Leitlinien für den Aufbau einer buddhistischen Gemeinschaft

Sangha im Westen

Im Westen wird das Wort „Sangha“ als Entsprechung für die Mitglieder einer Kirche verwendet, etwa einer „Kirchengemeinde“, wie es im Deutschen heißt. Wie gesagt, entspricht das keineswegs der traditionellen Verwendung des Wortes, aber es hat sich im Westen eingebürgert und festgesetzt. Wir müssen uns sehr klar darüber sein, worauf es sich bezieht und worauf nicht. Es bezieht sich nicht auf das Sangha-Juwel, also der Gemeinschaft hoch verwirklichter Wesen, den sogenannten „Edlen“, welche über nicht-konzeptionelle Wahrnehmung der vier edlen Wahrheiten und der Leerheit verfügen.

Aber egal wie wir unsere buddhistische Gemeinschaft nennen – ob Sangha oder anders – gibt es in den monastischen Regeln der Disziplin, den Gelübden der Mönche, Richtlinien, die auch als Richtlinien dafür dienen können, wie man in einem Dharma-Zentrum besser zusammenarbeitet. Generell gilt, dass es für Mitglieder des Sangha sehr wichtig ist:

  • harmonisch zusammenzuarbeiten,
  • als hauptsächliche Tätigkeit gemeinsam zu lernen, zu praktizieren und zu meditieren,
  • einander in dieser Aktivität zu unterstützen,
  • zum Nutzen anderer tätig zu sein
  • und all dies so weit wie möglich frei von samsarischer Motivation zu tun.

Auf diese Weise können wir einen erleuchtenden Einfluss aufeinander ausüben und auch auf die Gesellschaft in unserer Umgebung positiven Einfluss nehmen, solange wir nach einem positiven Ziel streben – das ist die Bedeutung des tibetischen Wortes für Sangha – und dieses Ziel ist Befreiung und Erleuchtung.

Lass uns einige der Richtlinien in den monastischen, Bodhisattva- und tantrischen Gelübden betrachten, die in diesem Zusammenhang hilfreich sein können.

Richtlinien aus den monastischen Gelübden

Selbst wenn unsere buddhistische Gemeinschaft nur aus Laien besteht und es weder Mönche noch Nonnen gibt, selbst dann sind die monastischen Gelübde wichtig, weil der Buddha diese anlegte, um eine harmonische, spirituelle Gemeinschaft aufzubauen.

Nicht über die eigene Praxis oder das, was man erreicht hat, lügen

Wir gehen miteinander im Sinne des Dharma, des Übens von Dharma, um, und wir müssen darüber ganz ehrlich sein, nicht vorgeben, dass wir schon weit gekommen sind, oder so tun, als würden wir intensive und fortgeschrittene Praktiken ausüben, wenn das noch gar nicht der Fall ist; und uns nicht den Anschein geben, ein großer Yogi zu sein, wenn dem nicht so ist. Auch sollen wir nicht unsere Fehler verbergen. Es mag sein, dass wir uns, wenn wir uns im Dharma-Zentrum aufhalten, den Anschein geben, als wären wir diszipliniert und würden uns ethisch verhalten, aber kaum sind wir draußen, betrinken wir uns oder nehmen Drogen, und tun dann jedoch so, als wäre das gar nicht der Fall. Seien wir aufrichtig zueinander, täuschen wir nichts vor. Seien wir insbesondere ehrlich, was unsere Praxis betrifft, denn das ist etwas, was wir miteinander teilen können: unsere Erfahrung, das, was wir lernen, was wir gemacht haben. Einige haben vielleicht das Gefühl, es sei peinlich, über Erfahrungen in der Meditation zu sprechen, aber ich denke, es ist wichtig, dass wir unsere Erfahrungen damit, den Dharma im täglichen Leben anzuwenden, miteinander teilen. Wenn wir sehr faul gewesen sind und überhaupt nichts getan haben, erzählen wir uns keine Lügen darüber.

Das bringt uns zu einem Themengebiet, über das es sehr hilfreich sein kann, mit unseren Dharma-Freunden zu reden, nämlich, was man machen soll, wenn man keine Lust zum Praktizieren hat. Wie geht man damit um? Wir haben nämlich alle solche Phasen.

Miteinander nicht grob kommunizieren

Der nächste Punkt ist, nicht beleidigend miteinander zu reden, jemanden mit Schimpfwörtern zu benennen, einander anzuschreien, sondern im Gespräch miteinander höflich zu bleiben. Höflich zu sein heißt nicht, dass wir formal sein müssten, sondern einfach allgemein freundlich. Ich sage nicht, dass man im Hinblick auf die Sprache Formalitäten beachten soll. Ich beziehe mich auf das Benehmen, die Art miteinander umzugehen, die ganze Atmosphäre. Man sagt nicht: „He, weg da!“ Wir gebrauchen Wörter wie „bitte“ und „danke“. Eher „Könntet ihr bitte etwas leiser sein“ als „Haltet jetzt mal die Klappe“. Wir befinden uns an einem Ort, wo wir versuchen, Respekt zu entwickeln, also ist es auch wichtig, sich gegenseitig Respekt zu zeigen und nicht grob zu werden oder beleidigend zu reden.

