Wir haben über die verschiedenen Gebiete oder Themen der Analyse gesprochen, die es in der buddhistischen Darstellung der Metaphysik gibt und haben gesehen, dass all diese Systeme der Analyse auf einer sehr praktischen Ebene genutzt werden können, um uns dabei zu helfen, die scheinbare Solidität der schwierigen Erfahrungen, denen wir alle begegnen, erst einmal verstehen und dann dekonstruieren zu können. Denn alles was Buddha lehrte, war mit dem Ziel verbunden, Befreiung zu erlangen und obwohl es auf einer oberflächlichen Ebene vielleicht nicht offensichtlich erscheinen mag, wie diese Lehren zum Erlangen der Befreiung beitragen können, ist es dennoch wichtig, sie zu erforschen und herauszufinden, wie wir sie tatsächlich anwenden können.
Es ist wirklich wichtig, sich nicht durch die Komplexität des Lehrstoffes entmutigen zu lassen, sondern beim Lernen die Zuversicht zu haben, dass er hilfreich sein kann. Das Leben ist kompliziert, das Universum ebenfalls und so sollten wir nicht denken, all das auf unkomplizierte Weise verstehen zu können. Etwas schöner ausgedrückt, könnte man vielleicht auch sagen, dass unser Verständnis ebenso komplex ist und auf diese Weise können wir mit der Komplexität vielleicht etwas leichter fertigwerden.
Die letzte Thematik, der wir uns hier zuwenden werden, bezieht sich auf die verschiedenen Arten von Beziehungen, die Beziehung zwischen verschiedenen Phänomenen. Alles ist auf die eine oder andere Weise miteinander verbunden; nichts existiert vollkommen isoliert von allem anderen. Um nun verstehen zu können, wie Dinge miteinander zusammenhängen, ist es notwendig, ein Verständnis in Bezug auf die verschiedenen Arten von Beziehungen zu haben, die Dinge untereinander eingehen können.
Zwei Dinge, die identisch sind
Zunächst geht es um das Thema „eins und viele“. Man kann den ersten Begriff wörtlich mit „eins“ (tib. gcig) übersetzen. Die Bedeutung ist: „das gleiche“, oder etwas präziser ausgedrückt: „absolut identisch“. Im Grunde sind zwei Dinge entweder gleich (tib. gcig) oder verschieden (tib. tha-dad). Sagen wir aber, zwei Dinge sind gleich, heißt das nicht, wir würden uns auf eine Sache mit zwei verschiedenen Namen (tib. ming-gi rnam-grangs, Synonyme) beziehen. Wir sollten verstehen, dass es um Worte oder Namen geht, die sich auf etwas beziehen und wenn von „einem“ die Rede ist, beziehen wir uns auf ein und denselben Namen, der sich auf ein und dieselbe Sache bezieht. Das verstehen wir im Grunde unter identisch.
Es ist ziemlich offensichtlich, dass zwei voneinander getrennte Dinge, wie der Tisch und der Stuhl, verschieden sind; sie sind ganz klar nicht dasselbe. In unserem Beispiel dieser hypothetischen Situation, in der ich am Flughafen die falsche Computertasche mitgenommen und mich über mich selbst geärgert habe, weil ich so dumm gewesen bin und sie irgendwie wiederbekommen wollte, wäre das Identische hier „mein Computer“ und „mein Computer“. Diese Dinge sind vollkommen identisch: es handelt sich um das gleiche Wort und das gleiche Objekt. Ist die Rede hingegen von „meinem Computer“ und „Alex Berzins Computer“, sind das zwei verschiedene Dinge. Sie mögen sich zwar auf das gleiche Objekt beziehen, aber es handelt sich aber um zwei verschiedene Dinge.
Wie sieht das in der Praxis aus? Würde es mir weiterhelfen, wenn ich das Fundbüro am Flughafen anrufe und frage: „Haben Sie vielleicht meinen Computer?“ Nein, denn ich muss nach „Alex Berzins Computer“ fragen und nicht nach „meinem“, obwohl sich beide auf die gleiche Sache beziehen. Obwohl es vielleicht komisch klingen mag, besteht zwischen einem und vielen gewissermaßen ein ziemlicher Unterschied, auch wenn es um das gleiche Objekt geht.
Dieser Unterschied zwischen einem und vielen findet besonders in unserer Analyse der Leerheit seine Anwendung. In der Beziehung zwischen mir und meinem Geist oder mir und meinem Körper, neigen wir dazu, uns mit unserem Geist, unserem Körper, unserem Beruf oder unserer Rolle im Leben zu identifizieren, wie beispielsweise eine Mutter zu sein. Dann untersuchen wir es, um herauszufinden, ob diese zwei Dinge wirklich exakt dasselbe, also identisch sind. Wären zum Beispiel „ich“ und „Mutter“ etwas vollkommen Identisches, würde ich vom Augenblick meiner Geburt an eine Mutter sein. Und wären „ich“ und „Mutter“ etwas völlig voneinander Getrenntes, wer wäre dann die Mutter, wenn ich es nicht bin? Auf diese Weise können wir sehen, dass „ich“ und „Mutter“ weder völlig identisch, noch vollkommen verschieden voneinander sind, wenn wir sie als zwei solide, in Plastik verpackte Dinge sehen.
