Die Komponenten der Aggregate anderer beeinflussender Variablen
Das vierte Aggregat, das Aggregat der anderen beeinflussenden Variablen ist die größte Ansammlung von Dingen. „Variabel“ bezieht sich darauf, dass sie sich ändern wird und „beeinflussend“ heißt, dass sie einen Einfluss auf unsere Erfahrung hat. Diese Gruppierung umfasst alle sich ändernden Phänomene, die nicht zu einem der anderen Aggregate gehören. Hierbei handelt es sich um das Aggregat von allem anderen, in dem man alle positiven und negativen Emotionen, sowie all die verschiedenen Geistesfaktoren, wie Aufmerksamkeit, Konzentration und Interesse finden kann. Geistesfaktoren tragen dazu bei oder bewirken, was wir sehen, hören oder anderweitig erfahren. Das schließt auch jene Faktoren mit ein, die sich von einem Augenblick zum nächsten ändern, aber keine Formen physischer Phänomene oder Weisen sind, sich etwas gewahr zu sein – wie zum Beispiel Zeit, Ort, Veränderung, Alter und insbesondere das konventionelle Selbst, das „Ich“.
Beginnen wir damit, einen Blick auf einige der maßgeblichen Variablen zu werfen, die große Unruhestifter sind. In den diversen buddhistischen Texten gibt es verschiedene Auflistungen von 48 bis 52 dieser Geistesfaktoren. Einige von ihnen werden etwas unterschiedlich definiert, aber im Großen und Ganzen sind sie gleich. Wir sollten auch bedenken, dass es noch viel mehr Geistesfaktoren gibt, als nur diese angegebene Anzahl, denn hierbei handelt es sich lediglich um die bedeutendsten.
Die fünf immer arbeitenden geistigen Faktoren
Es gibt fünf Geistesfaktoren, die jeden Augenblick begleiten. Über zwei von ihnen haben wir bereits gesprochen: das Empfinden eines Grades von Glücklichsein oder Unglücklichsein, sowie das auseinanderhaltende Gewahrsein. Sie machen ihre eigenen zwei Aggregate aus, da sie so essenziell sind.
Dränge
Der dritte immer arbeitende geistige Faktor ist das, was ich als einen „Drang“ oder „geistigen Impuls“ übersetze, der wie eine Lokomotive all die anderen Geistesfaktoren antreibt, sich mit einem Objekt zu befassen, und unseren Körper, unsere Rede und unseren Geist dazu bringt, eine Handlung gegenüber oder mit dem Objekt auszuführen. Beispielsweise bewegen wir unseren Kopf zur Seite und betrachten etwas.
Laut einem der buddhistischen Systeme haben diese Dränge die gleiche Bedeutung wie Karma, sind also „karmische Dränge“. Das Wort „Karma“ wird oft in sehr weitem Sinne für alles benutzt, was in Bezug auf unser Verhalten mit Ursache und Wirkung zu tun hat. Genauer gesagt bezieht sich Karma jedoch auf die zwingenden, scheinbar zwanghaften Dränge, die uns dazu bewegen etwas zu tun, zu sagen oder zu denken, wenn wir etwas wahrnehmen, was dann Konsequenzen nach sich zieht.
Wir haben den Drang, ziemlich harmlose, neutrale Dinge zu tun: den Drang unseren Kopf zu kratzen, jemanden anzusehen, jemanden anzurufen, etwas Wasser zu trinken und so weiter. Der Drang lenkt unsere geistige Aktivität in die Richtung eines Objektes, in die Richtung einer Handlung. Es könnte beispielsweise einen Drang geben, unseren Fuß zu bewegen oder eine andere Art der Bewegung auszuführen, wie zu tanzen.
Wir könnten auch Dränge erleben, die uns dazu antreiben, etwas Destruktives oder Konstruktives zu tun. So könnten wir den Drang haben, etwas Hässliches oder etwas Nettes zu sagen. Es könnte ein Drang sein, jemanden zu helfen oder jemanden zu verletzen. Ein Drang könnte aber auch sehr subtil und schwer zu erkennen sein. Er könnte uns dazu bringen, über etwas nachzudenken, das völlig neutral, konstruktiv oder sehr destruktiv ist. Und weil Dränge aus Gewohnheit und in bestimmten Umständen entstehen, fügen sie unserem Verhalten eine Zwanghaftigkeit hinzu.
Untersuchen wir es etwas tiefgründiger, können wir sehen, dass nicht zuerst ein Drang oder ein geistiger Impuls in Erscheinung tritt, der dann den Rest der Geistesfaktoren zu einem Objekt und einer Aktivität treibt, die auf das Objekt gerichtet ist. Der geistige Impuls ist Teil des Augenblicks, in dem wir ein Objekt wahrnehmen. Aus diesem Grund kann man einen geistigen Impuls nicht anhalten oder umkehren, wenn er einmal auftritt, als wäre er in dem Moment aufgetaucht, bevor er sein Objekt wahrnimmt.
Was das zwanghafte Verhalten betrifft, mit dem wir uns beispielsweise den fünften Keks während der Kaffeepause nehmen, so besteht diese Handlung aus vielen Schritten, in der jeder Augenblick mit seinem eigenen Drang entsteht. Dem Vollenden der Handlung könnte jederzeit ein Ende gesetzt werden. Während unsere Hand nach dem fünften Keks greift und beginnt, ihn in den Mund zu stecken, könnten wir die zwanghafte Abfolge unterbrechen und den Keks weglegen.
Aber schon bevor wir den Keks nehmen, haben wir das Gefühl, ihn gern essen zu wollen. Dieses Gefühl ist der Geistesfaktor der „Absicht“, über den wir gleich noch sprechen werden. In diesem Zwischenraum, nachdem wir das Gefühl haben, den Keks nehmen zu wollen (es also beabsichtigen, den Keks zu nehmen) und dann eine Abfolge von Drängen erleben, durch die wir tatsächlich unsere Hand hinüberbewegen und den Keks in unseren Mund stecken – ganz schnell, bevor ihn ein anderer nimmt – ist die Chance für uns am größten, dem Gefühl nicht nachzugeben. Aus diesem Beispiel ist ersichtlich, welche Präzision notwendig ist, um unser Verhalten zu ändern.
