Die geschickten Methoden des Buddha und die Gesetze von karmischer Ursache und Wirkung

Kurzer Rückblick 

In unserer letzten Sitzung haben wir über den Tod, die Unbeständigkeit und das Leiden der drei niederen Bereiche gesprochen. Diese bedauernswerten Zustände der Wiedergeburt sind jene als Höllenwesen, als hungriger Geist oder als Tier. Das Leiden jeder dieser drei Wiedergeburtszustände kann ausführlich beschrieben werden, aber es würde kein Ende geben, wenn wir nun anfangen würden, darüber zu reden.

Ein Punkt in Bezug auf das Leiden der drei niederen Bereiche ist jedoch, dass wir es nicht einfach nur als das Leiden von jemanden betrachten sollten, der sich weit weg befindet. Vielmehr sollten wir an unseren eigenen Tod und die Möglichkeit denken, in den niederen Bereichen wiedergeboren zu werden und persönlich solche Leiden zu erfahren. Das wird großes Unbehagen und Ängste in uns erzeugen, diese Art von Leben selbst durchgehen zu müssen. Dieser Zustand des Unbehagens und der Ängste ist nützlich als Ursache; und wenn wir uns über dieses Unbehagen und diese Ängste bewusst sind, motiviert uns das, eine Art Schutz oder Zuflucht zu suchen, die uns eine sichere Richtung bieten kann, damit wir dies verhindern. 

Zuflucht in den Buddha 

In der letzten Sitzung haben wir auch über die Arten von Objekten gesprochen, in die wir Zuflucht nehmen und die uns eine sichere Ausrichtung bieten könnten. Damit kamen wir zu den Drei Juwelen der Zuflucht und die Gründe, warum wir sicher und zuversichtlich sein können, dass es die korrekten Quellen der Zuflucht sind. 

Warum handelt es sich bei diesen drei um geeignete Objekte für uns, um Zuflucht zu nehmen? Erstens, was die Buddhas betrifft, so sind sie selbst frei von allen Ängsten. Wären sie nicht frei davon, könnten sich niemanden vor Ängsten beschützen. Zweitens sind sie geschickt in ihren Methoden, andere von ihren Ängsten zu befreien. Sehen wir uns ein paar Beispiele aus den Sutras dazu an.  

Geschickte Mittel in Bezug auf Wut 

Es gab einmal einen Serienmörder mit dem Namen Angulimala, was wörtlich „der Mann mit einer Daumen-Mala“ bedeutet. Angulimala hatte sich auf einen irreführenden Guru gestützt, der ihm auftrug, eine Mala aus 1000 menschlichen Daumen zu erstellen. Dieser Guru trug ihm auf, Menschen zu töten, ihre Daumen abzuschneiden und eine Mala daraus herzustellen. Angulimala hatte schon 999 Daumen gesammelt, was dazu führte, dass alle Menschen in der Nachbarschaft panisch aus ihren Dörfern flohen. Als er niemanden mehr fand, den er töten konnte, um seinen letzten Daumen zu bekommen, dachte er daran, sich ihn von seiner eigenen Mutter zu holen. 

In dem Moment kam der Buddha vorbei und als Angulimala den Buddha sah, dachte er: „Gut, ich werde meine Mutter verschonen und mir den Daumen vom Buddha holen.“ Der Buddha schien ganz langsam zu gehen, aber egal wie schnell Angulimala versuchte, hinter ihm herzulaufen, er konnte ihn nie einholen. Schließlich bat Angulimala den Buddha anzuhalten, damit er ihn einholen konnte, worauf der Buddha erwiderte, dass er ganz langsam ging. „Warum kannst du mich nicht einholen? Ich gehe doch ganz langsam“ sagte er. Schließlich erkannte Angulimala, dass es unmöglich war, ihn einzuholen und seine Wut zu stillen, und so konnten sie sich treffen. Der Buddha begann, ihm den Dharma zu lehren und daraufhin lernte Angulimala sein Verhalten zu ändern und war schließlich in der Lage, Verwirklichung der Leerheit zu erlangen.  

Geschickte Mittel bezüglich Unwissenheit und Dummheit

Eine andere Geschichte handelt von einem Mönch, der äußerst dumm war und sich nichts merken konnte. Auch wenn er es einen ganzen Monat lang versuchte, konnte er nicht ein Wort auswendig lernen. Der Buddha gab ihm eine einfache Phrase: „Schmutz verschwinde; Staub verschwinde“. Der Mönch versuchte, diese zwei Zeilen auswendig zu lernen, doch sogar nach einem ganzen Monat konnte er sie sich nicht merken. Der Buddha trug ihm daraufhin auf, die Schuhe der anderen Mönche zu putzen. Da er wusste, wie man das tat, begann er ihre Schuhe zu säubern. 

Entmutigt ging er zum Buddha und sagte: „Ich bin so dumm. Ich weiß nichts und kann nichts lernen. Ich habe weder Fähigkeiten noch irgendwelche gute Eigenschaften.“ Der Buddha erwiderte: „Das ist in Ordnung, mach dir keine Sorgen. Jemand, der sagt, dass er nichts weiß, ist viel besser als jemand, der herumstolziert und prahlt, er wüsste alles. Wenn du zugibst, dass du etwas nicht weißt, ist es möglich es zu erlernen. Behauptest du jedoch alles schon zu wissen, bist du ziemlich stolz und wirst niemals etwas lernen können.“  

Dieser Mann säuberte also die Schuhe der Mönche und mit diesem Vorgang konnte er einige der Schleier beseitigen, die seinen Geist bedeckten. Irgendwann war er dann in der Lage, die zwei Zeilen zu lernen, die Buddha ihm aufgetragen hatte, auswendig zu lernen. 

