In Leben und Tod: Der Dharma ist unser Anführer
Heute werden wir mit den Versen des Textes: „Sich in Meditation über Vergänglichkeit üben“ weitermachen:
(24) Der Dharma ist unser Führer auf einem unbekannten Pfad; der Dharma ist unsere Nahrung auf einer Reise, die mühsam und lang ist. Der Dharma ist unser Beschützer in bedrohlichem Gebiet; daher sollten wir uns von nun an – mit Körper, Rede und Geist – im Dharma üben.
Auf diese Weise kann man beschreiben, wie wichtig der Dharma in unserem Leben ist. Wenn wir über den Dharma sprechen, können wir ziemlich tief und weit gehen. Die Menschen ziehen stets Dinge vor, die man leicht transportieren und mitnehmen kann, denn sonst erfordert es große Bemühungen. Am leichtesten ist unser Geist – wir können ihn jederzeit mitnehmen. Die schönste Sache in Bezug auf den Dharma ist nichts anderes, als zu erkennen, wie unser Geist funktioniert. Wie Buddha sagte, wird es keinen Schaden geben, wenn wir diesen verrückten Elefanten, unseren Geist, mit Gewahrsein festhalten können. Lassen wir ihn hingegen frei, wird es ohne Zweifel zu großen Problemen kommen. Um zu erkennen, wie mächtig der Geist ist, reicht es, sich all die Konflikte in der Welt anzusehen. Fast alles, vielleicht 90 Prozent unserer Probleme, sind auf unsere menschlichen Brüder und Schwestern zurückzuführen, auf ihre Geisteshaltungen und ihre Denkweisen. Besonders jene der Brüder!
Wohin wir auch gehen, der Geist ist stets bei uns. Sogar wenn wir unseren Körper wechseln – was wir tun müssen, wenn wir wiedergeboren werden – ist der Geist nach wie vor da. Mit der Dharma-Praxis schaffen wir durch unser Verhalten positive Eindrücke in unserem Geist. Unser Bewusstsein setzt sich mit diesen Eindrücken im nächsten Leben fort. Auf diese Weise kann sich manchmal sogar ein kleines Kind an sein früheres Leben erinnern. Oder manchmal ist es so, dass in einer Familie mit identischen Zwillingen einer sehr sanft und der andere ziemlich grob ist. Es gibt so viele verschiedene Dinge, welche nur schwer durch die Wissenschaft erklärt werden können. Ein Nutzen, die Natur des Geistes zu erkennen, besteht darin, dass sogar Menschen ohne viel Reichtum glücklich sein können, wenn sie den Geist erforschen.
Den Wert des Geistes erkennen
Ich habe einen engen Freund, der für mich arbeitet. Vor ein paar Tagen hatte er ein Problem mit seinem Mobiltelefon und sagte mir, wie sehr er sich ein Telefon mit Display wünschen würde. Ich sagte ihm, dass ich ihm eins besorgen würde. Ohne die Erlaubnis meiner Begleiter gab ich ihm dann eins. Davor war er ziemlich glücklich, kam rechtzeitig zur Arbeit und all meine Begleiter bewunderten ihn: sein Talent, seine Pünktlichkeit und so weiter. Doch dann gab ich ihm dieses Gerät, was ihn völlig verdarb! Seitdem kam er nicht mehr rechtzeitig zu Arbeit und hat nun mehr Sorgen als vorher. Ständig bittet er mich, sein Telefon aufzuladen. Heute morgen sagte ich zu ihm: „Vorher, als du nichts hattest, warst du glücklicher. Doch seitdem du dieses Telefon hast, leidest du.“ Darauf erwiderte er: „Das stimmt, aber ich kann nichts dagegen tun!“ Das ist also ein großes Problem!
Sobald man den inneren Wert des Geistes erkennt, ist er immer bei uns. Das ist die einzige Hoffnung. Alle anderen Dinge sind nur vorübergehend. Seit anfangsloser Zeit und bis zur vollen Erleuchtung und darüber hinaus, haben wir alle einen Geist. Durch ihn können wir wissen, was wirkliches Glück ist. Wenn wir die Natur des Geistes nicht erkennen, ist es ausgesprochen schwierig.