Unsere karmischen Potenziale reifen nicht nur zu unseren Gefühlen von Glück oder Leid heran, sondern auch zu dem, was wir gern tun würden oder beabsichtigen zu tun. Sie können zum Beispiel zu einem Gefühl reifen, lieber noch einen Keks und nicht etwas Obst zu essen, und unsere karmischen Potenziale reifen natürlich nicht zu den Keksen selbst. Mit einen Drang handeln wir dann aufgrund dessen, was wir gern tun würden und indem wir das tun, sammeln wir noch mehr karmisches Potenzial an. In einem Versuch, mit dieser karmischen Gewohnheit zu brechen, mögen wir denken: „ich werde mir selbst in jeder Kaffeepause nur fünf Kekse gestatten.“ Aber das ist wirklich komisch, denn hier haben wir diesen Dualismus eines getrennten „Ichs“, das dem unbeherrschten „Ich“, das eigentlich gern jedes Mal zehn Kekse essen würde, eine Erlaubnis erteilt.
Versucht zu erkennen, dass es in jedem Augenblick Dränge gibt. Es ist nicht so leicht, sie wahrzunehmen, denn sie sind sehr subtil. Wir können sie an dem erkennen, wozu sie führen. Zum Beispiel kratzen oder bewegen wir unseren Kopf; demnach muss es einen Drang, einen geistigen Impuls, geben, der uns zu dieser Handlung führt. Es gibt auch den Drang, etwas fortgesetzt zu betrachten, nichts zu tun, weiter zu schlafen, sowie den Drang, der zu einem Traum führt, oder den Drang, der uns aufwachen lässt. Jeder Drang oder geistige Impuls ist das, was uns zur Wahrnehmung oder Aktion des Augenblicks führt. Es gibt auch den Drang, unsere Augen zu öffnen oder zu schließen.
Es ist schwierig, Dränge zu erkennen. Wenn wir den Dharma studieren, bekommen wir zunächst ein grobes Verständnis davon, das dann mit der Zeit immer konkreter wird. Hier, in diesem Fall, bezieht sich ein Drang auf eine Weise, sich über ein Objekt gewahr zu sein. Daran sollten wir denken. Es geht um Weisen, sich über Objekte gewahr zu sein. Richten wir uns beispielsweise auf die rechte Seite unserer Hand, ist es der Drang oder der geistige Impuls, der unseren Geist, unsere geistige Aktivität, dazu bringt, die Hand zu betrachten. Der Drang ist also ein Gewahrsein unserer Hand.
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Kontaktbewusstsein
Bis hierhin haben wir das Empfinden verschiedener Grade von Glücklichsein, das auseinanderhaltende Gewahrsein und Dränge oder geistige Impulse untersucht. Der nächste der fünf immer arbeitenden geistigen Faktoren ist das Kontaktbewusstsein. Hierbei handelt es sich um eine Weise, sich eines Objektes gewahr zu sein, mit der man ein Objekt und den Kontakt mit ihm als angenehm, unangenehm oder neutral unterscheidet. Dieser Faktor dient als Grundlage dafür, das Objekt mit einem glücklichen, unglücklichen oder neutralen Gefühl zu erfahren.
Betrachten wir beispielsweise die farbigen Formen des Körpers von jemandem, erkennen wir, dass sie die Form des Körpers einer Person ausmachen und halten sie und die farbigen Formen der Wand auseinander. Das Kontaktbewusstsein dieses Objektes hält den Anblick dieses Körpers und dieser Person für angenehm. Auf dieser Basis sind wir glücklich und das heißt, dass wir uns nicht davon trennen wollen, diese Person zu betrachten. Der karmische Drang ist das, was unseren Geist zu dieser Person und deren Betrachtung hinführt. Weitere karmische Dränge werden den Geist dann entweder dazu bringen, sie weiterhin anzusehen oder wegzuschauen.
Versuchen wir, dieses Kontaktbewusstsein zu erkennen und zu identifizieren, indem wir verschiedene Objekte im Raum betrachten. Achtet darauf, wie all diese Geistesfaktoren zusammenarbeiten. Finden wir ein Objekt unangenehm, sind wir unglücklich, wenn wir es betrachten und würden uns gern davon trennen. Infolgedessen würden wir dann etwas anderes ansehen. Wie beim Empfinden verschiedener Grade von Glücklichsein oder Unglücklichsein muss auch das Kontaktbewusstsein, das uns ein Objekt als angenehm, unangenehm oder neutral wahrnehmen lässt, keineswegs dramatisch sein.
Sehen wir uns das etwas genauer an. Betrachten wir etwas, das wir für unangenehm halten, und sind ein wenig betrübt bei dem Anblick, entsteht der Drang, der unseren Geist von diesem Objekt wegsehen lässt. Wenn wir hingegen etwas ansehen, das wir als angenehm empfinden und dessen Anblick uns glücklich macht, wollen wir nicht davon getrennt werden; aus diesem Grund lässt ein Drang unseren Geist an diesem Objekt festhalten, während wir natürlich gleichzeitig auch das Objekt von der Wand unterscheiden.
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Aufmerksamkeit
Der fünfte immer arbeitende geistige Faktor ist die Aufmerksamkeit oder wörtlich „das geistige Aufnehmen“. Dies ist der Geistesfaktor, der die geistige Aktivität einem Objekt zuwendet. Der Drang oder geistige Impuls ist das, was die Aufmerksamkeit und all die anderen Geistesfaktoren auf das Objekt lenkt. Es ist nicht so, dass zunächst der Drang oder geistige Impuls entsteht, uns dem Objekt zuwenden lässt und sich erst dann die Aufmerksamkeit darauf richtet. Der geistige Impuls und die Aufmerksamkeit finden gleichzeitig statt.
