Eifersucht auflösen: Leerheit verstehen

Eifersucht und andere störende Emotionen sind Symptome eines größeren Problems: unsere grundlegende Unwissenheit in Bezug darauf, wie Phänomene tatsächlich existieren. Hier werfen wir einen tieferen Blick auf Konventionen, Kategorien und darauf, wie Dinge existieren, und untersuchen, wie wir durch ein Verständnis all dessen Eifersucht überwinden, Probleme lösen und mit dem Leben zurechtkommen können.

Kurzer Rückblick 

Wir haben über emotionale Probleme gesprochen, in denen es um Eifersucht geht und gesehen, dass ihnen allen eine Verwirrung hinsichtlich der Realität, hinsichtlich dessen, wie Menschen existieren, sowie eine Verwirrung in Bezug auf uns und andere zugrunde liegt.

Ein Aspekt dieser Verwirrung besteht darin, in festen Kategorien zu denken und uns beispielsweise immer als „Gewinner“ oder „Verlierer“ zu betrachten. Wir haben die Vorstellung, wir und andere wären von Linien umrissene, solide Entitäten, und stecken somit das solide „Ich“ in die festgelegte Verlierer-Schublade und den soliden „Anderen“ in die festgelegte Gewinner-Schublade. Und dann packen wir das Ganze ins Tiefkühlfach und frieren es ein.

Wenn von „Ich“ und „Du“ die Rede ist, geht es jedoch nicht um allgemeine Kategorien, wie Äpfel und Orangen. Es ist noch verwirrender, denn „Ich“ und „Du“ sind in dem Sinne Kategorien, indem jeder sich selbst für das „Ich“ und den anderen für das „Du“ hält. Hier habe ich mich auf ein individuelles „Ich“ und ein individuelles „Du“ bezogen.

Wodurch wird begründet, dass etwas existiert? 

Wir haben gesehen, dass es bei der Leerheit im Grunde darum geht, wodurch die Existenz von etwas erwiesen wird. Im Buddhismus drücken wir es mit dem Fachbegriff „begründen“ aus, wie in der Frage: „Wodurch wird begründet, dass etwas existiert?“ Es ist ein heikles Wort, denn es bezieht sich nicht darauf, wodurch etwas wahr ist oder existiert, sondern wodurch dessen Existenz oder Wahrheit erwiesen wird. Tatsächlich geht es um einen Beweis und das gleiche Wort wird im Tibetischen benutzt, um etwas zu beweisen.

Die Definition einer Sache, die existiert, ist etwas, das gültig erkannt werden kann. Beispielsweise handelt es sich nicht um Invasoren der fünften Dimension, denn sie können nicht gültig erkannt werden. Wir mögen solche Kreaturen in unserer Fantasie sehen, aber so etwas gibt es nicht. Ein gültiger Geist würde sie nicht sehen. Es wäre eine Halluzination oder eine Wahnvorstellung.

Wenden wir das auf unser Leben an, stellt sich die Frage, wie wir wissen können, dass wir Verlierer und die anderen Gewinner sind. Genau genommen geht es nicht darum, wie wir es wissen, sondern wie wir es beweisen können? Wodurch wird es bewiesen? Das ist eine interessante Frage, denn wenn wir wütend sind, glauben wir aufgrund dieser Wut, dass diese Aussage wahr ist. Wir glauben wirklich, Verlierer zu sein würde der Wirklichkeit entsprechen. Handelt es sich um eine Fantasie? „Alle anderen sind Gewinner, nur wir nicht!“ So fühlt es sich an und das macht es so schrecklich. Es fühlt sich so an und wir glauben es wirklich. Diese Verwirrung und diese Projektionen entstehen ganz automatisch. Wir denken nicht darüber nach und entscheiden uns dann, das Wort „Verlierer“ im Wörterbuch, oder schlimmer noch, auf Google nachzuschauen und erkennen dann: „oh ja, das bin ich!“ Es wäre wirklich komisch, wenn man zu einem Doktor oder Berater gehen könnte und dort ein Zertifikat dafür bekommen könnte, ein Verlierer zu sein.

Es gibt also diese Kategorien von „Gewinnern“ und „Verlierern“ und es gilt zu untersuchen, wodurch diese Kategorien entstanden sind. Wir werden sehen, dass sie durch Worte festgelegt werden. Kategorien beruhen auf Definitionen und diese Definitionen entstammen unserem Geist.

Augenblicke der Erfahrung verstehen: Muster, definierende Charakteristika und geistiges Zuschreiben 

Betrachten wir das Leben im Allgemeinen. Ganz einfach ausgedrückt, besteht das Leben aus Augenblicken der Erfahrung einer riesigen Anzahl von einzelnen Lebewesen. Tiere, Insekten, Menschen: ein jeder erlebt jeden Augenblick seines Lebens in Form von Ereignissen. Dinge passieren. Es ist nicht immer so dramatisch, denn ein Ereignis könnte einfach auch darin bestehen, aufzustehen oder sich am Kopf zu kratzen. Darum geht es in der Erfahrung des Lebens, die von einem Moment zum anderen stattfindet, nicht wahr? Das ist der Inhalt unseres Lebens.

