(1) Im Kontext der fünf Arten von tiefem Gewahrsein handelt es sich um eine Art Hauptgewahrsein, das alle Lebewesen als Bestandteil ihrer Buddha-Natur besitzen. Es ist insofern „tief“, als es eine grundsätzliche Funktionsweise des Geistes ist und immer vorhanden war, seit jeher, ohne Anfang und Ende. (2) Wenn der Begriff dem „unterscheidenden Gewahrsein“ (tib. shes rab, Skt. prajñā) gegenübergestellt wird, wie er in Systemen benutzt wird, die nicht zum Gelug gehören, handelt es sich um das Hauptgewahrsein, das auf nicht-begriffliche Weise die tiefste Wahrheit von etwas jenseits aller Worte und Konzepte erkennt (nämlich die Untrennbarkeit von Leerheit und Erscheinung). (3) Wenn es im Kontext der zehn weitreichenden Geisteshaltungen des Mahayana (Vollkommenheiten, Skt. pāramitā) dem „unterscheidenden Gewahrsein“ gegenübergestellt wird, handelt es sich um das besondere unterscheidende Gewahrsein, mit dem man die definierenden Eigenschaften aller Phänomene als Leerheit völlig im Geist verankert. Auf diese Weise erlangen Bodhisattvas gleichzeitiges und ebenbürtiges Gewahrsein der zwei Wahrheiten in Bezug auf alles. (4) Im Zusammenhang mit der nicht-begrifflichen Wahrnehmung der Leerheit durch einen Arya ist das „tiefe Gewahrsein“ - gemäß der Verwendung des Begriffs in der Gelug-Tradition - entweder das Hauptgewahrsein, das in völliger meditativer Vertiefung explizit und nicht-begrifflich die Leerheit (die tiefste Wahrheit) wahrnimmt, oder das Hauptgewahrsein, das in der Phase der nachfolgenden Erlangung die Leerheit implizit und nicht-begrifflich wahrnimmt. (5) Im Kontext des Karma-Kagyü-Systems des spezifischen Gewahrseins/tiefen Gewahrseins (tib. rnam-shes ye-shes) handelt es sich um den leeren Raum, untrennbar von Gewahrsein, dessen reflexiver Strahlenglanz die Quelle aller Erscheinungen von Nirvana und Samsara ist.
Tibetisch: ཡེ་ཤེས། ye-shes
Sanskrit: jñāna
Pali: ñāṇa
J. Hopkins: Exalted wisdom; Wisdom; Pristine wisdom
Synonyme: Gnosis
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