Die einzige Schlussfolgerung, die sich daraus ergibt, ist die, dass etwas mit meiner Sichtweise von „ich“ und „Mutter“ nicht stimmt und das diese Dinge nicht als isolierte, wie in Plastik verpackte, Entitäten existieren können. Ich vergleiche sie für gewöhnlich mit Tischtennisbällen, um eine Vorstellung von zwei voneinander isolierten, individuellen Dingen zu bekommen. Entweder haben wir einen oder wir haben zwei Tischtennisbälle; eine andere Möglichkeit gibt es nicht. Ist die Rede von „mir“ und „Mutter“, oder von „mir“ und „meinem Geist“, oder von „mir“ und „meinem Körper“, handelt es sich entweder um den gleichen Tischtennisball oder um zwei verschiedene Tischtennisbälle. Wenn es um so etwas wie Tischtennisbälle geht, kann es entweder nur einen oder zwei geben und wenn es keins von beidem ist, lautet die Schlussfolgerung, dass es sich nicht um etwas wie Tischtennisbälle handelt. Das ist ein äußerst wichtiger Aspekt der Leerheits-Analyse und eine der wesentlichen Argumentationsketten.
Auch wenn wir es nicht um die Leerheits-Analyse geht, können wir sehen, dass hier auf einer sehr praktischen Ebene diese zwei Dinge „mein Computer“ und „Alex Berzins Computer“ nicht identisch, sondern verschieden voneinander sind und wenn ich meinen Computer zurückbekommen möchte, kann ich nicht einfach nur nach „meinem Computer“ fragen.
Zwei Dinge von derselben Wesensnatur
Kommen wir zu einem weiteren Begriff, dessen Übersetzung normalerweise zwei Dinge „derselben Entität“ (tib. ngo-bo gcig) ist. Ich ziehe jedoch die Übersetzung zwei Dinge „von derselben Wesensnatur“ oder zwei Dinge, die „dieselbe Wesensnatur teilen“ vor. Der Grund, warum ich es nicht mit „derselben Entität“ übersetze, ist der, dass es auf etwas Solides – eine Entität – hindeutet und ich denke, es bezieht sich hier auf nichts Solides. Es handelt sich um zwei Tatsachen in Bezug auf denselben Aspekt eines Phänomens, von zwei kognitiven Blickwinkeln aus betrachtet.
Nehmen wir als Beispiel die konventionelle Natur meines Computers: Von einem Standpunkt aus betrachtet handelt es sich um etwas, das von Ursachen und Bedingungen beeinflusst wird und von einem anderen Standpunkt aus ist er vergänglich; er nähert sich immer weiter seinem Ende zu. Diese zwei Tatsachen in Bezug auf seine konventionelle Natur würden wir als von derselben Wesensnatur bezeichnen. Reden wir im Buddhismus von den zwei Wahrheiten, beziehen sich diese hinsichtlich des Computers, von einem konventionellen Gesichtspunkt aus, auf meinen schwarzen Dell-Computer. Bei diesem tiefsten Gesichtspunkt geht es um eine weitere Wahrheit, eine wahre Tatsache in Bezug auf den Computer, darum, wie er existiert. Er existiert nicht von Natur aus immer als dieses solide Ding, als „mein Computer“, als wäre es bereits meiner, bevor ich ich gekauft habe.
Ist mir eine dieser zwei Tatsachen bekannt, heißt das nicht, dass ich auch die andere kennen muss. Ich könnte verstehen, dass mein Computer in einer Fabrik, wahrscheinlich von unterbezahlten, chinesischen Arbeitern, in irgendeinem Teil von China hergestellt wurde. Auch könnte mir bewusst sein, dass er aus jeder Menge verschiedener Teile besteht, aber ich bin mir vielleicht nicht im Klaren darüber, dass er vergänglich ist und zwangsläufig kaputt gehen wird. Oder ich weiß, dass es sich um meinen schwarzen Dell-Computer handelt, habe jedoch nicht das geringste Verständnis davon, dass er nicht von sich aus, aus eigener Kraft und von Natur aus als meiner existiert. Wenn dem so wäre, hätte er schon vor meinem Kauf so existieren müssen, was offensichtlich nicht der Fall war. Lasst das für einen Moment einwirken.
Die Rede ist hier von zwei Tatsachen in Bezug auf den gleichen Aspekt einer Sache, denn etwas aus zwei verschiedenen kognitiven Sichtweisen zu verstehen ist ausgesprochen hilfreich. Können wir den gleichen Aspekt einer Sache aus unterschiedlichen Blickwinkeln betrachten, erlangen wir dadurch eine tiefere Erkenntnis und ein größeres Verständnis. Diese zwei Dinge, die von derselben Wesensnatur sind, können jedoch nicht identisch sein, denn sonst würde es sich um dieselbe Tatsache handeln. Es sind zwei verschiedene Tatsachen in Bezug auf die gleiche Sache.