Jedes Ereignis ist anders und für jedes einzelne Wesen gibt es eine Kontinuität von Ereignissen, die einen Sinn ergeben. Sie finden in einer Abfolge statt und ereignen sich nicht einfach willkürlich und zusammenhanglos. Und wir sind nicht die Einzigen, bei denen sozusagen ein Film abläuft. Es gibt unzählige Wesen und unzählige Augenblicke des Erlebens von Ereignissen. Betrachten wir beispielsweise das Bewegen einer Tasse von einer Seite des Tisches zur anderen, dann besteht dieser Vorgang aus einzelne Augenblicken. Jeder Augenblick ist ein anderes Ereignis, von dem Moment, an dem wir die Tasse hochheben, bis hin zu Bewegung und des Absetzens der Tasse. So verhält es sich mit jedem Augenblick.

Wie können wir diese Augenblicke der Erfahrung verstehen? Wir suchen nach Mustern und nach definierenden Eigenschaften, die uns helfen, Ereignisse einzustufen, sie zu verinnerlichen und uns mit ihnen auseinanderzusetzen, indem wir sie einer größeren Kategorie des Geschehens zuordnen. Wie können wir sie klassifizieren? Wir tun es mittels der definierenden Eigenschaft der Kategorie und diese Eigenschaften können sehr vielseitig sein. Der Fachausdruck dafür ist „geistiges Zuschreiben“, und viele der geistigen Zuschreibungen, die wir machen, können gültig und zutreffend sein.

Das können wir an dem Beispiel des Teetrinkens illustrieren. Welche Kategorien umfassen dieses Ereignis? Nun, die erste Kategorie ist die Bewegung meines Armes. Außerdem habe ich etwas getrunken. Vielleicht war ich durstig? Oder ich wollte wach bleiben. Die Tasse ist nicht herunter gefallen; vielmehr habe ich sie abgestellt. Habe ich zur gleichen Zeit auch geatmet? Und habe ich mich an einem bestimmten Ort befunden? Da gibt es zahlreiche Dinge und Kategorien, die das Ereignis zutreffend beschreiben könnten.

Jede dieser Kategorien der Aktivität, die wir nutzen, um das Ereignis zu verstehen, beruhen auf eine bestimmte Definition. Die Worte haben Definitionen. Die Frage ist: wodurch wird bewiesen, dass eine Sache in eine bestimmte Kategorie passt? 

Wodurch werden Grenzen gezogen? 

Ich sagte, dass ich etwas getrunken habe und das ist ein Beispiel einer der Kategorien, der ich das Ereignis zuordnen könnte. Wo befinden sich die Grenzen dafür, wann das Ereignis beginnt und wann es endet?

Nun, es geschieht willkürlich, wo wir eine ungebrochene Kontinuität in eine bestimmte Erfahrung zerstückeln. In diesem Beispiel haben wir gesehen, dass wir die Erfahrung auch in Abschnitte der Bewegung der Hand zur Tasse usw. aufteilen könnten. Aber das Trinken geschieht genau genommen erst, wenn sich die Tasse am Mund befindet, was ein kleinerer Teil des Ereignisses ist. Wir können auch das Absetzen der Tasse auf den Tisch in die Kontinuität des Unterrichtens dieses Vortrages miteinbeziehen. Aber das ist nur ein begrenzter Zeitraum, da ich nicht ständig unterrichte, also könnten wir es einem größeren Abschnitt des Atmens zuordnen. Das Ereignis war die Atmung und während der Atmung habe ich eine Tasse Tee getrunken. Wie wir die Kontinuität zerstückeln geschieht also vollkommen willkürlich.

Die Dinge auf unverhältnismäßige Weise betrachten 

Die Weise, wie wir Teile dieser Kontinuität zerlegen, ist oft das, was zu großen Problemen führt. Wir konzentrieren uns auf ein kleines Ereignis in unserem Leben und betrachten es auf unverhältnismäßige Weise. Zum Beispiel richten wir unsere Aufmerksamkeit darauf, dass wir unseren Job verloren, oder dass diese Person uns gerade angeschrien hat und machen es zur wichtigsten Sache in unserem Leben. Wir verlieren den Sinn der großen Kontinuität aller Erfahrungen unseres Lebens, in dem alles was geschieht nur ein kleines Ereignis ist. Als wir beispielsweise zwei Jahre alt waren und uns beim Hinfallen den Arm gestoßen haben, schien es in dem Moment die schlimmste Katastrophe der Welt zu sein. Vom Blickwinkel der gesamten Kindheit oder des ganzen Lebens betrachtet, war es jedoch wirklich keine große Sache. 

Wodurch wird etwas einer Kategorie zugeordnet? 

Was passt zu unserer Definition des Trinkens? Schließt es die Absicht und den Wunsch etwas zu trinken mit ein, noch bevor ich meine Hand bewege, um die Tasse zu nehmen? Endet das Ereignis, nachdem sich der Tee in meinem Mund befindet oder setzt es sich weiter fort bis zu dem Moment, an dem der Tee in meinen Magen gelangt? Und was ist, wenn er meinen Magen verlässt? Gehört das auch zum „Trinken einer Tasse Tee“? Sogar die Grenzen des Trinkens sind willkürlich. Das heißt nicht, alles wäre chaotisch, sondern nur, dass man es verschiedenartig betrachten kann.

Wie können wir wissen, dass eine Definition korrekt ist?

Und wie können wir wissen, wodurch ein Ereignis in eine dieser Kategorien passt? Was beweist, dass es zu einer Kategorie gehört? Wir selbst erschaffen die Kategorie, und die Definition passt zu der Erfahrung. Nun, wodurch wird das bewiesen?