Wie gesagt, werde ich die Verse in drei Kategorien teilen. Dies ist die letzte Kategorie: das Gefühl der Wertlosigkeit. Wie oft sagen wir: „Ich bin wertlos“ oder „ich bin wirklich einsam“? Wir sind so abhängig von unseren Freunden, unserer Familie und anderen Menschen. Wenn unser Freund nicht für uns da ist, fühlen wir uns allein. Wenn wir die Person, die wir so lieben, nicht in der Nähe haben, sind wir zutiefst betrübt. Warum ist das so? Weil wir zu sehr von ihnen abhängig sind! Machen wir uns stattdessen von unserem Geist abhängig und fokussieren uns auf ihn, können wir denken: „Ihn habe ich ständig bei mir.“
Unser Geist kann so viel tun. Ob wir mit unserem Feind zusammenleben können oder nicht, hängt von unserer Geisteshaltung, von unserem Geist, ab. Sogar ob wir ohne Nahrung überleben können, kann manchmal von der Kraft unseres Geistes abhängen. Einmal gab es in Tibet eine Hungersnot, weil nichts in den Felder wuchs und es somit nichts zu essen gab. Es gab eine Mutter mit zwei Kindern, die sie ermutigen wollte, indem sie zu ihnen sagte: „Seht euch all jene an, die gestorben sind. Wir sollten nicht aufgeben. Wir haben in diesem Topf etwas zu essen, doch wir öffnen ihn nicht, bis wir das Gefühl haben, dem Tod nahe zu sein. Wir geben nicht auf.“
Sie nahm den Tontopf und band ihn an ein Seil. Dann ging sie los, um nach Nahrung zu suchen und kam zwei oder drei Tage nicht zurück. Die Kinder warteten zu Hause und kamen fast um vor Hunger. Plötzlich kam ein Windstoß, der Topf löste sich vom Seil und fiel zu Boden. Er zerbrach und die Kinder sahen, dass sich nur Sand in ihm befand. Unmittelbar danach starben die Kinder, da sie all ihre Hoffnung verloren hatten.
Ich weiß nicht, ob diese Geschichte wahr ist oder nicht, aber sie zeigt, wie stark unser Geist ist. Meistens richten wir uns nicht auf unsere inneren Werte, sondern auf andere Dinge, die kommen und gehen. Das ist die Realität. Und es ist der eigentliche Grund hinter unserer Einsamkeit und Angst.
Ein stabiler Geist ist wichtig zum Zeitpunkt des Todes
(25) Schafft ihr in dieser Zeit, in der das letztendliche Glück erreichbar ist, keine sichere Grundlage, was bleibt euch dann, wenn ihr den letzten Atemzug tut und euer hysterischer Geist keinen Ruhepunkt findet?
Aus diesem Vers können wir schlussfolgern, dass wir zum Zeitpunkt des Todes einen stabilen Geist benötigen. Ein stabiler Geist ist abhängig von einer täglichen Praxis, etwas, das wir jeden Tag tun. So viele Menschen praktizieren ihr ganzes Leben und führen viele gute Taten aus. Ihre Praxis mag jedoch nicht wirklich stabil sein. Dann kann es sein, dass sie im Moment des Todes scheitern, denn wie ich gestern sagte, ist er die letzte Prüfung. Das führt dann zu großen Problemen, aber die Macht liegt in unseren Händen. Wir sollten darüber nachdenken, diese Welt zu verlassen, indem wir auf außergewöhnliche Weise sterben. Das sollte unsere Verpflichtung sein. Diese Verpflichtung wird dann zu etwas wirklich Starkem in unserer Praxis. Wenn wir dann abends schlafen gehen, ist es, als würden wir jedes Mal sterben. Schlaf und Tod sind sich in vielerlei Hinsicht ähnlich. Schlafen und somit in die Dunkelheit zu gehen, ist für uns ein Geschenk.
Ich habe in einem Artikel gelesen, dass eine Person, die 80 Jahre alt wird und jede Nacht 8 Stunden schläft, fast 30 Jahre mit Schlafen verbracht hat! Das beste Geschenk, das wir uns selbst machen können, ist zu versuchen, bewusst einzuschlafen und uns darüber gewahr zu sein, wie sich unser Bewusstsein allmählich in etwas Unbekanntes, eine Art Dunkelheit, auflöst und langsam in eine Ebene des Träumens eintritt. Ich träume nicht sehr oft. Manchmal habe ich wirklich gute Träume darüber, wie Seine Heiligkeit Belehrungen gibt. Zuweilen schlafe ich ein, nachdem ich mir einen Film angesehen habe und bekomme furchtbare Träume. Ich würde sagen, dass wir vor dem Schlafengehen etwa zu 80 Prozent steuern können, welche Träume wir haben werden. Wir haben unsere Träume nicht vollkommen unter Kontrolle und wir haben über unsere nächsten Leben keine Kontrolle. Doch wir können versuchen, einen Einfluss auf sie zu haben. Das ist unsere Hoffnung.
Erinnert ihr euch an die kanadische Frau im Hospiz? Ich ermutigte sie, diese Art der Praxis zu machen, damit sie sich nicht darum sorgen würde, ins Koma zu fallen. Denkt daran, wir reden hier über die Vergänglichkeit. Befinden wir uns in einem Auto und die Bremsen funktionieren bei hoher Geschwindigkeit nicht mehr, haben wir ein Problem! In dieser Situation haben wir keine Zeit, um innezuhalten und über den Dharma nachzudenken oder uns auf etwas vorzubereiten. Unsere einzige Hoffnung ist, dass wir einen Einfluss auf unseren Geist haben konnten. Wir müssen etwas Erfahrung und eine starke Entschlossenheit haben.
Aus diesem Grund erklärt der große Könchog Tenpe Drönme, dass wir, wenn wir den Dharma praktizieren, es ernsthaft zu und eine sichere Grundlage dafür schaffen sollten. Folgen wir mehr oder weniger den Ratschlägen unserer Gurus und der Buddhas, wird es einfach für sie sein, uns zu erreichen. Sprechen wir über Samaya, einer engen Bindung zwischen einem Guru und einem Schüler, so liegt es am Schüler zu tun, was die Gurus und Buddhas raten. Ist diese Bindung da und betet der Guru, bekommen die Schüler sogar noch mehr Nutzen aus ihrer Praxis. So funktioniert es meiner Meinung nach. Die Energie kommt nicht aus Gottes Händen, um eine gute Wiedergeburt zu erlangen. So funktioniert das nicht. Alles hängt von Ursachen und Bedingungen ab, nicht wahr? So verstehe ich es.