Aber zwei Tatsachen in Bezug auf verschiedene Aspekte des gleichen Objektes teilen nicht dieselbe Wesensnatur. Beispielsweise das Aussehen des Computers (der schwarze Dell) und das, was mit ihm geschehen ist (er ging am Flughafen verloren). Das ist eine ganz andere Beziehung, nicht wahr? „Er ist aus Ursachen und Teilen entstanden“ und „er wird schließlich kaputt gehen“ ist eine ganz andere Beziehung als: „es ist ein schwarzer Dell“ und „ich habe ihn am Flughafen verloren“, obwohl es bei all diesen Dingen um den Computer geht.
Zwei Dinge, die untrennbar sind
Sind zwei Dinge von derselben Wesensnatur, sind sie untrennbar (tib. dbyer-med). „Untrennbar“ heißt, wenn eine Sache der Fall ist, ist es auch die andere. „Aus Ursachen und Bedingungen entstanden“ und „sich schließlich auflösen“: trifft eins zu, dann trifft auch das andere zu; ist eine Sache wahr, ist auch die andere wahr. Wie ist es mit diesen zwei Fakten in Bezug auf die zwei verschiedenen Aspekte des Computers – sind sie untrennbar oder nicht? „Es ist ein schwarzer Dell“ und „ich habe ihn am Flughafen verloren“. Wenn eins wahr ist, ist dann auch das andere wahr? Nein.
Das ist an sich recht hilfreich, wenn es um unser Eigentum, um uns selbst oder Ähnliches geht. Was geht notwendigerweise damit einher, wenn ich geboren wurde? Ich werde sterben. Etwas, das hergestellt wurde, wird schließlich wieder zerfallen. Aber „geboren worden zu sein“ und „Erfolg im Leben“ oder „eine glückliche Ehe zu haben“, ist nicht zwingend miteinander verbunden. In Bezug auf die Erwartungen, die wir in unserem Leben haben, ist es, glaube ich, recht hilfreich zu wissen, welche Dinge untrennbar sind und welche nicht. Denkt einen Moment darüber nach, denn oft erwarten wir, dass bestimmte Dinge passieren. Wenn wir beispielsweise einen Partner kennenlernen, erwarten wir, dass wir nun bis an unser Lebensende glücklich sein werden. Sind diese Dinge untrennbar voneinander? Nein. Es ist also wichtig zu verstehen, welche Tatsachen in Bezug auf etwas von derselben Wesensnatur sind und welche nicht. Versucht ein paar Beispiele zu finden.
„Ich fahre in den Urlaub“ und „ich erwarte, dass es einfach großartig werden wird.“ Teilen diese Dinge dieselbe Wesensnatur? Nein. „Ich fahre in den Urlaub“ und „der Urlaub wird irgendwann vorbei sein.“ Diese beiden sind von derselben Wesensnatur. Natürlich könnte man für immer dort bleiben und sich entscheiden, nie wieder nach Hause zu fahren und den Rest des Lebens auf Mallorca zu verbringen, aber dann wäre es kein Urlaub mehr.
„Gesund oder jung zu sein“ und „ewig gesund und jung zu bleiben“; diese beiden sind ganz offensichtlich nicht von derselben Wesensnatur. Wie ist es mit: „jetzt bin ich jung“ und „ich werde alt werden“? Nein, denn man könnte auch jung sterben. „Meine Tochter“ und „die Schwester meines Sohns“ sind von derselben Wesensnatur, wenn sie dieselben Eltern haben. Wie steht es mit: „mein Ehemann“ und „mein bester Freund“? Hmm, schwer zu sagen.
Was ist mit der Vorder- und der Rückseite meines Computers, oder den beiden Seiten einer Münze? Sie sind untrennbar (man kann nicht das Eine ohne das Andere haben), aber sie sind nicht von derselben Wesensnatur, denn es handelt sich lediglich um zwei verschiedene Blickwinkeln und nicht um zwei Arten des Verstehens oder zwei kognitive Gesichtspunkte. Es sind zwei Aspekte der äußeren Erscheinung und nicht zwei Tatsachen in Bezug auf ihre Erscheinung.
Von einem kognitiven Gesichtspunkt zu reden, ist vielleicht etwas irreführend oder unklar. Vielmehr geht es um ein anderes Verständnis. Wir betrachten also eine Sache als aus Teilen bestehend, sowie Ursachen und Bedingungen unterliegend und eine andere Art des Verstehens wäre, sie als vergänglich anzusehen. Das sind verschiedene Arten des Verstehens.
Beispielsweise könnte ich den Verlust meines Computers aus einem Blickwinkel als Tragödie betrachten und mich deswegen unglaublich ärgern. Von einem anderen Punkt aus könnte ich es aber auch als eine wunderbare Möglichkeit betrachten, mich in Geduld zu üben. Das sind zwei verschiedene Arten des Verstehens und zwei unterschiedliche Geisteshaltungen, die wir diesbezüglich haben könnten. Es ist etwas ganz anderes, als die Vorder- und Rückseite des Computers, denn dabei handelt es sich lediglich um dessen Teile. Die Vorder- und Rückseite der Münze sind untrennbar. Die Vorderseite einer Münze kann es nicht ohne ihre Rückseite geben.
Sind sie von derselben Natur?