Wir haben uns auf die Definition geeinigt und die Kategorie erschaffen, aber gibt es irgendetwas seitens des Objektes, das uns die Möglichkeit gibt, es richtig zu bezeichnen? Das „Trinken einer Tasse Tee“ könnten wir auch als „Kratzen des Kopfes“ bezeichnen.

Dann haben wir die Sprache geändert.

Oder haben wir die Bedeutung geändert?

Liegt es daran, dass wir die gleiche Sprache benutzen und deswegen sagen können, es wäre nicht gültig, das „Trinken einer Tasse Tee“ als „Kratzen des Kopfes“ zu bezeichnen?

Gut. Das ist ein wichtiger Punkt. Wir sprechen die gleiche Sprache und haben uns auf Definitionen von Wörtern und deren Entsprechungen geeinigt. Kann man jedoch irgendwelche definierenden Eigenschaften auf Seiten des Ereignisses finden, die auf diese Definitionen zutreffen? Wenn dem so wäre, was würde uns erlauben, das Ereignis einer passenden Kategorie zuzuordnen, die durch Worte mit Definitionen bezeichnet wurden, auf die wir oder andere Menschen, die Wörterbücher erschufen, sich geeinigt haben. Wo sind sie? Denkt daran, dass ein Ereignis ein Kontinuum ist, in dem jeder Augenblick anders, aber damit verbunden ist.

Hier geht es um etwas Offensichtlicheres, wenn wir von einem Ereignis oder einer Handlung reden, die wir als „Trinken“, „Atmen“ oder „Bewegen der Hand“ bezeichnen. Betrachten wir ein Objekt, wird es etwas komplexer, aber in Bezug auf eine Handlung oder ein Ereignis ist es ziemlich klar. Lasst euch das einmal durch den Kopf gehen.

[Meditation]

Gibt es etwas seitens des Inhaltes eines jeden Augenblicks, durch das er der Kategorie „Trinken“ zugeordnet werden kann? Wird in jedem Moment der Abfolge, die wir als „Trinken“ bezeichnen, durch etwas auf die gleiche Sache hingewiesen, durch die es ein Teil der Kategorie „Trinken“ ist. Diese Analyse können wir mit allem durchgehen, angefangen von der Bewegung unserer Hände, bis hin zum Kratzen unseres Kopfes oder der Anwesenheit an einem bestimmten Ort. All diese Ereignisse wären angefüllt mit innewohnenden Dingen, nicht wahr?

Würden Menschen verschiedener Sprachen das Ereignis beobachten, wäre es dann angefüllt mit all den verschiedenen Worten? Wie wissen wir, ob ein Wort zu einer Bedeutung gehört? Existiert es auf Seiten des Ereignisses, auf Seiten der Bedeutung oder auf Seiten der Worte? Wo ist es?

Ursache und Wirkung prägen jede Erfahrung 

Wir reden über Ereignisse, als wären sie eine ununterbrochene Abfolge und würden von nirgendwoher kommen und nirgendwohin führen. Sie haben vorhin über Motivation und Ausrichtung gesprochen. Hat die Abfolge der Ereignisse etwas mit der Motivation und der Ausrichtung zu tun?

Sie hat nicht nur etwas mit der Motivation und der Ausrichtung zu tun, sondern auch mit all den Ursachen. In unserem Beispiel des Teetrinkens umfassen die Ursachen die Person, die den Tee zubereitet hat, das Geschäft, in dem der Tee verkauft wurde, der Bauer, der den Tee angebaut hat usw. Darüber hinaus gibt es all die Konsequenzen, die aus dem Teetrinken resultieren, zum Beispiel nicht zu verdursten oder nicht weiter unterrichten zu können. Wir ziehen lediglich eine Linie, um über einen bestimmten Teil davon zu sprechen.

Hier geht es nicht nur um Ursachen und Auswirkungen, die mit unserer persönlichen Erfahrung verbunden sind, sondern auch um die Ursachen und Auswirkungen, die Teil der Erfahrung anderer Menschen sind, wie beispielsweise die gütige Motivation der Person, die den Tee zubereitet hat. Auch könnte es dazu führen, dass jemand in diesem Raum mich Tee trinken sieht und daraufhin denkt: „Ach, so eine Tasse Tee hätte ich auch gern!“ Es könnte zu dem Umstand führen, dass die störende Emotion der Eifersucht den nächsten Augenblick im Leben einer Person begleitet und das kann sich in beide Richtungen, Vergangenheit und Zukunft, unendlich weit erstrecken.

Wir legen diese Linien fest, damit wir jeden Augenblick unseres Lebens verstehen können und wir geben ihnen von Natur aus durch diese Kategorien und Sprachen einen Sinn. Die Möglichkeit mit anderen zu kommunizieren hängt ganz und gar davon ab. Auch auf der einfachsten Ebene dieser Betrachtung wäre zum Beispiel ein Foto, das jede Person in diesem Raum von mir beim Teetrinken machen würde anders, weil ihr mich alle aus unterschiedlichen Blickwinkeln und Entfernungen seht. Laut Konvention sind wir uns alle einig und das ist das Schlüsselwort. Auf der Grundlage einer gemeinsamen Sprache stimmen wir alle darin überein, dass ich eine Tasse Tee getrunken habe. Das ist schon erstaunlich, nicht wahr?