Einander nicht verleugnen

Die nächste Regel lautet, nicht übereinander herzuziehen. Wir erzählen nichts Falsches übereinander. Wir erfinden keine Geschichten und solche Sachen. Das ist alles andere als förderlich. Wir sollten keine falschen Anschuldigungen gegeneinander erheben. Etwa: „Du bist nicht gekommen, weil du zu faul warst.“ Man weiß eigentlich nicht, warum jemand nicht aufgetaucht ist, um bei einem Projekt mitzuhelfen oder an einer Sitzung teilzunehmen; vielleicht ging es ihm nicht gut. Wir gestehen den Menschen diese Möglichkeit zu („Im Zweifel für den Angeklagten“).

Einander nicht schlagen

Erhebt nicht die Hand gegen andere Mitglieder, schlagt sie nicht. Das wird vermutlich nicht besonders oft vorkommen, aber es ist in den Gelübden erwähnt. Mir fällt gerade ein, unter den Gelübden der Mönche und Nonnen gibt auch eines, das besagt, dass man niemanden kitzeln soll, aber das hatte ich nicht mit in den Unterricht aufgenommen. Es ist eben einfach nicht nett, wenn man zu jemandem hingeht, der gerade in der Meditation sitzt, und ihn kitzelt. Man sollte auch kein Wasser herumspritzen.

Jemanden nicht gezielt ängstigen

Wenn zum Beispiel jemand einen Dharma-Text niederlegt und man sagt: „Pass bloß auf damit, sonst kommst du in die Hölle“. Oder man könnte etwa auch sagen „Oh, du machst diese Klausur nicht – das ist ganz schlimm“, und Schuldgefühle in jemandem hervorrufen – „Du bist am Montag nicht zum Unterricht gekommen! Was bist du nur für ein Mönch!“ Wir sollten nicht versuchen, anderen absichtlich Angst einzujagen oder sie bange zu machen.

Nicht die mit der Gruppe getroffenen Entscheidungen im Nachhinein kritisieren

Wenn man seine Zustimmung zu einer formalen Handlung der Gemeinschaft gegeben hat, wendet man sich nicht später dagegen, indem man kritisiert und missbilligt, was getan wurde. Zum Beispiel: Die Gemeinschaft, die Mitglieder des Dharma-Zentrums, treffen sich und entscheiden als Ganzes, nach einem neuen Zentrum zu suchen oder einen bestimmten Lehrer einzuladen, und man stimmt dem zu. Mecker dann später nicht daran herum und sag: „Das war falsch“, indem Du dem ablehnend gegenüberstehest. Auch das gehört dazu, wenn man miteinander in Harmonie leben will. Die monastische Institution handelt im Konsens, ein Konsens, dem die Menschen zustimmen. Es ist eine ziemlich demokratische Art von Institution. Dazu gehört auch, dass man, wenn man seine Zustimmung zu etwas gegeben hat, anschließend bei der entsprechenden Aktion mitzieht. Man sollte nicht im Nachhinein einen großen Aufstand darum machen und Probleme aufrühren. Wenn wir als Dharma-Zentrum darüber übereingekommen sind, etwas Bestimmtes zu tun, dann wird es natürlich nicht ganz genau so laufen, wie wir es als Gruppe geplant haben, und es wird ganz bestimmt nicht so vor sich gehen, wie wir es uns in unserem eigenen Kopf zurechtgelegt haben. Aber wenn man sich auf eine bestimmte Vorgehensweise oder auf ein Projekt geeinigt hat, ist man auch tatsächlich an der Handlung beteiligt. Man sollte sich nicht so verhalten, dass Probleme entstehen. Aber, wie sowohl Shantideva als auch Atisha geraten haben, überlege gut, ob Du ein Projekt tatsächlich zu Ende bringen kannst, bevor Du dich dazu entschließest, es zu beginnen.

Nicht andere verunglimpfen, wenn diese die Dinge anders angehen als wir selbst

Stell dir vor, dass jemand von der Gruppe mit einer bestimmten Arbeit für das Zentrum beauftragt wurde, und diese Person füllt den entsprechenden Auftrag auf eine Art und Weise durch, die im Einklang mit dem Dharma steht. Verunglimpfe diese Person nicht, wenn sie das vielleicht auf andere Weise tut, als Du selbst es tun würdest. Du wirst vielleicht nicht sagen: „Du machst das ja fürchterlich, du bist zu nichts zu gebrauchen“, aber vielleicht schreien Sie die Person an, weil man es deiner eigenen Meinung nach ein bisschen anders machen sollte. Das passiert in Dharma-Zentrum andauernd. Jemand wird ausgewählt, um etwas zu tun, und alle pflichten bei, und dann macht man es dieser Person schwer, obwohl sie nichts Verkehrtes tut. Wenn sie etwas verkehrt macht, muss man sie natürlich korrigieren. Aber selbst wenn man sie korrigiert oder ihr Ratschläge gibt – etwa, wenn sie nicht so gut Bescheid weiß, wie man etwas macht – , versucht man dabei höflich zu bleiben, und spricht nicht abfällig, wie wir es schon gehört haben: „Du bist ja blöd, du bist unfähig, du taugst zu nichts.“

Nicht einer Gruppenentscheidung aus dem Weg gehen

Wenn eine Entscheidung über etwas getroffen werden muss, versammelt sich die klösterliche Gemeinschaft, um die Angelegenheit zu entscheiden. Auch Mitglieder eines Dharma-Zentrums müssen sich ab und zu versammeln, um über bestimmte Vorgehensweisen zu entscheiden oder darüber, was sie mit dem Zentrum vorhaben, und man sollte die Sitzung nicht verlassen, bevor die Sache entschieden ist, oder zumindest nicht, bevor man klargemacht hat, wofür man stimmen wird. Das gehört zu den Mönchs-Gelübden, und es ist wichtig für Versammlungen, in denen etwas entschieden wird – man stimmt mit darüber ab. Auch wenn man früher gehen muss, muss man seine Stimme abgeben.

