Vielen Dank für Ihre freundliche Einführung. Ich freue mich und fühle mich sehr geehrt, heute hier mit Ihnen in dieser berühmten Universität sein zu können. Ich wurde gebeten, über den Buddhismus im 21. Jahrhundert zu sprechen, was natürlich eine umfangreiche Thematik darstellt. Deshalb habe ich um ein wenig Anweisung gebeten, in welche Richtung ich mit meinen Ausführungen in diesem Gebiet gehen soll und es wurde vorgeschlagen, über die globalen Aspekte des Buddhismus und die Perspektiven des Buddhismus zu sprechen.
Wie Sie wissen, ist der Buddhismus kein einheitliches System oder gar eine einheitliche Religion. Man könnte sogar darüber streiten, ob es sich tatsächlich um eine Religion handelt oder nicht. Aber der Buddhismus hat sich von Indien aus in viele, viele Länder innerhalb Asiens verbreitet und in jedem Land und jeder Zivilisation wurde er entsprechend der jeweiligen Kultur verstanden und angepasst. Und so finden wir sehr verschiedene Ausführungen des Buddhismus in Asien.
Es gab drei Hauptausbreitungswellen des Buddhismus. Die Richtung des so genannten Theravada Buddhismus erstreckte sich nach Südostasien. Wir finden ihn in Sri Lanka, Burma, Thailand, Laos, Kambodscha und ein klein wenig auch in Vietnam (nicht sehr viel). Dann gibt es eine Richtung, die sich von Zentralasien nach China erstreckte, von dort nach Japan und Korea und schließlich weiter nach Vietnam. Und eine weitere Richtung verlief später von Indien nach Tibet und von dort weiter in die Mongolei, durch Zentralasien und die verschiedenen mongolischen Stämme, die nach Russland kamen, wie die Burjaten, die Kalmücken und auch der türkische Stamm der Tuwaner. Auf diese Weise gibt es eine große Vielfalt und ich habe es in vereinfachter Form beschrieben, denn auch innerhalb jeder Richtung gab es verschiedene Ausbreitungswellen.
In jüngster Zeit hat sich nun auch ein Interesse und eine Bewegung des Buddhismus in den westlichen Ländern, oder besser gesagt, in den nicht-traditionell buddhistisch geprägten Ländern entwickelt, was sich auch mehrere Jahrhunderte zurückverfolgen lässt.
In jedem dieser verschiedenen Gebiete hat sich natürlich eine andere Geschichte, ein anderer Umgang mit der Kultur entwickelt. Deswegen ist es sehr schwierig, etwas Allgemeines darüber zu sagen. Außerdem umfasst das Thema sowohl die Situation im Moment, als auch die Perspektiven für den Rest des 21. Jahrhunderts und darüber hinaus. Ich denke, eine Möglichkeit der Annäherung an dieses Thema besteht in der Art, wie Seine Heiligkeit der Dalai Lama oft über den Buddhismus sprach: man kann ihn als buddhistische Wissenschaft, als buddhistische Philosophie und als buddhistische Religion betrachten. Und dadurch ergeben sich verschiedene Arten von Anziehungskraft, und Vorteile, die der Buddhismus der Welt anzubieten hat.
Wenn wir vom Buddhismus im Sinne einer traditionellen Religion sprechen, (denn wie Sie wissen, ist der Buddhismus keine Missionsreligion, deren Aufgabe darin besteht, in die Welt hinaus zu gehen und jeden zu retten, da sie die einzige Wahrheit verkörpert!) dann denke ich, dass Sie sich darüber im Klaren sein sollten, dass zwischen den so genannten abrahamitischen Religionen und den so genannten dharmischen Religionen ein großer Unterschied besteht. Dies ist die Klassifizierung, die manchmal benutzt wird. Die abrahamitischen Religionen, sind die Religionen, die sich auf die Bibel stützen, wie das Judentum, das Christentum und der Islam. In diesen Religionen liegt der Schwerpunkt auf der Geschichte. „Es gibt eine Schöpfung und damit den Beginn der Zeit und es gibt einen Schöpfer, es gibt eine Offenbarung der Wahrheit gegenüber einer Reihe von Propheten und schließlich gegenüber einem letztendlichen Propheten, sei es Moses, Jesus, oder Mohammed. Das ist alles und es wird auch keine weiteren Propheten geben.“ Das ist die letztendliche Wahrheit und es liegt an den Anhängern, diese Wahrheit zu akzeptieren und ihr zu folgen. Und indem sie dieser Wahrheit folgen, erlangen sie so die Erlösung, je nachdem wie sie in den verschiedenen Zweigen dieser Religionen beschrieben wird. Deshalb ist Gehorsam ein sehr wichtiger Aspekt dieser Religionen.
Auf der anderen Seite stehen die dharmischen Religionen, wobei Dharma ein Sanskrit-Wort ist, was soviel bedeutet, wie "das, was dich vor Leiden schützen wird". In dieser Hinsicht sind sie so etwas wie eine vorbeugende Maßnahme. Und zu diesen dharmischen Religionen gehören der Hinduismus, der Jainismus und der Buddhismus. In diesen Religionen liegt der Schwerpunkt nicht auf der Geschichte, obwohl im späteren Hinduismus bestimmte Aspekte von Schöpfung vorhanden sind. Aber weder im Buddhismus, noch im Jainismus wird der Beginn der Zeit oder eine Schöpfung angenommen. Es gibt keinen Schöpfer und alles ist ein wenig so, wie es in der Wissenschaft über den Erhalt von Materie und Energie beschrieben wird, dass sie weder erschaffen, noch zerstört, sondern nur umgewandelt werden können. Buddhismus kann den Urknall als Beginn dieses bestimmten Zyklus akzeptieren und dieser bestimmte Zyklus eines Universums wird zu einem Zeitpunkt in der entfernten Zukunft enden. Es gab jedoch weitere Zyklen davor und weitere Zyklen werden danach folgen. Und auch die moderne Wissenschaft hat angefangen, zu dieser Schlussfolgerung zu kommen. Innerhalb dieser Auffassung von Religion kommt der Geschichte keine so große Bedeutung zu und die gesamt Sicht auf Geschichte wird mit dem, was wir im Westen Mythos nennen, vermischt. Beispielsweise wird Krischna als eine genau so bedeutende historische Figur angesehen, wie zum Beispiel jemand wie König Ashoka. Und in der gleichen Weise, auf der Mythos auf der gleichen Ebene wie eine Tatsache ist, werden verschiedene Personen, wie beispielsweise Shakyamuni Buddha als jemand angesehen, der ein großer Lehrer, aber bestimmt kein Gott, Schöpfer oder ähnliches war.
Jeder Mensch kann die Wahrheit in sich selbst finden. Man muss nicht erst die Autorität eines anderen akzeptieren und nur daran glauben, sondern man kann in sich selbst die Wahrheit und die Realität entdecken und auf der Grundlage dieser individuellen Einstellung werden die Menschen die Wahrheit entdecken und lernen, sie auf verschiedene Weise zu verstehen. Dies ist der Grund, warum es solch eine Vielfalt an buddhistischen Methoden und Lehren gibt, die sehr gut in die verschiedenen gesellschaftlichen und kulturellen Systeme passen.