Danach gab ihm der Buddha die Aufgabe, den Tempel zu reinigen, aber dies wurde zu einer schwierigen Angelegenheit, wofür Buddha selbst der Grund war. Wenn der Mönch den Staub auf der einen Seite des Tempels gefegt hatte und sich auf die andere begab, war die Seite, die er gerade gefegt hatte, schon wieder voller Staub. So bewegte er sich im Tempel hin und her, aber es kam immer mehr Staub hinzu, während er fegte. Während seiner Arbeit rezitierte er die zwei Zeilen, die er von Buddha bekommen hatte: „Schmutz verschwinde, Staub verschwinde.“ Durch das ständige Rezitieren dieser Zeilen erkannte er schließlich, dass der Schmutz und der Staub nicht Äußerliches waren, sondern etwas, das sich in seinem Geist befand und von dem er sich reinigen musste. Letztlich war er dadurch in der Lage, bloße nichtkonzeptuelle Wahrnehmung der Leerheit zu haben und den Zustand eines Arhats, eines befreiten Wesens, zu erlangen. 

Wenn wir selbst saubermachen, können wir diese Methode anwenden, um den Schmutz und Staub zu beseitigen, der unseren eigenen Geist bedeckt. Außerdem sollten wir, wenn wir einen Raum saubermachen und all den Schmutz und Staub zusammengekehrt haben, zuerst die Natur des Schmutzes und Staubes umwandeln, indem wir „om ah hum“ rezitieren und ihn in unserem Geist zu Nektar werden lassen, bevor wir ihn wegwerfen. Beim Wegwerfen stellen wir uns dann vor, dass wir ihn in den Mund des Herrn des Todes geben. Wir haben verschiedene Bilder vom Herrn des Todes gesehen und wissen, wie er aussieht. Wir sollten uns also vorstellen, dass sein Mund weit geöffnet ist und wir diese Umwandlung von Schmutz und Staub, diesen Nektar, in seinen Mund geben, um ihn damit zufriedenzustellen. Dies ist eine Methode, um unsere eigenen Negativitäten, Makel und Unreinheiten zu beseitigen. Stellen wir den Herrn des Todes zufrieden, hilft uns das auch, ein langes Leben zu haben. 

Geschickte Mittel in Bezug auf Faulheit und Abgelenktheit

Sehen wir uns ein anderes Beispiel der geschickten Methoden Buddhas an. Es gab einen Mann, der mit seiner Familie zusammen lebte,  doch weil er so alt und nutzlos war, warfen sie ihn hinaus. So ging er zu all den Shravakas, einer bestimmten Gruppe von Schülern in der Gefolgschaft Buddhas, und bat sie, ihn zu einem Mönch zu machen. Doch niemand wollte ihn ordinieren, denn sie meinten, er wäre zu alt und wäre nicht mehr in der Lage zu lernen und die verschiedenen guten Eigenschaften und Fähigkeiten zu entwickeln. Als Buddha jedoch dazukam, sagte er: „Ich werde ihn zu einem Mönch machen  und ihm die Ordination verleihen.“   

Nachdem er ihn ordiniert hatte, wies er Maudgalyayana an, sein Lehrer zu sein. Maudgalyayana hatte außersinnliche Kräfte und konnte sehr weit sehen. So sah er am Ufer eines weit entfernten Meeres die Knochen eines großen Seeungeheuers, vielleicht eines Wales oder ähnliches. Maudgalyayana hatte auch außerphysische Kräfte und konnte reisen wohin er wollte, und so nahm er diesen alten Mann mit zu diesem Berg von Knochen. Er sagte ihm, dies seien die Knochen des Wales, der er in seinem früheren Leben gewesen ist. Der alte Mann fragte: „Welches karmische Potenzial hat dazu geführt, dass ich als dieser Wal wiedergeboren wurde?“ 

Maudgalyayana erklärte es folgendermaßen: „Vor vielen Leben warst du der König eines bestimmten Landes, in dem niemand hingerichtet wurde, wenn er eine Straftat beging. Dieser König glaubte nicht an die Todesstrafe. Eines Tages spielte der König ein Brettspiel, welches dem Schachspiel sehr ähnlich war. Mitten im Spiel kam einer seiner Gefängnisbeamten und brachte ein Dokument, welches vom König unterschrieben werden sollte und die Erlaubnis gab, einen bestimmten Kriminellen hinzurichten. Der König war so vertieft in sein Spiel, dass er nicht groß darauf achtete und einfach unterschrieb. Als er sich nach dem Schachspiel erkundigte, was er da eigentlich unterschrieben hatte, war die Hinrichtung bereits vollzogen. Wegen dieser schädlichen Handlung, mit der er die Hinrichtung einer Person erlaubte, nur weil sein Geist abgelenkt und in eine Spiel vertieft war, wurde er als ein Wal wiedergeboren.“

Nachdem er diese Geschichte gehört hatte, entwickelte der alte Mann große Entsagung und lenkte seine Aufmerksamkeit strikt auf die Lehren, ohne Faulheit beim Zuhören zuzulassen. Auf diese Weise konnte er noch in diesem Leben die Verwirklichung der Leerheit und die Ebene eines Arhats erlangen.  