Sich an die Vergänglichkeit erinnern, um eine starke Motivation für die Dharma-Praxis zu schaffen
(26) Das ist ein Lied der Vergänglichkeit, eine Meditation, „ein großes Licht für die Erhellung des Mittleren Weges.“ Sein Zweck ist, die Entschlossenheit des Geistes für den Dharma zu Beginn, in der Mitte und bis zur letztendlichen Befreiung zu stärken.
Wie ich bereits erwähnt habe, besteht der Zweck dieses Vortrags darin, über etwas ausgesprochen Schönes zu reden, über ein Werkzeug, das wir nutzen können, um an den kostbaren Belehrungen Seiner Heiligkeit und anderer großer Lamas festzuhalten. Es ist etwas, das uns hilft, all die Ratschläge der großen Gurus nicht zu vergessen. Fehlt uns die Motivation etwas zu tun, werden wir alles verlieren. Es ist, als würden wir eine Apparatur in unserem Haus haben, die Gold produziert, und wir zu faul sind, sie zu benutzen. Und dann sagen wir noch: „Ich bin so arm, ich habe nichts!“ Vielmehr sollten wir mit starker Motivation denken: „Ich kenne die Natur des Geistes“ und „ich kenne die wahre Natur, die Leerheit ist.“ Wir können denken: „Diese kostbare Sache, die letztendliche Wahrheit, kann ich nutzen, um Befreiung und volle Erleuchtung zu erlangen, um sie mit anderen zu teilen und sie anzuleiten.“ Da gibt es all diese wunderschönen Dinge, über die wir nachdenken und die wir in unser tägliches Leben einbringen können.
Manchmal gehen wir zu Belehrungen Seiner Heiligkeit und haben das starke Gefühl, sie umsetzen zu müssen. Doch dann, zwei oder drei Stunden später, sagen wir: „Oh, lass uns ein Kaffee trinken gehen“, und damit fallen wir dann einfach in unser normales Verhalten zurück. Wir brauchen etwas Ermutigung. In den Prajnaparamita-Lehren gibt es einen Pfad der Vorbereitung. Dort wird gesagt, man brauche zwei Lehrer, um diesen Pfad zu erlangen. Der eine ist der äußere und der andere der innere Lehrer. Der äußere Lehrer hilft uns, Erleuchtung zu erlangen. Doch der innere Lehrer ist der wichtigere, denn er ist immer bei uns: der eigene Lehrer des Gewahrseins. Er lässt uns innehalten: „Dies sollte ich nicht sagen. Das sollte ich nicht tun. So sollte ich nicht denken. Jetzt sollte ich praktizieren.“ Doch ohne über die Vergänglichkeit nachzudenken, ist es äußerst schwierig.
Wenn wir über Bodhichitta reden, mögen wir denken, es sei zwar wunderschön, doch nicht leicht zu erlangen. Da bin ich mir zu hundert Prozent sicher, denn jedes Mal, wenn ich die Bodhisattva-Gelübde von Seiner Heiligkeit bekomme, sind sie schon wenige Minuten später wieder verschwunden! Das passiert jedes Mal und vielleicht geht es euch da wie mir. Und über das Thema der Leerheit habe ich von meinen Lehrern gelernt, die alle hervorragend sind. Manchmal habe ich das Gefühl, ich brauche den Buddha nicht, wenn ich die Anleitung dieser Lehrer habe. Wenn meine Lehrer über die Leerheit reden, kann ich wirklich etwas dabei empfinden. Es ist eins meiner Lieblingsthemen. Ich freue mich immer, wenn sie etwas über die Leerheit sagen und finde, dass sie so gütig sind, dies zu erläutern. Direkt nach der Belehrung fühle ich mich ganz anders. Ich betrachte die anderen Menschen und habe Mitleid mit ihnen, weil sie die letztendliche Wahrheit nicht kennen!
Doch Mitgefühl ist wirklich hilfreich. Ich möchte etwas mit euch teilen. In Bezug auf das Mitgefühl gibt es drei Arten. Hier reden wir über großes Mitgefühl. Das Mitgefühl, was wir im Moment haben, ist nur gewöhnlich. Mit dieser Art des Mitgefühls ist das Potenzial nicht sehr groß. So sagen wir beispielsweise: „Oh, dem armen Hund fehlt ein Bein.“ Oder wir denken: „Der Arme, der sich in dieser schwierigen Situation befindet.“ Das ist gewöhnliches Mitgefühl, weil es den reichen Mann nicht erreicht, den wir aus einem BMW aussteigen sehen. Wir denken nicht: „Der arme wohlhabende Mann.“ Doch dieser reiche Mann unterliegt ebenfalls der Vergänglichkeit. Und dann gibt es die letztendliche Wahrheit: weil er die letztendliche Wahrheit nicht kennt, muss er unkontrollierbar in Samsara reisen. Auf diese Weise werden uns die Tränen kommen, wenn wir an diesen reichen Mann denken. Ich finde also, dass Mitgefühl überaus kostbar ist.
