, da sich die Sonne um den Berg Meru herum bewegt.  

Manche Menschen in Tibet sagen, dass Nordamerika der nördliche Kontinent sein muss, da dort Nacht ist, wenn es in Tibet Tag ist. Dies zu sagen ist jedoch Unsinn. Dem ist nicht so und wenn wir dies behaupten, vermischen wir die zwei verschiedenen System miteinander und bringen alles durcheinander. So funktioniert das ganz einfach nicht. Sprechen wir von südlichen und nördlichen Kontinenten, tun wir dies im Kontext der Beschreibung, wie wir sie in den Abhidharma-Texten finden und sollten nicht andere Systeme oder Denkweisen mit diesen Systemen vermischen. Es handelt sich um zwei völlig unterschiedliche Systeme, die nicht durcheinandergebracht werden sollten. 

Die Ungewissheit bezüglich unseres Todeszeitpunktes

Die Bedeutung dieser Diskussion über Berg Meru und den vier Kontinenten ist, dass es in dem Werk „Ein Schatzhaus spezieller Themen des Wissens, Abhidharmakosha“ eine Beschreibung von Menschen des nördlichen Kontinentes gibt, die 1000 Jahre leben und deren Lebensspanne festgesetzt und gewiss ist.  Menschen auf dem südlichen Kontinent haben jedoch eine Lebensspanne, die ungewiss und nicht festgesetzt ist, was sich auf uns bezieht.

Wir können dies so verstehen, dass die Lebensspanne der Menschen des südlichen Kontinentes im Allgemeinen zu Beginn des letzten mittleren Zeitalters der Äonen des Entstehens unzählige Jahre betrug, eine Zillion Jahre oder die größte endliche Zahl, und dann langsam abnahm, bis sie mehrere zehntausende Jahre, dann mehrere tausende Jahre und mehrere hundert Jahre betrug. Momentan liegt sie noch darunter und diese Lebensspanne ist nicht einmal gewiss. Manche Menschen leben 100 Jahre, während andere in ihren Zwanzigern sterben. Manche sterben, sobald sie geboren wurden. Es gibt keine Gewissheit darüber, wie lange ein jeder von uns leben wird.  

Es gibt drei Aspekte, über die man in Bezug auf die Ungewissheit unserer Lebensdauer und unseres Todeszeitpunktes meditieren kann: 

  • Der erste Punkt ist, dass es mehr Umstände gibt, die unseren Tod bewirken, als jene, am Leben zu bleiben. Denken wir einmal darüber nach, ist dies etwas, das wir ganz leicht nachvollziehen können. Es gibt so viele verschiedene Arten von Waffen, Maschinen und furchtbaren Dingen in der Welt, die uns töten und unseren Tod verursachen können. Wir alle sind uns darüber bewusst.  
  • Der zweite Punkt ist, dass die Dinge, die uns am Leben erhalten können, wie all die verschiedenen Arten von Medikamenten und medizinischen Behandlungen, recht selten sind. Sogar wenn es ein wirksames Medikament gibt, das uns helfen kann am Leben zu bleiben, ist es für gewöhnlich ziemlich teuer und schwer zu bekommen. Wir müssen jedoch nichts dafür bezahlen, um etwas zu bekommen, das uns töten wird. Darüber hinaus können verschiedene Dinge, die wir nutzen um am Leben zu bleiben, wie Nahrung, schlecht werden und uns töten.  
  • Der dritte Punkt ist, dass unsere Körper äußerst anfällig und schwach sind. Es wäre etwas anderes, wenn unsere Körper aus Stein oder Eisen wären, aber das ist nicht der Fall. Das Innere unserer Körper ist so empfindlich wie das Innere einer Uhr. So wie es in einer Uhr empfindliche kleine Räder gibt, die durch die kleinste Sache verstellt werden können, gibt es in unserem Innern eine Lunge, Gedärme, einen Magen und eine Leber, die durch die kleinste Berührung geschädigt werden können. Es gibt das Beispiel des Kartoffelbauern, der sein Feld pflügte, um Kartoffeln zu pflanzen. Er ging nach Hause, um etwas zu essen und begann Öl zu erhitzen, um etwas Brot zu frittieren. Er tat das Brot in das Öl, aber fiel um uns starb noch bevor er das Brot wieder aus dem Öl herausholen konnte.  

