Das Heranreifen der zwei Ansammlungen zu Samsara und Nirvana

Einleitung  

Die Faktoren der Buddha-Natur beziehen sich auf verschiedene Aspekte, welche Teil unseres Geisteskontinuums sind und uns in die Lage versetzen, die verschiedenen Körper eines Buddhas zu erlangen. In der maßgeblichen Darstellung der Buddha-Natur werden sie in drei verschiedene Arten unterteilt:

  • die sich entwickelnden Faktoren, die sich entfalten, um zu den nicht statischen Körpern eines Buddhas zu werden. Das bezieht sich auf die Formkörper eines Buddhas – Nirmanakaya und Sambhogakaya – sowie auf den allwissenden Geist eines Buddhas, der als Dharmakaya des tiefen Gewahrseins bekannt ist. 
  • Bei der zweiten Gruppe geht es um die andauernden Faktoren, die sich auf die Leerheit unseres Geisteskontinuums beziehen und verantwortlich für den Svabhavakaya, den Körper der essentiellen Natur eines Buddhas, sind, der die Leerheit des allwissenden Geistes eines Buddhas ist. 
  • Dann haben wir den dritten Aspekt, das dritte Merkmal der Buddha-Natur, das darin besteht, dass unser Geisteskontinuum inspiriert und erhoben werden kann, damit diese sich entwickelnden Faktoren und verschiedenen guten Eigenschaften, die wir haben, anwachsen und zu den diversen Merkmalen eines Buddhas werden können. 

Die grundsätzliche Betrachtungsweise der sich entwickelnden Faktoren bezieht sich auf die zwei Netzwerke, die bisweilen auch als die zwei Ansammlungen bezeichnet werden. Das sind die Netzwerke positiver Kraft (oder des Verdienstes) und des tiefen Gewahrseins (oder der Weisheit), wie sie zuweilen genannt werden, und diese beiden müssen zusammenarbeiten. Das Netzwerk positiver Kraft wird durch konstruktives Verhalten aufgebaut und es ist die herbeiführende Ursache für die Formkörper eines Buddhas. Für diese Formkörper dient das Netzwerk tiefen Gewahrseins als die gleichzeitig wirkende Bedingung. Mit Hinblick auf das Herbeiführen des allwissenden Geistes eines Buddhas werden diese Positionen vertauscht; dafür ist das Netzwerk tiefen Gewahrseins die herbeiführende Ursache und das Netzwerk positiver Kraft die gleichzeitig wirkende Bedingung. Dieses Netzwerk tiefen Gewahrseins wird aufgebaut, indem wir über die sechzehn Aspekte der vier edlen Wahrheiten und insbesondere über die Leerheit meditieren. 

Ein Punkt, der besonders in Bezug auf das Netzwerk positiver Kraft verstanden werden muss, ist, dass es zu unseren Erfahrungen in Samsara, in unseren Wiedergeburten, führt, und nicht nur zu dem, was letztendlich unsere erleuchtenden Körper hervorbringen wird, also die nicht statischen Formkörper eines erleuchteten Wesens. Diese werden hervorgebracht. Wir haben dann so genannte Samsara-bildende Netzwerke und Reines-bildende Netzwerke, und wie wir gesehen haben, hängt alles von der Motivation, vom Widmen ab. Bauen wir diese Netzwerke ohne ein Ziel, ohne Motivation und ohne Widmen auf, werden sie nur unsere samsarische Existenz weiter fortsetzen. Bauen wir sie mit dem Ziel und der Widmung auf, eine bessere Wiedergeburt zu erlangen, werden sie dorthin führen. Streben wir Befreiung an und widmen sie dieser Befreiung, werden sie zu dem Zustand eines Arhats führen. Und haben wir die Absicht damit Erleuchtung zu erlangen und widmen sie der Erleuchtung, werden sie uns zur Erleuchtung führen.

Ob wir diese positive Kraft, dieses Netzwerk positiver Kraft, durch konstruktives Verhalten wie im Sutra aufbauen, ob wir sie zusätzlich zum konstruktiven Verhalten aufbauen, indem wir uns selbst in der Form einer Buddha-Gestalt visualisieren, wie wir es im Tantra tun (was sich auf alle Tantra-Klassen bezieht, also auf Tantra im Allgemeinen), oder ob wir sie zusätzlich zu diesen beiden aufbauen, indem wir unsere subtile Energie schließlich in der Form einer Buddha-Gestalt entstehen lassen (was als Illusionskörper bekannt ist), wie wir es in der höchsten Tantra-Klasse, der Anuttarayoga-Tantra-Praxis tun, ist die grundlegende Struktur dieselbe. Die positive Kraft wird, abhängig von der Absicht und der Motivation, einen samsarischen Körper, eine besseren Wiedergeburtskörper (der auch ein samsarischer Körper ist), den Körper eines Arhats oder den physischen Körper eines Buddhas hervorbringen. Daher heißt es: sich selbst in der Form einer tantrischen Gottheit ohne eine Bodhichitta-Motivation zu visualisieren, sei nur ein Grund für die Wiedergeburt als ein Geist in der Form dieser Buddha-Gestalt. Das ist eine ziemlich konkrete Aussage, die wir uns zu Herzen nehmen sollten.