Wenn wir es auf diese Weise betrachten, können wir uns fragen, was die Rolle der buddhistischen Religion als solche ausmacht. Während meiner Reisen (ich bin sehr viel durch die Welt gereist und habe an verschiedenen Universitäten und in verschiedenen buddhistischen Gruppen unterrichtet) habe ich herausgefunden, dass es in einigen traditionellen buddhistischen Ländern einen großen Einfluss durch christliche Missionare gab (ich denke dabei besonders an Korea, teilweise auch Südkorea und Japan, und besonders auch an die Mongolei). Durch Missionare wurde in diesen Ländern die Ansicht verbreitet, dass man, wenn man „modern“ sein wolle, das Christentum akzeptieren müsse, denn der Grund der Rückständigkeit (und dies wurde besonders in der Mongolei betont) liege im Buddhismus. Auf diese Weise sehen sie nicht den Kommunismus als Problem in der Geschichte der Mongolei an, sondern den Buddhismus, der das Land rückständig gehalten habe. Und wenn man ein modernes Leben in einem reichen Land führen und sich weiterentwickeln wolle, müsse man sich dem Christentum zuwenden! Die christlichen Missionare stellen eine große Menge an Geldmitteln zur Verfügung und beeinflussen dadurch das Bildungssystem, die Medien und das Schulsystem mit ihren christlich orientierten Lehrbüchern zum Erlernen der englischen Sprache. Auf subtile Weise dringen sie in die gesellschaftlichen Strukturen ein und am Beispiel Koreas sehen wir den großen Erfolg des Christentums und den gleichzeitigen Rückgang des Buddhismus.
Und eine Sache, die ich besonders in der Mongolei betont habe, ist die verheerende psychologische Wirkung, die dadurch auf die Menschen ausgeübt wird. Denn wenn sie das Gefühl haben, dass alles in ihrer Geschichte wertlos sei und dass sie nicht nur durch die Zeit des Kommunismus, sondern auch durch alles davor, im Rückstand gehalten worden seien, dann verlieren sie jeglichen Sinn nationaler Würde und jede Selbstachtung. Wenn einem diese Selbstachtung genommen wird, fehlt es auch an Selbstvertrauen. Und ohne Selbstvertrauen und einer positiven Meinung über sich selbst und gegenüber der Fähigkeiten des eigenen Landes, hat das eine sehr negative Wirkung auf das emotionale und psychologische Wohlbefinden der Menschen. Deswegen denke ich, dass es in solch traditionell-buddhistischen Ländern wichtig für die Menschen ist, eine realistische Einschätzung ihrer Vergangenheit zu haben und die positiven Aspekte der Kultur zu finden, deren Erben sie sind, und dies zu betonen.
Man kann sagen, dass man die rituellen Aspekte und dergleichen nicht wirklich braucht. Na gut! Wie Seine Heiligkeit der Dalai Lama sagt, was den Buddhismus des 21. Jahrhunderts auszeichnen soll, ist das Studium und die Intelligenz, nicht das Ritual! Er sagt, dass sich die Dinge in dieser Welt nicht nur durch Gebete ändern werden. Gebete mögen die eigenen spirituellen Bedürfnisse erfüllen, aber sie beeinflussen nicht wirklich das, was in der Gesellschaft und in der Welt geschieht. Dabei sollte man, wie er sagt, „die wunderbare menschliche Intelligenz“ benutzen, um zu versuchen, die Realität und die Grundlage der Realität zu verstehen, um so realistische Lösungen für die vielen Probleme, denen wir uns stellen müssen, zu finden. Kenntnisse darüber erlangen wir aus der Wissenschaft und aus den vielen buddhistischen Lehren, die besonders darüber informieren, wie der Geist und wie die Emotionen funktionieren.
Der Beitrag, der von der Seite der buddhistischen Religion in diesen traditionellen, asiatischen Ländern wie Korea, Japan oder in der Mongolei geleistet werden kann, besteht darin, den Menschen dabei zu helfen, eine positivere Einstellung gegenüber sich selbst in Bezug zu ihrer eigenen Geschichte und gegenüber dem Erbe ihrer eigenen Kultur zu entwickeln.
Dies führt zu einer sehr interessanten Frage in Bezug auf China. Wie Sie wissen, war Chinas Geschichte für viele Jahrhunderte in hohem Maße durch den Buddhismus und das Gedeihen des Buddhismus in China geprägt. In China entwickelte sich der Buddhismus folgender Weise: er wurde zuallererst in Hinblick auf die Philosophien verstanden und interpretiert, die zu dieser Zeit in China vorherrschend waren und so kam es zu einem gewissen Einfluss durch den Konfuzianismus, aber noch stärker durch den Daoismus. Dann aber, nach der Blütezeit des Buddhismus in China, vermischte er sich sehr stark mit Aspekten des Konfuzianismus, so gibt es zum Beispiel den Ahnenkult, und auch viele daoistische Aspekte kamen hinzu. Auf diese Weise entstand eine Mischung aus diesen drei Systemen. In jedem Fall gibt es jedoch eine buddhistische Tradition und ein buddhistisches Vermächtnis in China. Und wenn man es aus der Sicht der chinesischen Regierung betrachtet, wäre für sie die schlimmste und furchterregendste Zukunftsaussicht, die, dass China auseinander brechen könnte. Von historischen Gesichtspunkten mal abgesehen, einfach von einer sehr praktischen Seite aus betrachtet, wird einem bewusst, dass durch diese enorme Bevölkerungszahl, die man sich kaum vorstellen kann, wenn man nicht selbst dort lebt, eine Stabilität des Landes absolut notwendig ist. Man muss in der Lage sein, all diese Menschen ernähren zu können. Man muss in der Lage sein, all diesen Menschen Arbeit zu verschaffen. Und in jedem Jahr steigt die Zahl die Arbeitskräfte immer mehr. Auch mit der Ein-Kind-Politik wird der Druck für die jungen Menschen immer größer, denn sie müssen Arbeit finden, um ihre Eltern und Großeltern versorgen zu können. Deshalb ist die Stabilität der wichtigste Faktor. Diese Stabilität zu erhalten ist die wichtigste Aufgabe in China, wenn man die Situation von einem politischen Standpunkt aus betrachtet. Und wenn sie einigen Gebieten Autonomie gewähren würden, wäre dies für diese Gebiete sicherlich von großem Vorteil. Jedoch scheuen sie davor zurück, aus Angst dann vielen anderen Gebieten ebenfalls Autonomie gewähren zu müssen. Das System würde auseinander fallen und man könnte all diese Menschen nicht mehr ernähren. Daraus würde ein Chaos entstehen und dies ist aus chinesischer Sicht die größte Befürchtung, denn wenn man die Geschichte des Landes betrachtet, sieht man, dass es mehrmals einen Zerfall des Reiches gegeben hatte und dann Chaos entstand.