Nein. Sie teilen nicht dieselbe Natur, da es nicht um zwei verschiedene Arten des Verstehens geht, sondern nur um zwei unterschiedliche Blickwinkel, zwei unterschiedliche Teile: die Vorderseite und die Rückseite. Was ist, wenn sie sich an einem Faden befindet und sich dreht? Nun, die Vorder- und die Rückseite der Münze kann man für gewöhnlich an ihrer Prägung erkennen. Auf der Vorderseite befindet sich normalerweise irgendein Bild und auf der Rückseite ein anderes oder ein Schriftzug. Auf diese Weise können wir die Vorder- und die Rückseite einer Münze bestimmen; Kopf oder Zahl.
Ein anderes Beispiel: Bei einem Blatt Papier gibt es eine Seite A und eine Seite B. Gäbe es mehr Seiten, würde es sich nicht um ein Blatt Papier handeln. Seite A und Seite B sind selbstverständlich nicht identisch, sondern verschieden.
Können wir bei einem leeren Blatt Papier, auf dem nichts geschrieben steht, eine Seite als Seite A und die andere als Seite B festlegen?
Nein, und das ist ein sehr gutes Beispiel. Damit hast du gerade die Tür zu einem umfangreichen Thema geöffnet und ich kann nicht widerstehen, etwas näher darauf einzugehen, nun, da die Tür offen ist. Obwohl es hier, in unserem Vortrag, nicht um Leerheit geht, ist sie doch ein ganz wesentlicher Aspekt der buddhistischen Lehren und daher werde ich ein paar Erklärungen dazu geben, da es sich auch um mein Lieblingsthema handelt.
Die Existenz von Phänomenen begründen
Bei der Leerheit geht es darum, wodurch Dinge begründet werden. Die Rede ist nicht so sehr davon, wie etwas existiert, sondern wie es begründet oder festgelegt wird. Was begründet bei den zwei Seiten eines leeren Blattes Papier, dass es sich bei der einen um Seite A und bei der anderen um Seite B handelt? Gibt es da etwas seitens des Blattes Papier (wenn es leer ist)? Nein. Es wird lediglich durch die Kraft geistiger Benennung als Seite A oder Seite B festgelegt: Ich werde diese Seite als „Seite A“ und diese als „Seite B“ bezeichnen und sie vielleicht mit einem kleinen „A“ und einem kleinen „B“ markieren, um sie nicht zu verwechseln. Und so funktioniert im Grunde alles. Was begründet, dass dies, ein Stück Holz mit Beinen, ein Tisch ist? Worum handelt es sich? Es wird als ein Tisch festgelegt, weil wir ein Konzept davon haben, wie ein Tisch sein und was er können muss. Ist es auch für die Ameise oder für die Fliege ein Tisch? Für die Ameise oder für die Fliege ist es etwas ganz anderes. Der Unterschied in Bezug auf die Leerheit ist hier jedoch, das Dinge nicht einfach nur wie das leere Blatt Papier sind und darauf warten, von uns als dieses oder jenes bezeichnet zu werden. Allerdings wird alles durch geistige Benennung festgelegt.
Dazu sollte ich zunächst erst einmal etwas deutlicher erklären, was wir unter „festlegen“ verstehen. Festlegen (tib. grub, Skt. siddha) heißt nicht, etwas würde durch die geistige Benennung entstehen; meine geistige Benennung macht den Gegenstand nicht zu einem Tisch. Wie erkennen wir, dass dies ein Tisch ist? Was ist ein Tisch? Es gibt nichts auf Seiten dieses Objektes, wodurch es aus eigener Kraft zu einem Tisch wird. Würden wir ihn in kleinste Teile zerlegen, könnten wir in keinem seiner Teile unter einem Mikroskop einen Tisch erkennen. Was ist ein Tisch? Alles, was wir sagen können, ist, dass wir dieses Wort oder Konzept von einem Tisch haben und dass es das ist, worauf es sich auf der Grundlage all dieser Teile und Ursachen bezieht.
Wäre es trotzdem ein Tisch, wenn ich ihn nicht als Tisch bezeichnen würde? Nun, das ist interessant. Da gibt es eine Konvention dieser Gruppe von Menschen, die sich darin einig sind, dass es sich hierbei um einen Tisch handelt. Sie haben dieses Konzept und dann kann man sagen, dass es sich gültig um einen Tisch handelt. Ob ich ihn als einen Tisch erkenne oder nicht, ist egal. Für die Termiten ist er beispielsweise eine Mahlzeit. Für uns ist es ein Tisch und für die Termiten ist es Nahrung.
Es gibt eine Konvention, die von einer Gruppe festgelegt und als gültig erkannt wird. Aber sogar ein Ding ist etwas, das durch geistige Benennung festgelegt wird. Es ist nicht so, dass Dinge einfach da sind und wie ein leeres Blatt Papier darauf warten, geistig benannt zu werden. Auch wenn es sich nur um ein Ding handelt, ist es etwas, das geistig benannt wurde. Denn wenn wir in die Tiefe gehen, können wir sehen, dass alles aus Atomen, Partikeln und subatomaren Teilchen besteht, sowie aus Energie- und Gravitationsfeldern und all diesen Dingen. Wo ist die feste Linie, die dieses von etwas anderem trennt und es, wie bei einer Plastikverpackung, zu einem Ding, wie einen Tischtennisball, macht? So etwas gibt es nicht. Es wird geistig benannt; es wird durch die Art der Wahrnehmung festgelegt und es funktioniert. Es ist nicht so, als wäre alles eine einheitliche Suppe; so ist das nicht.