Das führt zu einer interessanten Frage: Wie demokratisch möchten wir unsere Dharma-Zentren denn haben? Gibt es einen Vorstand und wie funktioniert er? Handelt es sich dabei um Mitglieder des Dharma-Zentrums oder lediglich um Leute, die nur gelegentlich kommen? In einem Kloster gibt es Mitglieder und Menschen, die nur zu Besuch kommen. Ebenso wird es in einem Dharma-Zentrum erforderlich sein, dass es tatsächlich engagierte Mitglieder der Gemeinschaft gibt, aber es wird auch Leute geben, die nur gelegentlich hereinschauen. Ich denke auch, dass es sehr wichtig für ein Dharma-Zentrum ist, tatsächliche Mitglieder zu haben. Wie wird bestimmt, wer Mitglied ist – durch einen bestimmten Betrag, den er zahlt, oder wie wollen wir das definieren? Das ist etwas, was die Gemeinschaft entscheiden muss. Ganz offensichtlich muss es Leute geben, die das Zentrum tatsächlich verwalten, ebenso wie das auch für ein Kloster gilt.

In Hinsicht darauf, wer tatsächlich die körperliche Arbeit erledigt, die in einem Kloster anfällt, zum Beispiel in demjenigen, das ich am besten kenne, dem Kloster Ganden, wurde es so gehandhabt, dass sich die Mönche beim Saubermachen des Tempels, beim Herrichten des Altars usw. abwechseln, denn so etwas kann den ganzen Tag in Anspruch nehmen. Deswegen kommt jeder mal an die Reihe, beispielsweise einen Monat lang. Du kannst dich dann vielleicht nicht richtig auf dein Studium konzentrieren, weil Du mit dem Saubermachen beschäftigt sind, aber man wechselt sich damit ab und es ist nicht so, dass jemand sich dauernd damit abplagen muss. Auf diese Weise hat jeder gleich viel Zeit für Studium und Praxis und jeder beteiligt sich an der körperlichen Arbeit.

Für Mitglieder eines Zentrums ist es wichtig, diesem monastischen Muster zu folgen, nach dem die Mitglieder entscheiden, wie man vorgehen soll und was getan werden soll. In einigen Zentren, die ich kenne, beschließt zum Beispiel ein so genanntes Komitee, dass es im Dharma-Zentrum ein intensives Studien-Programm über diesen oder jenen wichtigen Text geben soll, obwohl die Mitglieder daran eigentlich gar nicht interessiert sind und die Angehörigen des Komitees nicht einmal den Unterricht besuchen und folglich gar nicht wissen, was die Leute wirklich wollen. Sie machen das einfach, und dann kommt niemand, oder es tauchen nur ein oder zwei Leute auf. Um darüber zu entscheiden, welche Aktivitäten im Dharma-Zentrum stattfinden sollen, ist es wichtig, dass die Mitglieder an der Entscheidung teilhaben, andernfalls werden die Leute nicht kommen. Was wird gewünscht? Sollen Pujas gemacht werden, will man studieren oder besteht der Wunsch nach schweigender Meditation? Was genau wird gewünscht? Also wählen und entscheiden eigentlich die regelmäßigen Mitglieder. Natürlich wird es immer schwierig sein, einen Konsens zu finden, dem tatsächlich jeder zustimmt, aber nachdem die Entscheidung gefallen ist, solltest Du dich danach richten. Darüber haben wir schon gesprochen. Man beklagt sich dann nicht darüber und macht nicht nachträglich Schwierigkeiten. Wenn Dir das Konzept nicht gefällt, bleibe weg und nehme nicht daran teil. Aber wenn die Leute sich auf ein Programm geeinigt haben und Du gehest hin, dann sollten Du dich auch darauf einlassen.

Denk daran, dass gemäß der Zen-Tradition, wie wir bereits gesehen haben, eine der Besonderheiten des Sangha darin besteht, dass alle harmonisch zusammenarbeiten. Ein Zentrum sollte also nicht wie in einer Diktatur geleitet werden. Wenn ein Zentrum Teil einer größeren Organisation mit vielen Zentren ist, treten häufig Probleme auf. Das habe ich überall auf der Welt festgestellt. Es gibt ein leitendes Gremium, das für das gesamte Reich der Zentren ein bestimmtes Konzept vorschreibt, und an dem einen oder anderen Ort, der zu dieser Organisation gehört, ist man nicht an dem entsprechenden Programm interessiert. Man spaltet sich ab und es gibt jede Menge Probleme und gegenseitige Anschuldigungen – „ihr habt mir mein Dharma-Zentrum abspenstig gemacht“ – und all so etwas. Das ist sehr traurig. Ich denke, dass selbst in solchen großen Organisationen die einzelnen Zentren ein beträchtliches Maß an Autonomie brauchen. Wenn man das tibetische Beispiel anschaut, sollte man nicht meinen, dass alle Klöster einer bestimmten Tradition einander gleichen wie Fotokopien. So ist es nicht. Verschiedene Klöster werden diese oder jene Schwerpunkte legen. Eines ist vielleicht in erster Linie ein Studien-Kloster, ein anderes in erster Linie ein Ritual-Kloster. Innerhalb des weit gespannten Rahmens der Kagyü-, Sakya-, Nyingma- und Gelug-Tradition ist das durchaus erlaubt. Die Klöster leiten sich aus einer bestimmten Überlieferungslinie her und verehren dieselben Meister der Überlieferung, und in dieser Hinsicht halten sie zusammen, aber innerhalb dieses Rahmens lässt man Raum für Verschiedenheit, wie es auch der Buddha zuließ.