Durch dieses Beispiel können wir ganz klar erkennen, dass der Todeszeitpunkt völlig ungewiss ist. Wir können jederzeit ganz einfach tot umfallen. Zu diesem generellen Punkt, dass der Zeitpunkt des Todes vollkommen ungewiss ist, haben wir diese drei Aspekte, über die wir nachdenken und meditieren können. Schlussfolgernd sollten wir dann zu dem Entschluss kommen, den Dharma umgehend zu praktizieren. Wir werden es nicht auf den nächsten oder übernächsten Tag aufschieben, denn wir könnten jederzeit sterben. 

Im Moment des Todes hilft nichts außer dem Dharma

Der nächste Punkt ist, dass im Moment des Todes nichts außer dem Dharma hilfreich sein wird. In Bezug darauf gibt es wieder drei Unterpunkte, die wir berücksichtigen sollten:

  • Der erste ist, dass unser Körper uns im Moment des Todes nicht helfen kann. Egal wie schön die Kleidung ist, die wir für unseren Körper kaufen, und wie gut das Essen ist, mit dem wir ihn füttern: im Moment des Todes werden wir unseren Körper zurücklassen müssen. Er wird uns überhaupt nicht mehr nützen können.  
  • Der zweite Punkt ist, dass egal wie viele Freunde, Verwandte, Geliebte, Begleiter und Angestellte wir haben: im Moment unseres Todes wird uns niemand von ihnen mehr helfen können. Sogar wenn ein mächtiger Armeegeneral in seinem Bett von bewaffneten Wächtern umgeben ist, wird er sterben müssen und die bewaffneten Wachmänner werden ihm nicht helfen können. Tatsächlich ist es so, dass es um so leidvoller sein wird, desto mehr Freunde und Verwandte wir bei unserem Tod um uns haben werden, da sie alle trauern werden, weil sie uns verlieren. Wenn wir dann darüber nachdenken, dass wir sie zurücklassen werden, entwickeln wir große Anhaftung, was uns im Grunde im Moment des Todes mehr schaden als helfen wird.  
  • Der letzte Punkt ist, dass Geld, Reichtum und Besitztümer im Moment des Todes nicht mehr nützlich sein werden. Wie viel Vermögen und Besitztümer wir auch haben werden, wenn wir sterben: wir werden nicht einmal einen winzigen Teil davon mit uns nehmen können.   

Vor ein paar Jahren gab Seine Heiligkeit der Dalai Lama eine Initiation in Ladakh, Indien, und dies ist eine Geschichte über den Förderer, der um diese Initiation gebeten hatte. Dieser Förderer hatte einen sehr reichen Freund, der gestorben war und nichts mehr mit all seinem Vermögen und seinen Besitztümern machen konnte. Sein Körper wurde einfach mit einem weißen Tuch bedeckt und zur Einäscherung fortgebracht. Als der Förderer sah, welches Ende sein reicher Freund nahm, entschied er sich sein Geld dafür zu nutzen, um Seine Heiligkeit den Dalai Lama um die Kalachakra-Initiation zu bitten und sie zu sponsern. 

Der Förderer erzählte all diese Dinge, wie der reiche Mann ohne all sein Reichtum und seine Besitztümer starb und mit einem weißen Tuch bedeckt zur Einäscherung gebracht wurde, Rinpoche, der diese Geschichte wiederum an Seine Heiligkeit dem Dalai Lama weitergab. Er erklärte, dass dieser Mann ihm berichtet hatte, wie sein Freund all sein Vermögen im Sterben zurücklassen musste und ihm nur das weiße Tuch blieb, worauf Seine Heiligkeit bemerkte: „Oh, dann konnte er also das weiße Tuch mitnehmen?“ In der Tat konnte er jedoch nicht einmal das weiße Tuch mitnehmen, da es bei der Einäscherung verbrannt wurde. Sogar das weiße Tuch, mit dem man unseren Körper für die Einäscherung bedeckt, kann nicht mit uns kommen.