Wenn wir uns als eine Buddha-Gestalt visualisieren, sollten wir natürlich ein gewisses Leerheitsverständnis dessen haben, was wir tun. Wir haben jedoch gesehen, dass nur die Bodhichitta-Motivation zum Ausführen des Gottheiten-Yoga, sogar ohne ein wirklich tiefgreifendes Verständnis der Leerheit und auch mit einem konzeptuellen Leerheitsverständnis, dennoch als Ursache dienen wird, Erleuchtung zu erlangen. Haben wir jedoch ein gewisses Leerheitsverständnis und visualisieren uns selbst in der Form dieser Gestalt ohne eine Bodhichitta-Motivation, werden wir kein Erleuchtungsbildendes Netzwerk aufbauen; diese Meditation wird trotz allem zu Samsara führen, sowie dazu, ein Geist in dieser Form zu sein. Die Bodhichitta-Motivation ist also absolut essentiell.

Es gibt einen Unterschied zwischen mühevollem und mühelosem Bodhichitta. Mit dem mühevollen Bodhichitta müssen wir darauf hinarbeiten, indem wir bestimmte Überlegungen durchgehen, wie „jeder war bereits meine Mutter“ usw. Mit dem mühelosen Bodhichitta haben wir so eine enorme Vertrautheit durch die mühevolle Phase mit Bodhichitta aufgebaut, dass wir einfach ganz automatisch diese Motivation haben, ohne alle die Schritte durchgehen zu müssen, um es aufzubauen. Wir sollten uns nichts vormachen und meinen wir hätten eine Bodhichitta-Motivation, wenn wir zu Beginn und zum Ende der Praxis einfach einen Vers rezitieren. Wir sollten also nicht denken, wir befänden uns bereits auf der mühelosen Stufe von Bodhichitta, wenn wir noch gar nicht da sind und nichts empfinden, sondern nur Worte rezitieren. Das bedeutet, dass wir wirklich daran arbeiten sollten, Bodhichitta auf der Basis von Liebe, Mitgefühl usw. zu empfinden und zu wissen, was Bodhichitta eigentlich ist. Wir richten uns auf eine Repräsentation unserer zukünftigen Erleuchtung, die noch nicht stattgefunden hat. Es geht um unsere eigene individuelle Erleuchtung; wir richten uns nicht auf die Erleuchtung von Buddha Shakyamuni, wir richten uns nicht nur auf eine allgemeine formlose Art der Erleuchtung, sondern auf unsere eigene individuelle Erleuchtung. Sie hat noch nicht stattgefunden, aber sie kann auf der Basis der Buddha-Natur stattfinden.

Die Motivation hat zudem zwei Aspekte. Die Absicht, das Ziel, ist ein Aspekt, und er besteht darin, diese Erleuchtung zu erlangen, damit sie gegenwärtig stattfindet und durch diese Buddhaschaft allen Wesen geholfen werden kann. Die Emotion, die uns antreibt dieses Ziel zu erlangen, ist Liebe und Mitgefühl – der Wunsch, alle mögen glücklich sein und die Ursachen des Glücks besitzen, alle mögen frei von Leiden und den Ursachen des Leidens sein – sowie der außergewöhnliche Entschluss, die Verantwortung zu übernehmen, alle zur Befreiung und Erleuchtung zu führen, auch wenn wir es selbst tun müssen: das ist Bodhichitta. Es ist wichtig zu wissen, was es ist, damit wir darauf hinarbeiten können, es tatsächlich zu empfinden, diesen Geisteszustand zu haben, um vor unserer Tantra-Praxis wirklich diese Absicht zu haben und danach diese Widmung auszuführen, damit die positive Kraft, die wir aufbauen, auch zu unserem Erlangen der Erleuchtung beiträgt, und nicht nur dazu, ein Geist in der Form dieser Gottheit zu werden. Das kann nicht genug betont werden. 

Bitte nehmt euch eine Minute Zeit, um das einwirken zu lassen und versucht, wenn ihr euch bereits mit der Tantra-Praxis befasst, die starke Absicht zu fassen, dass diese tägliche Praxis des Gottheiten-Yoga, des Tantra, des Visualisierens von uns selbst in der Form dieser Figur eingebettet sein wird in... auf unserer Ebene wird es mühevolles Bodhichitta sein müssen, das wir aufbauen, damit wir es tatsächlich empfinden. Wenn wir nicht an diesem Punkt sind, an dem wir wirklich beginnen, ein wenig Bodhichitta zu empfinden, sind wir leider noch nicht bereit für die Tantra-Praxis. Es ist gefährlich, weil es dann eine Ursache dafür sein kann, als ein Geist in dieser Form wiedergeboren zu werden. Haben wir uns bereits vorzeitig mit der Tantra-Praxis befasst, sollten wir zumindest die Schritte des Erzeugens von Bodhichitta durchgehen, auch wenn wir nicht sehr viel dabei empfinden und nicht wirklich ernsthaft dabei sind. Wir sollten nicht meinen, echtes Bodhichitta wäre so einfach zu erzeugen, denn das ist es nicht. Wenn wir uns gedanklich darauf beziehen „alle Wesen“ – also unzählig viele Wesen – „zur Erleuchtung zu führen, indem wir alle als gleichwertig betrachten“, ist es nicht gerade leicht, es wirklich ernst zu meinen, besonders wenn wir an diese bedauernswerten Wesen denken, die gerade die Form von Kakerlaken und Mücken angenommen haben. Nehmt euch einen Moment Zeit, das einwirken zu lassen und legt die Absicht fest.