Jetzt denken Sie nach und sagen: „Aber die Schwierigkeiten in Tibet und die Unterdrückung der Kultur, der Sprache, der Religion und anderem, das ist doch wirklich schrecklich!“ Und damit stimme ich überein. Aber wie kann der Buddhismus in China weiterhelfen? Dies habe ich schon viele Male gefragt, aber die meisten Menschen lachen darüber. Aber ich denke, dass es ein wesentlicher Gesichtspunkt ist. Ich denke, dass es mehr und mehr offensichtlich wird, dass es in China in erster Linie an ethischen Werten fehlt. Es gibt ein hohes Maß an Korruption und ein hohes Maß an Missachtung der ökologischen Folgen einer solch rasanten Entwicklung. Daraus entsteht natürlich eine große Unruhe unter der Bevölkerung, die davon betroffen ist. Und deshalb sind ethische Werte so notwendig. Aber woher kommen diese ethischen Werte? Nun, es gibt eine gewisse Wiederbelebung, oder einen Versuch, den Konfuzianismus wieder zu beleben. Und es gibt überall in der Welt diese Konfuzius-Institute. Das ist sehr gut, denn der Schwerpunkt im Konfuzianismus liegt in einer geordneten Gesellschaftsstruktur, in der jeder seine Rolle spielt. Wenn sich der Minister wie ein richtiger Minister verhält, der Kaiser wie ein richtiger Kaiser, der Vater wie ein richtiger Vater und der Sohn wie ein richtiger Sohn, und Ehemann und Ehefrau usw. … wenn jeder seine Rolle angemessen im Kontext des Staates spielt, wird alles harmonisch funktionieren. Das ist eine sehr angemessene Wahl für die derzeitige Regierung.
Wie ich jedoch schon sagte, gibt es dort auch den Buddhismus. In der Geschichte Chinas gab es immer eine Dynamik in Bezug auf die Frage: „Wer wird die Macht haben, die buddhistischen Institutionen oder der Staat?“ Und wenn man sich die Bewegungen in der chinesischen Geschichte betrachtet, gab es bestimmte Zeiten der Verdrängung des Buddhismus, weil er zu viel Macht ausgeübt hatte. Für den Buddhismus bedeutet es, immer eine Art Kompromiss gegenüber dem Staat eingehen zu müssen. Das, was in China passiert, ist also nichts Neues vom Standpunkt der chinesischen Geschichte aus gesehen.
Um China zu verstehen, denke ich, dass es sehr wichtig ist, das Land im Kontext seiner Geschichte zu sehen. Die Menschen in China haben einen sehr starken Sinn für ihre Geschichte und einen Sinn für ihre Kontinuität, trotz der kommunistischen Revolution. Diese Kontinuität ist tatsächlich vorhanden und deshalb sollte es eine Annäherung zwischen dem Buddhismus und dem Staat geben. Welchen Beitrag kann der Buddhismus eigentlich in Bezug auf Ethik leisten? Ich denke, dass es sehr wichtig ist, dass man auf der einen Seite die Überlegung hat, dass alle Menschen gleich sind: jeder möchte glücklich sein und niemand möchte unglücklich sein. Das passt sehr gut zum sozialistischen Rahmen. Aber die andere Sache ist, (und darüber wird oft gelacht) dass der chinesische Buddhismus vegetarisch ist. Dies ist die Tradition des Buddhismus in China – im Gegensatz zu anderen Formen des Buddhismus.
Wenn man es von einem wirtschaftlichen Standpunkt aus betrachtet, besteht das wichtigste Zeichen des Wohlstands in China darin, Schweinefleisch essen zu können. Das ist das wichtigste Merkmal. Der Computer, der Fernseher und das Internet, all das kommt erst an zweiter Stelle. Und wenn man bedenkt, wie viel Getreide und Wasser benötigt wird, um die Menge an Schweinen zu füttern, um jeden Chinesen mit Schweinefleisch versorgen zu können, dann muss man einsehen, das diese Welt mit ihren Ressourcen dazu nicht in der Lage ist. Und für den Rest der Welt würde es eine große Katastrophe bedeuten, wenn China diese gewaltige Menge an Getreide importieren müsste; der Preis von Getreide und Futtermitteln würde weltweit rasant ansteigen und daraus würden sich furchtbare Konsequenzen für die ärmeren Regionen dieser Erde ergeben. Wenn man China von einem wirtschaftlichen Standpunkt aus helfen möchte, denke ich, dass es sehr gut wäre, den Buddhismus wieder zu etablieren und dann den Vegetarismus zu fördern. Dies wäre von großem wirtschaftlichem Vorteil. Wie ich schon sagte, wird darüber gern gelacht, aber je mehr man darüber nachdenkt, um so mehr macht es wirklich Sinn. Es wäre ein sehr gutes Argument, um sie davon zu überzeugen, den Buddhismus zuzulassen.
Zumindest entsprechend meiner kleinen Recherche ist die Situation von Buddhismus und Islam recht unterschiedlich. Wenn die Chinesen einer Religion folgen müssten, würden sie den Buddhismus wählen. Damit könnten sie sich gemäß ihrer Tradition identifizieren. In China sieht man zum Beispiel Menschen in die Tempel gehen, und sie gehen gern dorthin, aber sie wissen nicht, was sie dort machen sollen. Und so zünden sie ein paar Räucherstäbchen an und dann gehen sie wieder. Oder, wenn es dort Tibeter oder Mongolen gibt, denen erlaubt ist, etwas zu rezitieren, dann setzen sich die Menschen hin und hören zu. Das mögen sie. Manchmal gibt es auch chinesische Rezitationen und das wird sehr geschätzt. Aber sie wissen nicht, was sie tun sollen.
Die Befürchtung der Regierung ist aber Folgende: Wenn der Buddhismus in einer offeneren Form zugelassen wäre, nicht nur als Lippenbekenntnis, wenn man buddhistische Tempel nicht nur als Schaufenster oder Museum darstellen würde, dann würden sich die Menschen vom Kommunismus entfernen und dem Buddhismus zuwenden. Das stellt eine große Bedrohung dar. Anders ist es mit dem Islam in China, der bei den Uiguren in Xinjiang, der Provinz im entfernten Nordwesten des Landes, vorherrscht. Ihnen ist es gar nicht wichtig, den Islam zu verbreiten, denn sie wollen eigentlich nur ihre Ruhe haben, unter sich bleiben. Diese Gruppe ist sehr verschieden von den Han-Chinesen. Und die Hui sind eine Gruppe von Muslimen, die ursprünglich zu der Zeit von Kublai Khan (auch schon davor, aber hauptsächlich zu seiner Zeit) ins Land gebracht wurden. Sie kamen aus einem Gebiet, das heutzutage Usbekistan ist. Von den Mongolen war es sehr klug, sie ins Land zu bringen, denn die Mongolen wussten nicht, wie man ein Gebiet beherrscht und erst recht nicht, wie man Steuern eintreibt. Deshalb war es sehr klug, diese Muslime aus Usbekistan zu bringen und Steuereintreiber aus ihnen zu machen, denn dann würde jeder sie hassen, anstatt „uns Mongolen“, die die Ausbeute der Steuern einbehalten. Das war sehr klug! Und diese Menschen blieben in China und entwickelten sich innerhalb der chinesischen Kultur. Sie haben keine eigene Sprache. Sie sprechen chinesisch und wenn man mit ihnen redet, bemerkt man, dass sie nicht viel über den Islam wissen. Das hängt aber etwas davon ab, ob sie aus dem östlichen oder dem westlichen Teil Chinas stammen, denn sie sind sehr weit verbreitet. Und das Einzige, was sie von den Han-Chinesen unterscheidet, ist, dass sie eine kleine weiße Kappe tragen und kein Schweinefleisch essen. Das ist es, was der Islam für sie bedeutet. Sie sind also nicht daran interessiert, den Islam in China an die Han-Chinesen weiterzugeben und deshalb stellt der Islam für China, was die Treue und Zugehörigkeit der Menschen betrifft, keine Bedrohung dar, im Gegensatz zum Buddhismus. Deshalb gibt es auch viel weniger Beschränkungen in Bezug auf den Islam als in Bezug auf den Buddhismus. Dies ist also die Situation in China.