Einige Fotos, die ihr gemacht habt, waren vielleicht scharf, während andere eher unscharf waren. Manche von euch haben vielleicht nicht aufgepasst und gar kein Foto gemacht. Wie könnte man also beweisen, dass ich eine Tasse Tee getrunken habe? Das könnten wir noch weiter führen! Ihr könntet zum Beispiel herkommen und überprüfen, ob ihr den Tee in meinem Magen sehen könnt. War das der Vorgang des Trinkens oder ist die Flüssigkeit auf eine andere Weise in meinen Magen gelangt?

Der Prozess der Auflösung 

Nimmt man erst einmal diesen Prozess der Auflösung in Angriff, beginnt gewissermaßen alles seitens der Objekte wegzufallen. Aber das bedeutet nicht in den Nihilismus abzugleiten, in dem rein gar nichts existiert. Da müssen wir sehr vorsichtig sein.

Wenn wir beispielsweise in eine leere weiße Tasse hineinschauen und dort verschiedene Farben sehen, vielleicht etwas mehr weiß als braun, wie können wir da wissen, ob sie vorher mit Tee gefüllt war? Wie können wir es beweisen? Der Tee ist nicht mehr da und die Frage ist, ob er überhaupt jemals da war. Wie können wir das wissen?

Nun, wir beziehen uns auf frühere Erfahrungen, aber da gibt es nichts seitens des Objektes. Alles wird durch den Geist aufgezeigt und bewiesen. Auch Konventionen werden durch den Geist erschaffen, sowie Sprachen und Definitionen. Was macht sie alle zutreffend?

Kriterien für die Bestimmung der Gültigkeit einer Konvention 

Wie bereits gesagt, gibt es eine allgemein anerkannte Sprache, eine Konvention, und dies ist das erste Kriterium. Wir alle haben uns auf Worte und deren Bedeutung geeinigt. Zweitens steht sie nicht im Widerspruch zu einem Geist, der konventionelle Wahrheit gültig erkennt. Das heißt, unser Bild, das wir haben, ist nicht verschwommen oder dunkel, sondern scharf und wir würden zu der Schlussfolgerung gelangen, dass es sich um etwas handelt, dem wir alle zustimmen. In gewisser Weise wird es erneut bestätigt; es war eine korrekte Wahrnehmung.

Das nächste Kriterium besteht darin, dass sie nicht im Widerspruch zu einem Geist steht, der die tiefste Wahrheit als gültig erkennt. Haben wir irgendeine wilde Fantasie in Bezug darauf, dass es auf Seiten des Ereignisses etwas Auffindbares gibt, wodurch die Sache als „Teetrinken“ begründet wird, wäre das so, als würden wir sagen, wir hätten etwas auf Seiten der Invasoren der fünften Dimension gefunden, das ein Beleg für ihre Herkunft wäre. Haben wir wirklich ein korrektes Verständnis der Realität, wird unser Geist dem widersprechen. Es darf also nicht im Widerspruch zu einem Geist stehen, der die tiefste Wahrheit als gültig erkennt. All diese drei Kriterien sind auf Seiten des Geistes und nicht auf Seiten des Objektes zu finden.

Wenden wir das auf unser Leben an, in dem wir unseren Job, unseren Partner oder irgendetwas anderes verloren haben. Sind wir Verlierer? Wir mögen so denken, aber was macht uns zu Verlierern? Würden wir ein Ereignis beschreiben, bei dem wir „etwas verloren“ hätten, wäre das ziemlich abstrakt, oder nicht? Besonders, wenn wir es in die einzelnen Momente des Geschehens zerlegen. Aber analysieren wir es trotzdem.

Das erste Kriterium: wir haben die Konvention und das Wort „verlieren“. Wir haben also unseren Job verloren und sind arbeitslos; oder wir haben unseren Partner verloren, der einfach gegangen ist. Das passt also in die Konvention, etwas zu verlieren. Es stimmt, denn jeder würde es ebenfalls so bezeichnen.

Das zweite Kriterium: Käme ich wieder ins Büro, würden die Leute sagen: „Was machst du denn hier? Dir wurde gekündigt.“ Es steht also nicht im Widerspruch zu dem, was andere wahrnehmen. Oder wir gehen zu unserem alten Partner, der bereits einen neuen Partner hat und beide schauen uns an und fragen: „Was um alles in der Welt machst du hier? Es ist vorbei!“ Wir können also sehen, dass es nicht zu einem Geist im Widerspruch steht, der konventionelle Wahrheit gültig erkennt.

Das dritte Kriterium ist allerdings das wichtigste. Ich mag denken ich wäre ein Verlierer, ein echter Versager, mit etwas mir Innewohnendem und Auffindbarem, das mich tatsächlich zu einem Verlierer macht, während andere etwas Innewohnendes und Auffindbares haben, das sie zu Gewinnern macht. Ich fühle mich also verletzt und werde eifersüchtig. Wir haben das Gefühl, es gäbe eine auffindbare, definierende Eigenschaft unsererseits, die uns dieser festen Kategorie von „Verlierern“ zuordnet, und wir wären für immer dazu verdammt.

Das steht jedoch im Widerspruch zu einem Geist, der die tiefste Wahrheit gültig erkennt. Dann erforschen wir, wo wir diese definierende Eigenschaft eines Verlierers finden können. Ist sie in meiner Nase? Oder in meinen Haaren? Oder befindet sie sich vielleicht in meinen Zehen, oder in meinem Geist? Wo ist sie? Durch welches Ereignis ist sie entstanden? War sie schon immer da? War sie seit dem Augenblick unserer Geburt da? Im Grunde ist sie nirgendwo. Sie ist nur eine Konvention, durch die das Ereignis wiedergegeben wird. Wir sind nicht von Natur aus Verlierer, denn das wäre absurd. Wenn wir das verstehen, werden unsere emotionalen Erwiderungen völlig anders sein.