Haben wir uns in unserer Sutra-Praxis bereits viel in Bodhichitta-Meditation geübt, sind wir ziemlich vertraut mit dem Erzeugen von Bodhichitta auf diese mühevolle Weise. Das ist der ganze Punkt der Meditation: eine nützliche Gewohnheit zu schaffen, indem wir etwas wiederholen, sodass der Geisteszustand, den wir mit der Motivation hervorbringen wollen, mühelos wird und einfach automatisch entsteht. Das ist die ganze Idee bei der Meditation. Haben wir uns in unserer Sutra-Praxis bereits viel mit Bodhichitta-Meditation befasst, bevor wir uns auf Tantra einlassen, müssen wir vor unserer täglichen Tantra-Praxis nur schnell all die Schritte durchgehen, um diese Motivation zu empfinden, denn wir haben uns bereits genug damit vertraut gemacht. Sind wir dazu nicht in der Lage und können uns nicht einmal daran erinnern, welches die Schritte sind, müssen wir wirklich zurückkehren und uns eingehend mit Bodhichitta-Meditation befassen, indem wir uns schrittweise mit ihr vertraut machen.

Tantra-Praxis ist äußerst fortgeschritten und leider befassen sich viele Leute zu früh mit ihr. Doch auch wenn wir uns bereits vorzeitig damit befasst haben, bedeutet das nicht, dass wir all die notwendigen Schritte überspringen und nur diesen kleinen Sadhana des Tantra ausführen können. Das wäre ein großer Fehler. Versucht euch das einzuprägen: „Wenn ich das ohne Bodhichitta praktiziere, baue ich nur die Ursachen dafür auf, als ein Geist in der Form dieser Gottheit wiedergeboren zu werden.“ Nehmt das bitte ernst und versucht es euch einen Moment lang einzuprägen, denn ansonsten ist unsere Tantra-Praxis eine Ursache für Leiden und keine Ursache für Glück und Erleuchtung.

Karma und das Aufbauen des Netzwerkes positiver Kraft  

Sehen wir uns das Netzwerk positiver Kraft etwas eingehender an. Es wird durch konstruktives Verhalten aufgebaut und wenn es mit Bodhichitta gewidmet wird, ist es eine Ursache zum Erlangen der Formkörper eines Buddhas. Das konstruktive Verhalten, das wir momentan haben, hat mit Karma zu tun, wenn es Samsara-bildend ist. Haben wir eine Art des physischen, verbalen oder geistigen Verhaltens, hinterlässt es eine Nachwirkung, die Teil unseres Geisteskontinuums wird. Es gibt eine bestimmte karmische Kraft. Ich werde hier nicht auf all die verschiedenen Interpretationen und Erklärungen dazu eingehen, doch einfach ausgedrückt handelt es sich dabei um eine Art der karmischen Kraft und der karmischen Tendenz.

Ist unser Verhalten, unser Handeln, vermischt mit dem mangelnden Gewahrsein gegenüber der Realität, jedoch nicht motiviert oder vermischt mit anderen störenden Emotionen, sondern vielmehr motiviert durch eine eher positive Emotion – wie Liebe, Mitgefühl usw. – ist diese karmische Kraft eine positive karmische Kraft, ein so genanntes „Verdienst“, und führt zu einer besseren Wiedergeburt.

Wird diese Handlung nicht nur mit mangelndem Gewahrsein gegenüber der Realität aufgebaut, sondern auch mit mangelndem Gewahrsein gegenüber Ursache und Wirkung – wir erkennen nicht, dass unsere Taten Leiden hervorrufen – und wird diese Handlung auch von einer störenden Emotion begleitet (einer weiteren störenden Emotion neben dem mangelnden Gewahrsein, also Verlangen oder Anhaftung, Wut, Eifersucht, Stolz usw.), führen wir die Struktur einer destruktiven Handlung aus; wir tun etwas Destruktives. Das schafft die negative karmische Kraft und führt zu einem schlechten Wiedergeburtszustand.

Wir haben sozusagen diesen karmischen Mechanismus, indem wir positive oder negative Kraft, positive oder negative Tendenzen schaffen. Es besteht ein kleiner Unterschied zwischen der karmischen Kraft und den Tendenzen, aber ich werde hier nicht weiter auf die technischen Details eingehen. Sie unterscheiden sich jedoch ein wenig.