Und was in den verschiedenen Klöstern, sowohl in den chinesischen, als auch in den tibetischen Klöstern, am meisten fehlt, sind die Lehrer. In den chinesischen Klöstern ist dieser Mangel sogar noch deutlicher. Und was bleibt eigentlich übrig, wenn es keine Lehrer gibt? Was übrig bleibt, ist nur das Ritual, ohne wirklich zu wissen, was man da eigentlich macht und das ist von einem Standpunkt der Spiritualität und Entwicklung aus betrachtet nicht sehr zufrieden stellend. In den Klöstern Tibets sind die Einschränkungen besonders groß und es ist wahrscheinlich nicht notwendig, allzu sehr ins Detail zu gehen, aber die Situation ist sehr traurig.
Wenn wir die traditionelle Rolle der Religion in anderen asiatischen Ländern betrachten, merken wir, dass es nicht einfach ist. Es gibt verschiedene Konflikte zwischen der buddhistischen und der hinduistischen Bevölkerung in Sri Lanka und zurzeit zwischen den buddhistischen Burmesen und den Rakhinis, die hauptsächlich muslimisch geprägt sind und aus Bangladesch nach Burma kamen. Es gab Konflikte zwischen den buddhistischen Thais und den Menschen im südlichsten Teil Thailands, die hauptsächlich Malay-Muslime sind. Denn die Grenze wurde willkürlich gezogen und diese Menschen wurden einfach in diesem südlichsten Teil Thailands mit einbezogen, woraus sich all diese Konflikte entwickelt haben. Ich denke, dass es sehr wichtig ist, diese Konflikte nicht als religiöse Konflikte anzusehen. Es sind wirtschaftliche und politische Konflikte, Konflikte zwischen zwei Arten von Menschen, die sowohl kulturell sehr verschieden sind, als auch häufig einer ganz anderen Rasse angehören. Und die Probleme stammen in erster Linie nicht aus den tatsächlichen Glaubenslehren ihrer Religion. Ich denke es ist sehr irreführend, den regionalen Konflikten religiöse Motive zuzuschreiben und die Idee kam wahrscheinlich durch die Kreuzzüge, die durch religiösen Eifer motiviert wurden. „Wir werden Jerusalem vor den Heiden retten!“ So etwas in der Art – und dieses Modell wurde auf einen großen Teil der Geschichte Asiens übertragen.
Ich habe ein E-Buch mit dem Titel: „Die historische Interaktion zwischen den buddhistischen und islamischen Kulturen vor der Zeit des mongolischen Reiches“ geschrieben, welches ich auf meiner Webseite veröffentlicht habe. Darin habe ich versucht, zu untersuchen und zu zeigen, dass diese ganze Darstellung der Geschichte der Wechselbeziehungen zwischen den Muslimen und den Buddhisten in Zentralasien und Indien, durch die Ideen und Konzepte der Geschichtsschreiber beeinflusst wurde. Ich habe vergessen, von wem es stammt, aber es gibt ein sehr berühmtes Zitat, welches besagt: „Die Geschichte wird von den Siegern geschrieben“, von jenen, welche die Kriege gewonnen und die Länder erobert haben. Deshalb ist die Geschichtsschreibung meist nicht objektiv. Es gibt eine versteckte Agenda hinter jeder Geschichtsschreibung: so auch in der chinesischen Geschichte: es wird in jeder Dynastie gesagt, wie wunderbar man selbst ist und wie furchtbar die anderen vor uns waren. In der muslimischen Geschichte möchte man ein Gefühl für die Herrlichkeit des Islam vermitteln. Und es ist sehr interessant zu sehen, was die versteckte Agenda in der britischen Geschichte Indiens war. Ihre Agenda bestand darin zu zeigen, was für furchtbare Ausbeuter die muslimischen Mogul-Herrscher waren und wie wunderbar es ist, dass die Briten gekommen sind, um sie von der Unterdrückung der Muslime zu befreien! Mit dieser versteckten Agenda wurde eine ganze historische Periode durch die Aussage, dass Muslime kamen, alles zerstörten und jeden getötet haben, beeinflusst. Und obwohl es einiges an Zerstörung gab, muss man sich fragen, was eigentlich ihr Motiv war.
Wenn man die Geschichte auf eine andere Weise betrachtet, indem man die Geschichtsschreibung verschiedener Zivilisationen, die damit etwas zu tun hatten, einbezieht und versucht herauszufinden, was wirklich passiert ist, dann denke ich, dass man sich eingestehen muss, dass die Motive für Kriege und Invasionen in der Geschichte immer die gleichen waren. Es wird nach politischer Macht, Kontrolle, wirtschaftlichem Gewinn und, in diesem Fall, besonders großen wirtschaftlichem Gewinn hinsichtlich der Kontrolle der Seidenstraße, getrachtet. Wer bekommt die Steuern dieses fantastischen Handels, der an der Seidenstraße stattfindet? Dies war eindeutig ihr Motiv für ihre Invasion und den Versuch, diese Gebiete unter ihre Kontrolle zu bringen. Und man konnte die Truppen mit Versprechen begeistern, wie „Ihr werdet in den Himmel, zur Herrlichkeit des Islams, gelangen“. Aber dies ist mit Sicherheit nicht das Motiv der Menschen, welche die Kriege beginnen und welche die Menschen in den Krieg schicken. Sie wollen das Geld, sie wollen die Macht und sie wollen die Kontrolle.
Und wenn man sich die Klöster anschaut, die zerstört wurden, wird einem klar, dass es gerade die Klöster traf, in denen es Widerstand und in denen es großen Reichtum gab. Die armen Klöster wurden in Ruhe gelassen. Als es in Kaschmir, wo sich auch viele buddhistische Klöster befinden, eine Hungersnot und ein Erdbeben gab, half man ihnen zu Anfang nicht, da es dort nichts zu holen gab. Auf diese Weise versuche ich, Ihnen eine objektivere Sichtweise dieser Geschichte zu vermitteln. Und ich denke, dass dies auch in Bezug auf die derzeitige Situation mit all den Konflikten, die wir in Sri Lanka und zurzeit in Burma, sowie auch in Thailand erleben, bedeutsam ist. Ich halte es für sehr unfair, dies alles als religiöse Konflikte zu betrachten. Genug über die traditionelle Religion, denn unsere Zeit ist begrenzt.