Der Buddha sagte über diesen gleichen alten Mann auch, er sei in einem weit entfernten früheren Leben ein Fliege gewesen. Als eine Fliege landete er auf einem Stück Dung eines Esels und als der Monsunregen einsetzte, wurde er auf diesem Stück Dung mit dem Fluss des Regenwassers um eine Stupa herumgetrieben. Somit umkreiste er in seinem vergangenen Leben als Fliege eine Stupa, während er mitten in einem Regenguss auf einem Stück Dung eines Esels saß. Das war eine sehr subtile Wurzel positiven karmischen Potenzials und nur der Buddha war sich darüber gewahr. Weil der Buddha sich über diese Wurzel des positiven Potenzials bewusst war, gab er ihm die Ordination, und somit war der alte Mann in der Lage, Arhatschaft zu erlangen.  

Daraus können wir erkennen, wie viel mehr positives Potenzial hervorgebracht wird, wenn wir die Stupas in Bodh Gaya oder Nepal aus eigener Absicht als Menschen umkreisen. Stellen wir in unserem Haus oder wo immer wir wohnen eine Repräsentation Buddhas auf – eine Buddha-Statue oder ein Bild – und stellen uns vor, alle Buddhas wären dort zugegen, hat auch das einen enormen Nutzen, wenn wir sie umkreisen. 

All das illustriert, wie geschickt Buddha in den verschiedenen Methoden war, anderen zu nutzen. 

Geschickte Mittel im Umgang mit Wünschen

Wir haben uns nun angesehen, wie Buddha jenen geholfen hat, die sehr dumm waren, wie in dem Beispiel des alten Mönches und seiner Zerstreutheit. Auch gab es das Beispiel, in dem Buddha jemandem half, der große Wut in sich hatte: Angulimala, dem Mann mit der Mala aus 999 menschlichen Daumen. Als nächstes kommt ein Beispiel, wie Buddha jemandem helfen konnte, der heftige Wünsche hatte; hier geht es um seinen Halbbruder Nanda. 

Nanda war mit einer Königin verheiratet, die Janapada Kalyani hieß und außergewöhnlich hübsch war. Er war so angezogen von ihr, dass er niemals den Palast verließ oder sich mit irgendeiner Dharma-Aktivität befasste. Er wollte einfach nur mit seiner wunderschönen Frau zusammen sein. Um ihm zu helfen, verließ Buddha Shravasti, den Ort, an dem er oft verweilte, und ging zurück zum Palast. Anstatt jedoch hineinzugehen, blieb er einfach in der Eingangshalle. Nanda kam mit ein paar köstlichen Gaben herunter, um sie dem Buddha anzubieten. Der Buddha nahm die Speisen nicht an, drehte sich stattdessen um und ging wieder. Er war so leuchtend und prächtig, dass Nanda von ihm angezogen wurde und ihm bis hin zu seinem Kloster folgte.

Nanda entschied sich, der Gemeinschaft von Mönchen beizutreten und bei Buddha im Kloster zu bleiben, doch als Buddhas Assistent Ananda versuchte, Nandas Haar abzuschneiden, wie es bei allen Mönchen der Brauch ist, zögerte Nanda. Daher schnitt Buddha selbst ihm die Haare und so blieb Nanda als Mönch dort. Nanda war jedoch noch immer voller Wünsche und Anhaftung an seine Frau und es zog ihn zurück zu ihr, die sich nach wie vor im Palast befand. 

Eines Tages versuchte er das Kloster zu verlassen und zum Palast zurückzukehren, um wieder bei seiner Frau zu sein. Der Buddha hatte durch seine außersinnliche Wahrnehmung und seine außerphysischen Kräfte eine Vorahnung und als Nanda schon auf dem Weg zum Palast war, kam Buddha ihm auf dem gleichen Weg entgegen, um ihn zu treffen. Nanda versuchte, sich zwischen den Bäumen zu verstecken, damit Buddha ihn nicht sehen würde. Der Baum war voller Blätter und ein Ast war von diesem Gewicht nach unten gebogen, aber als Buddha kam, ging der Ast wie von selbst nach oben. So nahm Buddha Nanda wieder mit zurück zum Kloster.  

Nanda war ein äußerst begabter Künstler und als er wieder im Kloster war, zeichnete er ein Porträt seiner Frau auf ein Stück Schiefer. Es gab den Brauch, die Stirn zu berühren, wenn man sich traf und so begann er, seine Stirn an dieses Bild seiner Frau zu drücken, die er auf dem Schiefer gezeichnet hatte und an der er so hing.

Eines Tages nahm Buddha ihn mit auf ein Picknick. Es gab dort viele Affen und Buddha fragte Nanda, wer hübscher war, seine Frau oder die Affen. Nanda antwortete: „Diese Affen sind nur Affen, aber meine Frau ist eine echte Schönheit. Natürlich ist meine Frau hübscher.“ Daraufhin nahm Buddha ihn mit in einen der Götterbereiche. Die himmlischen Jungfrauen in diesem Götterbereich waren außergewöhnlich schön und Buddha fragte ihn wieder: „Wer ist hübscher, diese himmlischen Jungfrauen oder deine Frau?“ Nanda erwiderte: „Im Vergleich mit diesen göttlichen Jungfrauen ist meine Frau wie die Affen, mit denen wir sie zuvor verglichen haben.“ Dies zu erkennen, war ein Mittel, um sein großes Verlangen nach seiner Frau zu besiegen.  