Diese Aufmerksamkeit könnte stark oder schwach sein, und es gibt ein ganzes Spektrum dessen, wie viel Aufmerksamkeit wir auf ein Objekt richten. Wir sehen beispielsweise zur Wand und lassen ihr nur sehr wenig Aufmerksamkeit zukommen. Es gibt einen Drang zur Wand zu schauen, aber da wir nur wenig Aufmerksamkeit auf sie richten können, lassen wir den Blick weiter schweifen. Es wird natürlich komplizierter, weil wir nicht jeder Sache in unserem Blickfeld gleich viel Aufmerksamkeit schenken. Hier geht es auch um andere Dinge, wie beispielsweise unser Interesse.
Hier ein lustiges Beispiel: Einmal habe ich für etwa 4 Monate bei einem Freund in Wales gewohnt. Nach einiger Zeit wollten wir zusammen einen neuen Duschvorhang für das Badezimmer kaufen gehen und überlegten uns, welcher am besten aussehen würde. Mein Freund fragte mich: „Welche Farbe würde wohl am besten zur Badezimmerwand passen?“ Ich gab zu, dass ich keine Ahnung hatte, welche Farbe die Wand im Badezimmer hatte, worauf mich mein Freund fragte, ob ich denn wüsste, wie die Wände in meinem Schlafzimmer aussehen. Auch darauf hatte ich keine Antwort, da ich einfach nicht darauf geachtet hatte. Mich interessierte die Farbe der Wände ganz einfach nicht und daher konnte ich mich nicht daran erinnern. Wir haben sehr darüber gelacht.
Manche von uns, die ein großes Interesse an Kleidung und Mode haben, werden darauf achten und sich daran erinnern, was die Leute heute hier tragen. Andere, die das nicht interessiert, werden dem keine Aufmerksamkeit schenken und sich nicht im entferntesten daran erinnern. Aufmerksamkeit ist das Maß, in dem sich der Geist mit dem Objekt beschäftigt. Ist sie schwach, stark, ausgeprägt oder eher unbeträchtlich? Hier geht es nicht einfach um Sinneswahrnehmung, sondern auch um das Denken. Wie viel Aufmerksamkeit widmen wir den wahllosen Gedanken in unserem Kopf?
Eine andere Dimension ist, wie wir auf etwas achten. Auf welche Weise schenken wir einer Sache Beachtung? Tun wir es auf korrekte oder auf fälschliche Weise? Betrachten wir beispielsweise etwas Unbeständiges als beständig oder etwas Unreines als rein?
Nehmt euch hier wieder einen Moment Zeit und versucht diesen Geistesfaktor der Aufmerksamkeit zu erkennen. Wie viel Aufmerksamkeit richten wir auf das, was wir sehen oder hören? Denkt daran, dass wir zur gleichen Zeit sehen, hören, riechen, schmecken, körperliche Empfindung haben und wahrscheinlich auch denken. Das Maß an Aufmerksamkeit, das jeden dieser Vorgänge begleitet, ist natürlich verschieden.
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Sich bestimmter Dinge nicht bewusst sein
Wenn wir im Westen davon reden, sich bewusst oder nicht bewusst darüber zu sein, was in unserem Geist abläuft, geht es um diesen Faktor der Aufmerksamkeit, auf den wir uns damit beziehen. Zum Beispiel könnten unsere Worte, die wir mit jemandem wechseln, von Wut begleitet sein, über die wir uns nicht im geringsten bewusst sind. Diese unbewusste Wut oder Feindseligkeit bedeutet, dass wir nicht aufmerksam gegenüber der Wut sind. Und auch wenn wir ihr gegenüber aufmerksam sind, betrachten wir sie dann als rein oder unrein? Ist sie etwas, das wir als völlig angemessen und daher als richtig ansehen? Oder ist diese Feindseligkeit für uns etwas Unreines, von dem wir unbedingt frei werden wollen?
Das ist wirklich spannend, wenn wir beginnen, es immer weiter zu erforschen. Nehmen wir an, dieser Augenblick unserer Erfahrung wird von Feindseligkeit begleitet. Vielleicht reden wir gerade mit jemanden, betrachten die Wand oder sitzen einfach in unserem Zimmer. Diese Feindseligkeit kommt nicht zwangsläufig aus einem Gefühl der Wut gegenüber der Person, dem Raum oder der Wand. Es könnte rein gar nichts damit zu tun haben und sich vielleicht auf etwas beziehen, was uns auf der Arbeit passiert ist oder Ähnliches. Dennoch gibt es da die Feindseligkeit in diesem Augenblick, die jedoch völlig gegenstandslos ist. Sind wir in der Lage, sie zu analysieren und zu dekonstruieren, merken wir, dass unsere Feindseligkeit unangebracht und nicht Gegenstand der Sache ist. Es ist jedoch notwendig, sich über sie bewusst zu sein und ihr Aufmerksamkeit zu widmen.
Mit dieser neuen Ebene der Aufmerksamkeit ändern wir die Weise, wie wir uns anderer bewusst sind, wenn wir mit ihnen reden. Wie ist unsere gewöhnliche Art der Aufmerksamkeit gegenüber anderen? Oft sehen wir eine andere Person als eine Art verallgemeinertes Objekt. Viel besser wäre es, ihr unsere Aufmerksamkeit zu schenken und zu erkennen, dass es sich um ein menschliches Wesen handelt, dass, genau wie wir, Gefühle hat. Darüber hinaus fügen wir einen weiteren Geistesfaktor, die so genannte teilnahmsvolle Geisteshaltung hinzu. Wir achten darauf, wie unser Verhalten und unsere Worte die andere Person beeinflussen. Mit anderen Worten nehmen wir Ursache und Wirkung ernster.
Dann gestehen wir ein, dass es unangemessen ist, aus Gründen zu jemandem feindselig zu sprechen, die nichts mit ihm zu tun haben und ihm ein schlechtes Gefühl vermitteln. Aus diesem Grund üben wir uns in der ethischen Disziplin der Selbstbeherrschung und hören auf, so zu handeln. Indem wir aufmerksam sind und darauf achten, was vor sich geht, ändern wir die Weise, wie wir uns anderen gegenüber verhalten. Wir tun es einfach.