Buddha lehrte viele verschiedene Wege für verschiedene Menschen. Es ist traurig, wenn ein Dharma-Zentrum von einem Komitee geleitet wird, das kaum in Berührung mit den alltäglichen Aktivitäten und den normalen Mitgliedern dort kommt. Ich denke, dass das monastische Modell einer demokratischeren Vorgehensweise von großer Wichtigkeit ist. So war jedenfalls die ursprüngliche Idee – ob diese nun von den heutigen Klöstern tatsächlich befolgt wird oder nicht. Große Meister, die die spirituellen Leiter von Dharma-Zentren und Dharma-Organisationen sind, können natürlich Empfehlungen und Hinweise geben; auch die langjährigen Schüler können Anregungen geben. Aber es ist wichtig, dies als Anregungen und Empfehlungen zu verstehen, und nicht als Befehle eines Feldherrn in der Armee. Man kann darüber sprechen und gemeinsam entscheiden: „Ist das wirklich das, was wir tun wollen?“ Wenn es sich um etwas handelt, das die Leute nicht wirklich wollen, dann geht man zu dem Lehrer oder zu den langjährigen Mitgliedern und sagt ganz höflich: „Die Leute sind nicht sonderlich begeistert davon. Könnten Sie bitte etwas genauer erklären, warum Sie meinen, dass es für uns besonders hilfreich ist, das zu tun?“ Wenn es sich tatsächlich nicht durchführen lässt, sagt man „Es tut mir leid, wir können das nicht tun.“ „Wir haben nicht genug Geld, ein neues Zentrum zu bauen.“ „Wir haben keine ausreichende finanzielle Unterstützung.“ Sei ehrlich gegenüber dem Lehrer. Nochmals: Sobald wir uns als Gemeinschaft dazu entschlossen haben, etwas zu tun, sollten wir dazu stehen und keine Schwierigkeiten machen. Wenn wir jemanden mit etwas beauftragt haben, versuchen wir, ihm hilfreich beizustehen, statt ihn zu kritisieren und es ihm schwer zu machen, denn es ist nur natürlich, dass jemand anderes es nicht genau auf die gleiche Weise erledigen wird, wie wir es getan hätten.

Nicht das unethische Verhalten anderer akzeptieren

Es ist ganz besonders wichtig in den klösterlichen Gemeinschaften, dass die Mitglieder sich in ihrem Verhalten nach den Lehren, vor allem den ethischen Regeln, richten müssen. Es liegt in der Verantwortung der Gruppe, jeden, der sie nicht beachtet, darauf hinzuweisen, dass das erforderlich ist. Das ist kein Schimpfen, sondern offensichtlich kann man ihm behilflich sein; es geht nicht darum, zu bewirken, dass sich jemand schuldig fühlt. Es gehört zu den Nebengelübden eines Bodhisattvas, nichts zu tun, was Menschen dazu veranlasst, schlecht über den Dharma zu denken. Wir sind Buddhisten, wir sind Mitglieder eines buddhistischen Zentrums, und es ist wichtig, dass einzelne Mitglieder nicht den Ruf des Zentrums oder des Buddhismus‘ schädigen, indem sie sich unangemessen verhalten. Wenn das bei jemandem der Fall ist, liegt es in unserer Verantwortung, ihm mitzuteilen, dass er dieses Verhalten einstellen soll, und zu versuchen, es zu korrigieren.

Manche Männer machen zum Beispiel anzügliche Bemerkungen, wenn sie reden, und wenn sie ein Dharma-Zentrum besuchen, sprechen sie Frauen auf belästigende Weise an. Ich habe das auch schon in einem Zentrum erlebt. Wenn so jemand bewirkt, dass eine Frau sich belästigt fühlt, ist es wünschenswert, dass das Dharma-Zentrum ihn zurechtweist bzw. hilft, dieses Verhalten abzulegen. Sonst wird die Frau nie wieder ins Zentrum kommen.

So etwas schadet dem Ruf des Dharma-Zentrums. Wenn Frauen dort von bestimmten Männern belästigt werden, die versuchen, sie anzumachen oder was auch immer, gerät das Dharma-Zentrum in Verruf und die Leute werden es meiden. Wenn jemand sich auf solche Weise verhält, muss man ihn zurechtweisen.

Ein anderes Beispiel ist, dort betrunken aufzukreuzen und im Zentrum oder auch außerhalb davon Unruhe zu stiften. Wenn die Leute wissen, dass ein Mitglied des Zentrums sich betrinkt und Streitigkeiten anzettelt, geraten das Zentrum und der Buddhismus in Verruf. Wenn Leute sich so verhalten, liegt es in der Verantwortung der Gruppe, dass man sie auf ihr schlechtes Benehmen hinweist und versucht, ihnen dabei behilflich zu sein, das zu ändern. Wenn es im Zentrum solche Leute gibt und sie auf ihr ungebührliches Verhalten hin angesprochen werden, ist es wichtig, dass sie aufrichtig sind und nicht bloß schweigen oder ausweichend antworten. Mit anderen Worten: Wenn wir darauf angesprochen werden, dass wir uns unangemessen verhalten haben, sollten wir es zugeben.