Indem er verschiedene Methoden wie diese benutzte, konnte der Buddha Nandas Wünsche verringern und zähmen, worauf Nanda im Endeffekt in der Lage war, die Ebene eines Arhats zu erreichen. Sogar in Bezug auf das Verlangen hat Buddha solch geschickte Methoden. 

Das ist der zweite Punkt, warum Buddha als eine Quelle der sicheren Ausrichtung und Zuflucht höchst qualifiziert ist. Nur um es noch einmal zu wiederholen: die erste Qualifikation besteht darin, dass Buddha frei von allen Ängsten ist, und die zweite in seinen geschickten Methoden, um andere von ihren Ängsten zu befreien. 

Der Buddha ergreift keine Partei 

Der nächste Punkt, warum Buddha eine verlässliche Quelle der sicheren Ausrichtung ist, besteht darin, dass er für niemanden Partei ergreift. Er betrachtet nicht manche als nahestehend und andere als fremd. So plante Buddhas Cousin Devadatta beispielsweise ständig, den Buddha zu töten, doch als Devadatta sehr krank war und im Sterben lag, legte Buddha ihm seine Hände auf und heilte seinen Cousin durch die erhebende Kraft seiner Worte der Wahrheit, die er rezitierte.  

Buddha hilft allen

Ein anderer Aspekt dieser Unparteilichkeit ist, dass der Buddha anderen hilft und ihnen von Nutzen ist, egal, ob sie ihm in der Vergangenheit geholfen haben oder nicht. Was uns betrifft, so helfen wir normalerweise nur denen, die uns auch schon einmal geholfen haben, aber beim Buddha ist das anders.  

Zuflucht nehmen 

Suchen wir Zuflucht, sollte es jemand sein, der diese Arten von guten Eigenschaften hat. Bei den Drei Juwelen sind diese vier Qualitäten vollkommen. Wir sollten großes Vertrauen darin haben, dass diese Objekte die Kraft besitzen, uns eine sichere Richtung zu geben und Zuflucht zu gewähren. 

Mit der so genannten „Zufluchtnahme“ vertrauen wir uns völlig diesen Drei Juwelen an, die uns eine sichere Richtung vorgeben. Wir tun es aus Angst und Sorge, worüber wir vorher gesprochen haben, und mit dem zuversichtlichen Glauben daran, dass sie uns diese Richtung weisen können. 

Die Zufluchtnahme ist ein ausgesprochen weitreichendes Thema und etwas, über das wir Monate sprechen könnten, ohne zu einem Ende zu kommen. Was den Nutzen der Zufluchtnahme betrifft, so solltet ihr euch in weiteren Lehren darüber informieren. Insbesondere solltet ihr etwas über die Qualitäten von Körper, Rede und Geist des Buddhas, der vollständigen Präsentation, lernen. Dies ist sehr nützlich, um euer Vertrauen in den Buddha zu steigern und zu vertiefen. Ohne sich der guten Eigenschaften der Objekte der Zuflucht bewusst zu sein, ist es schwierig, einen zuversichtlichen Glauben in sie zu entwickeln. 

In Tibet wurde einmal der Thronfolger von Tsongkhapa zu einem bestimmten Ort eingeladen. Dieser Vertreter des Ganden-Throns – wörtlich jener, der zum Ganden-Thron gehört – befindet sich in einer äußerst hohen Position, die gleich nach der Seiner Heiligkeit des Dalai Lama kommt. Wohin er auch geht, immer wird ein goldener Brokat-Schirm über ihn gehalten. Als er an diesem Ort ankam, gab es dort eine alte Frau, die sich an den goldenen Schirm wandte und sagte: „Ich nehme Zuflucht in diesen goldenen Schirm, der zum Ganden-Thron gehört.“ Dann fügte sie hinzu: „Und was für ein netter alter Mönch unter ihm steht.“ Das ist ein Beispiel dafür, Zuflucht in die falsche Sache zu nehmen. Sie nahm Zuflucht in den Schirm und nicht in die Person. Wenn wir die Qualitäten des Objektes der Zuflucht nicht kennen, kann es zu Fehlern kommen. 

Gäbe es eine furchtbare Bestie auf unserem Land, wären wir alle voller Angst vor dieser Kreatur. Ginge das eine Weile so, würden wir jemanden finden, in den wir Vertrauen hätten und der uns vor dieser Bestie beschützen könnte. Wir bräuchten jemanden der mutig wäre und uns beschützen könnte, und würden uns nur erleichtert fühlen, wenn wir uns so jemanden anvertrauen würden. Wir kämen nicht auf die Idee, bei jemanden Schutz zu suchen, der uns nur aus falschem Stolz heraus seinen Schutz anbieten würde. Hier geht es zunächst um die Furcht vor dieser Bestie und zweitens um das Vertrauen in die Person, die uns beschützen wird. Würden wir uns ihr anvertrauen und es auch sagen, wäre unser Geist beruhigt, indem wir dieser Person unser Vertrauen mit Worten ausdrückten. Dieses Gefühl der inneren Ruhe gleicht dem, was wir empfinden, wenn wir Zuflucht genommen haben.  