Auf diese Weise lernen wir, die fünf Aggregate anzuwenden und unsere Lebensweise zu verbessern. Im Aggregat der anderen beeinflussenden Variablen wird durch diesen und viele andere Geistesfaktoren bestimmt, wie wir im Augenblick der Erfahrung mit der Welt um uns und allen Wesen dieser Welt umgehen.
Darum geht es bei den immer arbeitenden geistigen Faktoren. Da wir nicht mehr viel Zeit haben, werden wir uns nur noch kurz einigen anderen Bestandteilen dieses vierten Aggregates zuwenden.
Die fünf feststellenden Geistesfaktoren
Zusätzlich zu diesen fünf immer arbeitenden geistigen Faktoren gibt es auch fünf feststellende Geistesfaktoren. In manchen Texten wird behauptet, wir würden in jedem Augenblick über sie alle verfügen, aber es hängt davon ab, wie wir sie definieren. Die fünf feststellenden Geistesfaktoren befähigen den Geist, ein Objekt mit Bestimmtheit zu erkennen.
Absicht
Der erste ist die Absicht, also der Wunsch, ein angestrebtes Objekt zu haben, etwas gegenüber oder mit ihm zu tun, oder ein angestrebtes Ziel zu erreichen. Es ist das, was vor der Neigung kommt, etwas gern tun zu wollen. Was ist beispielsweise unsere Absicht, wenn wir eine Person ansehen? Wollen wir sie gern weiter ansehen, wollen wir sie küssen oder wollen wir zuschlagen? Was ist unsere Absicht? Irgendeine Absicht gibt es immer, auch wenn sie nur darin besteht, nichts zu tun.
In gewisser Weise hat dieser Faktor auch etwas mit Interesse zu tun. Interesse wird nicht als ein separater Geistesfaktor festgelegt, obwohl es ganz offensichtlich einer ist. Die Absicht, die Person weiter anzusehen oder etwas mit ihr zu tun, hängt ganz klar damit zusammen, sie interessant zu finden oder nicht. Das ist ein ausgesprochen wichtiger Faktor, denn es ist etwas, das wir korrigieren können. Wenn beispielsweise jemand kommt und uns eine Frage stellt, mögen wir zunächst denken, wir wären sehr beschäftigt und hätten keine Zeit. Anstatt jedoch nein zu sagen, könnten wir Interesse aufbringen, denn schließlich handelt es sich um einen Menschen, der eine Frage an uns hat. Auf diese Weise entwickeln wir Interesse und widmen ihm daraufhin mehr Aufmerksamkeit.
Betrachtung
Dann haben wir den Faktor der Betrachtung, der sich darauf bezieht, ein Objekt als etwas anzusehen, das bestimmte gute Eigenschaften hat, angefangen mit „ohne gute Eigenschaften“ bis hin zur „wunderbarsten Sache der Welt“, oder von „völlig unwichtig“ bis hin zu „am allerwichtigsten“. Auch hier ist es mit dem Interesse verbunden.
Natürlich könnte diese Art der Betrachtung korrekt oder falsch sein und sie ist etwas, das wir in jedem Augenblick haben, nicht wahr? Im Wesentlichen geht es darum, wie wir das bewerten, was wir hören, sehen und so weiter. Vielleicht hören wir Verkehrsgeräusche und betrachten sie als etwas ohne irgendwelche guten Eigenschaften; wir sehen sie einfach nur als störend und könnten sogar wütend deswegen werden.
Vergegenwärtigung
Der nächste Faktor ist die Vergegenwärtigung. Oft hören wir von der Achtsamkeitsmeditation, aber in diesem Kontext gilt es eine wirklich korrekte Definition der Vergegenwärtigung zu haben. Das Wort „Vergegenwärtigung“ bezieht sich darauf, sich wieder etwas ins Bewusstsein zurückzurufen oder sich zu erinnern. Sie ist wie geistiger Klebstoff und ist das, was das geistige Festhalten an ein Objekt daran hindert verlorenzugehen. Erinnern wir uns an etwas, verhindern wir dadurch, dass unser Festhalten an dem Objekt verlorengeht. Wir erinnern uns, halten daran fest und lassen das Objekt nicht los.
Bei der Vergegenwärtigung geht es daher nicht einfach nur darum, die Aufmerksamkeit auf das zu richten, was in jedem Augenblick in Erscheinung tritt. Sind wir achtsam, wenn wir einer redenden Person zuhören? Gibt es da einen geistigen Klebstoff, der daran festhält und schenken wir den Worten der Person unsere Aufmerksamkeit, damit wir sie uns merken können? Oder gibt es da rein gar keine Vergegenwärtigung? Ist das geistige Festhalten so schwach, dass wir uns nicht daran erinnern können, was gesagt wurde?
Die Vergegenwärtigung ist der Klebstoff, der unsere Aufmerksamkeit an dem festhalten lässt, was gesagt wurde. Die Aufmerksamkeit könnte stark oder schwach sein, aber dies hängt von dem Klebstoff ab, von der Stärke oder Schwäche der Vergegenwärtigung, mit der man sich auf die Unterhaltung einlässt.
Diese feststellenden Geistesfaktoren, wie die Vergegenwärtigung, sind ausschlaggebend, wenn wir Meditation praktizieren und versuchen, Konzentration zu erlangen. Wenn wir sie studieren und identifizieren, sind wir in der Lage, diese verschiedenen Faktoren zu unterscheiden und wissen, was es bei Problemen zu korrigieren gilt.
Geistiges Fixieren
Der nächste Faktor ist das geistige Fixieren oder die Konzentration. Hierbei handelt es sich um einen Geistesfaktor, mit dem wir tatsächlich bei dem Objekt bleiben. Inwieweit bleiben wir auf das Objekt unserer Ausrichtung fixiert? Überhaupt nicht oder ist unser Verweilen am Objekt ausgeprägt?