Was die Wissenschaft betrifft, die buddhistische Wissenschaft und Philosophie, hat der Buddhismus in diesem Gebiet einiges zu bieten, ohne unbedingt den religiösen Gesichtspunkt einbringen zu müssen. Der religiöse Gesichtspunkt wäre zum Beispiel Wiedergeburt, vergangene und künftige Leben, Rituale, Karma und so weiter. Was aber die buddhistische Wissenschaft betrifft, das ist etwas, was von großem Interesse in Bezug auf die Treffen des Dalai Lama mit Wissenschaftlern und so weiter ist. Es gibt ein wachsendes Verständnis darüber, dass der Geist tatsächlich existiert. Und wenn wir über den Geist reden, meinen wir nicht unbedingt das Gehirn, sondern vielmehr das subjektive Erfahren von Dingen. Das können wir nicht einfach auf elektrische Impulse und chemische Prozesse des Gehirns reduzieren. Das alles ist vorhanden und bildet die Grundlage, aber dennoch kann man durch subjektives Erfahren offensichtlich das Erleben der Welt beeinflussen. Dies zeigt sich darin, wie Stressfaktoren die Gesundheit beeinflussen, es zeigt sich in der Fürsorge für andere und für die Gesellschaft, im Gegensatz zur Einsamkeit und so weiter. All diese Faktoren beeinflussen in beträchtlichem Maße den physischen Körper und beeinflussen zweifellos das Wohlergehen der Menschen. Auf diese Weise gibt es viele Wechselbeziehungen und Untersuchungen, die ständig stattfinden. Wie beeinflusst der Geist, wie beeinflusst der geistige Zustand der Menschen ihre Gesundheit und wie beeinflusst er die Gesellschaft? Auf dieser Ebene hat der Buddhismus sehr viel anzubieten.
In Bezug auf Ethik betont Seine Heiligkeit der Dalai Lama immer die weltliche Ethik. Weltliche Ethik hat, wie er sagt, nichts mit Respektlosigkeit oder Missachtung der Religion zu tun. Sondern es geht um eine Grundlage für Ethik, die universal ist und auf der Biologie fundiert. Und unter dem biologischen Faktor verstehen wir hier die natürliche Zuneigung und den Instinkt zur Fürsorge. Die Erhaltung der Art! Die Fürsorge zum Baby und die Bindung zwischen dem Baby und der Mutter, die wichtige Rolle, welche die Zuneigung bei der Entwicklung des Gehirns, der Entwicklung des Gefühls von Verbundenheit und Empathie spielt. Und auf dieser Grundlage, wenn man es in Bezug zu den Interaktionen mit anderen betrachtet, ist die Güte, das Wertschätzen anderer, etwas, das jeder entwickeln kann. Das liegt daran, dass jeder jemanden hatte, der sich um ihn oder sie gekümmert hat als er oder sie ein Baby war. Und sogar, wenn Sie von den Eltern missbraucht wurden, jemand hat sich um Sie gekümmert, sonst wären Sie heute nicht hier. Dies also ist die Grundlage und man muss Güte und Fürsorge nicht unbedingt auf einem religiösen Glauben basieren. Die Tatsache, das wir alle zusammen auf diesem Planeten leben und gut miteinander auskommen müssen, all das kann auf rein wissenschaftlicher Basis, auf den Instinkt des Überlebens, der Erhaltung der Art, Biologie, usw. basiert werden. Das entwickelt sich aus der Sichtweise einer vernuftbegründeten Sicht nicht nur der buddhistischen Ethik, sondern aller Arten von Ethik.
In Bezug zur buddhistischen Philosophie: dies hat sehr viel mit der Realität zu tun und es wird sehr deutlich betont (besonders vom Dalai Lama, dem derzeit vielleicht einflussreichsten der heutigen buddhistischen Lehrer und sicherlich der mit der höchsten Verwirklichung), dass wir eine realistische Auffassung von der Welt, uns selbst und allen Wesen und Dingen haben sollten! Alles ist miteinander verbunden. Alles ist gegenseitig abhängig. Wir können dies an dem wachsenden globalen Maßstab erkennen. Und das ist eine Tatsache. Es ist notwendig, die Wirtschaft, die Politik und alles andere mit einer ganzheitlichen Sicht zu betrachten. Dies wird in der buddhistischen Herangehensweise sehr betont und es ist nicht nur auf die Anhänger einer buddhistischen Religion beschränkt. Dies wird in diesem Bereich sehr betont.
Etwas, über das ich auch sehr gerne reden würde, sind die zunehmenden Trends in der Gesellschaft, die in der Zukunft zu großen Herausforderungen führen werden und ich denke, dass die Bereiche der buddhistischen Wissenschaft und der buddhistischen Philosophie in einem größeren, globalen Maßstab, von großem Nutzen sein können. Es gibt ein großes Interesse am Buddhismus und in der ganzen Welt gibt es mehr und mehr buddhistische Gruppen. Das ist gut, ob die Menschen nun am Buddhismus als Religion, oder einfach an Entspannungs-Techniken, was ich als „Buddhismus-Light“ bezeichne, interessiert sind. Aber das ist ein anderes Thema. Worüber ich hier reden möchte, ist der Trend von sozialen Netzwerken und Textmitteilungen und die völlige Abhängigkeit vom Mobiltelefon, dem Handy. Wenn man betrachtet, wohin dieser Trend führt, bemerkt man natürlich, dass man auch über den Nutzen reden könnte. Ich leugne nicht die Vorteile, aber lassen Sie uns die Probleme anschauen, die es mit sich bringt. Und da gibt es mehrere Probleme.
Als erstes, das Problem der Konzentration! Das Maß der Konzentration der Menschen sinkt beträchtlich, da sie die ganze Zeit mehrere Dinge auf einmal tun. Und obwohl sie zwar behaupten, dass sie mehrere Dinge auf einmal tun können, ist es klar, dass, wenn man einhundert Prozent Aufmerksamkeit aufteilt, man diese einhundert Prozent nicht jeder Sache widmen kann, mit der man sich gerade befasst. Viele Dinge laufen auf dem Bildschirm gleichzeitig ab. Sie überprüfen ihre E-Mails, ihre Facebook-Seite, ihre SMS-Nachrichten und sind andauernd mit dem Beantworten beschäftigt. Außerdem hören sie eine Vorlesung und weil sie gerade ihre Kopfhörer aufhaben, hören sie auch gleichzeitig Musik! In dieser Weise kann man den Geist auf keine dieser Dinge mit ausreichend Aufmerksamkeit richten. Und dies wird zu einem immer größeren Problem und der Trend entwickelt sich immer weiter und weiter. Wie kann man, von einem wirtschaftlichen Standpunkt aus gesehen, wirklich effektiv in seinem Beruf arbeiten, wenn man andauernd seine SMS-Nachrichten und seine Facebook-Seite überprüft? Letztendlich werden wir zu Cyborgs, denn diese Dinge werden irgendwann in unsere Brillen und schließlich auch in unser Gehirn eingebaut werden. Wenn man es von dieser Seite aus betrachtet, wird dieser Trend eine furchtbare Auswirkung auf die Effizient unserer Arbeit haben. Es ist ein gefährlicher Trend, der Disziplin verlangt. Deshalb sollte man diese Netzwerke nur zu einer bestimmten Zeit benutzen.
Das klingt sehr komisch! Kürzlich hat mich eine Freundin besucht, die als Professorin an der Hunter-Universität in New York arbeitet. Sie unterrichtet ein Seminar, das drei Stunden dauert und ihre Studenten müssen vorher ihre Handys an der Tür abgeben. (Es hört sich an, wie die bekannte Aufforderung: „Gib dein Gewehr an der Tür ab“.) Sie geben also ihre Handys an der Tür ab, sonst würden sie wohl während Unterrichts die ganze Zeit Nachrichten schreiben und nicht aufmerksam zuhören. Und sie erzählt, dass der Druck unter den Studenten so groß ist, dass sie jede Stunde eine fünfminütige Pause einlegen muss, damit sie schnell ein paar Nachrichten schreiben können. Hier geht es nicht mehr um eine Raucherpause, oder eine Toilettenpause, es geht um eine Pause, um Nachrichten an Freunde zu versenden! Das ist wirklich unglaublich! Aber es passiert tatsächlich. Und wenn das in New York passiert, wird es sehr bald auch im Rest der Welt passieren.