Wissen wir also nicht, was die Qualitäten der Quellen der Zuflucht sind und was die Geisteshaltung ist, die wir benötigen, um uns ihnen anzuvertrauen, ist das Wiederholen der Worte „ich nehme Zuflucht“ sinnlos.  

Karmische Handlungen 

Es ist nicht genug, sich einfach den Drei Juwelen anzuvertrauen. Was wir tatsächlich tun müssen, ist, einen zuversichtlichen Glauben in die Gesetze von karmischer Ursache und Wirkung zu haben und dann entsprechend zu handeln. Analysieren wir daher ein destruktive Handlung, wie das Leben eines anderen Wesens zu nehmen. Es gibt vier Faktoren, die zusammenkommen müssen, damit das Resultat vollständig ist: 

  • eine Grundlage;  
  • ein motivierender Rahmen;  
  • das Umsetzen einer Methode zum Ausführen der Handlung; und  
  • das Erreichen des Endziels.  

Beim Töten eines Schafes ist das Schaf zum Beispiel die Grundlage, auf die diese destruktive Handlung gerichtet ist. Der motivierende Rahmen hat zwei Aspekte: Der erste ist die Absicht und der zweite ist eine störende Emotion. So können wir zum Beispiel von dem Verlangen durchdrungen sein, das Fleisch des Schafes zu essen, und mit dieser Überlegung töten wir dann das Tier. Es ist jedoch auch möglich, dass wir voller Wut oder Feindseligkeit sind und mit dieser Motivation das Schaf unseres Feindes töten; oder wir töten es aus engstirniger Unwissenheit heraus. Manche Menschen glauben, dass sie, wenn sie ein Tier schlachten und dessen Fleisch einem Gott als Blutopfer darbringen, sehr reich werden. Das ist ein Beispiel des Tötens aus Unwissenheit. 

Der nächste Punkt, um den es hier geht, ist das Umsetzen einer Methode zum Ausführen der Handlung des Tötens. Man kann auf grausame oder feinfühlige Weise töten. Vielleicht töten wir das Schaf, indem wir es ersticken, weil wir nicht wollen, dass es blutet, weil wir denken es würde den Geschmack des Fleisches verderben. Das Schaf zu ersticken bis es stirbt, ist eine schreckliche und grausame Weise, es zu töten. Wir könnten es jedoch auch auf menschlichere Weise tun, indem wir ihm einfach eine Spritze geben. 

Beim letzten Punkt geht es darum, was am Ende der Handlung geschieht. Um die Handlung zum Abschluss zu bringen, muss das Endziel darin bestehen, dass das Schaf stirbt, welches wir töten wollen und es muss sterben, bevor wir sterben. 

Das sind die vier Faktoren, die eine Handlung wie das Töten vollständig machen: eine Grundlage, ein motivierender Rahmen, die Umsetzung einer Methode des Ausführens der Handlung und das Erreichen des Endziels. Dies kann man auf alle zehn schädlichen Handlungen anwenden. 

Karmische Resultate 

Es gibt verschiedene Arten von Resultaten, die auf negatives karmisches Potenzial folgen, welches durch destruktive Handlungen aufgebaut wurde:

  • Zunächst gibt es da das gereifte Resultat. In diesem Fall des Tötens eines Schafes, ist das gereifte Resultat, das daraus folgt, eine Wiedergeburt in einem der niederen Bereiche.  
  • Es gibt auch das Resultat, das seiner Ursache ähnelt. Es hat zwei Aspekte: (1) Es gibt ein Resultat, welches seiner Ursache in Bezug darauf ähnelt, was wir erfahren. Das wäre hier zum Beispiel ein kurzes Leben oder ein Leben mit vielen Krankheiten, weil wir getötet haben. (2) Außerdem gibt es ein Resultat, das seiner Ursache im Sinne unseres instinktiven Verhaltens ähnelt – vielleicht wollen wir von Natur aus gern Tiere für den Fleischmarkt züchten und töten.  
  • Des Weiteren gibt es das umfassende Ergebnis. So mag die Nahrung beispielsweise dort, wo wir seit frühester Kindheit lebten, sehr arm an Nährstoffen gewesen sein.  

Wenn wir die Nachteile des Tötens erkennen und uns dann entschließen, nie wieder zu töten, gibt es große Vorzüge und Nutzen, die daraus entstehen. Fassen wir jedoch nur einmal den Entschluss, auf das Töten zu verzichten, gibt es nur einen Nutzen von diesem einmaligen Verzicht, im Gegensatz zum Aufgeben des Tötens und zum Versprechen, es nie wieder zu tun. Entschließen wir uns: „solange ich lebe, werde ich niemals wieder töten“, wird der Nutzen bis wir sterben immer weiter anwachsen. Anders ausgedrückt ist dieser Entschluss, ob wir wach sind oder schlafen, stets gegenwärtig. 

Die vier Gesetzmäßigkeiten des Karmas 

Die Gewissheit des Karmas

Es gibt vier Gesetze des Karmas. Das erste bezieht sich darauf, dass destruktive Handlungen zu Leiden und konstruktive Handlungen zu Glück führen. Dieser Punkt ist gewiss. Es ist sicher, dass nicht Glück sondern Leiden auf destruktive Handlungen und nicht Leiden sondern Glück auf konstruktive Handlungen zurückzuführen sind. 