Das geistige Fixieren unterscheidet sich von dem Klebstoff oder der Vergegenwärtigung, aber es gibt eine große Ähnlichkeit. Die Vergegenwärtigung verhindert, dass wir die Aufmerksamkeit in Bezug auf das Objekt verlieren, während das geistige Fixieren der Geistesfaktor ist, der die Aufmerksamkeit am Objekt festhält. Es ist nicht so einfach, diese beiden zu unterscheiden.
Vielleicht betrachten wir die farbigen Formen des Körpers einer Person. In dem Moment ist es der Drang, der unsere Aufmerksamkeit und all die anderen begleitenden Geistesfaktoren auf diese Form lenken. Die Aufmerksamkeit ist das, was sich mit dem Objekt beschäftigt. während das Fixieren oder Konzentrieren die Aufmerksamkeit dort festhält. Der Klebstoff, die Vergegenwärtigung, verhindert hingegen das Loslassen. Natürlich ist dieser Vorgang mit dem Interesse verbunden, das wir an dem Objekt haben, sowie mit der Absicht, es anzusehen und vielleicht etwas zu der Person zu sagen. Zusätzlich dazu halten wir die Form dieser Person und die Wand, sowie andere Menschen auseinander. Mit dem Kontaktbewusstsein finden wir dieses Objekt angenehm und empfinden ein Gefühl von Glück – wir wollen also nicht von diesem Objekt getrennt werden. Wir betrachten diese Person als jemanden, der gute Eigenschaften hat; sie ist ein netter Mensch. All das ist miteinander verbunden.
Unterscheidendes Gewahrsein
Der fünfte Faktor in dieser Gruppe ist das unterscheidende Gewahrsein, was auch als Weisheit übersetzt wird; der Begriff „Weisheit“ ist jedoch sowohl vage als auch irreführend, denn unser Unterscheidungsvermögen könnte korrekt oder fehlerhaft sein.
Das unterscheidende Gewahrsein ist das Feststellen, das uns hilft, mit Gewissheit ein Objekt zu ergreifen und die starken von den schwachen Punkten des Objektes zu unterscheiden. Des Weiteren unterscheidet es die guten von den trügerischen Eigenschaften und bestimmt, ob etwas korrekt oder fehlerhaft, sowie konstruktiv oder destruktiv ist. Das unterscheidende Gewahrsein fügt unserem auseinanderhaltenden Gewahrsein und dem Ergreifen eines Objektes Gewissheit hinzu. Vielleicht betrachten wir eine Person und bestimmen mit unterscheidendem Gewahrsein, dass sie unser Freund und nicht unser Feind ist. Wir können mit einem gewissen Maß an Überzeugung und Gewissheit einen Namen von einem anderen unterscheiden.
Zusätzliche Komponenten anderer beeinflussenden Variablen
Innerhalb dieses vierten Aggregates gibt es auch mehrere weitere Gruppen von Geistesfaktoren, die sich auf das, was wir im Westen als „Emotionen“ bezeichnen, beziehen. Diese Gruppe umfasst jedoch auch Dinge, die wir wahrscheinlich nicht als Emotionen betrachten würden. Daher ist es schwer einen allgemeinen Begriff für sie alle zu finden. Zunächst haben wir hier eine Gruppe der Konstruktiven und wir werden nur einige nennenswerte aufzählen.
Glauben an Tatsachen
Der erste dieser konstruktiven Geistesfaktoren ist der Glaube daran, dass eine Tatsache wahr ist und dies wird oft mit „Vertrauen“ übersetzt, was jedoch irreführend ist, denn man könnte in etwas Vertrauen haben, was entweder wahr oder nicht wahr ist. Bei diesem Geistesfaktor geht es jedoch darum, nur wahre Dinge für wahr zu halten und nicht Unwahrheiten. Zum Beispiel glaube ich, dass diese Person Gabi ist und das ist korrekt. Würde ich glauben, es wäre Maria, wäre das eine falsche Unterscheidung und nicht einer dieser ersten konstruktiven Geistesfaktoren.
Moralische Selbstwürde und Interesse daran, wie sich unsere Handlungen auf andere auswirken
Zwei weitere konstruktive Geistesfaktoren sind moralische Selbstwürde und das Interesse, wie sich unsere Handlungen auf andere auswirken. Mit einem Sinn von moralischer Selbstwürde handeln wir nicht auf furchtbare Weise. Wir haben ein Selbstwertgefühl und ohne das würden wir wie ein Gauner umherziehen und allen möglichen Unsinn machen.
Wir achten auch darauf, wie sich unsere Handlungen auf andere auswirken und handeln nicht auf törichte Weise, weil wir darauf bedacht sind, was Menschen von unserer Familie, Nationalität oder Religion halten. Beispielsweise ziehen wir die Auswirkungen in Betracht, die unsere Handlungen in Bezug auf die Buddhisten hätten, wenn wir uns betrinken und völlig daneben benehmen würden. Welches Licht würden sie auf den Buddhismus werfen?
Diese zwei Geistesfaktoren, moralische Selbstwürde und das Interesse daran, wie sich unsere Handlungen auf andere auswirken, sind die Basis der Ethik im Buddhismus. Im Westen denken wir oft, unsere Rücksicht in Bezug auf die Auswirkungen unserer Handlungen wäre die Basis für Ethik. Aber aus einer buddhistischen Perspektive ist dieses Kriterium nicht immer verlässlich, denn im Grunde wissen wir nicht, welchen Einfluss unsere Handlungen auf andere haben werden.
In Indien ist es oft so, dass ganze Dörfer durch Lautsprecher mit Musik beschallt werden. Die Absicht ist, alle glücklich zu machen und man geht davon aus, laute Musik wäre irgendwie erhebend. Sie erwarten, dass alle es mögen, aber wir Westler sind vielleicht nicht wirklich begeistert. Das ist ein amüsantes Beispiel in Bezug darauf, dass es im Grunde keine Gewissheit darüber gibt, wie sich etwas auf andere auswirkt und daher ist die Rücksicht keine verlässliche Basis der Ethik. In unserem rücksichtsvollen Verhalten gibt es keine Gewissheit, wie es sich auf andere auswirken wird. Die Überlegung, wie sich unser Verhalten tatsächlich auf uns selbst auswirken wird, ist etwas völlig anderes.
