Notwendiges vorbereitendes Verständnis für Personen aller drei Ebenen

Drei Arten von spirituellen Personen 

Weiter geht es im Text mit dem nächsten Vers: 

(2) Da es (Praktizierende) der anfänglichen, mittleren und höchsten (Ebene) gibt, sind diese als die drei Arten von spirituellen Personen bekannt. Ich möchte daher über diese speziellen Unterteilungen schreiben und ihre jeweils definierenden Eigenschaften erläutern.

In diesem Vers wird das System der drei verschiedenen Ebenen von Personen dargestellt: jene mit anfänglichen, mittleren und fortgeschrittenen Ebenen der Motivation. Atisha erklärt, dass er beabsichtigt, die Natur dieses Klassifizierungssystems und dessen Merkmale zu beschreiben. 

Man kann den Pfad zur Buddhaschaft auch auf andere Weise als einen stufenweisen Vorgang beschreiben, in dem man schrittweise vorgeht.

  • Der Pfad von jemandem auf der anfänglichen Ebene führt zu einem höheren Status (tib. mtho-ris) – nämlich einer höheren Wiedergeburt.
  • Auf dieser Grundlage führt der mittlere Pfad zu einem Zustand des endgültig Guten (tib. nges-legs), ein Begriff, der sowohl für Befreiung als auch Erleuchtung benutzt wird, sich hier jedoch auf die Befreiung bezieht.
  • Auf dieser Grundlage führt der fortgeschrittene oder höchste Pfad zur Buddhaschaft selbst.  

Dieses Schema von Personen der drei Ebenen ist eine weitere Möglichkeit, um diesen verschiedenen Stadien der Praxis Namen zu geben. 

„Höherer Status“, das Ziel von jemandem auf der anfänglichen Ebene, bezieht sich insbesondere auf den höheren Status einer Wiedergeburt als ein menschliches Wesen oder als ein Gott. Was wir alle momentan besitzen, ist eine Wiedergeburt von höherem Status als ein menschliches Wesen. Diese kostbare menschliche Wiedergeburt haben wir als unsere Arbeitsgrundlage. Stellen wir uns die Frage, wie wir in der Lage waren, diese Arbeitsgrundlage eines menschliches Körpers zu bekommen, so lautet die Antwort, dass sie das Resultat der Bemühungen vergangener Leben und insbesondere das Resultat der positiven, konstruktiven Handlungen ist, die wir begangen haben und die als karmische Ursache dafür dienten, in diesem Leben eine menschliche Wiedergeburt hervorzubringen. Unterziehen wir uns jetzt jedoch einer ehrlichen Prüfung, erkennen wir, dass wir keine weiteren Ursachen ansammeln, um solch eine kostbare menschliche Wiedergeburt erneut in der Zukunft hervorzubringen. Wenn wir nicht die Ursachen dafür schaffen, werden solche Wiedergeburten nicht zustande kommen. 

Der Grund, warum wir keine kostbare menschliche Wiedergeburt in der Zukunft herbeiführen werden, ist nicht, dass wir nicht so unermüdlich daran arbeiten, wie Milarepa. Würden wir wie er handeln, bedeutete dies daran zu arbeiten, in unserem Leben Erleuchtung zu erlangen, wie Milarepa es tatsächlich getan hat. Würden wir in unserem eigenen Leben Erleuchtung erlangen, bräuchten wir keine kostbare menschliche Wiedergeburt in unserem nächsten Leben. Es ist jedoch nicht so, dass wir Erleuchtung erlangt haben und keine weitere kostbare menschliche Wiedergeburt als Arbeitsgrundlage benötigen. Und da dies nicht der Fall ist, werden wir keine kostbaren menschlichen Wiedergeburten in zukünftigen Leben erlangen, weil wir nicht daran arbeiten, sie zu bekommen.

Der Grund, warum wir nicht an einer kostbaren menschlichen Wiedergeburt in der Zukunft arbeiten, ist der, dass wir uns momentan völlig davon vereinnahmen lassen, Dinge zum Essen und zum Trinken, sowie Kleidung, ein Haus, eine Position und Ruhm für dieses Leben allein zu erwerben. Weil wir uns lediglich mit diesen Dingen befassen, arbeiten wir nicht daran, eine kostbare menschliche Wiedergeburt in zukünftigen Leben zu erlangen. 

Ganz klar geht es nicht darum, nach Erleuchtung in diesem Leben zu trachten, wie es Milarepa tat, und somit keine kostbare menschliche Wiedergeburt als Arbeitsgrundlage zu benötigen, um weiter auf die Erleuchtung hinzuarbeiten. Wir arbeiten nicht daran, zukünftige kostbare menschliche Wiedergeburten zu erlangen, weil wir uns nur um die Angelegenheiten dieses Lebens allein kümmern. Machen wir so weiter, werden wir in zukünftigen Leben nicht nur keine Erleuchtung erlangen, sondern auch keine kostbare menschliche Wiedergeburt herbeiführen können, die als Grundlage dienen würde, Erleuchtung zu erlangen.

Lassen wir einmal die Tatsache beiseite, dass wir nicht in der Lage sein werden, eine kostbare menschliche Wiedergeburt in einem zukünftigen Leben zu erlangen. Trotzdem sollten wir in Bezug auf dieses Leben daran denken, dass wir, egal wie viel materiellen Reichtum wir haben, ihn nicht in irgendeine Art von zukünftigem Leben mitnehmen werden können. Einzig und allein daran zu arbeiten, materielle Güter anzusammeln, unseren Feinden zu schaden und nur unseren Freunden zu helfen – solche Ziele kann man in diesem Leben auch als Tier verfolgen. Wenn Tiere und Menschen die gleichen Dinge tun können, ist die Tatsache, als „menschliches Wesen“ bezeichnet zu werden, nur eine Wortspielerei. Wir verhalten uns nicht wirklich wie Menschen im wahrsten Sinne des Wortes. 

Wir hören oder lesen in diesem Text den Begriff „Person“, der „menschliches Wesen“ bedeutet, im Sanskrit „purusha“. Die Bedeutung dieses Wortes ist hier jemand, der in der Lage ist, ein Ziel und einen Zweck zu verwirklichen. Ist jemand in der Lage daran zu arbeiten, das Ziel des Erreichens einer Wiedergeburt von höherem Status als menschliches Wesen oder Gott im nächsten Leben und danach zu verwirklichen, nennt man solch eine Person „menschliches Wesen“. Das ist die Bedeutung des Wortes „purusha“ im Sanskrit, wie es im Text für die Personen der drei verschiedenen Ebenen der Motivation benutzt wird. Daher ist es sehr wichtig, sich in den verschiedenen Methoden zu bemühen, die als Pfad einer Person der anfänglichen Ebene beschrieben werden, die an einem höheren Status arbeitet. Es ist das gleiche Wort, über das wir hier reden: die „Person“ oder „purusha“.

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