Das Heranreifen des Samsara-bildenden Netzwerks positiver Kraft  

Sehen wir uns das Resultat dieses Samsara-bildenden Netzwerks positiver Kraft an und erweitern unsere Diskussion auch auf ein Netzwerk negativer Kraft, sind dies die Resultate, die daraus folgen. Ich werde sie hier auflisten:

Gereifte Resultate

Zunächst haben wir ein gereiftes Resultat (tib. rnam-smin-gyi ’bras-bu). Es bezieht sich auf unsere befleckten Aggregate (tib. zag-bcas kyi phung-po) mit denen wir geboren werden. Zu dem Wort „befleckt“ (tib. zag-bcas) gibt es mehrere verschiedene Interpretationen der Bedeutung. Gebrauchen wir die ganz allgemeine Definition, bedeutet es, dass es durch das mangelnde Gewahrsein gegenüber der Realität herbeigeführt wird und mit diesem mangelnden Gewahrsein vermischt ist. Das bezieht sich auf die fünf Aggregat-Faktoren, die jeden Augenblick unserer Erfahrung ausmachen:

  • Die Aggregate der Formen physischer Phänomene (tib. gzugs-kyi phung-po, Skt. rupa-skandha), was sich auf die Art des Körpers bezieht, mit dem wir geboren werden – den Körper eines Menschen, den Körper einer Kakerlake, den Körper eines Hundes, den Körper eines Geistes, oder auch einen vollkommenen Körper, einen missgebildeten Körper, einen blinden Körper usw. 
  • Dann haben wir das Aggregat der Empfindungen (tib. tshor-ba’i phung-po, Skt. vedana-skandha), was sich auf die Gefühle, des Glücklichseins, des Unglücklichsein oder etwas dazwischen in diesem Spektrum bezieht. Obgleich die Darstellung dieser Resultate normalerweise in Bezug darauf angeführt wird, mit was wir geboren werden, kann es sich auch darauf beziehen, was wir jeden Moment erfahren. In jedem Moment fühlen wir uns glücklich, unglücklich etc. Womit wir geboren werden ist im Grunde ein bestimmtes Spektrum oder ein Bereich des Glücklichseins oder Unglücklichseins, den unsere physische Grundlage tragen kann. Sind die Schmerzen, das Leid, das Unglücklichsein zu groß, wird unser Körper dann beispielsweise ohnmächtig. Im höllischen Bereich wären wir dann in der Lage, weit größere Ebenen des Unglücklichseins, des Leidens, zu erfahren, ohne ohnmächtig zu werden. Das ist der Unterschied. Es hängt von unserer physischen Basis ab, wie viel Unglücklichsein und Glücklichsein wir in diesem Spektrum erfahren und ertragen können. 
  • Das Aggregat des auseinanderhaltenden Gewahrseins (tib. ’du-shes-kyi phung-po, Skt. samjna-skandha), was manchmal auch als Erkennen bezeichnet wird, hat damit zu tun, was etwas innerhalb eines Feldes, eines kognitiven Feldes – unseres Blickfeldes, unseres Hörbereiches usw. – ist und was wir innerhalb dieses Feldes erkennen können. Das hängt natürlich von der physischen Grundlage ab, ob wir bessere Augen oder bessere Ohren haben und mehr erkennen oder hören können. Jemand der farbenblind ist, kann keine Farben auseinanderhalten, sondern nur verschiedene Grautöne wahrnehmen, wohingegen jemand, der nicht farbenblind ist, alle Arten der Farben erkennen kann. Das ist nur ein Beispiel dafür, worum es hier geht. 
  • Als nächstes haben wir das Aggregat der anderen beeinflussenden Variablen (tib. ’du-byed-kyi phung-po, Skt. samskara-skandha). Hier muss erwähnt werden, dass diese gereiften Resultate alle unspezifische Phänomene (tib. lung ma-bstan, Skt. avyakrta) sind. Buddha hat sie nicht als konstruktiv (tib. dge-ba, Skt. kushala) oder destruktiv (tib. mi-dge-ba, Skt. akushala) spezifiziert; sie sind also ethisch neutral und können für konstruktive und destruktive Zwecke benutzt werden. Dazu würden wir keine Dinge zählen, wie das Maß an instinktivem Mitgefühl, Wut oder ähnlichem; solche Dinge sind auf die Tendenzen von Wut oder Mitgefühl in früheren Leben zurückzuführen, was bewirkt, auch in zukünftigen Leben so zu sein. Hier geht es um die unspezifischen anderen beeinflussenden Variablen, wie beispielsweise die Intelligenz. Dinge, wie Intelligenz, Konzentration und ähnliche neutrale Dinge können für positive oder negative Zwecke genutzt werden. 
  • Dann haben wir das Bewusstseinsaggregat (tib. rnam-shes-kyi phung-po, Skt. vijnana-skandha). Hierbei geht es im Sinne eines gereiften Resultats darum, wie viele Arten des Sinnesbewusstseins wir beispielsweise haben. Im Bereich der Begierde verfügen die Götter zum Beispiel nicht über Geruchs- und Geschmacksbewusstsein. Vielleicht bezieht sich das auf die Formgötter, was mich etwas verwirrt. Wie dem auch sei, manche Götter besitzen keinen Geruch und Geschmack. Im Bereich der Form, wenn wir uns in immer höhere Ebenen bewegen, fehlen bestimmte Arten von Empfindungen und wir verlieren gewisse Arten des Sinnesbewusstseins. Entschuldigung, aber das muss ich nachschlagen. [Tatsächlich geht es hier um die Götter des Bereichs der Form – die Ebene der ätherischen Formen – die kein Geruchs- und Geschmacksbewusstsein haben.] 