Außerdem gibt es konstruktive Dinge wie die Loslösung, also nicht an jemanden oder etwas zu hängen. Es gibt die Gelassenheit, durch die wir auf nichts wütend sind, und auch mangelnde Naivität und Ausdauer. Mit Ausdauer stecken wir Bemühung in etwas Positives und genießen es.
Es gibt viele konstruktive Emotionen, die nicht in der üblichen Auflistung enthalten sind, jedoch trotzdem im Buddhismus behandelt werden. Nur weil sie nicht in der Liste enthalten sind, bedeutet nicht, dass es sie nicht gibt. Ganz grundlegende Dinge, wie Liebe, Mitgefühl und Geduld, kann man beispielsweise nicht in der Aufzählung konstruktiver Emotionen finden.
Wurzelgleiche störende Emotionen und Geisteshaltungen
Was die destruktive Seite betrifft, so gibt es eine Gruppe von sechs Geistesfaktoren, die man als „wurzelgleiche störende Emotionen und Geisteshaltungen“ bezeichnet. Sie sind in dem Sinne Wurzeln, da andere von ihnen abzweigen. So ist die Wut eine Wurzel für die zweitrangige störende Emotion des Hasses und der Missgunst.
Die erste dieser Gruppe ist das sehnsüchtige Verlangen und bezieht sich darauf, die guten Eigenschaften von etwas übermäßig hervorzuheben. Da gibt es viele Möglichkeiten: vielleicht müssen wir etwas, das wir nicht haben, mit dem sehnsüchtigen Verlangen unbedingt bekommen, und wenn wir etwas haben, wollen wir nicht loslassen. Das ist dann Anhaftung. Und auch wenn wir eine bestimmte Menge von etwas haben, sind wir gierig und wollen noch mehr.
Sehnsüchtiges Verlangen ist eine störende Emotion, mit der wir unseren inneren Frieden und unsere Selbstbeherrschung verlieren, wenn wir sie erfahren. Dann sagen und tun wir viele Dinge, die wir normalerweise nicht sagen und tun würden. Mit dem sehnsüchtigen Verlangen heben wir die guten Eigenschaften übermäßig hervor und meinen, diese Sache, die wir unbedingt haben müssen, würde uns glücklich machen. Wir sind weder zufrieden noch innerlich ausgefüllt.
Mit der nächsten dieser wurzelgleichen störenden Emotionen, der Wut, dramatisieren wir die negativen Eigenschaften einer Sache und wollen sie daher unbedingt loswerden. Bei beiden dieser Emotionen erfinden wir vielleicht sogar gute Eigenschaften oder fügen negative, schlechte Eigenschaften hinzu, die es gar nicht gibt.
Dann gibt es das mangelnde Gewahrsein, diese stets gegenwärtige Verwirrung, die ein echtes Problem darstellt. Wir haben dieses mangelnde Gewahrsein und sind uns weder über verhaltensbedingte Ursache und Wirkung, noch über die Natur der Wirklichkeit bewusst. Genauer gesagt wird diese Emotion als geistige Trübheit definiert, was sich auf eine Trübheit von Körper und Geist bezieht; also trüb wie ein wolkenverhangener Himmel. Im Westen betrachten wir diese geistige Trübheit als ein Gefühl, bei dem wir einfach nicht wissen, was los ist. Wir sind uns nicht bewusst über die Auswirkung unseres Verhaltens auf uns selbst und andere und wissen nicht, wie Dinge existieren. Es geht hier nicht darum, jemandes Namen oder Telefonnummer vergessen zu haben, was ja häufig passieren kann. Die geistige Trübheit bezieht sich vielmehr darauf, wirklich ziemlich verwirrt zu sein. Der Geist ist nicht leicht und klar, sondern schwer und trüb. Wir wissen wirklich nicht, welchen Einfluss unsere Worte haben werden und wie wir oder all die Dinge oder Wesen um uns herum existieren. Im Grunde haben wir keine Vorstellung davon, was sich im Leben abspielt.
Eine Analogie für geistige Trübheit wäre, mit einer Papiertüte über dem Kopf herumzulaufen. Dann sind wir nicht in der Lage, irgendetwas klar zu sehen. Auch all die anderen Menschen, mit denen wir zu tun haben, laufen mit Papiertüten über dem Kopf herum, und so eine Situation scheint ziemlich hoffnungslos, nicht wahr? Es wäre guter Stoff für einen Comic. Der Grund, warum wir jedoch so sehr versuchen, Klarheit zu haben und zu sehen, was geschieht, ist der, dass es nicht in der Natur des Geistes liegt, eine Papiertüte übergestülpt zu bekommen.
Naivität ist eine Unterkategorie dieses mangelnden Gewahrseins. Die Naivität ist das mangelnde Gewahrsein, das schädliches Verhalten begleitet. Wir sind wirklich naiv in Bezug darauf, ob es jemanden verletzen wird oder nicht, wenn wir dieses oder jenes sagen.
Als nächstes kommt die Arroganz. Hier geht es darum, sich hinsichtlich des „Ichs“ oder einer Qualität, wie Geld, Reichtum, gutes Aussehen, Jugend oder Ähnlichem etwas einzubilden.
Eine weitere störende Emotion ist das unentschlossene Schwanken. Sollen wir ein blaues Hemd tragen oder ein gelbes? Was sollen wir essen? Das klingt vergleichsweise harmlos, aber weil wir unschlüssig sind und schwanken, kann es ziemlich störend sein. Wir könnten unschlüssig sein, was als nächstes zu tun ist, wie wir ein großes Problem bewältigen und ob wir dieses oder jenes sagen sollen. Das kann ziemlich lähmend sein.