Nachdem wir über diese drei Punkte nachgedacht und meditiert haben, kommen wir zu der Schlussfolgerung, dass wir den Dharma praktizieren müssen. Nichts anderes wird uns helfen – weder Freunde, noch Reichtum, Besitztümer oder unser Körper – nichts von alledem werden wir mit uns nehmen können. Die Dharma-Praxis ist jedoch etwas, das uns helfen kann und daher ist dies das Einzige, dem wir uns hingeben sollten, weil es uns zum Zeitpunkt des Todes nützlich sein kann. 

Wir müssen nicht so viel über den Tod und die Unbeständigkeit in Schriften lesen, um die Realität dieser Tatsache zu erkennen. Wenn wir nur einmal hinsehen, so gibt es um uns herum so viele Menschen, die sterben, so viele Begräbnisse und Einäscherungen, die stattfinden. Es geschieht um uns herum und es ist nur eine Sache der Zeit, bis wir an der Reihe sind. Werfen wir einen Blick auf fortgeschrittene tantrische Praktizierende, so sehen wir sie mit Schüsseln aus menschlichen Schädeln, Trompeten aus menschlichen Oberschenkelknochen und ähnlichem. All diese Dinge haben einen Zweck und sind da, um uns stets den Tod vor Augen zu halten. 

Wiedergeburt 

Gäbe es nichts nach dem Tod, wäre das furchtbar. Es gäbe nichts, über das man sich sorgen müsste. Aber nachdem wir gestorben sind, gibt es die Wiedergeburt. Was die Frage betrifft, wo wir wiedergeboren werden, so gibt es nur zwei Möglichkeiten: in einem der glücklichen oder in einem der bedauernswerten Zustände. Haben wir durch konstruktive Handlungen, die wir ausgeführt haben, eine Menge positiven karmischen Potenzials aufgebaut, können wir in einem der glücklichen Zustände wiedergeboren werden und dann gibt es nichts zu befürchten. Unterziehen wir uns jedoch einer ehrlichen Prüfung, können wir sehen, dass wir stattdessen tatsächlich jede Menge negativen karmischen Potenzials geschaffen haben und daher wird dieses Potenzial zu einer Wiedergeburt in einem der unglücklichen Bereiche führen.  

Wiedergeburt in einem der unglücklichen Wiedergeburtszustände und die Zufluchtnahme als Möglichkeit, die Angst davor zu überwinden 

Es gibt drei unglückliche Wiedergeburtszustände. Die höllischen Bereiche und jene der hungrigen Geister sind etwas, das wir nicht selbst mit unseren eigenen Augen sehen können und aus diesem Grund ist es vielleicht schwierig, ernsthaft darüber nachzudenken. Aber es gibt auch noch den Bereich der Tiere, den wir uns anschauen können und dabei handelt es sich um einen bedauernswerten Wiedergeburtszustand. Wir sollten über die Art des Leidens nachdenken, die mit dem Leben der Tiere verbunden ist, und wenn wir in Betracht ziehen, dass auch uns das passieren könnte, entwickeln wir große Angst davor. 

Ist es für uns beängstigend oder erschreckend, würden wir in diesem Zustand der Angst nach Schutz oder einer Zuflucht suchen, die uns eine sichere Richtung weisen kann, um solch eine Wiedergeburt zu verhindern. Würde es nichts geben, das uns Schutz vor dieser Angst bieten kann, würde uns nur diese Angst bleiben. Es gibt jedoch etwas, das uns vor dieser Angst beschützen kann. Fragen wir uns, was die Quelle der Zuflucht und sicheren Ausrichtung ist, die uns helfen kann, diese Angst zu verhindern und das Leid zu vermeiden, so lautet die Antwort: Es sind die Drei Juwelen der Zuflucht – der Buddha, der Dharma und die Sangha-Gemeinschaft. 