Was macht nun also dieses Ding zu „meinem Computer“? Ich habe ihn gekauft. Nun, ich kann ihn auch verlieren; dann ist es „ihr Computer“. Was macht es zu einem Computer? Ist es für die Fliege ein Computer? Es wird lediglich durch geistige Benennung als ein Computer festgelegt.
Beim geistigen Benennen gibt es drei Dinge. Es gibt die geistige Benennung (tib. btags), also einen Namen. Denkt daran, dass ein Name eine Kategorie repräsentieren kann (das ist nicht wirklich das Gleiche). Dann gibt es die Grundlage, auf die etwas zugeschrieben wird (tib. gdags-gzhi, Grundlage der Benennung). Und wir haben das, worauf sich der Name oder das Wort bezieht (tib. btags-chos, das Bezugsobjekt).
Hier haben wir das geistige Kontinuum – Körper, Geist usw. – und das ist die Grundlage der Benennung. Es gibt eine allgemeine Kategorie „Ich“, die mit einer geistigen Benennung, dem Wort „Ich“ in Zusammenhang gebracht wird. Im Westen würden wir es als ein Konzept bezeichnen. Ganz spezifisch beziehen wir uns jedoch auf „mein Ich“, nicht „dein Ich“. Es ist individuell und es wird jedem Augenblick der Erfahrung von Körper und Geist zugeschrieben. Das, worauf sich das Wort „Ich“ bezieht, ist das konventionelle Ich. Das Bezugsobjekt und die Grundlage sind jedoch nicht identisch und hier ist unsere Diskussion über die Beziehung zwischen Dingen von großer Wichtigkeit. Es handelt sich um eine besondere Art der Beziehung, denn das „Ich“, das konventionelle „Ich“ – das, worauf sich das Wort bezieht – wird durch geistige Benennung festgelegt. Auf Seiten der Grundlage gibt es hingegen nichts, kein kleines „Ich“, dass sich innerhalb der Grundlage (dem geistigen Kontinuum) befindet und ein „Ich“ festlegt.
Sehen wir uns das an einem einfacheren Beispiel an: das Ganze und seine Teile. Ein Ganzes wird aufgrund seiner Teile benannt. Existiert das Ganze irgendwo innerhalb der Teile? Nein. Es gibt also das Ganze und die Teile; sie sind nicht identisch. Im Westen sagen wir: „das Ganze ist die Summe seiner Teile.“ Das ist eine Beziehung. Im Buddhismus würden wir es jedoch so ausdrücken: „das Ganze ist das, was den Teilen zugeschrieben wird“, und das kommt fast aufs Gleiche heraus.
Wir wollen hier nicht den ganzen Vortrag diesem Thema widmen, sondern nur ein paar grundlegende Mittel vorstellen, damit wir die Beziehungen zwischen Dingen besser verstehen können. Letztendlich ist es jedoch in unserer Diskussion und Analyse von Leerheit, Ursache und Wirkung, von enormer Wichtigkeit; es ist die Anwendung all dessen. Dieser ganze Prozess – das geistige Benennen und die Beziehung zwischen dem, was benannt wird und der Grundlage der Benennung – ist eine weitere Art der Beziehung. In dieser Darstellung wird es an diesem Punkt nicht wirklich erwähnt, aber in ausführlicheren Abhandlungen geht es in diese Richtung.
Das Ganze und seine Teile sind nicht identisch. Es gibt viele Teile, aber das Ganze ist nur eins. Sie sind jedoch nicht völlig getrennt und verschieden voneinander. Es gibt keine Teile ohne ein Ganzes. Sie existieren nicht getrennt voneinander.
Völlig deckungsgleiche und sich gegenseitig ausschließende Phänomene
Kommen wir wieder zu den untrennbaren Tatsachen. Zwei untrennbare Tatsachen sind von derselben Wesensnatur – sie können entweder völlig deckungsgleich sein (tib. don-gcig) oder sich gegenseitig ausschließen (tib. ’gal-ba). „Völlig deckungsgleich“ heißt, dass alles, was zu Gruppe A gehört, auch in Gruppe B enthalten ist. Zwei Tatsachen bedeuten im Grunde das gleiche. „Sie sind beeinflusst durch Ursachen, Bedingungen und Teile“ und „sie sind vergänglich“ sind zwei untrennbare, aber verschiedene, Tatsachen in Bezug auf das Gleiche, in Bezug auf die gleichen Aspekte von etwas; sie sind von derselben Wesensnatur und sie sind völlig deckungsgleich. Alles, was von Ursachen, Bedingungen und Teilen abhängt, ist vergänglich. Alles, was vergänglich ist, wird von Ursachen und Bedingungen beeinflusst. Das ist die Grundlage der Mengenlehre, die in der buddhistischen Analyse große Anwendung findet: die Beziehung zwischen zwei Mengen oder Gruppen.