Das sind die gereiften Resultate in Bezug auf unseren Wiedergeburtszustand und im weiteren Sinne können wir es auch darauf beziehen, was wir von einem Augenblick zum nächsten erfahren. Vielleicht werden wir später in unserem Leben blind, was auch ein gereiftes Resultat ist, oder verlieren einen Arm, womit unser Körper nicht mehr vollständig ist.

Resultate, die ihrer Ursache entsprechen

Dann haben wir Resultate, die ihrer Ursache bezüglich unseres Verhaltens (tib. byed-pa rgyu-mthun-gyi ’bras-bu) und bezüglich unserer Erfahrung (myong-ba rgyu-mthun-gyi ’bras-bu) ähneln. Wir haben Impulse oder Dränge, die hochkommen, dasselbe Verhalten wie in der Vergangenheit zu haben. Wir haben eine starke Tendenz geschaffen zu schreien, wenn wir wütend werden und dann kommt dieser Drang hoch, der Impuls ist da – worauf sich im Grunde Karma bezieht – wieder zu schreien und wir setzen es in die Tat um. Das ist ein Resultat, das seiner Ursache in unserem Verhalten entspricht, und ein Resultat, das einer Ursache in unserer Erfahrung entspricht, bezieht sich auf diesen Drang, in diese Situation zu kommen, in der uns etwas ähnliches wie das passiert, was jemand uns in der Vergangenheit angetan hat. Normalerweise passiert das völlig unbewusst.

Ich muss das, was ich gerade gesagt habe, relativieren, denn jetzt erinnere ich mich an ein Prinzip, dass Karma nie aus Karma heranreift. Was hier also reift, ist unser Gefallen daran zu schreien. Der Ursache entspricht, dass wir gern schreien, dass wir den Wunsch haben zu schreien; wir tun es gern. Dann kommt Karma mit ins Spiel, der Drang zu schreien. Wir schreien gern, so wie wir auch gern Fliegen und Mücken töten oder an einer bestimmten Art unangemessenen sexuellen Verhaltens Gefallen finden. Was auch immer es sein mag, wir tun es gern. Abhängig von verschiedenen Bedingungen und Umständen kommt dann der Drang hoch, auf der Grundlage dieses Gefallens den Wunsch in die Tat umzusetzen. Das ist eine genauere Beschreibung, wie Karma funktioniert, wie es heranreift.

Wir mögen bestimmte Leute, ganz instinktiv mögen wir diese oder jene Person, die uns ständig anschreit. Das bedeutet es also, in eine Situation zu kommen, in denen uns Dinge im Gegenzug passieren. Wir haben eine gewisse karmische Anziehung gegenüber Menschen, die uns anschreien und beschimpfen, wir lassen uns auf sie ein und dann erfahren wir, wie sie uns anschreien. Das ist doch scheußlich, oder? Wir haben gegenüber anderen spaltende, entzweiende Worte benutzt und infolgedessen fühlen wir uns von Menschen angezogen, lassen uns auf sie ein und verlieben uns in sie, doch sie verlassen uns, ziehen in eine andere Stadt, lassen sich von uns scheiden oder was auch immer. Das ist die Art der Person, die wir mögen, und wir sind uns nicht einmal darüber bewusst. Wir verlieben uns ständig in den Falschen, furchtbar.

Dominierende Resultate

Die dritte Art des Resultats wird dann als dominierendes Resultat (tib. bdag-’bras) bezeichnet. Das ist die Art der Gesellschaft oder Umgebung, in die wir hineingeboren werden oder mit der wir es während unseres Lebens zu tun haben, die Weise, wie wir behandelt werden oder wie man mit unserem Besitz umgeht. So werden wir an einem Ort geboren oder ziehen an einen Ort, an dem Krieg herrscht, wo es Armut gibt, wo die Menschen aggressiv uns gegenüber sind oder uns und unseren Besitz auf eine bestimmte Weise behandeln.

Versucht euch das einzuprägen: gereifte Resultate. Es gibt befleckte Aggregate – unseren Körper, Empfindungen von Glücklichsein, Unglücklichsein usw., sowie Intelligenz – was wir gern tun, und wie unsere Umgebung ist, wie man uns behandelt. Lass das einen Moment einwirken. Es könnte ein wunderbarer Zustand sein (positive karmische Kraft) oder ein furchtbarer Zustand (negative karmische Kraft) und offensichtlich ist es vermischt, da wir eine Menge unterschiedliches Karma, unterschiedliche karmische Tendenzen und Kräfte angesammelt haben. Auf diese Weise reift ein Samsara-bildendes Netzwerk positiver Kraft oder negativer Kraft heran.

Tantra und das Reifen des Reines-bildenden Netzwerks positiver Kraft  

Wie steht es mit reinen Netzwerken? Wir werden sehen, dass es hier eine vergleichbare Struktur gibt, wie Karma heranreift. Ich denke, es ist wichtig die Parallele zwischen dem zu erkennen, was als Samsara und Nirvana bezeichnet wird, und dass es im Wesentlichen um einen bestimmten Mechanismus geht, der in die eine Richtung (Samsara) oder eine andere Richtung (Nirvana) gelenkt werden kann, wobei sich Nirvana entweder auf Befreiung oder Erleuchtung bezieht. Das ist elementar, um die Theorie von Tantra zu verstehen. Wir reden über die grundsätzlichen Mechanismen des Lebens und das Verständnis deren Wirkungsweise. Es geht darum zu wissen, wie man eingreift und sie so einstellt, damit sie eine Nirvana-Existenz anstatt einer Samsara-Existenz hervorbringen.