Es ist wichtig für uns, an die Lehren über den Tod zu denken und uns an sie zu erinnern. Wie gesagt hat der Buddha uns verlassen und auch die großen Meister sind nicht mehr bei uns. Die größte Botschaft, die wir daraus bekommen können, ist, dass sie geboren wurden und dann starben, es aber in einem guten Zustand taten. Wir sollten dem gleichen Pfad folgen. Bevor wir sterben, ist es am besten eine starke Motivation zu entwickeln, über Vergänglichkeit nachzudenken.
Eine unvoreingenommene Sichtweise in Bezug auf die Dharma-Lehren haben
(27) Wenn sich unser Geist dem Dharma zuwendet, gibt es viele Pfade, die als tiefgründig gelten. Doch die authentische Tradition des Siegreichen Losang Dragpa zeigt die essentielle Absicht eines jeden mächtigen Buddhas.
(28) Macht euch durch mündliche Erklärungen und tiefe Meditation über die Lehren von Sutra und Tantra den Pfad in all seinen Aspekten, unbeschädigt und ohne Fehler, zu eigen, und schafft dann jeden Tag ohne Unterlass und mit stabiler Meditation positive Eindrücke.
Hier sagt Könchog Tenpe Drönme: „Ich bin ein Gelugpa.“ Gelugpas haben ihre eigenen besonderen Qualitäten. Sehen wir besondere Qualitäten in etwas, denkt unser Geist für gewöhnlich: „Das ist das beste.“ Treffen wir im Dharma diese Urteile, sollten wir nicht voreingenommen sein! Ich bin ein Gelugpa, doch ich studiere und praktiziere nicht nur Gelugpa-Lehren.
Einer meiner Lehrer ist ein Nyingmapa, der eine starke Hingabe zu Guru Rinpoche hat. Als ich das erste Mal seinen Raum betrat, fiel mir ein großes Thangka von Guru Rinpoche auf. Damals dachte ich, ich wäre der echte Gelugpa, obwohl ich keinerlei Wissen hatte. Mir fehlt es noch immer an Wissen, aber damals war es noch schlimmer! Ich ging also hinein, betrachtete seinen Altar und mir fiel Guru Rinpoche auf. Dann betrat ich sein Schlafzimmer und sah ein Bild von Seiner Heiligkeit dem Dalai Lama mit einen Guru Rinpoche Hut. Ich dachte: „Das ist aber ein echter Nyingmapa!“ Ich ging zu ihm, weil er im IBD (Institute of Buddhist Dialectics) studiert hatte, dessen Lehrpläne auf den Gelugpa-Studien beruhen. Er gab eine vollständige Erklärung von Je Rinpoches Sichtweisen und jenen vieler anderer Meister.
Gelugpas merken oft an, wie Nyingmapas verschiedene Punkte beschreiben. Ich war also ziemlich neugierig und wollte gern wissen, wie Nyingmapas die Gelug-Sichtweisen beschreiben würden. Voller Güte teilte er all sein Wissen mit mir. Eines Tages sagte er dann: „Ich habe wirklich großen Respekt vor Lama Tsongkhapa. Durch ihn ist meine Hingabe zu Guru Rinpoche so stark geworden.“ Ich rief: „Was?! Das kann doch nicht sein!“ Denn historisch gesehen gab es da ziemlich große Konflikte.
Im Laufe der Zeit studierte ich Chandrakirtis „Klare Worte“ mit ihm. Die Erklärung war recht schwer zu verstehen und manche Teile legte er auf eine Weise dar, die dem Nyingma entsprach. Zuweilen war ich mir nicht sicher, worüber er sprach, denn Gelugpas beschreiben es nicht auf diese Weise. Daher fragte ich ihn, ob dies der Nyingma-Stil sei, was er bestätigte.
Im „Herzsutra“ habe ich eine starke Gelugpa-Gewohnheit, wenn die Leerheit analysiert wird und es heißt: „keine Nase, kein Ohr und so weiter.“ Wir richten uns auf ein Objekt und sagen, dass es nicht inhärent aber in Abhängigkeit entstehend existiert und daher da ist! Doch bevor ich mit meinem Nyingma-Lehrer studierte, war mir mein Wissen über die Leerheit im Leben nicht sehr hilfreich.
In Aryadevas „Vierhundert Versen“ wird gesagt, dass wir die Leerheit vielleicht falsch verstehen, wenn wir sie nicht von der richtigen Person erklärt bekommen. Haben wir den richtigen Lehrer und ein korrektes Verständnis, werden wir keine Angst vor der Leerheit haben. Doch wenn wir sie nur ein wenig verstehen, entwickeln wir eventuell Angst davor. Für mich gibt es nach 13, 15, sogar 20 Jahren des Studiums der Leerheit keine Angst im Innern! Ich habe auch ein paar meiner Freunde gefragt, und sie alle sagen, sie hätten keine Angst. Ich habe mich gefragt, ob ich ein guter Schüler sei oder vielleicht der Dümmste von allen, der nichts verstanden hat. Dann traf ich diesen Lehrer, der mir den Nyingmapa-Stil zeigte, und tatsächlich! Nur einen Augenblick mit der Inspiration und dem Segen dieses Lehrers und auch in mir entstand etwas Angst. Und diese Art der Angst kommt zuweilen noch immer hoch.