Bäume gibt es in allen Kulturen, wir alle kennen sie, und in den verschiedenen Kulturen wird die Linie zwischen einem Busch und einem Baum auf unterschiedlichen Ebenen gezogen, was belegt, dass es sich um eine willkürliche Kategorie handelt. Das kann ich akzeptieren. Aber in allen menschlichen Gesellschaften wird ein menschliches Gesicht erkannt und es gibt keinen einzigen Kulturkreis, in dem man es mit einem Affengesicht verwechseln würde.

Ja, das ist eindeutig. Aber betrachten wir einmal die wissenschaftlichen Ausführungen in Bezug auf die Evolution, in denen es Kategorien von Menschenaffen und menschlichen Wesen gibt, fragt man sich doch, wo sich genau die Grenze in Bezug darauf befindet, was jemanden menschlich macht.

Zu sagen, die Kategorien wären linguistisch und kulturell definiert oder willkürlich heißt nicht, es wäre ein völliges Durcheinander. Es ist nicht so, dass nichts benannt werden kann, denn es gibt ja die drei Arten des Bezeichnens oder Benennens. Die Frage, die immer aufkommt, ist die, ob es sich denn nicht wirklich um einen Baum handelt und ob der Baum denn nicht tatsächlich da ist.

Wie eine Illusion 

Aus diesem Grund sagen wir, dass es auf Seiten des Objektes nichts gibt, wodurch die Präsenz eines Baumes erwiesen wird. Wir kommen zu einer tieferen Ebene des Verstehens, auf der der Baum wie eine Illusion ist. Er ist wie eine Illusion und das ist etwas ganz anderes als zu sagen, er wäre eine Illusion. Uns scheint als würde es seitens des Baumes etwas geben, das es zu einem Baum macht, aber dem ist nicht so. Trotzdem funktioniert es auf diese Weise und andere Menschen, die die gleiche Sprache sprechen, stimmen der Definition zu und erklären die Sache ebenfalls für einen Baum. Sie würden sie nicht als Hund bezeichnen.

Diese Ebene ist etwas subtiler und daher beginnen wir auch erst einmal mit den einfacheren Ebenen. Wir sagen: „Ich falle nicht durch den Stuhl hindurch auf den Boden“, obwohl wir uns auf der tiefsten Ebene darüber bewusst sind, dass der Stuhl nicht solide ist, sondern aus Atomen besteht, die wiederum aus subatomaren Teilchen zusammengesetzt und größtenteils leerer Raum sind. Das gleiche trifft auf unseren Körper zu, worüber wir uns im Klaren sind. Dennoch fallen wir nicht durch den Stuhl hindurch auf den Boden; die Funktion des Stuhls ist, uns zu tragen. 

Ist die Funktionalität ein Beleg für die Existenz? 

Wird durch die Tatsache, dass der Stuhl uns trägt, dessen Existenz als Stuhl bewiesen? Und wie verhält es sich mit dem Baum dort drüben? Hier wird es kompliziert, denn wie erkennen wir, dass er als ein Baum funktioniert und wodurch wird dies bewiesen?

Geht es um Ursache und Wirkung, beziehen wir uns immer nur auf einen Moment zu einer bestimmten Zeit, stellen eine Verbindung her und sagen, etwas würde eine Funktion erfüllen. Aber was erfüllt die Funktion? Das ist eine sehr komplexe Sache. Auf einer einfacheren Ebene kann man sagen, dass die Erfüllung einer Funktion die Existenz von etwas begründet. Wir können zunächst behaupten, das Teetrinken würde existieren, weil es die Funktion des Durststillens erfüllt. Aber hier gilt es wiederum vorsichtig zu sein, denn dann könnten wir auch meinen, es gäbe ein Monster unter dem Bett. Die Frage ist jedoch, ob es eine Funktion erfüllt. Es mag uns einen ungeheuren Schrecken einjagen, jedoch ist der Grund dafür nicht das Monster selbst, sondern unser Glaube an ein Monster. Das müssen wir also eingehend prüfen.
Auf einer vereinfachten Ebene können wir also sagen, das Erfüllen einer Funktion ist der Beleg für die Existenz einer Sache.

Leerheit ist nicht Nihilismus: kein Grund zur Sorge 

Wenn wir Kategorien analysieren, um Dinge wie „Verlierer“ und „Gewinner“ aufzulösen, führt das letztendlich nicht zu einer enormen Unsicherheit? In dieser postmodernen Gesellschaft reden wir viel über die Leere, nicht in Bezug auf die Leerheit selbst, sondern in Bezug auf die Leere der Bedeutung, der Ethik, der Regeln und ähnlichem. Kann man diese Dinge unterscheiden?

Ja, das ist der nihilistische Bereich. Wenn wir im Buddhismus über die Leerheit reden, geht es darum, wovon die Dinge frei sind. Sie sind frei von allem, was von sich aus einen Beweis für die eigene Existenz liefert, denn so etwas gibt es nicht. Das heißt nicht, es würde nichts geben, sondern vielmehr, dass Dinge wie eine Illusion existieren. Wodurch wird erwiesen, dass etwas existiert? Es gibt Worte, auf die sich Menschen geeinigt haben und daher wird es nicht widerlegt. Dinge scheinen solide zu sein, obwohl sie es nicht sind, aber trotzdem erfüllen sie eine Funktion. Das sollte für den Moment ausreichen; wir sollten uns keine Sorgen darüber machen, denn es gibt keinen Grund unsicher zu sein.