Der Vers der Verbeugung zu Beginn dieses Textes definiert Buddha, Dharma und Sangha als die Drei Juwelen der Zuflucht. Welche Qualitäten muss ein Objekt der Zuflucht haben, um eine sichere Ausrichtung bieten zu können? Die erste Qualität besteht darin, jemand zu sein, der frei von allen Ängsten ist. Wie könnte die Person anderen helfen, ihre Ängste zu überwinden, wenn sie nicht selbst frei von allen Ängsten wäre? Der Buddha ist solch ein Objekt der Zuflucht, der frei von allen Ängsten ist, weil er durch die in drei zahllosen Weltaltern ausgeführten konstruktiven Handlungen einen umfangreichen Vorrat an positivem Potenzial aufgebaut und dadurch all seine Unzulänglichkeiten und Verunreinigungen beseitigt hat. 

Die nächste Sache, die ein Buddha benötigt, um uns im Leben eine Zuflucht und sichere Ausrichtung bieten zu können, ist, dass er geschickt in den Methoden sein muss, um andere von ihren Ängsten befreien zu können. Gibt es bis dahin irgendwelche Fragen, bevor wir weitermachen?

Fragen 

Was soll ich tun, wenn ich Schwierigkeiten damit habe, beispielsweise ein Mandala-Opfer von Berg Meru und den vier Kontinenten darzubringen, und ganz allgemein an solche Dinge zu glauben?

Was ist der Grund für die Schwierigkeit, dies mit Überzeugung darzubringen? Ist es, dass du nicht daran glaubst, das Universum würde so existieren? Du solltest keine Zweifel daran haben. Es handelt sich hierbei um eine gültige Existenzweise. Und wenn wir ein Mandala in dieser Form darbringen, werden wir früher oder später in der Lage sein zu verstehen, wie es auf diese Weise existieren kann. Wenn wir darüber nachdenken, wird die Überzeugung irgendwann kommen. 

Vielleicht hilft ein Beispiel weiter. Nehmen wir einmal an, uns gehört ein großes Stück Land und weil wir reich sind, wollen wir ein großes Haus auf diesem Land bauen. Wenn wir die Pläne dafür machen, sollten wir keine Zweifel haben, ob dieses Haus auch wirklich in die Realität umgesetzt werden kann oder nicht. Sind wir also überzeugt von der Wahrscheinlichkeit, dass es Realität werden kann und gehen wir den Prozess des Hausbauens durch, wird es tatsächlich entstehen. Zu dem Zeitpunkt, an dem wir die Pläne machen, existiert es jedoch nicht, obwohl wir es als eine Projektion in unserem Geist haben. Es ist aber etwas, das wir bauen und umsetzen können.  

Wir sollten denken, dass die Welt auf diese Weise existiert und wir sie vielleicht momentan nicht so sehen können, jedoch das karmische Potenzial dafür haben, sie so sehen zu können. Es geht nur darum, genug karmisches Potenzial zu schaffen, um in der Lage zu sein, sie auf diese Weise zu sehen. Wenn zum Beispiel gesagt wird, dass jeder das karmische Potenzial hat, als Indra, der König der Götter, wiedergeboren zu werden, so gibt es diese Möglichkeit tatsächlich, denn wir alle hatten anfangslose Leben, in denen wir das karmische Potenzial dafür geschaffen haben, alles mögliche zu erfahren. So ist es; die Frage ist nur, was dieses karmische Potenzial zum Erblühen bringen wird.  