Doch sie nimmt ab, wenn ich mir Lama Tsongkhapas „Lam-rim Chenmo“ ansehe. Es hilft, die Essenz des abhängigen Entstehens zu verstehen. Wir sagen: „Wegen dem abhängigen Entstehen gibt es Leerheit und wegen der Leerheit gibt es abhängiges Entstehen.“ Seitdem habe ich wirklich großen Respekt vor Guru Rinpoche. Es ist, als würden Lama Tsongkhapa und Guru Rinpoche zusammen in meinem Gehirn arbeiten. Für mich ist das bemerkenswert. All die Teile meiner Erfahrung vermischen sich.
Jene, die bereits viele Jahre praktizieren, haben eine gewisse Erfahrung. Die westlichen Anfänger sollten äußerst vorsichtig sein. Ich würde nicht von mir behaupten, ein Gelugpa zu sein, weil es nicht von Belang ist, dies zu sagen. Ich glaube, dass es eine Beschränkung ist, wenn wir Gelugpa, Nyingmapa, Kagyüpa oder Sakyapa werden. Niemand sagt: „Ich bin ein Umapa (ein Anhänger des Mittleren Weges)“, oder: „Ich bin ein Semtsampa-pa (Anhänger des Chittamatra)“! Warum eigentlich? Doch die Leute sagen ziemlich emphatisch: „Ich bin ein reiner Nyingmapa“ oder „Ich bin ein echter Sakyapa“.
Wir sollten gemeinsam daran arbeiten, das zu ändern. Es ist nichts falsch daran, ein Sakyapa, Gelugpa, Kagyüpa oder Nyingmapa zu sein. Doch die Gefahr ist, dass wir in Bezug auf die Tradition, die wir wählen, eine egoistische Sichtweise entwickeln und nicht darüber hinaus blicken können. Wer weiß, vielleicht waren wir in unserem früheren Leben ein großer Praktizierender der Sakya-Tradition und haben im Sterben gebetet, in der Zukunft den richtigen Lehrer zu treffen, damit wir im nächsten Leben weitermachen können. Dann werden wir wiedergeboren und folgen nun der Gelug-Schule. Werden wir sektiererisch und schließen uns von allem anderen, einschließlich der Sakya-Lehren, aus, haben wir keinen Zugang mehr zu all der Arbeit, die wir in unserem früheren Leben getan haben. Daher sollten wir wirklich vorsichtig mit diesen Dingen sein und nicht diese Einstellung haben.
Die Tantra-Praxis erfordert die Basis der Sutra-Lehren
Macht euch durch mündliche Erklärungen und tiefe Meditation über die Lehren von Sutra und Tantra... – in diesem Vers ist die Aussage zum Tantra ganz klar. Wenn wir wirklich wollen, dass unsere Tantra-Praxis ganz und gar rein ist, so wird das laut Seiner Heiligkeit und anderen großen Meistern nicht ohne die Hilfe der Sutra-Lehren funktionieren. Praktizieren wir ohne die Basis der Sutra-Lehren Tantra, so ist es, als würden wir Hinduismus praktizieren. Seine Heiligkeit sagt stets, dass die großen Meister in Tibet mit den tantrischen Einweihungen viele Verpflichtungen verknüpft haben. Heutzutage ist Seine Heiligkeit der Dalai Lama voller Mitgefühl und gibt nicht zu viele Verpflichtungen, weil er weiß, dass wir am Anfang einfach einschlafen würden. Wir würden diese Dinge ohne Wissen tun, doch wenn wir einmal einen Geschmack an Bodhichitta und Leerheit bekommen haben, werden wir nicht mehr einschlafen, sondern immer mehr praktizieren wollen. Soviel ist sicher.
Aus diesem Grund sagt Seine Heiligkeit, wenn er Einweihungen gibt, dass dieses oder jenes Mantra die Praxis von Bodhichitta und Leerheit ohne Trennung umfasst. Im Sutra wird gelehrt, dass Bodhichitta und Leerheit zusammen praktiziert werden. In der tantrischen Praxis werden sie als untrennbar gelehrt. Das ist hier eine versteckte Botschaft.
(29) Von der Vorbereitung bis hin zur Schlussfolgerung, vollbringe die Worte von Je Lama. Damit wirst du die Herzessenz dieses Lebens der Freiheiten und Ausstattungen erfassen.