Im allgemeinen Tantra greifen wir in das System ein, regulieren es und stellen es bezüglich dieses ganzen Reifens der karmischen Phänomene, des Reifens positiver und negativer Kraft, ein, indem wir, wie gesagt, Bodhichitta einsetzen.

Zusätzlich zum Einstellen des Mechanismus des Heranreifens der Netzwerke positiver Kraft und tiefen Gewahrseins beschäftigen wir uns in der höchsten Tantra-Klasse auch mit dem Mechanismus von Tod, Bardo und Wiedergeburt. Wenn sich unser Bewusstsein zurückzieht, immer subtiler wird, die Ebene klaren Lichts erreicht, einen subtilen Körper im Bardo und dann einen groben Körper mit der Wiedergeburt hervorbringt, gehen wir stattdessen in der Meditation noch tiefer zum Geist klaren Lichts, auf die subtilste Ebene. Sind wir geübt in dieser Meditation, können wir sie auch zum Zeitpunkt des Todes ausführen, wenn wir sie während unseres Lebens nicht zur Vollendung gebracht haben. Indem wir diesen gleichen Mechanismus nutzen, bringen wir anstatt eines subtilen Bardo-Körpers und eines groben, samsarischen Wiedergeburtskörpers einen subtilen Sambhogakaya-Körper und einen groben Nirmanakaya-Körper hervor. Zusätzlich zum Bodhichitta gibt es mit dem Nutzen verschiedener Methoden im Anuttarayoga-Tantra für die Meditation, die uns quasi zum Geist des klaren Lichts bringt, diverse andere Methoden, die dafür genutzt werden. Wir können mit den Energiesystemen (dem Wind-Yoga) arbeiten, mit den Ebenen glückseligen Gewahrseins (tib. bde-ba, Skt. sukha), sowie auch mit Dzogchen-Methoden, die alle dasselbe für den gleichen Zweck bewirken. Wir wollen also das System anpassen, eingreifen und es einstellen, eine Einstellung vornehmen.

Was reine Netzwerke positiver Kraft betrifft, werden wir uns hier nur mit den Erleuchtungsbildenden befassen, um es einfacher zu machen, anstatt auch über die Befreiungsbildenden zu sprechen und darüber, was geschieht, wenn man ein Arhat wird. Wie mit gereiften Resultaten des Karma, haben wir mit dem Erlangen der Erleuchtung etwas, das ein wenig anders, aber vergleichbar damit ist. Der Unterschied liegt darin, dass gereifte Resultate im Sinne von Samsara unspezifische Phänomene, jedoch in einem erleuchteten Zustand konstruktive Phänomene (also fachlich ausgedrückt kein gereiftes Resultat) sind.

Ähnlich wie mit einem gereiften Resultat erlangen wir Formkörper. Anstatt eines samsarischen Körpers bekommen wir durch diese mit Bodhichitta aufgebaute positive Kraft die Formkörper eines Buddhas. Sie haben 32 herausragende Zeichen und 80 vorzügliche Merkmale. Es gibt also diese verschiedenen Merkmale und wir können hier auch die Rede mit hinzunehmen, also 64 Qualitäten der Rede eines Buddhas. In ähnlicher Weise verfügen wir über diesen erleuchteten Körper und die erleuchtete Rede.

Ähnlich wie beim samsarischen Gefühl von Glücklichsein oder Unglücklichsein haben wir die unbefleckte Glückseligkeit eines Buddhas. Sie endet nie – im Gegensatz zu unserem gewöhnlichen Glücklichsein – wird niemals weniger, ist nie unbefriedigend, nichts davon. Sie ist auch nicht mit Unwissenheit vermischt.

In Sutra-Methoden bauen wir die Ursachen dafür – Körper und Gefühle des Glücklichseins oder Unglücklichseins – durch konstruktives Verhalten auf. Die 32 Zeichen eines Buddhas deuten beispielsweise auf diese Ursachen hin. So hat ein Buddha eine lange Zunge, was ein Hinweis darauf ist, dass ein Bodhisattva sich mit Liebe, Mitgefühl und Zuneigung um andere kümmert, wie sich eine Mutter im Tierbereich um ihre Jungen kümmert, indem sie sie ableckt. Ein Anzeichen für diese Art der Zuneigung ist also die lange Zunge des Buddha. Genauso gibt es Beschreibungen für all diese verschiedenen Merkmale eines Buddhas. Im Sutra üben wir uns in konstruktivem Verhalten und der Körper, den wir damit erlangen, wird das widerspiegeln. Wozu reift konstruktives Verhalten heran? Es reift zu Glück heran. Wie ein Buddha werden wir Glück, unbefleckte Glückseligkeit, erfahren. Konstruktives Verhalten, Bodhichitta-Meditation, all diese Dinge gehören zur Seite der Methode.