All dies sind störende Emotionen durch die wir unseren inneren Frieden und unsere Selbstbeherrschung verlieren. Denkt daran, dass diese konstruktiven und destruktiven Dinge all die zuvor erwähnten Geistesfaktoren, wie jemanden zu sehen, Aufmerksamkeit zu schenken und anderes, begleiten.
Dann gibt es auch verblendete Geisteshaltungen, die fehlerhaft sind. Davon gibt es fünf. Obwohl sich zum Beispiel all die Aggregate und Bestandteile, die sie ausmachen, ständig ändern, hängen wir uns an eins dieser Dinge und identifizieren es mit „Ich“ und „mein“. Wir denken: „Das bin ich“, und wenn es sich beispielsweise um unsere Jugend handelt, halten wir uns selbst mit sechzig noch für jemanden, den andere Menschen jung, anziehend und attraktiv finden. Das ist jedoch völlig absurd, nicht wahr? Wir haben aber diese verblendete Geisteshaltung in Bezug darauf, wie wir uns selbst sehen. Wir denken: „ich werde immer jung bleiben“.
Weitere Bestandteile des Aggregates der anderen beeinflussenden Variablen
Es gibt auch eine lange Aufzählung zusätzlicher störender Emotionen, die sich von den Wurzelemotionen ergeben: Hass, Missgunst, Eifersucht, Geiz und so weiter. Da gibt es die Vortäuschung, wenn wir vorgeben Eigenschaften zu besitzen, die wir nicht haben und das Verbergen von Fehlern, mit dem wir unsere Unzulänglichkeiten versteckt halten. Es gibt die Faulheit und das geistige Abschweifen; die Liste ist tatsächlich ziemlich lang und eher entmutigend. Aber je mehr wir davon kennen, desto mehr können wir in diesem Augenblick unserer Erfahrung identifizieren und sind in der Lage, die Komponenten zu bestimmen, während wir versuchen, Dinge zu dekonstruieren. Wir mögen vielleicht mit niemandem reden und niemanden sehen wollen, aber der Wunsch, eine Person nicht sehen zu wollen, heißt im Wesentlichen, dass wir kein Interesse haben. Wovon wird das begleitet? Ist es Faulheit oder Feindseligkeit? Was ist es? Wir versuchen die Geistesfaktoren zu erkennen, die diesen Augenblick begleiten.
Natürlich liegt all dem noch zusätzlich die Verwirrung darüber zugrunde, wie wir existieren, sowie über die Auswirkung unseres Verhaltens auf diese Person, die wir nicht sehen und mit der wir nicht reden wollen. Vielleicht ist die andere Person glücklich, dass wir nicht mit ihr reden, vielleicht aber auch nicht. Wie gesagt kennen wir die Auswirkungen unseres Verhaltens auf andere im Grunde nicht und daher bezieht sich unser mangelndes Gewahrsein insbesondere auf die Auswirkung unseres eigenen Verhaltens auf uns selbst. Eigentlich ist es das Einzige, was gewiss ist. Wenn wir es vermeiden mit dieser Person zu reden, werden wir zweifelsohne eine Gewohnheit verstärken, uns nicht mit schwierigen Dingen auseinanderzusetzen. Die Verwirrung, die wir haben, bezieht sich darauf, wie unsere Handlungsweise zukünftige Erfahrungen beeinflussen wird.
Wie wird es unser zukünftiges Verhalten beeinflussen, wenn es eine Mücke im Zimmer gibt und wir sie töten? Wir verstärken auf diese Weise die Gewohnheit, alles zu töten, was wir nicht mögen oder was uns belästigt. Anstatt einer friedlichen Lösung haben wir eine gewalttätige Reaktion. Wie wir uns verhalten, verstärkt alle möglichen Gewohnheiten in uns. Aus diesem Grund wollen wir neue und bessere Gewohnheit schaffen.
Die letzte Gruppe der Geistesfaktoren des Aggregates der anderen beeinflussenden Variablen ist die der veränderbaren Faktoren. Das sind Geistesfaktoren, die je nach Situation konstruktiv oder destruktiv sein können. Zum Beispiel das Bedauern: wenn wir bedauern, etwas Negatives getan zu haben, ist das eine konstruktive Geisteshaltung, aber wenn wir eine positive Tat – wie etwa für diese oder jene nützliche Sache eine Spende gegeben zu haben – bedauern, wäre das destruktiv.
Schließlich haben wir in diesem Aggregat noch die nichtstatischen Faktoren, die weder Formen physischer Phänomene sind, noch Weisen, sich etwas gewahr zu sein. Hierzu gehört das Alter und auch die Ansammlungen von Silben, aus denen sich Wörter zusammensetzen. Der wichtigste Teil dieser Gruppe ist jedoch das konventionelle „Ich“, das Selbst, das konventionell tatsächlich existiert. Diese Dinge sind so genannte „Zuschreibungsphänomene“ – Phänomene, die nur auf der Basis anderer Bestandteile der Aggregate existieren und erkannt werden können. Das Alter existiert in Bezug auf unseren Körper und man kann es nur hinsichtlich unseres Körper kennen. In ähnlicher Weise existiert das Selbst, das „Ich“, nur bezüglich der fünf Aggregate, die jeden Augenblick unserer Existenz ausmachen und kann auch nur in Bezug darauf erkannt werden.
In diesem vierten Aggregat der anderen beeinflussenden Variablen, dem Aggregat von allem anderen, geht es darum, den eigentlichen Unruhestifter, dieses mangelnde Gewahrsein, zu beseitigen. Wir wollen das unterscheidende Gewahrsein stärken, um in der Lage zu sein, insbesondere im Hinblick auf das Selbst zwischen dem zu unterscheiden, was korrekt ist und dem was nicht korrekt ist. Es gilt, die Leerheit mit korrektem Unterscheidungsvermögen zu erkennen, sowie überzeugt davon zu sein, dass Dinge nicht auf die Weise existieren, wie sie in unserem verwirrten Geist erscheinen.