Je Lama ist Lama Tsongkhapa, aber es spielt keine Rolle, welcher Sekte oder Tradition man folgt. Hat man mehr Hingabe zu Guru Rinpoche, setzt man ihn im Vers anstelle Lama Tsongkhapas ein. Die Sakyapas können Sakya Pandita einsetzen und folgt man der Kagyü-Tradition, nimmt man vielleicht Karmapa, Marpa oder Milarepa. Was auch immer wir tun, es ist notwendig, uns davor entschieden auf die einzigartigen Qualitäten konzentrieren, die der Guru hat. Wir sollten nicht meinen: „Weil ich ein Kagyüpa bin, muss ich Karmapa dort einsetzen.“ Viel besser ist es, erst einmal ihre Qualitäten zu erkennen, und sie dann einzufügen. Die meisten von uns fokussieren sich auf den Hauptlama der Gruppe, zu der man gehört und vergessen den Rest. Eine wirklich beschämende Sache ist, dass wir Shakyamuni Buddha völlig vergessen! Das ist ziemlich dumm, oder? Denn die Übertragungslinie beginnt mit ihm. Wir vergessen den Buddha sowie unsere Brüder und Schwestern.
Ein Grund, warum es für Indien so lange dauert, sich zu entwickeln, ist der, dass es dort keine Geschlossenheit gibt. Geschlossenheit hängt von Ausbildung und Ernsthaftigkeit ab. Ohne dies können wir sehen, dass es sich nicht sehr gut entwickelt. Wir Buddhisten versammeln uns alle in Bodh Gaya, die Sakyapas an einem Ort und die Nyingmapas an einem anderen. Es gibt keine Geschlossenheit. Das ist die Wahrheit, aus der Tiefe meines Herzens. Es gibt keine Geschlossenheit. Seine Heiligkeit sagt immer: „Die tibetische Tradition ist dasselbe wie die Nalanda-Tradition.“ Das ist genau genommen Geschlossenheit. Denkt einmal darüber nach. Naropa, der Lehrer des großen Kagyü-Meisters Marpa war in Nalanda. Für die Nyingmapas war es Guru Rinpoche. Alle kamen von dort. Wenn wir die Nalanda-Tradition schätzen, bedeutet das Geschlossenheit. Wenn diese Geschlossenheit einmal funktioniert, wird Buddha Shakyamuni wieder leuchten.
Vor zwei Jahren habe ich die Ngöndro-Praxis der 100.000 Niederwerfungen in Bodh Gaya gemacht. Am Morgen wurde regelmäßig Frühstück serviert. Einmal bestand während der Belehrungen Seiner Heiligkeit die Gefahr für Terrorismus. Sicherheitsbeamte kamen, um unsere Matten, auf denen wir Niederwerfungen machten, auszutauschen. Sie wollten, dass wir transparente Matten benutzten, damit sie es besser kontrollieren konnten. Sie wechselten alles aus.
Manche Leute hatten Bilder von Beschützern vor ihren Matten, andere Bilder von Tara, Lama Tsongkhapa, Guru Rinpoche usw. Es gab so viele Bilder. Ein älterer Mann, der Frühstück austeilte und auch beim Sicherheitspersonal war, sagte zu allen: „Bitte nehmt es nicht persönlich. Ihr alle seid hierher gekommen, um eure Zeit beim Buddha zu verbringen. Daher weiß ich nicht, warum ihr ein zweites Objekt vor euch braucht und dann immer mehr hinzufügt. Es ist persönlich und ich will euch nicht sagen, dass ihr sie morgen nicht mitbringen sollt, aber denkt bitte einmal darüber nach.“
Ich dachte: „Ja, das stimmt!“ Manchmal kann all das ein Hindernis sein, um echte Hingabe zu entwickeln. Es wird ziemlich engstirnig. Das Ego macht alles recht engstirnig. Es gibt ein tibetisches Sprichwort, das lautet: „Wenn man Wasser auf einen Stein gibt, so wird es nicht dort bleiben.“ Hat jemand also ein ausgeprägtes Ego, kann er nichts mehr lernen. Daher sollten wir unbedingt untersuchen, wie unser Geist arbeitet. Das geht wahrscheinlich zu weit vom Thema ab, daher werde ich hier nicht weiter darauf eingehen.
Das Reich der Todlosigkeit
(30) Durch die Macht der positiven Kraft, die hiermit aufgebaut wurde, möge der Dieb der Sichtweise der eigenen Beständigkeit all seine Kraft des Greifens nach wahrer Existenz verlieren und mögen alle das Reich der Todlosigkeit erreichen.
Das ist die Widmung. Hier stellt sich die Frage, wie wir in dieses Reich der Todlosigkeit gelangen können. Die Antwort darauf ist die dritte Zeile: all seine Kraft des Greifens nach wahrer Existenz verlieren. Warum werden wir fortwährend in Samsara wiedergeboren? Weil unser unwissender Geist nach wahrer Existenz greift, obwohl es solch eine wahre Existenz nicht gibt.
Zum Zeitpunkt des Todes machen wir uns Sorgen, was mit uns nun geschehen wird. Wir wollen wissen, was als nächstes kommt. Unsere Anhaftung wird durch Greifen und Begehren genährt, was zur Wiedergeburt führt. Auf der anderen Seite werden Buddhas und Bodhisattvas nicht durch Anhaftung, sondern durch ihre Gebete, wiedergeboren. In ihrem mitfühlenden Geist gibt es keine Unwissenheit, mit der sie wiedergeboren werden.