Der Buddhismus kann auf dieser rein wissenschaftlichen Ebene, wie man sich konzentriert und wie man seine Zwänge unter Kontrolle bringt, eine ganze Menge beitragen. Denn es wird zu einem Zwang, ständig eine Nachricht schreiben zu müssen und alle Nachrichten ständig abrufen zu müssen, und dahinter steckt dieses Gefühl, dass „ich etwas verpassen könnte“. Als ob es einen Unterschied machen würde, wenn man nicht erfährt, was der Freund zum Frühstück gegessen hat, oder welche Fernsehsendung er sich gerade anschaut. Ich bin wirklich erstaunt und versuche mir immer vorzustellen, was sie sich wohl die ganze Zeit schreiben. Was haben sie zu sagen? Es passiert doch gar nicht so viel!
Mir ist auch eine andere Sache bei einer Vorlesung aufgefallen, die jemand im MIT gegeben hat und die ich mir auf Youtube angehört habe (wie Sie sehen, schaue ich mir diese Sachen auch an). Sie sagte Folgendes: wegen dieser Abhängigkeit, Nachrichten schreiben zu müssen, bekommen Menschen das Gefühl, dass sie etwas nicht richtig empfinden oder erleben können, wenn sie es nicht in einer Nachricht mitteilen. Um also ein Gefühl empfinden zu können, müssen sie es erst als Nachricht ausdrücken. Das ist sehr gefährlich! Diese Entfremdung, welche die Menschen schon jetzt empfinden, ist schon schlimm genug, aber dies ist eine noch viel größere Entfremdung, eine Entfremdung von ihren Empfindungen und Gefühlen. „Ich bin nicht real und was ich erfahre, ist nicht real, wenn ich es nicht als Nachricht mitteile.“ Was steckt dahinter? Es ist zweifellos ein enormes Gefühl der Unsicherheit, ein Mangel an Selbstvertrauen und so weiter.
Und dadurch wird außerdem das Gefühl der Einsamkeit um ein Vielfaches verstärkt. Überall gibt es all diese sozialen Netzwerke, man muss mit jedem durch diese Netzwerke verbunden sein, aber es gibt immer weniger persönlichen Austausch. Die Menschen verlieren die Fähigkeit, Konversationen zu führen und dies hat bereits seinen Höhepunkt in Südkorea erreicht. Und wieder hat der Buddhismus viel in dieser Hinsicht anzubieten. Es ist einfach die grundlegende Erkenntnis, dass wir alle menschliche Wesen sind! Man befindet sich zum Beispiel in einem sozialen Netzwerk. Und in diesem sozialen Netzwerk hat man einen Austausch, aber die Menschen auf der anderen Seite des Netzwerks sind auch menschliche Wesen und sie haben genau die gleichen Gefühle. Und sie wollen, dass man sie mag. Sie wollen nicht, dass man sie ablehnt. Sie wollen nicht, dass die Menschen nur einen Knopf drücken, auf dem: „Ich mag dich“ steht, und dass dann jegliches Selbstwertgefühl von einer Nummer abhängt, die dort angezeigt wird. Sondern sie wollen menschlichen Austausch haben, genauso, wie Sie diesen zwischenmenschlichen Austausch möchten. Diesem Gefühl, dass ich alles unter Kontrolle haben muss, dass ich durch die Medien und durch mein Handy kontrollieren kann, was ich sage und dass ich mich nicht in die Gefahr der Spontaneität einer persönlichen Konversation begeben muss, diesem Gefühl liegt auch eine enorme Unsicherheit zugrunde. Und diese Unsicherheit wird natürlich durch die wirtschaftliche Unsicherheit, wie sie derzeit in der Welt herrscht, noch verstärkt.
Man muss kein Buddhist sein, um von den buddhistischen Lehren etwas lernen zu können! Aber wie Seine Heiligkeit der Dalai Lama immer betont, kann man durch Mitgefühl ein hohes Maß an Selbstvertrauen erlangen. Unter Mitgefühl verstehen wir, dass man freiwillig an die Probleme anderer denkt und sie in einer Weise berücksichtigt, als wären es die eigenen Probleme. Anstatt sich vor Problemen und Schwierigkeiten zu fürchten, nimmt man sie ernst und zeigt Interesse an ihnen. Vielleicht kann man keine Lösung anbieten, aber nur die Tatsache, dass man den Anderen gegenüber Interesse zeigt, ist ein sehr wichtiger Schritt zum Selbstvertrauen. Und ohne dieses Selbstvertrauen ist es auch nicht möglich, die wirtschaftlichen Schwierigkeiten zu überwinden, die ja ebenfalls da sind. Wenn es an Selbstvertrauen fehlt, fällt man schließlich immer weiter bis in die Depression zurück.
Ich denke, dass der Buddhismus im 21. Jahrhundert auf einer globalen Ebene sehr viel anzubieten hat, was nicht auf diese oder jene Kultur beschränkt ist, denn der Buddhismus war niemals auf diese oder jene Kultur beschränkt. Und wie ich schon erwähnte, werden in den Gebieten der buddhistischen Wissenschaft und der buddhistischen Philosophie, Methoden zur Konzentration und Methoden zur Entwicklung von mehr Disziplin angeboten. Wie entwickelt man Disziplin? Man entwickelt Disziplin, indem man erkennt, dass es sich sehr nachteilig auswirkt und man tatsächlich eingeschränkt ist, wenn man keine Disziplin hat. Man befasst sich auch mit Motivation und so weiter. Warum sollte man sich selbst Beschränkungen setzen, wie oft man sich beispielsweise seine Nachrichten ansieht? Man sollte hier bestimmte Grenzen setzen und einer Disziplin, einer ethischen Disziplin folgen, um andere ernst nehmen zu können, um sie nicht nur als Menschen zu sehen, die man mithilfe einer Maschine an- und ausschalten kann. Ansonsten ist es so: Wenn Sie gerade keine Lust haben, mit ihnen zu interagieren, dann klickt man einfach einen Button und schaltet sie aus – und die einzige Art und Weise, wie man den Anderen wirkliches Interesse zeigt, besteht dann darin, den „Ich mag dich“-Button zu drücken, damit die Zahl der „Likes“ auf ihrer Facebook-Seite ansteigt. So, dies ist wirklich ein wichtiger Punkt.