Natürlich kann es zu einer Art Unsicherheit führen, wenn wir uns diesen Dingen nähern. Als ein Schüler Tsongkhapas über die Leerheit meditierte und sich plötzlich an seinen Roben festhielt, meinte Tsongkhapa: „Sehr gut, du hast dich gerade in Bezug auf die konventionelle Realität von allem vergewissert.“ Wir sollten uns also im Hinblick auf die konventionelle Realität Gewissheit verschaffen, dass sie nicht negiert wird, denn das wäre absurd.

Genauso absurd wäre es zu denken, wir könnten das Bezugsobjekt unserer Worte und Konzepte tatsächlich irgendwo als bezeichnende „Dinge“ mit auffindbaren definierenden Eigenschaften aufspüren, die exakt mit den Kategorien übereinstimmen, auf die unsere Worte und Konzepte hindeuten und dann zu meinen, unser Finden würde ihre Existenz begründen. Wir können jedoch keine bezeichnenden Dinge oder definierenden Eigenschaft seitens der Objekte ausfindig machen und daher kann das Aufspüren solcher Dinge nicht die Existenz eines Objektes beweisen. Solche Dinge sind vollkommen abwesend. Die Objekte existieren auf eine konventionelle Weise, aber sie sind frei von diesen Dingen, die deren Existenz begründen würden.

Mit dem Leben klarkommen 

Das heißt nicht, unsere Worte und Konzepte würden sich auf nichts beziehen. Sie haben einen Bezug zu etwas, aber das, worauf sie sich beziehen, ist nicht auffindbar und stimmt nicht genau mit den Worten und Konzepten überein. Es gibt dort draußen keine Sprach-Kategorien; vielmehr handelt es sich um geistige Konstrukte. Auf diese Weise können wir die Welt kennen, beschreiben und mit ihr zurechtkommen. Das ist völlig in Ordnung, denn es funktioniert und auf diese Weise kommen wir mit dem Leben klar. Die konventionelle Wahrheit ist keine Ebene, so wie es beispielsweise eine transzendentale und eine weltliche Ebene gibt. Hier gibt es keinen Dualismus und auch keinen Grund, sich wegen irgendetwas zu ärgern.

Ein Zen-Meister, dessen Schüler in einer ähnlichen Situation die Fassung verlor, weil er dachte, es würde nichts existieren, schlug den Schüler und fragte ihn: „Fühlst du das?“ Er erwiderte: „Ja.“ „Hat es wehgetan?“ „Ja.“ Das ist die konventionelle Wahrheit.

Zuflucht, Mitgefühl und Verständnis 

Was ist mit jenen, die zu einem Psychiater gehen und sagen: „Nun, ich komme mit der Welt zurecht und habe keine Probleme mit der Realität, aber ich fühle diese Leere und Sinnlosigkeit in mir. Ich habe keinen wirklichen Bezug zu dem, was ich tue, und ich fühle mich so entfremdet.“ Wie kann man das in Bezug zu dem sehen, worüber wir gerade geredet haben?

Aus diesem Grund wird diese Diskussion der Leerheit im Rahmen aller anderen buddhistischen Lehren geführt und nicht einfach für sich. Im Buddhismus gibt es die so genannte „Zuflucht“, eine Richtung, auf die wir im Leben hinarbeiten, um Buddhaschaft zu erlangen. Im Grunde wollen wir uns von all unserer Verwirrung befreien, so wie es auch Buddha getan hat und wie die Gemeinschaft der Menschen es teilweise tut und auch weiter tun wird. Wir entscheiden uns in diese Richtung zu gehen und wir tun es vielleicht, weil wir von all unseren eigenen Problemen genug haben und wollen, dass sie aufhören, oder weil wir gegenüber anderen Mitgefühl empfinden und ihnen helfen wollen, denn auch sie erfahren unglaublich viel Leid. Sind wir selbst in einer furchtbaren Verfassung, können wir anderen nicht nützlich sein. Das Verständnis der Leerheit findet in diesem Zusammenhang statt, in dem das Leben eine enorme Bedeutung hat.

Mitgefühl allein ist nicht genug, denn man kann leicht entmutigt werden, weil die Menschen so sehr leiden und wir nicht helfen können. Tatsächlich ist es nicht genug, nur Liebe und Mitgefühl zu empfinden; auch Verständnis ist notwendig. Mitgefühl ohne Verständnis führt zu Anhaftung an jene, denen wir versuchen zu helfen. Wir werden gierig danach, im Gegenzug Aufmerksamkeit von ihnen zu bekommen, und wütend, wenn sie nicht unserem Rat folgen; all das ist sehr entmutigend und deprimierend. Auch das Verständnis selbst reicht nicht aus, denn dann ist das Leben sinnlos und ohne Bedeutung. Im Rahmen der Zuflucht, mit der wir uns bewusst darüber sind, was wir tun und wohin wir gehen, stehen diese zwei Dinge im Buddhismus stets zusammen. Aus diesem Grund bezeichnen wir es als „Zufluchtnahme“. Das Wort „Zuflucht“ selbst ist zu passiv und erweckt eher das Gefühl, als wären wir ein Tier, das in ein Wildreservat gebracht wird, wo es sicher ist und eine Zuflucht hat. Es geht jedoch nicht um etwas Passives, sondern um etwas Aktives: wir schlagen aktiv eine positive, sichere und sinnvolle Richtung in unserem Leben ein.