Hier haben wir also zwei Mengen. Entweder ist alles, was sich in einer befindet, auch in der anderen vorhanden, oder es geht, wie in unserem Fall hier, um diese untrennbaren Tatsachen, die von derselben Wesensnatur sind. Die andere Möglichkeit besteht dann darin, dass sich diese zwei Tatsachen gegenseitig ausschließen (hier wird es als „widersprüchlich“ übersetzt). „Sich gegenseitig ausschließend“ weist jedoch darauf hin, dass es nichts gibt, das sich in beiden Gruppen befindet. Beispielsweise die zwei Wahrheiten in Bezug auf etwas: die Erscheinung, die konventionelle Wahrheit „mein schwarzer Dell“ und dessen Leerheit „er existiert nicht aus eigener Kraft als meiner“. Es gibt nichts, das beides ist, aber es handelt sich um untrennbare Tatsachen, die von derselben Wesensnatur sind.
Dichotome und nicht-dichotome sich gegenseitig ausschließende Phänomene
Kommen wir zum Thema der so genannten widersprüchlichen Phänomene (tib. phan-tshun spangs-’gal; ’gal-ba) und hier gibt es verschiedene Arten. Diese Begriffe werden als direkter logischer Widerspruch (tib. phan-tshun spangs-’gal-gyi dngos-’gal; dngos-’gal, dichotome sich gegenseitig ausschließende Phänomene) und indirekter logischer Widerspruch (tib. phan-tshun spangs-’gal-gyi rgyud-’gal, nicht-dichotome sich gegenseitig ausschließende Phänomene) übersetzt. Es geht um widersprüchliche Phänomene, die entweder eine Dichotomie bilden (was hier mit „direkt“ übersetzt wird) und jene, die keine Dichotomie bilden. Versuchen wir zu verstehen, was das bedeutet.
Dichotomie heißt, dass alles, was existiert, sich entweder in der einen oder der anderen Kategorie befindet; beispielsweise: „mein Computer“ und „nicht mein Computer“. Könnte alles beiden Kategorien zugeordnet werden? In welche Kategorie würde dein Computer passen? In die Kategorie: „nicht mein Computer“. Was ist mit dem Tisch? Es ist nicht mein Computer. Der Hund, die Wut, all das ist nicht mein Computer, nicht wahr? Das ist eine Dichotomie. Alles kann in diese zwei Gruppen unterteilt werden und es gibt nur zwei Möglichkeiten.
Wie verhält es sich mit drei Möglichkeiten (tib. mu-gsum, Trilemma)? Vielleicht haben wir diese zwei Gruppen: „mein Computer“ und „dein Computer“. Dann gibt es eine dritte Gruppe, eine dritte Möglichkeit: „weder mein, noch dein Computer“ und dieser Gruppe würden wir dann den Hund zuordnen. In diesem Fall gäbe es keine vierte Möglichkeit. Und es gibt nichts, das man zwei dieser Gruppen zuordnen könnte: „mein Computer“ und „dein Computer“, es sei denn, er gehört uns beiden. Der Hund würde jedoch nicht in mehr als eine Gruppe passen.
Sind nun „mein Computer“ und „dein Computer“ wirklich Gegensätze? Wie ist es mit „mein Computer“, „dein Computer“, und „der Computer eines anderen“. Was verstehen wir wirklich unter Gegensätzen?
Das Konzept von Eigentum.
Wessen Gegensatz ist das Konzept von Eigentum?
Durch dieses Konzept entsteht der Unterschied.
Ein Konzept von Eigentum führt in diesem Fall zu dem Unterschied zwischen meinem und deinem Computer, aber ein besitzmäßiger Unterschied macht aus zwei Dingen keine genauen Gegensätze, auch wenn mein Computer und dein Computer sich gegenseitig ausschließen. Es ist nicht so etwas wie heiß und kalt, in dem Sinne, dass es hier heiß und dort kalt ist und alles andere sich dazwischen befindet, also weder heiß, noch kalt ist. Nun, es gibt nichts, das sowohl heiß, als auch kalt sein kann.
Wie ist es, wenn wir vier Möglichkeiten (tib. mu-bzhi, Tetralemma) haben? Beispielsweise: „mein Computer“ und „Dinge, die am Flughafen verloren gegangen sind“; hier ist mein Computer und er ist etwas, das ich am Flughafen verloren habe. Der Hund gehört zu Dingen, die keins von beidem sind und dann gibt es noch etwas, das beides sein könnte. Mein Computer könnte sowohl der Kategorie „mein Computer“ und der Kategorie „verloren gegangene Dinge“ zugeordnet werden. Wenn es jedoch die Rede von meinem Computer ist, geht es nicht auch zwangsläufig um etwas, das am Flughafen verloren gegangen ist. Und es könnte Dinge geben, die verloren wurden und sich im Fundbüro befinden, aber nicht mein Computer sind.