Unter den Anhängern Buddhas gab es zum Beispiel einen Arya oder Edlen mit dem Namen Katyayana, der außerordentlich gut darin war, andere zu bezähmen und Menschen zu helfen, die in gewalttätigen Ländern lebten.  Jeder der Schüler des Buddhas hatte seine Besonderheit und dies war seine. Einmal kam Katyayana beim Betteln um Almosen zum Haus von jemandem, der Tiere schlachtete. Er fragte diese Person: „Kannst du versprechen und schwören, dass du nie wieder töten wirst?“ Der Mann sagte: „Ich kann nur versprechen, dass ich nachts nicht töten werde.“ 

Weil dieser Metzger den Entschluss fasste, das Töten in der Nacht zu vermeiden, wurde er an einem wunderschönen Ort wiedergeboren, an dem die ganze Nacht, von Sonnenuntergang bis Sonnenaufgang, alles glücklich, friedlich und perfekt war. Sobald die Sonne jedoch aufging, kamen den ganzen Tag über alle Tiere der Gegend – Schafe, Yaks, Rinder, Büffel usw. – und griffen ihn an, was ihm große Schwierigkeiten bereitete. 

Ein Mönch beschrieb die Situation dem Buddha und fragte ihn, was der Grund dafür sei, worauf der Buddha erwiderte, dass der Grund darin lag, versprochen zu haben, nur nachts nicht zu töten. Weil er davon Abstand genommen hatte, nachts nicht zu töten, war sein Leben in der Nacht völlig in Ordnung; aber weil er während des Tages weiter tötete, hatte er tagsüber all diese Schwierigkeiten und Probleme. Das ist eine Veranschaulichung der Gewissheit des Karmas. 

Eine begangene karmische Handlung wird nicht ohne Reaktion bleiben und ohne Ursache gibt es kein karmisches Resultat

Der zweite Punkt über das Karma ist, dass wir kein Resultat bekommen werden, wenn wir nicht eine bestimmte karmische Handlung begangen haben. Betrachten wir es an einem Beispiel, um zu verstehen, was dies bedeutet. Vor langer Zeit gab es einen König mit einer Königin, die eine Bedienstete hatte. Diese beiden gingen zusammen auf ein Picknick und als sie in den Wäldern waren, sahen sie das Nest eines bestimmten Vogels, so etwas wie eine Wachtel oder ein Fasan. Die Königin zündete das Nest an, wodurch die ungeborenen Jungen in dem Nest getötet wurden. Die Bedienstete war in dem Moment nicht dabei, als die Königin dies tat, denn sie war zum Fluss gegangen, um Wasser zu holen. Diese Königin wurde in der Zeit des Buddha wiedergeboren, trat in den Stand einer Nonne und erlangte die Ebene eines Arhats. 

Eines Tages begann es in dem Haus, in dem sie lebte, zu brennen, und obwohl sie ein Arhat war und die Fähigkeit besaß, in der Luft zu fliegen und alle möglichen außerphysischen Dinge zu tun, konnte sie doch nichts davon nutzen als es brannte und es war ihr nicht möglich zu entkommen. Der Grund war, dass sie dieses übriggebliebene negative karmische Potenzial aus der Vergangenheit hatte, als sie das Nest der Wachteln angezündet hatte. Infolgedessen konnte sie dem Feuer nicht entkommen und verbrannte. 

Das ist ein Beispiel zum dritten Punkt über Karma: haben wir eine bestimmte karmische Handlung begangen, wird sie nicht ohne Reaktion bleiben. Wir werden mit dessen Resultaten konfrontiert werden. Sogar wenn wir die Ebene eines Arhats erlangen, werden wir dennoch mit den karmischen Konsequenzen unserer früheren Handlungen konfrontiert werden. 

Was den zweiten Punkt betrifft, so wurde auch die Bedienstete in dieser Zeit wiedergeboren und war wieder mit der Nonne zusammen, die ein Arhat geworden war; allerdings gelang es der Bediensteten durch einen Abfluss aus dem Haus zu entkommen. Das ist das Beispiel in Bezug auf den Punkt, dass wir kein Resultat bekommen werden, wenn wir nicht eine bestimmte karmische Handlung ausgeführt haben. Weil sie das Nest der Wachteln nicht angezündet hatte, sammelte sie nicht das negative karmische Potenzial an und wurde nicht mit dessen karmischen Resultaten konfrontiert, die darin bestanden, verbrannt zu werden.  

Zunahme des Karmas

Der vierte Punkt zum Karma ist, dass karmisches Potenzial zunimmt. Dies kann verstanden werden, indem man sich das Wachstum von Getreide ansieht. Pflanzen wir beispielsweise ein winziges Maiskorn, erhalten wir eine große Maispflanze mit mehreren Maiskolben, und pflanzen wir den kleinen Kern einer Frucht, können wir daraus einen riesigen Obstbaum bekommen. Führen wir also auf korrekte Weise Verbeugungen aus, schaffen wir das positive karmische Potenzial, als ein Weltenherrscher wiedergeboren zu werden. Wir können so viel positives karmisches Potenzial ansammeln, wie es Staubpartikel gibt, die sich unter unserem Körper befinden, wenn er in einer vollen Niederwerfung lang ausgestreckt auf dem Boden liegt. 