Noch etwas, was ich beobachtet habe, ist, dass Frauen im Sommer mit ganz kurzen Miniröcken ins Dharma-Zentrum kommen und sich dann direkt vor den Lehrer hinsetzen, während ihr Röckchen kaum noch etwas bedeckt. Ich habe als Übersetzer für einen ordinierten Rinpoche gearbeitet, als so etwas passierte. Das ist schrecklich peinlich. Man weist also die betreffende Person darauf hin und sagt „Wenn Sie zu den Unterweisungen kommen, sollten Sie sich etwas dezenter kleiden, bitte zeigen Sie etwas Respekt.“ Aber manchmal wird man dann ganz schön abgekanzelt „Was wollen Sie überhaupt, ich kann doch wohl anziehen, was ich will!“

Wenn wir von einem Mönch sprechen, ist das, worum es beim Verhalten geht, Respekt für das Zölibatsgelübde zu zeigen. Ich habe ein extremes Beispiel angeführt, die Frau, die in ihrem winzigen Minirock dasaß, noch dazu ohne Unterwäsche. So entblößt man sich nicht gegenüber einem hochrangigen, ordinierten Rinpoche oder überhaupt irgendeinem Mönch, niemandem gegenüber. Es ist einfach unhöflich. In der Sauna – ja, aber nicht in einem Dharma-Zentrum während der Unterweisungen. Das soll nicht heißen, man solle so gekleidet kommen, dass man von oben bis unten mit Stoff oder Tüchern bedeckt ist, sondern wir sprechen davon, nicht in Extreme zu verfallen.

Es geht einfach darum, Respekt zu zeigen. Es gibt allerlei Regeln, dass man jemanden nicht unterrichten soll, der einen Hut trägt oder seine Schuhe anbehält, und so weiter. Der Sinn von all dem ist, dass Respekt für das gezeigt werden soll, was wir in einer buddhistischen Gemeinschaft tun.

Nicht eine buddhistische Gemeinde kritisieren, wenn wir herausgeworfen werden, weil wir stören

Selbst wenn wir wegen unangemessenen Benehmens aus dem Dharma-Zentrum geworfen werden, monieren wir das nicht und sprechen nicht schlecht über das Zentrum. Nehmen wir einmal an, jemand wäre vollkommen betrunken ins Dharma-Zentrum gekommen, würde während der Unterweisungen laute Bemerkungen machen und sich wie ein Trunkenbold benehmen. In dem Fall kann es notwendig sein, die Person zu bitten, das Dharma-Zentrum zu verlassen. Auch wenn wir selbst diese Personen sind, die dazu aufgefordert wurde, ist der Verweis angemessen, denn wir stören die anderen und bringen das Zentrum in Verruf. Selbst wenn wir es sind, die gehen müssen, sollten wir nachher nicht das Zentrum schlecht machen. Kann sein, dass wir dort Mitglied sind und es uns aus irgendwelchen Gründen eben einfach passiert ist, dass wir betrunken dort auftauchten, und wir wurden gebeten das Zentrum zu verlassen. Wir kritisieren das Zentrum nicht dafür, dass es so gekommen ist. Es war korrekt, dass man uns gebeten hat zu gehen. In betrunkenem Zustand verstehen wir das vielleicht nicht, aber später durchaus. Es kommt tatsächlich vor, dass Leute alkoholisiert zu Unterweisungen kommen, und es ist nicht besonders angenehm für den Lehrer und ganz bestimmt nicht für die anderen Anwesenden, wenn ein Betrunkener im Hintergrund lauter hässliche Bemerkungen macht. Alle fühlen sich unbehaglich. Was unter dem Gesichtspunkt der monastischen Gelübde wichtig ist, ist auch hier wiederum die Betonung der ethischen Disziplin. Wir wollen nichts tun, was der Disziplin der Gruppe oder unserer eigenen Disziplin schadet.

Richtlinien aus den Bodhisattva-Gelübden

Ich denke, dass auch einige der Bodhisattva-Gelübde für das Verhalten in einem Dharma-Zentrum relevant sind. Was legen die Bodhisattva-Gelübde uns nahe?

Keinen Groll hegen

Wenn ein Mitglied des Zentrums sich unangemessen verhalten hat und sich dann entschuldigt, nimm die Entschuldigung an und verzeih der betreffenden Person.

Keine Gaben nehmen, die den drei Juwelen dargebracht wurden

Wenn Geld für eine Dharma-Aktivität in die Spendenbox getan wurde, steckt man das natürlich nicht einfach in die eigene Tasche. Wenn Geld für die Veröffentlichung von Dharma-Büchern, den Kauf von Statuen oder sonst irgendetwas gespendet wurde, verwenden wir es für diesen Zweck.

Nicht knauserig sein, wenn es darum geht, die Lehren zu teilen

Wenn jemand die Notizen, die Du dir zu Dharma-Themen gemacht hast, oder Ritualgegenstände oder sonst irgendetwas ausleihen und verwenden möchte, ist es wichtig, sie zu teilen und nicht nur für sich zu behalten. Als Gemeinschaft versuchen wir, einander bei der Entwicklung zu Freiheit und Erleuchtung zu helfen, und deshalb teilen wir alles, was anderen oder der Gemeinschaft dabei helfen könnte. Das ist heutzutage sehr einfach, denn wir können Fotokopien machen, das Internet nutzen usw., und das ist erheblich einfacher als jemandem die einzige Abschrift von etwas zu geben. Aber selbst wenn das der Fall wäre, ist es besser, sie nicht nur für sich zu behalten.

Sich nicht scheuen, denjenigen zu helfen, die Hilfe brauchen

In den Gelübden werden acht Arten von Personen genannt, die Unterstützung brauchen.