Können wir all die Möglichkeiten erfassen, die damit einhergehen, kann uns das helfen, mit der Situation zurechtzukommen und sie zu analysieren. Wir suchen also nach unserem Computer. Befindet er sich im Fundbüro? Wir könnten all die Menschen anrufen, die mit im Flugzeug waren. Hat ihn vielleicht jemand genommen? Man muss all die verschiedenen Gruppen, all die Kategorien, in Betracht ziehen, die in Frage kommen könnten. Dieses System der Analyse ist etwas, das im Buddhismus vielfach zur Anwendung kommt.
Unvereinbare widersprüchliche Phänomene
Als nächstes haben wir die unvereinbaren widersprüchlichen Phänomene (tib. lhan-cig mi-gnas ’gal) und hier geht es um eine Sache, die den Bruch der Kontinuität einer anderen bewirkt. Beispielsweise: „ich bin traurig, weil mein Computer nicht da ist“ und dann: „ich bin glücklich, weil ich ihn zurückbekommen habe.“ Das Gefühl des Glücks ihn wiederbekommen zu haben, beendet die Traurigkeit, ihn nicht mehr zu haben und diese Traurigkeit könnte auch eine Erinnerung sein.
Anwendung am Beispiel des verlorenen Computers
An unserem Beispiel können wir erkennen, wie dies auf vielfältige Weise anwendbar ist. Vielleicht gab es jemanden, der mit uns zusammen am Flughafen war und den wir beschuldigten, unseren Computer genommen zu haben. Welche Beziehungen gibt es hier? Entweder habe ich ihn selbst genommen oder ich denke: „Wenn ich ihn nicht genommen habe, musst du ihn genommen haben“, als gäbe es nur diese zwei Möglichkeiten. Diese Sichtweise ist jedoch fehlerhaft, denn es gibt noch eine dritte Möglichkeit, nämlich dass ihn ein anderer genommen hat. Oft ist es jedoch so, dass wir in bestimmten Situationen nicht denken, es würde auch andere Möglichkeiten geben. Wir meinen es gäbe nur eine oder zwei und dann regen wir uns fürchterlich auf.
Ein ausgesprochen wichtiger und grundlegender buddhistischer Ratschlag ist folgender: Wenn wir etwas tun wollen, sollten wir nicht nur einen Plan A, sondern auch immer noch zusätzlich einen Plan B und einen Plan C haben. Denn wenn wir Plan A als die einzige Möglichkeit betrachten und er dann nicht funktioniert, sind wir vollkommen verloren. Nehmen wir einmal an, wir wollen studieren und bewerben uns an nur einer Hochschule, weil es die ist, an der wir am liebsten studieren würden. Werden dann aber nicht angenommen, bleibt uns am Ende lediglich ein Job bei McDonalds, da wir nur eine Möglichkeit in Betracht gezogen haben. Bewerben wir uns jedoch gleichzeitig an mehreren Universitäten, haben wir immer noch die Chance, an einer anderen zu studieren, wenn wir bei der einen nicht angenommen werden. All das ergibt sich aus der Mengenlehre. Das Ergebnis könnte sich in einer von vielen Kategorien befinden und daher sollten wir nicht denken: „entweder das oder gar nichts“.
Sind wir auf diese Weise geübt und werden mit einer solchen Situation konfrontiert, analysieren wir: Welche Möglichkeiten gibt es? Gibt es zwei Möglichkeiten oder nur eine? Oder gibt es vielleicht drei oder sogar vier Möglichkeiten? Das kann sehr hilfreich sein, wenn wir an die verschiedenen Situationen mit Logik herangehen, um all die Probleme lösen zu können.
In meinem Urlaub kann ich beispielsweise hierhin und dorthin fahren; ich könnte nur einen Ort besuchen oder auch beide und vielleicht auch ganz woanders hinfahren. Wenn wir unseren Urlaub planen, haben wir diese Möglichkeiten. Wir wollen also zwei verschiedene Orte besuchen und weil es an dem einen die ganze Zeit regnet, fahren wir zum nächsten. Regnet es dort auch, ärgern wir uns nicht, sondern denken über eine Alternative nach. Und wenn es an dem ersten Ort wunderschön ist, müssen wir an keinen anderen Ort gehen, sondern können den ganzen Urlaub dort verbringen. Wir haben also verschiedene Möglichkeiten. Sind wir offen gegenüber all den Möglichkeiten und auch gegenüber Änderungen in unseren Plänen, macht uns das sehr flexibel und unser Leben um einiges leichter.
Beziehungen zwischen Phänomenen mit der gleichen Identität
Bei der letzten Gruppe von Beziehungen geht es um Phänomene, die zueinander in Beziehung stehen, weil sie die gleiche Identität haben (tib. bdag-gcig-tu ’brel), und um ableitungsbezogene Phänomene (tib. de-byung ’brel).