Hier ein anderes Beispiel, wie wir durch eine kleine Handlung ein großes Resultat bekommen: Jemand sagte einmal zu einem Mönch, seine Stimme sei wie die eines Hundes, worauf diese Person 500 Mal als ein Hund wiedergeboren wurde. Man kann es auch gut an dem Beispiel des Mönches Shariputra veranschaulichen: Er war für seine Weisheit und Intelligenz bekannt, die ein Resultat eines früheren Lebens waren, in dem er als Postbote Nachrichten übermittelte. Eines Abends kam er zu einem Haus, in dem es viele Bilder von Gottheiten an der Wand gab. Er blieb dort über Nacht und versuchte, ein Loch in seinen Schuhen zu flicken. Um dies zu tun, zündete er eine Lampe an, um besser sehen zu können. Als er die Lampe anzündete, konnte er all diese Bilder der Gottheiten sehen, die an der Wand hingen. Als Folge dieser Handlung verfügte er in seinem späteren Leben als Shariputra über eine große Menge klarer Weisheit.  

Es gibt auch das Beispiel des mächtigen Kadampa Geshes in Tibet. Zu Beginn seines Lebens war er sehr arm und lebte hoch oben in den Bergen. Er konnte es sich nicht leisten Räucherstäbchen zu kaufen und stellte selbst welche her, indem er Gras nahm, es zusammenrollte und als Opfergabe anzündete. Durch das positive karmische Potenzial, das dadurch angesammelt wurde, war er später im Leben in der Lage, recht umfangreiche Opfergaben darzubringen und konnte Räucherstäbchen anzünden, die pro Stück zehn Goldmünzen kosteten.  

Überzeugung in die Gesetze des Karmas

Wir können einen zuversichtlichen Glauben an die Gesetzmäßigkeiten von karmischer Ursache und Wirkung auf der Grundlage der Autorität der Schriften entwickeln, in denen sie beschrieben und illustriert werden. Beruhend auf logischem Denken ist es wirklich schwierig, einen zuversichtlichen Glauben an karmische Ursache und Wirkung aufzubauen. 

Fragen wir uns, warum wir an die Autorität der Schriften des Buddhas glauben können, so liegt es daran, dass Buddha über Leerheit und die Methoden lehrte, die vertiefte Konzentration eines still gewordenen und zur Ruhe gekommenen Geisteszustandes von Shamatha zu erlangen. Wir können die Gültigkeit der Leerheit selbst durch Logik beweisen. Meditieren wir über Leerheit und folgen den Anweisungen zum Entwickeln von „Shamatha“, können wir sie genauso verwirklichen, wie Buddha sie lehrte. Ist das, was der Buddha über diese tiefgründigen Themen lehrte, wahr und kann durch Logik und direkte Erfahrung begründet werden, und können wir aufgrund von Logik und unserer direkten Erfahrung zuversichtlichen Glauben an sie haben, können wir ebenfalls diese anderen Dinge glauben, die nicht durch Logik nachgewiesen werden können.  

Daher geben buddhistische Lehrer im Westen, wo die meisten Menschen ziemlich intellektuell ausgerichtet sind, oft erst einmal Belehrungen über Leerheit sowie darüber, wie man durch „Shamatha“ vertiefte Konzentration erlangen kann. Sie tun es, weil man diese Dinge durch Meditation selbst mit Logik und Erfahrung nachweisen kann. Auf der Grundlage ihrer persönlichen Erfahrung können solche Schüler dann einen zuversichtlichen Glauben an die buddhistischen Lehren entwickeln. 

Bekommt so eine Person danach Belehrungen über karmische Ursache und Wirkung, wird sie sie als wahr annehmen können. Es wird sich viel leichter in ihnen festsetzen. In Tibet, wo die Menschen von Natur aus großen Glauben hatten, war die normale Reihenfolge hingegen, zunächst über karmische Ursache und Wirkung zu lehren und dann später Belehrungen über andere Dinge, wie Leerheit und Shamatha, zu geben.

Zusammenfassung 

Um es noch einmal kurz zusammenzufassen: Wir haben über all die Lehren für jemanden auf der anfänglichen Ebene der Motivation gesprochen. Die Themen, die wir bis jetzt behandelt haben, waren: 

  • erstens Tod und Vergänglichkeit; 
  • zweitens die Leiden der niederen Bereiche; 
  • drittens die Zufluchtnahme; und  
  • viertens unsere Diskussion über karmische Ursache und Wirkung.  

Denkt eine Person der anfänglichen Ebene darüber nach und befasst sich mit den Praktiken bezüglich dieser vier Punkte, wird sie infolgedessen im Moment des Todes keine Angst haben. Es wird auch nichts Furchtbares geschehen, nachdem sie gestorben ist, denn mit diesen Übungen wird sie nicht in einem der drei niederen Bereichen wiedergeboren werden.    

Fragen 

Wie kann eine Person ein Arhat werden und trotz allem unter früherem Karma leiden, wie in dem Beispiel der Nonne, die bei lebendigem Leib verbrannt ist? Ich dachte, ein Arhat wäre frei von Leiden.