Im Allgemeinen ist Tantra als das Ergebnisfahrzeug bekannt. Zusätzlich zum konstruktiven Verhalten – und Mitgefühl, Bodhichitta-Meditation usw. – praktizieren wir nun etwas, was dem Resultat ähnelt, welches wir erlangen werden, um es schneller herbeizuführen. Es ist wie im Theater. Dort gibt es eine Generalprobe, die gemacht wird, bevor die Aufführung vor dem Publikum beginnt. Man geht das gesamte Stück mit allen Kostümen und dem Drumherum als letzten Schritt der Vorbereitung durch, als wäre es die eigentliche Aufführung. Im Deutschen nennt man das Generalprobe und Tantra lässt sich damit vergleichen. Wir stellen uns vor, wir hätten bereits die Form eines Buddhas; wir visualisieren uns selbst in dieser Form einer Buddha-Gestalt. In der höchsten Tantra-Klasse, dem Anuttarayoga, stellen wir uns auch vor, wir hätten glückseliges Gewahrsein, wie die unbefleckte Glückseligkeit eines Buddhas.

Könnt ihr die Struktur, die Parallele hier erkennen? Konstruktives Verhalten führt auf der samsarischen Ebene zu einem samsarischen Körper und samsarischen Glück, und wenn diese positive Kraft Erleuchtungsbildend ist, wird sie die Buddha-Form eines Buddhas und unbeflecktes Glück hervorrufen. Wir praktizieren nicht nur konstruktives Verhalten, sondern stellen uns auch vor, diesen Körper zu haben, der entstehen wird, den Buddhakörper, einen Formkörper, sowie unbefleckte Glückseligkeit, die es auf der resultierenden Ebene gibt. Könnt ihr dem folgen? Parallel zu den Resultaten, die ihrer Ursache ähneln, handeln wir normalerweise auf diese oder jene Weise, was zu Handlungen auf einer samsarischen Ebene führt, doch stattdessen haben wir dann die erleuchtende Aktivität eines Buddhas, Handlungen, die ein Buddha ausführt, um allen zu helfen.

Es geht um dominierende Resultate. Anstelle der Umgebung und der Weise, wie wir von der Gesellschaft, in die wir hineingeboren, behandelt werden, ist es auf der erleuchteten Stufe ein Buddhafeld und wir befinden uns in einem Mandala, zusammen mit allen Bodhisattvas.

Erkennt ihr die vergleichbare Struktur? Ich denke, dies zu verstehen ist ziemlich hilfreich. Lasst uns darüber nachdenken und lasst es uns verinnerlichen.

Das Netzwerk tiefen Gewahrseins  

Was dann das Netzwerk tiefen Gewahrseins betrifft, verhält es sich folgendermaßen: Wenn wir die vier edlen Wahrheiten und Leerheit studieren, alle sechzehn Aspekte dieser vier edlen Wahrheiten, sowie all die Texte über Leerheit kennen, jedoch keine Bodhichitta-Motivation haben, wird das nur dazu führen, Wissen darüber zu haben. Wir könnten ein Professor werden und anderen Wissen darüber vermitteln, was nichts anderes ist, als wenn wir ihnen wissenschaftliche Erkenntnisse über die verschiedenen Arten von Insekten geben. Bauen wir es jedoch mit einer Bodhichitta-Motivation auf, kann es zum allwissenden Geist eines Buddhas, diesem so genannten Dharmakaya des tiefen Gewahrseins, führen, mit dem all das benutzt wird, um Menschen zu helfen, und nicht nur Menschen, sondern allen Wesen. Hier haben wir etwas, das man mit dem vergleichen kann, worüber wir zuvor mit dem Netzwerk positiver Kraft gesprochen haben.

Sadhana-Praxis  

Wenn wir Tantra praktizieren, führen wir für gewöhnlich eine Sadhana-Praxis (tib. sgrub-thabs) aus. Sadhana ist ein Sanskrit-Wort, dessen Bedeutung eine Methode ist, um sich selbst als ein Buddha zu verwirklichen, sich selbst zu einem tatsächlichen Buddha zu machen, es wirklich zu tun, indem man sich vorstellt, bereits ein Buddha zu sein. Alles wird natürlich innerhalb des Bodhichitta-Rahmens ausgeführt. Zu Beginn müssen wir unbedingt, als Teil des Sadhana, die Bodhichitta-Motivation erzeugen und am Ende muss es unbedingt eine Widmung geben. Bekommen wir einen Text, in dem diese beiden Aspekte fehlen, müssen sie hinzugefügt werden. Ob wir sie mit tatsächlichen niedergeschriebenen Worten hinzufügen, die wir rezitieren, oder sie einfach in unserem Kopf machen, ist egal, aber sie müssen da sein, wie wir in unserer ganzen Diskussion gesehen haben. Denn wir visualisieren uns selbst ja als diese Buddha-Gestalt, die unsere noch nicht erlangte Erleuchtung repräsentiert, die wir anstreben und auf die wir uns mit Bodhichitta fokussieren. Natürlich muss die Praxis mit Bodhichitta ausgeführt werden, denn was tun wir denn sonst? Es handelt sich dabei um eine wunderbare Methode, uns Bodhichitta zu vergegenwärtigen, nicht nur um eine willkürliche Übung im Visualisieren, als würden wir uns einen schönen Strand im Sonnenuntergang vorstellen, um uns zu entspannen.