Das Bewusstseinsaggregat
In der Reihenfolge dieser Aggregate ist das fünfte Aggregat des Primärbewusstseins das subtilste und am schwersten zu erkennen. Das Wort „Bewusstsein“ ist keine genaue Übersetzung, wird jedoch für gewöhnlich hier benutzt. Im Westen reden wir nur von einer Bewusstseinsart, die alles durchdringt, aber im Buddhismus unterscheiden wir, je nach System, sechs Arten des Primärbewusstseins: Augen-, Ohren-, Nasen-, Zungen-, Körper- und geistiges Bewusstsein.
Diese bezeichnet man als das Primärbewusstsein. Das heißt, wenn man sich mit diesen Arten des Primärbewusstseins eines Objektes gewahr ist, ist man sich nur der essentiellen Natur dieses Objektes gewahr und sonst nichts. Die essentielle Natur eines Objektes ist im Wesentlichen und ganz allgemein ausgedrückt die Art des Objektes. Handelt es sich um einen Anblick, einen Geruch, einen Geschmack, eine körperliche Empfindung oder um ein Objekt des Geistes? Das ist alles, wessen sich das Primärbewusstsein gewahr ist. Unser Geist kann wie ein Radio oder Fernseher auf dem visuellen Kanal, auf dem Klang-Kanal, auf dem Geruchskanal usw. funktionieren. Er kann im Grunde mehrere Kanäle gleichzeitig abspielen, während das, was auf jedem Kanal erscheint, unterschiedlich ist.
Hier geht es nicht darum, einen Anblick oder einen Klang geistig zu identifizieren. Betrachten wir beispielsweise etwas, sehen wir farbige Formen. Das visuelle Bewusstsein ist sich lediglich eines Anblicks als Anblick gewahr. Es ist sich bewusst darüber, dass es sich um visuelle Informationen handelt. Das ist alles, was das Primärbewusstsein tut. All die Geistesfaktoren, mit denen man sich guter und schlechter Eigenschaften gewahr ist und Interesse, Aufmerksamkeit und Unterscheidungsvermögen in Bezug darauf hat, was Dinge sind oder nicht sind, mit denen man glücklich oder unglücklich ist usw. – sie alle begleiten das Primärbewusstsein eines Anblicks.
Um dies von einem westlichen Standpunkt zu untersuchen, können wir nur sagen, dass Informationen eingehen. Aber wie können wir sie zuordnen und berücksichtigen? Sehen wir sie als etwas Visuelles, oder als Klang- oder Geruchseindrücke? Es ist das Primärbewusstsein, das sich ihnen als die eine oder andere Art der Information gewahr ist. Dieses Aggregat ist sehr subtil; es ist das subtilste aller Aggregate.
Da fällt mir das Beispiel eines Computers ein. Wenn wir Klänge und Bilder digitalisieren, werden die visuellen Eindrücke und Klang-Informationen in der Kodierung mit den Zeichen Null und Eins unterschieden. Wie das in einem Computer funktioniert, ist eine andere Sache, aber von einem westlichen Standpunkt auch betrachtet sind alle Informationen, die in unseren Geist eingehen, elektrische Impulse. Wie können wir jedoch diese elektrischen Impulse, die man als Anblick bezeichnet, von jenen unterscheiden, die Klang genannt werden? Gemäß der buddhistischen Analyse tun wir das mit der grundlegensten Bewusstseinsart dieser Information, dem Primärbewusstsein. Es handelt sich um eine Weise, sich etwas als visueller Information, Klang-Information und so weiter gewahr zu sein.
All die anderen Geistesfaktoren begleiten diese Ebene des Gewahrseins. Beispielsweise sind wir uns etwas als visueller Information, als ein Anblick, gewahr und die Geistesfaktoren, die ihn begleiten, können Interesse, Aufmerksamkeit, Glücksgefühle und all diese anderen Dinge sein.
Schlussfolgerung
Das war eine grundlegende Einführung in die fünf Aggregat-Faktoren, ein Klassifizierungsschema all der Komponenten, die sich von einem Augenblick zum nächsten in unserer täglichen Erfahrung ändern. Ist uns daran gelegen, die Probleme und Leiden in unserer Erfahrung zu beseitigen, müssen wir in der Lage sein, jeden Augenblick, und besonders die schwierigen, zu dekonstruieren und zu verstehen, was tatsächlich vor sich geht, damit wir die Dinge in gewissem Sinne reparieren können.
Je mehr wir uns mit all diesen Komponenten befassen, sie lernen und studieren, desto präziser werden wir dekonstruieren können, was wir erleben. Es handelt sich um eine ausgesprochen hilfreiche Methode. Vor allem geht es uns darum, von unserer Verwirrung in Bezug auf das „Ich“ und wie das „Ich“ tatsächlich existiert, freizuwerden.
Es gibt ein „Ich“, das man als das konventionelle „Ich“ bezeichnet. Es befindet sich im diesem vierten Aggregat, dem Aggregat der anderen beeinflussenden Variablen. Dieses „Ich“ ist etwas, das weder die Form eines physischen Phänomens ist, noch eine Weise, sich etwas gewahr zu sein. Es ändert sich ständig und kann weder unabhängig existieren, noch unabhängig von den Aggregaten als Grundlage erkannt werden. Aber wir sind verwirrt darüber, wie es existiert und wegen dieser Verwirrung lässt unser Geist das „Ich“ erscheinen, als wäre es ein von Körper und Geist getrenntes solides Ding, das sich in uns befindet und diese beiden kontrolliert. Das ist jedoch eine fehlerhafte Sichtweise und entspricht nicht der Realität.
Mit dem mangelnden Gewahrsein verstehen wir im Grunde, wie das „Ich“ auf fehlerhafte und verdrehte Weise existiert. Dieses mangelnde Gewahrsein führt zu Leiden und Unglück, was zum Aggregat des Empfindens eines Grades an Glücklichsein gehört.
Im vierten Aggregat gibt es jedoch auch das unterscheidende Gewahrsein und wenn wir das unterscheidende Gewahrsein auf die Leerheit richten, können wir das mangelnde Gewahrsein beseitigen und uns so für immer von Leiden befreien.