Bevor ich zum Ende komme und Sie Fragen stellen können, möchte ich noch kurz über die Wechselbeziehungen zwischen dem Buddhismus und anderen Religionen, anderen Kulturen, reden. Vor ein paar Jahren habe ich für Seine Heiligkeit dem Dalai Lama mit einem buddhistisch-muslimischen Dialog begonnen und einer meiner wichtigsten Anliegen bestand darin, zu verstehen, dass die Welt in verschiedene Gebiete aufgeteilt zu sein scheint. Es gibt die geografische Region Zentralasiens und es gibt zentralasiatische Kulturen, die sich über die ehemaligen islamischen Republiken der Sowjetunion, Kasachstan, Kirgisistan und so weiter, sowie über die Mongolei und Xinjiang in China sowie Tibet erstrecken. In dieser Region gibt es eine bestimmte gemeinsame Form der Wirtschaft, eine bestimmte gemeinsame traditionelle Gesellschaftsform der Landwirtschaft und des Hütens von Tieren. Und nun muss diese Gruppe von Menschen irgendwie zusammenkommen. Und wenn man betrachtet, welchen Religionen diese Kulturen traditionell angehörten, so sind es der Islam, die tibetische Form des Buddhismus und das russische orthodoxe Christentum. Ich habe mich dann also damit beschäftigt, einen Dialog zwischen den Buddhisten und den Muslimen zu beginnen, um ein gewisses Verständnis untereinander zu schaffen. Und einer der Schritte bestand darin, eine objektivere Sicht der Geschichte zu bekommen. Deshalb habe ich diese Nachforschungen angestellt und das E-Buch geschrieben, um eine objektivere Sicht darüber zu bekommen, was dort geschah und welche Art der Wechselbeziehungen bestanden. Seitdem habe ich versucht, mit meiner Webseite berzinarchives.com (im Mai 2016 als studybuddhism.com neu gestartet) den „echten“ Buddhismus zu erhalten.
Diese Aspekte der buddhistischen Wissenschaft und Philosophie können auf vielseitige Weise angewendet werden und obwohl ich das Thema nur sehr oberflächlich behandle, gibt es auch sehr tiefe philosophische Lehren innerhalb der tibetisch-buddhistischen Sphäre. Ich hatte das Privileg, für 29 Jahre in Indien zu leben und von den Größten der großen Meister, dem Dalai Lama und seinen Lehrern, zu lernen und all das, was ich studiert und übersetzt und geschrieben habe, möchte ich gern erhalten. Das war ein Aspekt. Ein anderer besteht darin, folgende Tatsche zu verdeutlichen: die meisten Menschen sind sich nicht bewusst darüber, dass die tibetische Zivilisation eine Weltzivilisation war und immer noch ist. Es geht nicht darum, die Kultur eines bestimmten Landes zu retten. Es ist eine ganze Zivilisation, deren Sprache, Literatur, Verständnis der Medizin, Kunst, Musik usw. sich nicht nur in einem kleinen Land, sondern in ganz Zentralasien verbreitet hat. Auf jeden Fall möchte ich dieses umfangreiche Material in vielen verschiedenen Sprachen zugänglich machen, denn nicht jeder in diesem Universum spricht englisch, wie wir hier sehen können. Obwohl hier viele Menschen die englische Sprache verstehen, was großartig ist. Zumindest hoffe ich, dass Sie alle Englisch verstehen, denn ich spreche in Englisch und es gibt keine russische Übersetzung!
Wie dem auch sei: Ich wollte dieses Material auch in die wichtigsten islamischen Sprachen übersetzen lassen und so habe ich mich darum gekümmert, dass wir eine arabische Sektion, eine Sektion in Urdu, eine türkische und eine indonesische Sektion haben. Ursprünglich war die arabische Sektion am populärsten, aber momentan wird die arabische von der indonesischen Sektion überholt. Das ist sehr interessant, denn Indonesien ist eine multi-religiöse Gesellschaft und das Interesse an Informationen über den Buddhismus ist sehr groß und sie sind dem gegenüber viel offener. In Malaysia, wo fast die gleiche Sprache gesprochen wird, sind die Menschen gesetzlich gezwungen, Muslime zu sein und sie haben daher keinen Zugang zu buddhistischen Texten. Buddhistische Texte sind auf die chinesische Gemeinschaft in Malaysia beschränkt und so beginnen sie ein wenig Interesse zu entwickeln. Und durch die Webseite haben sie nun Informationen, die ihnen zugänglich sind. Als nächstes werden wir dann auch in Farsi übersetzen, denn ich habe mich entschlossen, auch diese Sprachsektion einzurichten.
Ich habe Folgendes festgestellt: Ich habe einige Reisen in muslimische Länder unternommen, um dort zu unterrichten, und einmal habe ich in Kairo an der Universität eine Vorlesung gehalten, zu der etwa 300 Studenten freiwillig kamen, um sich einen Vortrag über den Buddhismus anzuhören! Und sie erzählten mir Folgendes: „Unser Zugang zu Informationen über den restlichen Teil der Welt ist so begrenzt, und die Menschen von außerhalb haben solch eine falsche Meinung über die Muslime, dass sie alle Terroristen seien. Das ist doch schrecklich“. Sie hatten also Interesse daran, etwas über andere Kulturen und anderen Ideen zu erfahren. Und sicherlich geht es einem Teil der Menschen in diesen Ländern so, vielleicht nicht allen, aber zweifellos ist es ein wachsender Anteil.
Und ich denke, und auch Seine Heiligkeit der Dalai Lama betont dies immer wieder, dass es in Bezug auf die islamische Welt sehr wichtig ist, sie mit einzubeziehen. Wenn man sie ausschließt und sie als „Terroristen“ abstempelt, dann werden sie sehr schnell zum Feind. Und je mehr man jemanden als Feind abstempelt, umso mehr entwickelt er sich zu einem Feind. Da gibt es einen sehr starken Einfluss in dieser Richtung. Wenn man sie mit einbezieht und ihnen Respekt zeigt, dann erweist sich das als sehr wichtig. Und ich denke, dass dies ein grundlegender Faktor ist, welcher das Denken in der islamischen Welt beeinflusst. Sie wollen dafür respektiert und akzeptiert werden, was sie sind und sie wollen als bedeutende Zivilisation der Welt und bedeutende religiöse Gruppe der Welt, die sie auch sind, mit einbezogen werden. Und indem ich meine Webseite in den islamischen Sprachen veröffentliche, habe ich nicht die Absicht, andere zu bekehren. Und mit Sicherheit werde ich die etwas religiöseren Aspekte nicht übersetzen lassen, aber das grundlegende Material, die grundlegende Idee, worum es im Buddhismus geht. Da gibt es die historischen Berichte, die objektiveren historischen Berichte, welche in diese Sprachen übersetzt wurden, usw. Meine Idee dabei ist, dass ihnen gegenüber Respekt erwiesen wird, sogar wenn es von nicht so vielen Menschen in diesen Sprachen gelesen wird (obwohl es immer mehr Menschen lesen). Und wenn es in ihren Sprachen angeboten wird und ihre Sprachen zusammen mit den anderen Sprachen angeboten werden, entsteht nicht nur ein guter Eindruck auf die Menschen der islamischen Kulturen, sondern es entsteht auch ein positiver Eindruck auf die Menschen außerhalb dieser Kultur, die vielleicht keine gute Meinung über die muslimische Welt haben. Aber wenn sie es an einem Ort wie auf meiner Webseite sehen, die sich zu einem immer größeren Lesepublikum öffnet (bis jetzt haben wir in diesem Jahr schon 1.1 Millionen Besucher auf der Webseite gehabt, was wirklich viel ist), dann sagen die Menschen, wie ich sehen kann, „Oh, das ist wirklich cool! Es gibt sogar Arabisch und Urdu und alle diese Sprachen!“ Auf diese Weise wird diesen Kulturen Respekt erwiesen. Sie werden mit einbezogen. Und ich denke, dass dies im Hinblick auf die Globalisierung sehr wichtig ist.