  1. Diejenigen, die Hilfe brauchen, um eine Entscheidung über etwas Positives zu treffen, beispielsweise in einer Sitzung. Wenn ein Dharma-Zentrum eine Sitzung abhält, um über ein bestimmtes Vorgehen zu entscheiden, muss man an dieser Sitzung teilnehmen. Wenn man nicht hingeht, um dabei zu helfen, weil man ärgerlich, faul oder gleichgültig ist oder weil man Groll gegen jemanden hegt – „ich mag dich nicht und deswegen werde ich nicht kommen“, dann übertritt man seine Gelübde. Wenn man nicht hingeht, weil man eine andere Verpflichtung hat, beschäftigt oder krank ist, ist das etwas anderes. Aber nicht teilzunehmen, weil man keine Lust hat oder weil es einem egal ist, ist nicht angemessen. Es ist erforderlich, dass man hingeht und teilnimmt.
  2. Diejenigen, die Unterstützung bei einer Reise brauchen. Alte Menschen, für die es schwierig ist, zum Zentrum zu kommen, benötigen vielleicht eine Fahrgelegenheit. Wenn Du einen Wagen hast, holst Du sie ab und fährst sie wieder nach Hause. Hilf ihnen die Treppen hinauf und dergleichen mehr.
  3. Dann gibt es diejenigen, die Hilfe beim Erlernen einer fremden Sprache brauchen, die wir beherrschen. Nehmen wir an, dass Leute unser Zentrum aufsuchen, die kein oder nur wenig Deutsch sprechen. Du kannst ihnen helfen, indem Du für sie übersetzt. Manchmal befinden sich Leute im Zentrum, die zu einem Vortrag gekommen sind, aber aufgrund von Sprachschwierigkeiten nicht ganz verstanden haben, worum es ging. Ihnen kannst Du helfen, indem du erklärst, was gesagt wurde.
  4. Die nächste Art von Hilfe ist diejenige beim Ausführen einer Aufgabe, die nicht moralisch verwerflich ist. Menschen, die jagen oder fischen gehen, brauchen wir nicht zu helfen. Aber wenn die Leute im Zentrum saubermachen, helfen wir ihnen. Das ist eine neutrale Arbeit.
  5. Des Weiteren gibt es Menschen, die Hilfe dabei brauchen, auf ein Haus, einen Tempel, oder Besitztümer aufzupassen oder auf das Zentrum achtzugeben und sich darum zu kümmern. Wenn wir einem Dharma-Zentrum angehören, liegt es in unserer gemeinsamen Verantwortung, uns darum zu kümmern und das nicht irgendwelchen Bediensteten zu überlassen. In Südamerika geschieht es oft, dass eine reiche Person Räumlichkeiten – entweder einen Teil ihres Hauses oder ein Gebäude, das ihnen gehört – für ein Dharma-Zentrum zur Verfügung stellt. Die Leute sehen das dann als das Dharma-Zentrum jener Person an, und niemand hilft, sich darum zu kümmern, weil sie es als persönlichen Besitz dieses Wohltäters oder der Wohltäterin ansehen. Sie haben nicht richtig das Gefühl, als wären sie Mitglieder des Dharma-Zentrums. Wenn aber alle zusammen dazu beitragen, sich um das Zentrum zu kümmern, trägt das dazu bei, ein Gemeinschaftsgefühl zu schaffen. Das ist wesentlich gesünder.
  6. Andere wiederum brauchen Hilfe dabei, einen Kampf oder einen Streit zu beenden. Wenn es im Dharma-Zentrum Auseinandersetzungen oder Unstimmigkeiten gibt, helfen wir, sie beizulegen. So etwas kommt zwischen verschiedenen Gruppen im Zentrum oder auch zwischen einzelnen Personen vor.
  7. Auch hilft man einander dabei, festliche Anlässe zu feiern, zum Beispiel an bestimmten Tagen Pujas durchzuführen. Ich denke, dass es durchaus angemessen ist, bestimmte große Anlässe, etwa den Tag von Buddhas Erleuchtung, im Dharma-Zentrum zu feiern, wie so etwas auch in jeder anderen Religion üblich ist. Wenn etwas gefeiert wird, wenn eine bestimmte Puja, ein Ritual oder etwas in der Art stattfindet, ist es wichtig, daran teilzunehmen und nicht einfach zu sagen: „Ach, ich bin nur hier, um zu meditieren; mit diesen anderen Angelegenheiten will ich nichts zu tun haben.“ Es ist von Bedeutung, gemeinschaftlich an diesen Feiern teilzunehmen. Es gibt Zentren, zu deren Programm es gehört, jede Woche eine bestimmte Puja bzw. ein Ritual durchzuführen. Es muss nicht absolut jeder dabei sein, aber ich denke, es ist ganz schön, wenn es an bestimmten Dharma-Tagen besondere Festlichkeiten für die gesamte Gemeinschaft gibt. Dann können die Mitglieder zusammen feiern, nicht nur etwas als ein Ritual durchführen, sondern gemeinsam essen. Das ist Teil des gesamten Brauchs, man richtet den Tsog her, es gibt lauter Gaben, und am Ende verteilt man sie, isst zusammen und das Ganze ist wie ein Fest.
  8. Und schließlich gibt es noch die Hilfe bei wohltätigen Aktivitäten. Wenn das Dharma-Zentrum eine Art Wohlfahrtsprogramm hat, zum Beispiel Strafgefangenen zu helfen, in Krankenhäusern mitzuarbeiten usw., so ist es eine gute Sache, wenn so viele Leute wie irgend möglich sich zumindest in einem gewissen Ausmaß an diesen Aktivitäten beteiligen. Man muss nicht alles tun, aber etwas sollte man tun.