Leerheit des Selbst 

Wie ist es mit der Leerheit des „Selbst“?

„Ich“ und „Du“ sind Kategorien, so wie beispielsweise die Kategorie „Baum“. Aber das „Ich“ ist nicht die gleiche Art von Phänomen wie ein Baum. Ein Baum hat physische Eigenschaften, genau wie mein Körper, aber das „Ich“ nicht. Das „Ich“ ist ein abstraktes Phänomen, um es vereinfacht auszudrücken, nicht etwas mit physischen Eigenschaften und auch keine Weise, sich etwas gewahr zu sein, wie Sehen, Wut oder Liebe.

Wie gehen wir mit dieser Abstraktion um? Es besteht eine Kontinuität, dies und das subjektiv von einem Augenblick zum nächsten zu erleben. Und es hat immer einen Inhalt. Man kann nicht einfach nur erleben, sondern erlebt immer etwas. Der Inhalt ändert sich ständig, von einem Augenblick zum nächsten. Wir erleben etwas Visuelles, hören Klänge und erleben alle möglichen Dinge. Zudem gibt es verschiedene Weisen sich gewahr zu sein: Sehen, Hören, Emotionen wie Wut, Anhaftung, Glück, Aufmerksamkeit usw. All diese Dinge sind Bestandteile eines unglaublich komplexen Netzwerkes und sie beeinflussen sich gegenseitig. Jede einzelne Sache ändert sich ständig in unterschiedlicher Geschwindigkeit.

Aber es gibt eine Kontinuität. Wodurch entsteht diese Kontinuität? Das ist eine wirklich schwierige Frage. Auf der tiefsten Ebene gibt es nichts Auffindbares auf Seiten eines jeden Augenblicks der Erfahrung, der für die Kontinuität verantwortlich ist. Aber wir denken, es gäbe etwas Solides, das die ganze Zeit da ist, alles miteinander verbindet, diese Kontinuität erzeugt und das wir dann als „Ich“ bezeichnen. So fühlt es sich an. Gestern Abend bin ich schlafen gegangen, heute früh bin ich aufgewacht und nun bin ich, das gleiche „Ich“, hier. Es fühlt sich wirklich so an und zweifellos glauben wir daran. Natürlich ist es wie eine Illusion, aber wir denken: „du hast mir wehgetan, ich bin ein Verlierer“ und auf dieser Basis glauben wir, ein solides, auffindbares „Ich“ zu besitzen.

Dieses „Ich“ ist im Grunde eine Abstraktion. Im Buddhismus bezeichnen wir es als eine „Zuschreibung“ dieser Kontinuität des Erlebens. Die „Bewegung“ ist beispielsweise eine Zuschreibung eines Objektes an verschiedenen Orten einer Abfolge von Augenblicken. Weder die Bewegung noch das konventionelle „Ich“ sind Dinge, die wir durch unsere Vorstellungskraft erzeugt haben. Konventionell gesehen gibt es ein „Ich“, denn ich bin nicht du, und es gibt „mein Haus“ und „meine Erfahrung“.

Nun haben wir das Wort und das Konzept oder die Kategorie „Ich“, der wir das „Ich“ zuordnen können, das eine Zuschreibung eines jeden Augenblickes der Erfahrung ist. Wie die individuellen „Ichs“ in jedem Augenblick, ist es ebenfalls eine Abstraktion, jedoch mit einem großen Unterschied. Das „Ich“ ändert sich von einem Augenblick zum nächsten, denn in jedem Moment tue oder denke ich etwas anderes. Die Kategorie oder das Konzept „Ich“ tut nichts. Es ist also wichtig zu verstehen, dass „Ich“ nicht nur ein Wort oder ein Konzept ist. Wir sind nicht nur Worte und wir sind nicht nur Konzepte. Wir sind das, worauf sich die Worte und Konzepte beziehen. Und wir sind auch nicht einfach nur Illusionen. Unsere Gesellschaft hat bestimmte Klangbilder erschaffen und sich darauf verständigt, dass sie das „Ich“ repräsentieren. Zudem haben wir uns darauf geeinigt, dass eine Reihe von Linien diesen Klang in geschriebener Form darstellen. Diese Klänge und Linien beziehen sich auf das „Ich“, aber sie sind nicht ich und es ist auch nicht so, dass sie nichts bedeuten.

Sehen wir uns das an einem anderen Beispiel an. Wir haben auch das Wort „Tasse“, was sich auf eine Tasse bezieht. Was ist jedoch die Grundlage für diese Bezeichnung? Warum bezeichnen wir es als Tasse? Ist der Rand, der Henkel oder der leere Raum in der Tasse die Tasse? Bei allen handelt es sich um Bestandteile, die auf der gleichen Ursache beruhen und auf dieser Grundlage hat sich die Gesellschaft auf den Begriff „Tasse“ geeinigt. Können wir die Tasse tatsächlich finden? Nein. Wir haben das Wort „Tasse“, aber das Wort selbst ist ganz offensichtlich nicht die Tasse.