Dann ist es notwendig, ein Leerheitsverständnis zu haben. Es beginnt mit einer der Visualisierungen und wird während den gesamten Visualisierungen beibehalten. Dabei geht es um die Leerheit unserer gewöhnlichen Form, die wir dann auflösen und um die Leerheit dieser Buddha-Gestalt, mit der wir uns vorstellen, bereits den Körper eines Buddhas zu haben. Wir stellen uns vor, unsere Rede wäre wie die Rede eines Buddhas und so rezitieren wir Mantras. Wir stellen uns vor, wie Licht von uns ausstrahlt und allen Wesen zugute kommt. Wir praktizieren die Art der Aktivität eines Buddhas und stellen uns vor, unsere Umgebung wäre ein Mandala, ein Buddhafeld. Das Mandala ist der Palast, in dem wir uns befinden, und das Buddhafeld umfasst den Palast und die gesamte Umgebung. Wir stellen uns im Anuttarayoga-Tantra vor, glückseliges Gewahrsein, glückseliges Gewahrsein der Leerheit, zu besitzen, während wir uns selbst als diese Buddha-Gestalt visualisieren.

Im allgemeinen Tantra können wir nicht nur ein Verständnis der Leerheit haben; dieser Geist, mit dem wir Leerheit verstehen, muss eine physische Grundlage haben und diese physische Grundlage ist die Form eines Buddhas, die wir visualisieren. Wenn wir Instruktionen bekommen, wie: „der Geist, der Leerheit versteht, nimmt nun die Form einer Buddha-Gestalt an“, sollten wir verstehen, was das bedeutet. Es bedeutet nicht wörtlich, dass der Geist zu einer Form wird, sondern dass die physische Grundlage für diesen Geist die Form einer Buddha-Gestalt annimmt.

Im Anuttarayoga-Tantra erzeugen wir dann – auf wirklich äußerst fortgeschrittenen Ebenen – die subtile Energie des Körpers in der Form dieser Buddha-Gestalt; man nennt sie Illusionskörper (tib. sgyu-lus). Es gibt viele verschiedene Tantras und viele Varianten davon, wenn wir mit dem Körper auf dieser Vollendungsstufe arbeiten. Der Illusionskörper ist wahrscheinlich die am weitesten verbreitete Form. Wir haben auch Dinge wie den Lichtkörper (tib. ’od-lus), den Regenbogenkörper (tib. ’ja’-lus), die leere Form (tib. stong-gzugs) und so weiter. Es gibt eine ganze Reihe verschiedener Arten von Körpern, die insbesondere in dieser Anuttarayoga- oder Dzogchen-Klasse hervorgebracht werden.

Zusätzlich zum konstruktiven Verhalten, in dem wir uns ständig üben, und unserer gewöhnlichen Meditation über die vier Wahrheiten und Leerheit mit der Bodhichitta-Motivation (also in unserer Sutra-Praxis), stellen wir uns im Tantra nun vor, dass wir, wie in einer Generalprobe, bereits erfahren, was sich aus dieser positiven Kraft und dem tiefen Gewahrsein, diesen Netzwerken, ergibt, wenn sie Erleuchtungsbildend sind. Wir führen die Praxis als eine Methode aus, um schneller ans Ziel zu gelangen. Ähnlich dem, was sich aus einem Erleuchtungsbildenden Netzwerk positiver Kraft ergibt, stellen wir uns vor, den Körper einer Gottheit, den Körper eines Buddhas zu haben. Mit Mantras haben wir die Rede eines Buddhas, mit dem Aussenden oder Ausstrahlen von Lichtern zum Wohle aller haben wir die Aktivität eines Buddhas, mit dem reinen Land, dem Mandala, haben wir die Umgebung eines Buddhas, und mit dem glückseligen Gewahrsein haben wir die Ebene des Glücklichseins eines Buddhas. 

Ähnlich dem, was sich aus diesem Netzwerk tiefen Gewahrseins ergibt, haben wir das volle Leerheitsverständnis, den allwissenden Geist, nicht nur der Leerheit (was die tiefste Wahrheit ist), sondern all der verschiedenen Aspekte der vier edlen Wahrheiten (was ganz allgemein alle konventionelle Wahrheit umfasst; tatsächlich handelt es sich dabei um die erste, zweite und vierte edle Wahrheit, bei denen es um konventionelle Wahrheit geht; die dritte, die wahren Beendigungen, gehört zur tiefsten Wahrheit). Das ist es, was wir im Tantra tun. Es ist die vollständigste Entwicklung unserer Faktoren der Buddha-Natur. Hieraus können wir meines Erachtens ersehen, wie sie in Bezug auf das Arbeiten mit der Buddha-Natur entwickelt werden. Die Faktoren der Buddha-Natur befähigen uns, entweder allein durch Sutra-Methoden oder durch eine Kombination von Sutra- und Tantra-Methoden Buddhaschaft zu erlangen.

Vielen Dank.

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