Noch ein weiterer Punkt in Bezug auf gemeinsames Feiern: Ich finde es auch wichtig, reden wir über Feiern, dabei Familien mit einzubeziehen, besonders Kinder. Es ist ziemlich merkwürdig: Wenn man sich die Leute ansieht, die in ein Dharma-Zentrum kommen, so ist festzustellen, dass es sich meist um Alleinstehende handelt, und die meisten haben keine Kinder. Das macht fast den Eindruck einer monastischen Gemeinschaft, nicht wahr? Das ist ganz interessant. Nur wenige davon haben eine Familie, ich finde, das ist nicht so gesund, vor allem dann, wenn Dharma-Zentren, in denen die Menschen auch wohnen, eine Menge Vorurteile gegenüber Kindern haben. „Wir wollen hier keine Kinder, sie machen Krach, sie stören uns beim Meditieren.“ Das ist eine ungesunde Einstellung, die viele Menschen abstößt. In einigen Dharma-Zentren gibt es Gruppen für Kinder; das ist eine hervorragende Idee. Kinder helfen gern bei Pujas, sie können diejenigen sein, die den Tsog verteilen, oder dabei helfen, die Wasserschalen herzurichten und Ähnliches mehr. Wenn sie alt genug sind, können sie auch teilnehmen. So sind unsere Aktivitäten im Dharma-Zentrum nicht etwas, das uns unseren Familien entfremdet, sondern es gibt bestimmte Aktivitäten, in die sie mit einbezogen werden.

Wenn wir uns das genauer anschauen, ist das recht interessant. Buddhismus ist auch eine Religion. Vielen Menschen, die Dharma-Zentren aufsuchen, ist diese Vorstellung etwas unangenehm. Wenn wir jedoch Buddhismus auch als eine Religion ansehen, so ist das etwas, das die ganze Familie mitberücksichtigen muss. Ich finde, das ist etwas, was man bedenken muss: Kann unser Dharma-Zentrum als Mittelpunkt unseres religiösen Lebens fungieren und auch unsere Familien mit einbeziehen? Wenn ja, wie? Nicht unbedingt, indem es sie zum Buddhismus bekehrt!

Wenn wir zukünftige Entwicklungen ins Auge fassen, so ist zu berücksichtigen: es gibt buddhistische Paare, die heiraten, Kinder haben und ihre Kinder im buddhistischen Sinne erziehen wollen, und dann werden sie alt. Auch daran ist zu denken: sich um alte Buddhisten zu kümmern, auf Kinder aufzupassen – wie können wir als Zentrum dafür sorgen?

Kranke und alte Menschen nicht vernachlässigen

Wenn jemand, der regelmäßig das Zentrum besucht, nicht mehr kommt, insbesondere wenn es sich um jemanden handelt, der allein lebt, sollte man anrufen und sich erkundigen, ob er krank ist oder Hilfe braucht. Wenn die Person krank ist, hilf dabei, sich um sie zu kümmern. Es gibt in der heutigen Gesellschaft viele Menschen, die alleine leben und niemanden haben, an den sie sich wenden können, wenn sie Hilfe brauchen, vor allem, wenn sie alt sind. Ich denke, es ist eine wichtige Funktion der Mitglieder einer Dharma-Gruppe, dass sie diejenigen sind, auf die man sich verlassen kann, denen gegenüber man das Gefühl hat: „Ich kann mich immer darauf verlassen, dass meine Dharma-Freunde sich um mich kümmern.“ Es ist eine wunderbare Sache, sich umeinander kümmern zu können – nicht nur wenn wir alt sind; auch junge Menschen können Hilfe brauchen, wenn sie krank werden. Wenn man niemanden hat, auf den man zählen kann, niemanden, der vorbeikommt und einem hilft, dann werden es die Leute aus Ihrem Dharma-Zentrum tun. Als Mitglieder des Dharma-Zentrums ist es an uns, uns bei den Menschen im Zentrum zu erkundigen, denn manchmal trauen sie sich nicht, um Hilfe zu bitten.

Es nicht unterlassen, den geistigen Kummer anderer Menschen zu lindern

Wenn jemand den Verlust eines geliebten Menschen erlitten hat oder sehr niedergeschlagen ist, versuch, ihn zu trösten, ihm zu helfen. Wenn sich jemand beispielsweise mit einer Depression in einer Klinik befindet – das geschieht ziemlich vielen Leuten – versuch, ihn dort zu besuchen und zu unterstützen.

Richtlinien aus den tantrischen Gelübden

Nicht wütend aufeinander werden

Nicht ärgerlich aufeinander zu werden ist natürlich ziemlich schwierig, und wir müssen wirklich versuchen, es im Sinn zu behalten, um harmonisch zusammenzuarbeiten. Wenn Meinungsverschiedenheiten auftreten, klär sie, werd nicht einfach nur ärgerlich.

Wie man ein Gemeinschaftsgefühl schafft

Bei Belehrungen in einem Kreis sitzen

Was ich zum Beispiel immer sehr hilfreich finde, ist, bei den Unterweisungen oder Sitzungen im Kreis zu sitzen, wenn genug Platz dafür ist. Wenn es zu voll ist, geht das natürlich nicht. Aber im Kreis zu sitzen ermöglicht uns, uns wirklich gegenseitig zu sehen, statt auf den Rücken von jemandem zu schauen oder außer den Personen vor uns niemanden richtig zu sehen. Wenn wir vorne sitzen, sehen wir niemanden von denjenigen hinter uns. Das ist eine ganz kleine physische Angelegenheit, aber einander zu sehen trägt tatsächlich dazu bei, sich als Teil einer Gruppe zu empfinden.