Bringen wir ein Mandala in dieser besonderen Form dar, ist dies für sich etwas ausgesprochen Positives und Konstruktives. Es ist äußerst verdienstvoll und kann dazu beitragen in der Lage zu sein, irgendwann das Universum tatsächlich so sehen zu können. Haben wir diesbezüglich Zweifel, könnte es auch all die Praktiken mit Gottheiten gefährden, die wir ebenfalls ausführen. Das liegt daran, dass wir genau genommen an dem Punkt, an dem wir uns als eine Meditationsgottheit visualisieren, noch keine Meditationsgottheit sind. Diese Methode dient jedoch dazu, irgendwann zukünftig in der Lage zu sein, uns in dieser Form zu erzeugen. Das ist die gleiche Sache.   

Folgen wir dieser Überlegung weiter, so könnten wir auch Zweifel daran haben, ein gütiges und warmes Herz hervorzubringen. In ähnlicher Weise mag dies etwas sein, was wir noch nicht haben, aber worüber wir momentan meditieren. Jedoch einfach zu sagen, es könne nicht entstehen, weil wir es momentan nicht haben, würde es unmöglich machen, jemals ein gütiges Herz zu entwickeln. Ebenso wäre es unmöglich, jemals Tibetisch zu lernen, wenn wir es momentan nicht können. Sogar ein Kind, welches in England geboren ist, könnte dann niemals Englisch lernen, weil es die Sprache nicht beherrscht, wenn es geboren wird.

Warum ist die Tatsache, dass wir uns sofort der Dharma-Praxis widmen sollten, ein Grund für die Gewissheit des Todes?

Das ist eine sehr gute Frage. Was du sagst ist korrekt. Es ist nicht wirklich ein Grund dafür, zu sagen, dass der Tod gewiss ist. Aber es ist eine Tatsache, dass es in unserem Leben nur eine kurze Zeit gibt, die wir der Dharma-Praxis widmen können. Wir sollten über die Zeit nachdenken, die wir haben, während wir am Leben sind. Die Zeit, die wir für den Dharma haben, ist so kurz, wenn wir sie mit dem Rest der Zeit vergleichen, die wir anderen Aktivitäten widmen. Da unser Tod etwas ist, das mit Sicherheit kommen wird, und es nur eine Frage der Zeit ist, wir jedoch nicht wissen, wann es geschieht, zwingt uns das, mehr darüber nachzudenken, wie wir unsere Zeit einteilen. Wir sehen, dass wir unseren Hauptschwerpunkt tatsächlich nicht auf die Dharma-Praxis legen und die Zeit, die wir ihr zuweisen, daher sehr kurz ist. Über die Gewissheit des Todes nachzudenken motiviert uns, ein starkes Bedürfnis zu haben, den Dharma zu praktizieren, da wir beruhend darauf, dass der Tod gewiss ist, zu diesem Entschluss kommen.

Ist unsere Lebensspanne festgelegt? Gibt es nichts, was wir tun können, dies jemals zu ändern? 

Wir können dies anhand eines Beispiels verstehen. Wird eine Person für drei Jahre in eine Regierungsposition gewählt, wird die Amtsdauer drei Jahre sein, wenn die Person nichts wirklich Schlimmes tut. Was auch immer passiert, nach drei Jahren wird sie die Position verlieren. In ähnlicher Weise haben wir durch ein früheres karmisches Potenzial eine bestimmte Lebensdauer; allerdings benötigen wir auch bestimmte Bedingungen, um sie herbeizuführen. Haben wir also ein Reiskorn, kann es eine Reispflanze hervorbringen; allerdings braucht es Bedingungen, wie Wasser und Dünger, damit die Pflanze wächst. Sind die Bedingungen schlecht und herrscht eine Dürre oder ähnliches, wird sie nicht wachsen.  

Genauso mögen wir durch früheres karmisches Potenzial eine Lebensspanne von 50 Jahren haben, aber kümmern wir uns nicht um eine angemessene Ernährung und fahren wie ein Verrückter auf der Straße, können wir wegen diesen schlechten Bedingungen auch vorher sterben. Nur weil wir also eine bestimmte Lebensspanne haben, heißt das nicht, dass wir auch so lange leben werden. Es bedeutet, dass wir so lange leben, wenn es uns gut geht und wir sorgsam mit uns umgehen. Wir könnten aber auch vorher sterben, wenn wir nicht vorsichtig sind, einen Unfall haben oder dergleichen.  