Mit diesen wachsenden Wechselbeziehungen und der gegenseitigen Abhängigkeit all unserer Kulturen und all unserer Religionen denke ich, dass es wichtig ist, nicht alles zu homogenisieren und einen einheitlichen Brei daraus zu machen, so dass man die gleichen Geschichten und gleichen Dinge überall wieder findet, also etwa eine Art von McDonalds-Welt. Vielmehr sollte es innerhalb einer globalisierten Welt ein Gefühl der Selbstachtung und der Würde gegenüber der eigenen Kultur und der eigenen Religion geben, und jede von ihnen sollte respektiert werden. Innerhalb dieses Rahmens kann jeder mit jedem kooperieren. Wenn man den Menschen jedoch das Gefühl gibt, dass sie durch ihre Kultur und ihre Religion im Rückstand gehalten wurden, dann hat das nicht nur psychologisch und emotional gesehen eine sehr negative Wirkung, sondern es wird auch Auswirkungen auf wirtschaftliche und politische Faktoren haben.
So, ich denke ich habe genug geredet. Vielleicht haben Sie ein paar Fragen?
Vielen Dank für Ihre Vorlesung. Sie war wirklich wunderbar. Könnten Sie uns vielleicht etwas über die Art des Buddhismus in Russland erzählen? Ist es möglich, dass in der Zukunft der Buddhismus in Russland so populär wird wie das Christentum?
Wie sie wissen, gibt es drei traditionell buddhistisch-geprägte Gebiete in Russland: es gibt die Burjaten-Mongolen, die Kalmücken-Mongolen und die Tuwaner. Und es gibt große Bemühungen in diesen Gegenden, den Buddhismus wieder zu beleben. Die Menschen haben Interesse an ihrer Kultur und es werden große Bemühungen in dieser Richtung unternommen. In einigen Gegenden kooperiert man auch untereinander. In anderen Aspekten wird auch eigenständig daran gearbeitet und zweifelsohne helfen Seine Heiligkeit der Dalai Lama und die Tibeter mit ihren Lehrern und ihrer Ausbildung, wann immer sie darum gebeten werden. Was buddhistische Gruppen unter denjenigen, die nicht traditionell Buddhisten sind, in Russland und in allen ehemaligen Sowjet-Republiken betrifft, sehen wir, das es gewiss ein wachsendes Interesse gibt, aber die Frage ist, worin eigentlich dieses Interesse besteht. Ich denke, ich bin das erste Mal im Jahr 1988 in diesen Teil der Welt gekommen und seitdem habe ich ohne Zweifel in diesen letzten 24 Jahren einen großen Wandel beobachtet. Und immer noch sehe ich, dass es ein großes Interesse am Buddhismus in den verschiedenen Gruppen von nicht-traditionellen Buddhisten in Russland gibt.
Eine Gruppe besteht aus sehr ernsthaften und intellektuellen Menschen, die sich vorgenommen haben, die Texte zu studieren und sie tun dies auf sehr wissenschaftliche und gründliche Weise. Und es gibt wunderbare Forschung, die in der Vergangenheit hier in Russland durchgeführt wurde und es gibt dort mit Sicherheit eine Gruppe von Menschen, welche diese Ernsthaftigkeit und einen wissenschaftlichen Ansatz in ihre buddhistischen Studien mit einfließen lassen. Das ist eine Gruppe.
Eine andere Gruppe ist mehr an Magie und Wundern interessiert. Sie suchen beispielsweise nach einer Wunderheilung und so „basteln“ sie die Art von Hinterlassenschaften von Madam Blavatskaya und Ähnliches zusammen, vielleicht Ufos und so weiter. Eigentlich suchen sie nur nach einer Wunderpille, welche sie von wirtschaftlichen und anderen Problemen retten wird. Und das zieht sicherlich einen Teil dieser Menschen an, die sich dem Buddhismus zuwenden.
Wie sieht die Zukunft aus? Wird sich der Buddhismus so weit ausbreiten wie das Christentum? Ich denke nicht. Offensichtlich bin ich kein Experte, was die Situation der orthodoxen Kirche hier in Russland betrifft, aber viele Menschen meinen, dass es Schwierigkeiten gibt, das Interesse der jungen Leute für die Kirche zu erwecken. Werden sich die jungen Leute mehr für den Buddhismus interessieren? Ich weiß es nicht. Ich denke, dass viel davon abhängt, wie der Buddhismus präsentiert wird. Wenn er in dieser magischen Weise präsentiert wird, sehe ich keinen großen Nutzen daraus entstehen, denn oft geschieht es, dass die Menschen hoffen und sich vorstellen, sie würden auf wundersame Weise geheilt werden. Und dann wirkt es nicht, denn daraus kann nichts entstehen. Das ist also nicht sehr hilfreich. Wenn die Situation der Menschen mehr und mehr aussichtslos wird, wenden sie sich vielleicht eher einer exotischen Form der Heilung zu, aber ich weiß nicht, wie beständig das sein wird.
Es gibt natürlich noch einen anderen Aspekt. Wie ich schon zuvor gesagt habe, gibt es hier in Russland auch eine wissenschaftliche und rationale Herangehensweise und ein Vermächtnis, von dem ich denke, dass es für die Zukunft etwas viel versprechender ist. Aber man sollte auch verstehen, dass der Buddhismus, wenn man die Geschichte des Buddhismus betrachtet, in gewisser Weise nie besonders populär war. Und unter „populär“ verstehen wir, dass eine ganze Gesellschaft den Buddhismus und buddhistische Einrichtungen unterstützt. Die eigentlichen Orte, an denen Meditation, Studium und so weiter, stattfanden, waren traditionell immer die Klöster. Dies wurde nicht den Laien und der Allgemeinheit gelehrt. Und erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts begann man in Burma Meditation auch der allgemeinen Bevölkerung zu unterrichten. Und dann hat es sich langsam weiter verbreitet. Im Grunde genommen ist es ein westliches Phänomen, dass der Schwerpunkt der buddhistischen Ausbildung bei den Laien liegt, also nicht bei Nonnen und Mönchen, sondern bei der allgemeinen Bevölkerung. Das ist etwas ganz, ganz Neues! Wie Sie verstehen müssen, bestand die Rolle der allgemeinen Bevölkerung darin, die Klöster zu unterstützen und grundlegende Unterweisungen zu bekommen, aber hauptsächlich darin, seine Kinder dorthin zu schicken, wenn sie lernen wollten. Und die Grundwerte sind dann vielleicht bis in die Gesellschaft durchgedrungen. Wie wird sich also der Buddhismus in Russland entwickeln? Wie wird er sich in anderen westlichen Gesellschaften entwickeln? Das ist wirklich schwer zu sagen. Seine Heiligkeit der Dalai Lama sagt dazu, dass im 21. Jahrhundert das Studium im Vordergrund stehen sollte. Man sollte seine Intelligenz benutzen, nicht so sehr die Gebete, die Hingabe und die Magie.
Wie kann ich sagen, was in Russland passieren wird? Ich habe keine Ahnung. Aber es ist wichtig, dass der Buddhismus nicht als Bedrohung gegenüber den orthodoxen christlichen Institutionen, die es hier gibt, angesehen werden sollte. Ich denke, dass die Beiträge der buddhistischen Wissenschaft und Philosophie erfolgreicher sein werden und erfolgreicher sein können, als die der buddhistischen Religion.