Ursachen für Bodhichitta schaffen

Rückblick 

Eine korrekte Vorstellung von Bodhichitta und Erleuchtung haben

Wir haben gesehen, dass es ein relatives und ein tiefstes Bodhichitta gibt, und dass es auf die Erleuchtung, insbesondere auf unsere eigene, individuelle Erleuchtung ausgerichtet ist, die noch nicht stattgefunden hat, aber unserem Geisteskontinuum zugeschrieben werden kann; irgendwann wird sie stattfinden. Sie wird jedoch nicht zwangsläufig geschehen, denn wenn wir nicht die Ursachen dafür schaffen, wird sie nicht stattfinden. Relatives Bodhichitta ist also auf das gerichtet, was die noch nicht stattfindende Erleuchtung im Grunde mit sich bringt: den Aspekt der Erleuchtung des Dharmakaya des tiefen Gewahrseins (des allwissenden Geistes), sowie die Sambhogakaya- und Nirmanakaya-Aspekte. Tiefstes Bodhichitta ist darauf gerichtet, wie diese noch nicht stattfindende Erleuchtung existiert, also auf dessen Leerheitsaspekt, welcher der Aspekt des Körpers der essentiellen Natur dieser Erleuchtung ist. 

Was relatives Bodhichitta betrifft – die Weise, wie der Geist es als sein Objekt erfasst, so geschieht dies mit zwei Absichten. 

  • Eine Absicht ist, diesen Zustand zu erreichen, sie also zu einer gegenwärtig stattfindenden Erleuchtung und nicht zu einer noch nicht stattfindenden Erleuchtung zu machen. 
  • Die andere Absicht ist, allen durch dieses Erlangen so vollständig wie möglich von Nutzen zu sein. Doch diese Absicht kommt sogar noch früher, denn sie ist Teil der Motivation, anderen bestmöglich von Nutzen sein zu wollen und daher – weil wir erkennen, dass wir so vollständig wie möglich Erleuchtung erreichen müssen, um dies bestmöglich tun zu können – haben wir die Absicht, diese Erleuchtung zu erreichen und tatsächlich anderen zu helfen. 

Bodhichitta ist somit von Liebe und Mitgefühl begleitet, doch Bodhichitta keinesfalls dasselbe wie Liebe und Mitgefühl. Wir müssen also diese Geisteszustände, diese Geistesfaktoren, unterscheiden. Mitgefühl hat schließlich ein Ziel – großes Mitgefühl (nicht nur gewöhnliches Mitgefühl) ist auf alle gerichtet und insbesondere auf das Leiden aller. Es ist nicht auf die Erleuchtung gerichtet; es ist auf das Leiden von allen gerichtet und die Weise, wie der Geist dieses Objekt erfasst, ist mit dem Wunsch und der Absicht verbunden, sie mögen frei davon sein, ihr Leiden möge verschwinden, und auch mit der Absicht, dass ich etwas dagegen unternehmen werde und mir wünsche, etwas dagegen tun zu können. Das kommt also zuerst, noch vor Bodhichitta. Und zusammen mit Bodhichitta können wir Mitgefühl haben, denn wir sind in der Lage, mehrere Geisteszustände mit verschiedenen Objekten gleichzeitig zu haben, so wie wir zur gleichen Zeit hören und sehen können, wenn wir mit jemanden reden. In ähnlicher Weise können wir gleichzeitig Mitgefühl und Bodhichitta haben, doch dabei handelt es sich um unterschiedliche Objekte – sie richten sich auf unterschiedliche Dinge. Es ist also überaus wichtig, Mitgefühl von Bodhichitta zu unterscheiden. Mitgefühl ist der Wunsch, alle mögen frei von Leiden und den Ursachen des Leidens sein; Liebe ist der Wunsch, alle mögen glücklich sein und die Ursachen des Glücks besitzen. Dies alles sind verschiedene Geisteszustände. 

Um uns wirklich auf korrekte Weise auf die relative Wahrheit unserer zukünftigen Erleuchtung auszurichten, die noch nicht stattfindet – um uns also auf das zu richten, was sie ist – müssen wir eine ganz genaue Vorstellung davon haben, was Erleuchtung ist. Handelt es sich um eine falsche Vorstellung und meinen wir, wir könnten einfach einen Zauberstab schwingen oder unsere Hände bewegen und alle Probleme der Welt oder des Universums lösen – nun, dabei handelt es sich nicht um etwas, was möglich und was Erleuchtung ist. Dies erlangen zu wollen wäre reinste Fantasie. Wir müssen eine ausgesprochen präzise Vorstellung und ein Verständnis davon haben, was Erleuchtung tatsächlich ist und müssen wirklich vertraut mit all den Eigenschaften eines Buddhas sein. Das sollten wir bereits gelernt haben, wenn wir Zuflucht, eine sichere Ausrichtung in unserem Leben, nehmen. Wir lernen es lange vor Bodhichitta. 

Überzeugt von unserer eigenen, persönlichen Erleuchtung werden  

Damit wir das Erlangen der Erleuchtung anstreben können, müssen wir überzeugt davon sein, dass es möglich ist, sie zu erlangen – es ist möglich für mich, sie zu erreichen. Das erfordert, wie gesagt, diese zwei Dinge – es erfordert mehrere andere Dinge, doch um sich auf sie auszurichten, muss ich ein korrektes Bild haben. Dieses korrekte Bild würde aufzeigen: Wie ist es möglich, dass ich mit diesem Zustand der Buddhaschaft in der Lage sein werde, allen bestmöglich von Nutzen sein zu können? Es gilt also, wirklich diese grundlegenden Dinge, wie störende Emotionen, zu verstehen. Es geht sogar noch um grundsätzlichere Dinge: es gibt kein Hervorbringen von Erscheinungen wahrer Existenz, wie wir heute morgen besprochen haben, was bedeutet, dass wir vollkommen gewahr über all die Ursachen sein können, sowie darüber, wie alles und jeder, das Karma von allen seit anfangsloser Zeit, miteinander verbunden sind. Es geht darum zu erkennen, was mit einer bestimmten Person oder mit jeder Person los ist und was die Gründe dafür sind, warum sie auf diese oder jene Weise handeln. Wir reden davon, die Konsequenzen von allem zu kennen, was wir ihnen lehren, damit wir genau wissen, was wir ihnen am besten beibringen sollten. Welchen Einfluss wird es auf sie haben, nicht nur in allen zukünftigen Leben, sondern auch: welchen Einfluss wird das, was wir ihnen gelehrt haben, auf alle anderen haben, denen sie begegnen? Es geht um die Fähigkeit, sich mit anderen in Beziehung zu setzen, mit allen auf eine Weise zu kommunizieren, die sie verstehen können, und nicht begrenzt darauf zu sein, immer nur einer Person helfen zu können. Wir müssen also verstehen, dass dies wirklich der Weg ist, auf dem wir in der Lage sein werden, allen helfen zu können. Und trotz allem ist alles, was wir tun können, ihnen den Weg zu weisen. Verstehen müssen sie es selbst. Es gilt zu der Überzeugung zu gelangen, dass es möglich ist so zu werden. 

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