Die Meditation über Liebe und Mitgefühl üben, indem wir sie auf uns gegenseitig richten

Etwas, das ich in meinem Sensitivitäts-Training zu tun versuche, ist: Wenn wir über Themen wie Liebe und Mitgefühl meditieren, dies nicht nur zu tun, indem wir einfach dasitzen und alle Lebewesen visualisieren, sondern es, während wir in einem Kreis sitzen, tatsächlich in Bezug aufeinander zu üben. Wir sehen die anderen an: „Möget ihr glücklich sein, möget ihr frei von Leiden sein, möget ihr frei sein.“ Dies sind wirkliche Menschen und wir beziehen diesen Wunsch gegenseitig aufeinander. Ich finde, das ist sehr hilfreich für unsere Meditation. Wenn wir über Leiden nachdenken, denken wir daran, wie jeder in der Gruppe, alle gleichermaßen, an Krankheit, Alter und Tod leiden, und wir sehen das wirklich in Bezug auf konkrete Menschen. Das macht es realer. Diese Art zu meditieren hilft uns nicht nur, uns weiterzuentwickeln, sondern hilft uns auch, Empathie zu entwickeln, Mitgefühl miteinander zu haben. Das trägt zum Aufbau der Gruppe bei.

Unsere alltäglichen Praxiserfahrungen mit anderen diskutieren

Auch finde ich es hilfreich, regelmäßige Diskussionsrunden zu veranstalten, in denen wir darüber sprechen, welche Erfahrungen wir bei dem Versuch gemacht haben, die Dharma-Lehren im täglichen Leben in die Praxis umzusetzen – in der letzten Woche, in den letzten 14 Tagen oder im vergangenen Monat, je nachdem, wie oft wir uns treffen. „Ich habe versucht, während meiner Arbeit die Unterweisungen zur Geduld anzuwenden, aber das war in dieser oder jener Situation, im Büro usw., sehr schwierig.“ Wir reden darüber und dann können wir uns gegenseitig Ratschläge geben oder Erfahrungen miteinander teilen. „Wir versuchen dies und wir versuchen jenes.“ Das trägt dazu bei, unser Verständnis des Dharma zu vertiefen und bringt uns einander auch als Gemeinschaft näher, die auf ein Ziel ausgerichtet ist: Befreiung und Erleuchtung. Hier müssen wir uns an eines der Mönchsgelübde erinnern: ehrlich zu sein. Gieb nicht vor: „Oh, ich werde nie ärgerlich.“ Wir müssen aus unserer eigenen Erfahrung heraus, von Herzen sprechen. Das ist wirklich sehr hilfreich und inspirierend. Auf diese Weise unterstützen wir einander als Gruppe, es ist ein Zusammenwirken als Gruppe.

Wir alle versuchen, Fortschritte zu machen. Einige von uns sind neu, einige sind erfahrener. Ganz ähnlich wie in einer Familie sind junge Leute und ältere Leute dabei, so dass wir einander helfen können. Jung und alt muss nicht unbedingt vom tatsächlichen physischen Alter abhängen, es geht mehr um die Erfahrung. Und wiederum kommen all diese Gelübde zusammen; wir tun das alles auf eine Art und Weise, dass wir niemandem in der Gruppe das Gefühl geben, schuldig oder dumm zu sein.

Gemeinsame Erholung

Der letzte Punkt, den ich für wichtig halte, ist, sich ab und zu als Gruppe gemeinsam zu erholen. Es ist sehr schön, gelegentlich ein Picknick zu machen oder ein Essen, zu dem jeder etwas mitbringt, oder irgendetwas anderes in der Art, allerdings nicht als Hauptaktivität der Gruppe. Einige Gruppen hier in Berlin machen so etwas. Sie veranstalten zum Beispiel zu Silvester ein Abendessen, zu dem jeder etwas mitbringt. Viele Menschen haben keine Lust, in ein Lokal zu gehen oder an lärmigen Geselligkeiten teilzunehmen, aber sie wollen auch nicht allein herumsitzen. Bei solchen Anlässen kann es sehr schön sein, im Dharma-Zentrum zusammenzukommen. Meiner Meinung nach ist es sehr hilfreich, im Laufe des Jahres von Zeit zu Zeit so etwas zu veranstalten. Es ist notwendig, nicht nur aus ernsten Anlässen zusammenzukommen, sondern auch gemeinsam zu lachen.

Zusammenfassung

Das sind einige der wesentlichen Dinge, die mir aufgefallen sind, als ich die Gelübde durchgesehen habe, und die meiner Meinung nach hilfreich für eine Gruppe oder ein Dharma-Zentrum sein können. Obwohl es nicht der orthodoxen Verwendung des Wortes „Sangha“ entspricht, es auf die Menschen in einem Dharma-Zentrum zu beziehen, spielt nichtsdestotrotz auch im Dharma-Zentrum die Gemeinschaft eine wichtige Rolle. Wir praktizieren nicht einfach für uns alleine, wir haben Freunde, die uns helfen, und wir können uns gegenseitig auf dem Weg weiterhelfen. Ich bin sicher, dass wir uns gegenseitig inspirieren können, positiven Einfluss aufeinander ausüben und vieles miteinander teilen können.

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