Genauso verhält es sich mit einem Wahrsager. Er kann die Lebenslinien in unserer Hand sehen und etwas über unsere Lebensdauer sagen, jedoch könnten wir durch andere Umstände auch vorher sterben. Nur weil wir eine bestimmte Lebensdauer haben, ist es nicht gewiss, dass wir auch so lange leben werden. Jeder hat auch das karmische Potenzial eines vorzeitigen Todes. 

Es ist möglich, dass wir als ein Mensch eine Lebensdauer von 60 Jahren haben, aber wegen dem karmischen Potenzial, das wir aufgebaut haben, im Alter von 40 Jahren durch einen Unfall sterben. Obwohl es nicht immer der Fall ist, kann es auch sein, das wir dann als ein Mensch wiedergeboren werden und die 20 Jahre von diesem vergangenen Leben leben. Das ist nicht immer so, aber es kann passieren. 

Drei Dinge müssen erschöpft sein, damit wir sterben: 

  • die Lebensspanne muss zu Ende sein; 
  • das karmische Potenzial dieser Wiedergeburt muss aufgebraucht sein; und 
  • die Lebensenergie muss sich erschöpft haben.  

Wenn all diese drei Dinge erschöpft sind, ist unsere Lebenszeit vorbei. 

Haben wir nicht das karmische Potenzial, heute zu sterben, werden wir heute nicht sterben. Wir müssen das karmische Potenzial dafür haben. Wir verfügen über viele verschiedene karmische Potenziale, aber der Punkt ist, dass etwas nicht passieren wird, wenn wir nicht das karmische Potenzial dafür haben, dass es passiert. Über diesen Punkt werden wir in unserer nächsten Sitzung sprechen. Was immer uns passiert, es geschieht, weil wir das karmische Potenzial dafür haben, dass es geschieht. 

Mir wurde früher beigebracht, dass das karmische Potenzial einer Lebensspanne in der Anzahl der Atemzüge gemessen wird, die wir nehmen. Wie ich es verstanden haben, wird das Leben nicht nur in Jahren, so wie wir es kennen, sondern vielmehr in der Anzahl der Atemzüge gemessen, die wir nehmen. Scheinbar gibt es bestimmte Praktiken, mit denen wir unseren Atem anhalten und dadurch unser Leben verlängern können. Könnten Sie etwas dazu sagen?

Das ist ein korrektes Verständnis. Es gibt bestimmte Praktiken, mit denen wir unsere Lebensspanne in Bezug auf die Anzahl der Atemzüge verlängern können. Da gibt es die Praxis der Vasenatmung, mit der wir den Atem anhalten, und wenn eine Person sie 6 Monate ausführt, kann sie die Lebensspanne um drei Jahre verlängern. Es wird gesagt, dass es pro Tag 21.600 Atemzüge gibt. Atmen wir daher sehr schnell, keuchen und lösen die Atmung auf diese Weise, wird dies unsere Lebensdauer verkürzen. Im Gegenzug ist es viel gesünder, wenn wir entspannter sind und langsam und locker atmen, was unser Leben verlängert. Ebenso leben wir länger, wenn in der Nähe des Meeresspiegels leben, als hoch oben in den Bergen. Die Lebensspanne in Tibet ist etwas kürzer im Vergleich zu anderen Orten; sie beträgt nur etwa 50 bis 60 Jahre. Das liegt an der großen Höhe. Hier, in niederen Höhenlagen, haben die Menschen im Allgemeinen eine höhere Lebenserwartung. Das ist wahr.

Wir haben nun über drei der vier Punkte der anfänglichen Ebene gesprochen. Der erste ist Tod und Unbeständigkeit; der zweite ist das Leiden in den niederen Bereichen; und der dritte ist die Zuflucht. Der vierte Punkt ist karmische Ursache und Wirkung, und wir werden näher auf das Thema Karma in unserer nächsten Sitzung eingehen. 

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