Der Punkt in diesem Beispiel ist, dass die Kraft karmischen Potenzials so mächtig ist und seit anfangslosen Leben aufgebaut und angesammelt wurde, dass wir sogar als Arhats, obwohl wir von dem meisten negativen karmischen Potenzial der Vergangenheit befreit sind, noch Reste davon übrig haben, die nicht vollständig gereinigt wurden. Die Macht des karmischen Potenzials ist so groß, dass es sogar durch das Erlangen der Arhatschaft nicht vollständig überwunden wird. Die Nonne musste das Resultat einer früheren destruktiven karmischen Handlung erfahren, indem sie bei lebendigem Leib verbrannte. Man kann dies jedoch nicht mit dem Tod durch Verbrennen eines normalen Menschen vergleichen. Sie war ein Arhat und litt keineswegs, aber auf diese Weise starb sie, ohne zu leiden.

Wie kann man sagen, dass es so schwierig ist, ein kostbares menschliches Leben zu haben, wenn doch die menschliche Bevölkerung ständig anwächst? 

Wie sieht es mit der Population in der Tierwelt aus?

Es ist schwierig, die tatsächliche Anzahl der Insekten zu bestimmen. Die Anzahl der größeren Tiere nimmt jedoch ab und manche Arten sind bereits ausgestorben. 

Wie kann man wissen, ob die Anzahl aller Tiere abnimmt? Wächst die Anzahl der fähigen und intelligenten Menschen? Auch wenn die menschliche Population anwächst und auch wenn wir die Population der Insekten und kleinen Lebensformen in der Tierwelt nicht bestimmen können, so ist die menschliche Population doch viel kleiner als die aller Tiere.  

Betrachten wir in der menschlichen Bevölkerung die Proportion zwischen den so genannten gut situierten Menschen und jenen, die in schwierigen Umständen, in Armut oder Elend leben, so gibt es weit mehr, die mit großen Schwierigkeiten zu kämpfen haben als Wohlhabende. Wir können uns auch bewusst darüber sein, dass die Tierwelt nicht nur aus Elefanten und großen Säugetieren besteht, sondern auch die gesamte Insektenwelt umfasst. Denken wir nur einmal an die winzigen Käfer und all diese Kreaturen und betrachten die Anzahl der kleinen Insekten, die es nur in einem kleinen Gebiet gibt, so ist es leicht zu verstehen, dass die Tierwelt bei weitem größer ist, als jene der Menschen. Würdest du dem zustimmen? 

Ja.

Der Grund, dass die Tierwelt jene der Menschen zahlenmäßig bei weitem übertrifft, liegt daran, dass es viel mehr von jenen mit negativem karmischen Potenzial gibt als jene mit positivem Potenzial. Daher werden sie, aufgrund des negativen karmischen Potenzials in äußerst schwierigen Situationen, zum Beispiel als Tier oder Insekt, wiedergeboren. Was uns Menschen betrifft, so gibt es weit mehr, die in schwierigen Umständen leben, als jene, die günstige Umstände zur Verfügung haben. Das liegt ebenfalls daran, dass es weit mehr Menschen gibt, die viel negatives karmisches Potenzial aufgebaut haben, als jene die positives Potenzial haben. 

Betrachtet man die gesamte menschliche Bevölkerung, so sind jene, die ein positives Leben führen und beispielsweise dem Dharma und anderen spirituellen Lehren folgen, recht selten im Vergleich zu den Menschen, in deren Leben es keinen Dharma gibt oder die keine spirituellen Neigungen haben. Die Menschen, die kein spirituelles Leben führen oder sich mit dem Dharma befassen, neigen dazu, meist destruktive Handlungen auszuführen. Demzufolge steigen sie ab und werden eine niedere Wiedergeburt als ein Tier oder Insekt haben. 

Wenn wir die Wiedergeburt eines Menschen als glücklich betrachten, so kann man doch auch als Mensch in einer guten Position oder als jemand in einer sehr schwierigen Position wiedergeboren werden. Wie gesagt gibt es weit mehr Menschen, die sich zahlreichen negativen Handlungen widmen, als jene, die viele positive Dinge tun, und für die Menschen, die große destruktive Taten begehen, hat es keinen großen Nutzen ein Mensch zu sein. Tatsächlich dient diese Wiedergeburt für sie nur als Mittel, jede Menge negativen karmischen Potenzials aufzubauen, um dann herabzufallen, wenn sie sterben.  

Innerhalb der menschlichen Bevölkerung ist die Anzahl von Menschen, die wirklich positive, konstruktive Leben führen, sehr gering. In einem Land mit vielen Dieben ist das nicht gerade vorteilhaft, oder? Aber diese Diebe sind Menschen, nicht wahr? Genauso ist es für ein Land nicht von großem Nutzen, wenn es voller Menschen ist, die ständig destruktive Handlungen ausführen. Durch früheres negatives karmisches Potenzial können wir, sogar wenn wir als ein Mensch wiedergeboren werden, als jemand wiederkommen, der nur destruktiv handelt und das wird keinen großen Nutzen bringen.  

Vor etwa 700 oder 800 Jahren gab es beispielsweise in Tibet Klöster, in denen 180.000 Mönche lebten und sogar für ein kleines Land wie Tibet ist das ein Hinweis darauf, dass es in dieser Zeit viel mehr Menschen gab, die eine Art von positivem Leben führten. Es ist ausgesprochen gut, so viele Menschen zu haben, die solch ein positives Leben führen und es ist das Ergebnis ihrer konstruktiven Handlungen früherer Leben. Im Gegenzug wird es ihnen keinen großen Nutzen bringen, wenn jene, die in früheren Leben viele destruktive Handlungen begangen haben, als Menschen wiedergeboren werden. 

Top