Phänomene mit der gleichen Identität wären „mein Computer“ und „nichts anderes als mein Computer.“ Ich will meinen Computer wieder zurückhaben. Ich will nichts anderes als meinen Computer. Ich will keinen anderen, keinen neuen Computer, denn all meine Dateien befinden sich auf dem alten und ich mag ihn. Diese beiden Dinge: „mein Computer“ und „nichts anderes als mein Computer“ haben die gleiche Identität. Bestehe ich jedoch darauf und will „nichts anderes als meinen Computer“, ist das etwas deutlicher, als einfach nur zu sagen: „Ich will meinen Computer“, nicht wahr? Es ist, als würde ich sagen: „Ich werde mich mit nichts anderem zufriedengeben.“
Ableitungsbezogene Phänomene
Ableitungsbezogene Phänomene wären beispielsweise „mein Computer, bevor ich ihn zurückbekomme“ und „wenn ich ihn zurückbekomme“, oder „mein Computer, bevor ich ihn verloren habe“ und „nun, da ich ihn zurückbekomme“. Wir würden bestimmt nachprüfen, um zu sehen, ob damit herumhantiert wurde. Wir würden ihn mit dem Zustand vergleichen, in dem er sich befunden hat, bevor wir ihn verloren haben. Hat jemand irgendwelche Dateien gelöscht? Oder hat jemand einen Virus hinzugefügt? Was ist mit ihm geschehen? Das ist ableitungsbezogen; es leitet sich aus dem vorangegangenen Zustand des Objektes ab.
Dieses Wissen zum Verstehen und Analysieren unserer Probleme nutzen
Tatsächlich befassen wir uns bereits mit all diesen Beziehungen in unserem Leben, ob wir sie nun benennen oder nicht. Es ist interessant zu sehen, wie wir diese letzten zwei Arten von Beziehungen manchmal missverstehen. Beispielsweise neigen wir dazu, unser zwanzigjähriges Kind als identisch mit dem zwölfjährigen zu betrachten, obwohl diese beiden eigentlich nicht die gleiche Identität haben, sondern ableitungsbezogen sind. Das zwanzigjährige Kind ist eine Weiterentwicklung des zwölfjährigen und es als zwölfjähriges zu behandeln führt zu jeder Menge Ärger.
Damit sind wir am Ende dieses Lehrstoffes angelangt. Natürlich gibt es noch viele andere Arten von Beziehungen zwischen zwei Objekten oder Gruppen von Objekten, über die wir reden könnten, aber wahrscheinlich ist das genug. Letztendlich ist der wesentliche Punkt all dessen, dass es hier nicht einfach nur um theoretische Metaphysik geht, sondern um etwas, das uns beim Analysieren von Situationen und beim Überwinden von Problemen und Schwierigkeiten behilflich sein kann.
Haben wir beispielsweise eine Kategorie „Freunde“, können wir uns fragen, ob sich alle in dieser Kategorie befinden und ob sie völlig identisch sind. Manchmal denken wir, dass sie es sind und meinen, unsere Freundschaft sollte in dieser neuen Beziehung ganz genauso funktionieren; aber dem ist nicht so. Sie gehören vielleicht der gleichen Kategorie an – es sind Instanzen in Bezug auf die gleiche Kategorie – aber was für eine Beziehung haben sie untereinander? Das sind Beispiele, bei denen es notwendig ist, diese Art der Analyse anzuwenden, um verstehen zu können, wo das Problem in unserer Beziehung liegt. Vielleicht behandle ich mein zwanzigjähriges Kind als wäre es zwölf, oder ich behandle diesen Freund, als wäre er mit jenem anderen Freund identisch. Aber das ist falsch; es ist ein Missverständnis.
Wir könnten uns fragen, warum sich diese Person in der Kategorie „Freund“ befindet. Es ist eine geistige Benennung, nicht wahr? Ist er der einzige in dieser Kategorie und wird er immer in dieser Kategorie bleiben? Was sind die Möglichkeiten in Bezug auf diese Person? Kann sie mein Freund, mein Feind oder neutral sein? Das ist wirklich ein sehr wichtiges und interessantes Thema, wenn es zum Beispiel zu einer Scheidung kommt. Gibt es eine Möglichkeit, diese Person (die man wahrscheinlich liebte, als man sie geheiratet hat), nach der Scheidung nicht nur in die Schublade „mein Feind“, sondern auch in die Schublade „mein Freund“ zu stecken? Wird es zwei oder drei Möglichkeiten geben?
Eine weitere Möglichkeit wäre, sich zu trennen und in einer Höhle zu leben.
Nun, du hast die vierte Möglichkeit angesprochen: in eine Höhle zu gehen und keine Beziehung mehr mit dieser Person zu haben. Dann ist die Person weder mein Feind, noch mein Freund und auch nicht mehr mein Partner oder meine Partnerin; ich habe einfach keine Beziehung mehr zu ihr. Genauer gesagt, habe ich keine gegenwärtig stattfindende Beziehung mehr, aber da gibt es eine nicht mehr stattfindende Beziehung und die kann man nicht leugnen, besonders wenn auch Kinder mit im Spiel sind. Das übt nun, auf eine ursächliche Weise, einen Einfluss auf die Anzahl der Möglichkeiten aus. Die Art der Ursache besteht in der Tatsache, Kinder zu haben und das macht das Ganze noch komplizierter.
All diese Arten von Systemen, die wir hier vorgestellt haben, werden miteinander verwoben, wenn wir uns einer schwierigen Situation stellen müssen, wie beispielsweise bei einer Scheidung, wenn es herauszufinden gilt, welche Beziehung wir mit der Person haben werden, von der wir uns trennen wollen.
Vielen Dank.