In der Vaibhashika-Schule und meines Wissens auch in der Sautrantika-Schule sieht man den Buddha als eine gewöhnliche Person, die nach sechs Jahren harter Arbeit vollständig erleuchtet wurde. Dann starb er und war für immer verschwunden. Im Chittamatra und den höheren Systemen geht man jedoch davon aus, dass der Buddha Teil des Sambhogakayas ist, also schon vollkommen erleuchtet war und hier, in diese Welt, kam, um uns ein Beispiel zu geben.
Haben wir die Leerheit einmal nichtkonzeptuell verwirklicht, können wir nicht mehr in Samsara wiedergeboren werden. Es gibt keine samsarische Wiedergeburt mehr. Bodhisattvas können jedoch trotzdem wiederkehren, um uns zu helfen. Daher glauben wir, dass Seine Heiligkeit außergewöhnlich ist. Seht nur seine Energie und seine Vision. Vom ersten bis zum derzeitigen vierzehnten seiner Linie ist er derjenige, der am meisten gelitten hat und auch der berühmteste aller Dalai Lamas. In seiner Situation würden sich die meisten Menschen mehr um die Tibeter kümmern, und darum, was mit ihnen geschieht. Er redet jedoch weniger über die Tibeter und stattdessen mehr über die gesamte Welt. Das ist wunderbar, wie weitreichend sein Mitgefühl ist.
Reden wir über Bodhichitta, so kann man es auf vielerlei Weise erklären. Wie übersetzt man „Bodhichitta“ auf Englisch?
Mit „mind of enlightenment“ (wörtl. Geist der Erleuchtung oder Erleuchtungsgeist).
Erleuchtugsgeist? Das ist ganz einfach. Im Tibetischen sagen wir auch „semkye“, was sich auf den Geist bezieht, der sich immer mehr ausweitet. Das ist großartig: gegenüber anderen einen Erleuchtungsgeist zu haben, der sich ausweitet. Das Ausweiten fehlt in der englischen Übersetzung und das ist das große Problem hier. Wie Aryadeva sagt, kann ein Zweifel in Bezug auf die wahre oder inhärente Existenz selbst die Schale Samsaras knacken. Es ist sehr effektiv! Sobald man direkt erkennt, dass es von sich aus keine wahre Existenz gibt, und man eine direkte nichtkonzeptuelle Verwirklichung hat, gibt es kein Grund mehr, sich zu sorgen. Wir sind frei von Samsara und haben keine zukünftige Wiedergeburt mehr. Trotz allem müssen wir uns aber noch ein wenig um unser früheres Karma fürchten.
Wir sollten unser Wissen und unsere Praxis nicht ungenutzt lassen
Wie Könchog Tenpe Drönme in diesem Vers sagt: „Von der Vorbereitung bis hin zur Schlussfolgerung, vollbringe die Worte von Je Lama. Damit wirst du die Herzessenz dieses Lebens der Freiheiten und Ausstattungen erfassen. Das ist wirklich wichtig Hier geht es nicht darum, etwas zu glauben. Wir erfassen die Essenz unseres kostbaren Lebens durch Logik und Überlegung. All die großen Nalanda-Meister waren berühmt für ihr logisches Denken.
Um diesen Text über die Vergänglichkeit zu studieren, muss man nicht unbedingt ein Buddhist sein. Einer der größten Beiträge Seiner Heiligkeit des Dalai Lama ist, dass er den Inhalt von Kangyur und Tengyur in drei Kategorien unterteilte. Laut ihm gibt es buddhistische Wissenschaft, buddhistische Philosophie und buddhistische Praxis oder Religion. Buddhistische Praxis ist etwas, womit sich nur die Buddhisten befassen. Doch die ersten beiden Kategorien sind laut ihm offen für alle. In der buddhistischen Wissenschaft geht es um den Geist und in der buddhistischen Philosophie um Leerheit und Mitgefühl. Mitgefühl ist in meiner Erfahrung immer etwas Wunderschönes. Da habe ich keine Zweifel. Vielleicht habe ich eine Gehirnwäsche bekommen, weil ich immer sage: „Mitgefühl ist so großartig.“
Erinnert ihr auch an das Erdbeben in Nepal? In der Zeit war ich gerade in Kanada und habe dort studiert. Meine damalige Lehrerin sagte: „Habt ihr die schlechten Nachrichten gehört?“ Auf dem Weg zur Schule hatte sie erfahren, dass es in Nepal ein Erdbeben gegeben hatte. Die Studenten sprachen darüber, wie furchtbar das war. Es war in der Nacht passiert und sie mussten so viele Tote bergen. Wir sprachen eine lange Zeit darüber, vielleicht 30 oder 40 Minuten.
Dann sagte die Lehrerin: „Schließen wir das jetzt ab. Es gibt noch viele andere Dinge, mit denen wir uns befassen müssen. Denkt nicht mehr daran.“ Ich sagte: „Warum?“ worauf sie erwiderte: „Komm schon, es gibt so viele Dinge, um die ich mich in meinem eigenen Leben kümmern muss. Ich kann nicht das Leid der Welt auf meine Schultern laden.“ Ich wollte etwas zu ihr sagen, doch ich konnte es nicht. Wenn die Menschen nicht über diese Methoden verfügen, die es im Buddhismus gibt und die zeigen, wie man die zyklische Existenz von Samsara beendet, kann man ihnen nicht erklären, wie man selbst die Leiden auf sich nehmen kann. Wie hätte ich es ihr sagen sollen? Ich hielt also meinen Mund. Sie machte dann damit weiter, so viele Dinge über Grammatik zu erklären, was ziemlich verwirrend war. Ich dachte darüber nach, wie ich es ihr bloß sagen könnte, denn es wäre wahrscheinlich ziemlich unhöflich.“ Am Ende sagte ich gar nichts.