Auf dieser Grundlage können wir mit Sicherheit keine definierenden Eigenschaften einer Tasse finden. Was ist nun genau genommen eine Tasse? Es ist so etwas wie eine Illusion. Es ist das, worauf sich das Wort bezieht, wenn es auf der Grundlage der Bezeichnung festgelegt wird, auf die sich andere Menschen geeinigt haben. Sie muss auch gültig sein, denn wir können nicht einfach einen Tisch als eine Tasse bezeichnen. Es scheint, als würde es tatsächlich eine Tasse geben, aber im Grunde ist es so etwas wie eine Illusion, obwohl sie eine Funktion erfüllt. Ist sie wirklich nicht auffindbar? Nur wenn wir es tiefgreifend untersuchen, werden wir herausfinden, dass sie nicht auffindbar ist. Wenn wir uns entspannen, aufhören zu analysieren und einfach ganz allgemein fragen, wo die Tasse ist, lautet die Antwort ganz richtig: „Sie ist dort drüben.“ Und sie erfüllt ihre Funktion als Tasse, so wie auch das Universum seine Funktion erfüllt. Betrachten wir es aber wirklich tiefgründig, können wir nichts finden; es ist frei von etwas, das von sich aus seine Existenz als Tasse begründet.

Das „Ich“ ist also eine Abstraktion, eine Zuschreibung, die ein Kontinuum der Erfahrung zusammenfügt und genauso ist auch die Bewegung eine Abstraktion, eine Zuschreibung, die ein Kontinuum einer Sache zusammenfügt, die aufeinanderfolgend an verschiedenen Orten stattfindet. Ich bin nicht nur ein Wort oder ein Konzept, so, wie auch eine Bewegung nicht nur ein Wort oder ein Konzept ist. Die Augenblicke der Erfahrung dieses „Ichs“ setzen sich aus Millionen von Teilen zusammen, die sich ständig unterschiedlich schnell ändern. Wo können wir also das „Ich“ in all dem finden? Nichts davon bin ich. Gibt es irgendetwas an „mir“, das „mich“ zu „mir“ macht? Nein, da gibt es nichts, das „mich“ begründet – weder ein allgemeines „Ich“, noch etwas, das meine Individualität festlegt.

Individualität 

Im Westen ist es so, dass wir ständig unsere Individualität unter Beweis stellen müssen. Ich muss beweisen, dass ich „ich“ und etwas anderes als meine Eltern bin. Es ist jedoch völlig unnötig, denn wir sind Individuen und es gibt nichts, was das beweisen könnte. Natürlich sammelt jeder in seinem Leben, von einem Augenblick zum nächsten, Erfahrungen und dieses Leben besteht aus einer Kontinuität von Ursache und Wirkung.

Sogar Ursache und Wirkung sind eine Abstraktion, eine Zuschreibung der Kontinuität von Ereignissen und Erfahrungen. Obwohl wir Ursache und Wirkung nirgendwo finden können, finden sie statt und erfüllen eine Funktion. Wir müssen also die Existenz eines „Ichs“ getrennt von einem „Du“ bestätigen, das ursächliche Handlungen ausführt, und daraufhin müssen wir die Verantwortung für die Auswirkungen unseres Verhaltens übernehmen. Die Art, wie wir uns verhalten, wird zweifelsohne einen Einfluss auf unsere darauffolgenden Erfahrungen sowie auch auf andere haben. Es ist notwendig, sich um sich selbst zu kümmern, zu essen, zu schlafen und nicht gegen die Wand zu laufen oder mit anderen zusammenzustoßen.

Die Probleme entstehen, wenn wir dieses „Ich“ zu einer großen, soliden Sache machen und uns sorgen, wenn andere uns nicht mögen, und wenn wir unsicher werden, oder es nicht nach unserem Kopf geht und wir daraufhin wütend werden. Schließlich trachten wir danach, immer mehr Dinge anzuhäufen, um diesem „Ich“ eine Sicherheit zu geben. Vielmehr sollten wir mit dem Wissen zufrieden sein, dass wir existieren und funktionieren. Wir führen unser Leben mit einer positiven Ausrichtung und versuchen zunehmend anderen hilfreich zu sein, ohne dieses scheinbar solide „Ich“ in eine scheinbar solide Schublade von „Verlierern“ zu stecken, wenn die Dinge nicht so gut laufen, oder das scheinbar solide „Du“ in eine scheinbar solide Schublade von „Gewinnern“ zu stecken, wenn der andere erfolgreich ist. Das ist das große Missverständnis, das unserer Eifersucht zugrunde liegt. 

Zusammenfassung 

Wir haben uns die verschiedenen Arten der Eifersucht angesehen, die man empfinden kann und auch, wie einige davon durch unsere Gesellschaft oder Kultur sogar noch verstärkt werden. Die beste Strategie zum Überwinden der Eifersucht besteht darin, dieses ganze Missverständnis zu dekonstruieren, das wir in Bezug auf uns selbst und andere, sowie in Bezug auf Kategorien haben, die wir erschaffen. Auch wenn Dinge so erscheinen, als wären sie solide und auffindbar, macht es uns nicht zu einem Verlierer, nur weil wir wirklich denken, wir wären einer. In ähnlicher Weise ist es auch völliger Unsinn zu meinen, andere wären Gewinner, auch wenn wir noch so sehr daran glauben. Wenn wir uns von diesen Konventionen und Kategorien befreien, sehen wir Ereignisse und das Leben als das, was sie tatsächlich sind und können so Eifersucht und eine breite Palette anderer störender Emotionen überwinden. Auf diese Weise ist es möglich, mit dem Auf und Ab unseres Daseins fertigzuwerden, ohne dass wir uns deswegen aufregen und uns und anderen so viel Leid zufügen. Und dann sind wir vielleicht in der Lage, allen anderen bestmöglich von Nutzen sein zu können. 

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