Im Grunde ist das eine sehr gute Frage. Warum sollte man noch mehr Leiden auf sich nehmen, wenn man bereits so viele Leiden hat? Das ist etwas, das ich in Kanada gelernt habe! In Indien konnte ich es nicht lernen, weil all meine Lehrer und Studienkollegen ganz natürlich davon ausgehen, dass Mitgefühl außerordentlich ist. Wenn wir nicht so denken, können wir eigentlich nicht sagen: „Wir sollten stets über die fühlenden Wesen und all das Leid nachdenken.“ Bitte denkt einmal ernsthaft darüber nach, was ihr meiner Lehrerin antworten würdet. Vielen Dank im voraus!
Ich habe mich hiermit bemüht, euch all dies zu erklären. Ob es wirklich hilfreich für euch alle war oder nicht, weiß ich nicht. Allerdings ist es recht hilfreich für mich. Erinnert ihr euch an diese wunderschöne Aussage von Shantideva? Er sagte: „Ich schreibe dieses Buch, um mich selbst mit Tugendhaftem vertraut zu machen. Ich habe nicht die Motivation, vielen Menschen zu helfen. Ich habe es einfach verfasst, um mich an Tugendhaftes zu gewöhnen und diese Dinge zu meiner Gewohnheit zu machen. Dadurch mag es vielleicht einen kleinen Nutzen geben.“ Wie er es ausdrückte, ist es wunderschön, und daher bitte ich um Entschuldigung wegen dieser Übersetzung. Shantideva wird ziemlich wütend auf mich sein!
Wir haben bereits so viel Wissen in uns und bevor es verkümmert, sollten wir es nähren. Mitgefühl ist so eine wunderbare Sache. Als Anfänger brauchen wir Mitgefühl. In der Mitte benötigen die Menschen auf dem Pfad Mitgefühl. Und wenn man vollkommen erleuchtet ist, benötigt man Mitgefühl. Für den Beginner ist es äußerst wichtig, da Mitgefühl die Grundlage ist, wie die Erde. Mitgefühl auf dem Pfad ist wie das Bewässern von Pflanzen. Und wenn wir das große Mitgefühl des Buddha nicht haben, werden wir keine Belehrungen geben, um anderen zu nützen.
Sogar diese Praxis der Vergänglichkeit würden wir nicht ausführen, wenn wir kein Mitgefühl hätten. Und ohne Praxis müssen wir wieder in Samsara zurückkehren, und schlechtere Bedingungen in Kauf nehmen. Praktizierende sollten auf diese Weise denken. Anfänger, die sich um frühere und zukünftige Leben kümmern, müssen sich ebenfalls mit dieser Realität konfrontieren. Wir müssen keine Mutter Theresa und nicht einmal ein religiöser Mensch sein, doch wir können trotz allem viele gute Taten vollbringen. Zum Zeitpunkt des Todes können wir uns dann mit einem ruhigen Geist auf die großen Dinge richten, die wir in dieser Welt vollbracht haben. Mit diesem ruhigen Geist können wir diese Welt auf sehr sanfte Weise verlassen.
Das hat doch ziemlich viele Vorteile, oder? Das ist der Sinn und Zweck, warum ich euch alle gebeten habe, über die Vergänglichkeit nachzudenken. Vielleicht wird es in der Zukunft einen großen Nutzen daraus geben. Und zweitens ist es für jene gut, die zu den Belehrungen Seiner Heiligkeit des Dalai Lama gehen werden. Dort werden wir so viele Informationen von ihm bekommen und müssen sie auch aufnehmen können!
Wir haben ein Sprichwort aus einer tibetischen Sage. Es gab einen großen Händler, der eine weite Reise über den Ozean unternahm, um ein wunscherfüllendes Juwel zurückzubringen. Man sagt: „Komme nicht mit leeren Händen zurück, wenn du weit über den Ozean reist.“ Alle, die zu den Belehrungen Seiner Heiligkeit gehen, werden etwas bekommen, was sie mitnehmen können. Dies müsst ihr sicher bewahren und um dies tun zu können, brauchen wir die Hilfe dieser Meditation über die Vergänglichkeit. Vielen Dank für eure Aufmerksamkeit und Bemühung, eure Zeit hier zu verbringen.
Als abschließenden Rat, denkt bitte an dieses Zitat:
Dieses Zusammentreffen von Verwandten, Freunden und Begleitern ist wie ein Haufen Blätter, die vom Baum gefallen sind – ein Windstoß wird sie durch die Hügel und Täler wehen, und wenn sie sich einmal verteilt haben, werden sie nie wieder zusammenkommen.
Wer weiß, ob wir jemals wieder aufeinandertreffen werden oder nicht. Dies ist ein wunderschöner Moment. Vielen Dank!