Tod, Karma und die Unzulänglichkeit von Samsara

Allgemeine Einführung und Wiederholung

Die verschiedenen vom Buddha abstammenden tibetischen Traditionen – die Kadam, Sakya, Kagyü und Nyingma – folgen alle einer Darstellung der Methoden zum Schulen unserer Geisteshaltungen, die sich von einer gemeinsamen Quelle herleitet. Bei dieser handelt es sich um Shantidevas Text „Eintritt in das Verhalten eines Bodhisattvas“. Shantidevas Darstellung umfasst ihrerseits alle Punkte, die sich in den Lam-rim-Lehren des gestuften Pfades finden. „Gestufter Pfad“ bedeutet alle gestuften Ebenen von Pfadgeist, die zur Erleuchtung führen. In diesen gestuften Pfaden gibt es nichts, was nicht als Geistestraining betrachtet werden könnte. Und doch beziehen sich die spezifischen Punkte, die wir (hier) besprechen, auf eine bestimmte Übertragungslinie der Lehren, die „Lojong“ bzw. „Geistestraining“ oder „Schulung der Geisteshaltungen“ heißt. Sie sind im Text „Geistestraining in Sieben Punkten“ von Geshe Chekawa dargestellt worden sowie in einem Kommentar namens „Die Sonnenstrahlen“ von Namkapal, einem Schüler Tsongkhapas.

Die sieben Punkte zur Schulung der Geisteshaltungen sind:

  • die vorbereitenden Übungen
  • die Methode, um sich in den zwei Bodhichittas zu üben
  • die Umwandlung widriger Umstände in einen Pfad zur Erleuchtung
  • die verdichtete Praxis in einem Leben
  • Ermessen, inwieweit wir uns geschult haben
  • die Übungen für enge Bindung mit dem Geistestraining
  • die  Punkte für das Geistestraining, das es zu üben gilt.

Tod und Unbeständigkeit

Wir haben jetzt alle die Arbeitsgrundlage eines kostbaren menschlichen Körpers verwirklicht und wünschen uns nun alle, glücklich zu sein; niemand von uns wünscht sich, irgendwie zu leiden oder Probleme zu haben. Das Glück, das wir uns wünschen fällt nicht vom Himmel – es entsteht aus Ursachen. Wir müssen also sehr eingehend über die Ursachen nachdenken, die dazu führen, dass wir glücklich werden und die unsere Probleme eliminieren. Um dem spirituellen Pfad folgen zu können müssen wir die kostbare menschliche Widergeburt nutzen, die wir haben. Natürlich müssen wir Geld verdienen um zu leben und die verschiedenen Dinge tun, die für unser alltägliches Leben notwendig sind. Doch wir können den Schwerpunkt nicht auf das Geldverdienen und das Ansammeln materieller Güter setzen. Ferner sind Geld und materielle Güter nicht die einzige Ursache dafür glücklich zu sein. Nicht jeder, der reich ist, ist glücklich. Wenn wir wissen, dass es viele reiche Menschen mit viel materiellen Besitz gibt, die unglücklich sind und psychisch sehr leiden, dann können wir nicht (mehr) sagen, dass materielle Besitz die einzige Ursache für Glück ist.

Damit unser Glücklichsein entstehen kann, muss es eine vorangehende Ursache (dafür) geben. Glücklichsein hängt vor allem von unserem Geisteszustand ab. Wenn der Geist einer Person glücklich ist, dann können die äußeren Umstände gut oder schlecht sein, aber die Person ist weiterhin glücklich. Wenn jemand grundsätzlich eine glückliche Person ist, jemand, der höflich ist und an die anderen denkt – ein kultivierter, guter Typ von Mensch – dann macht es keinen Unterschied, ob er an eine Religion oder an den Dharma glaubt oder nicht. Wenn wir kultiviert und freundlich anderen gegenüber sind, bauen wir auf jeden Fall positive Kraft (Verdienst) auf. Wenn wir darüber hinaus auch noch studieren und praktizieren würden, uns in den verschiedenen Methoden des Dharmas schulen würden, dann würde daraus, dass wir eine gütige und hilfsbereite Person sind, sogar noch einen größeren Nutzen und ein größerer Aufbau an positiver Kraft (entstehen). Das wird (dann) nicht nur diesem Leben, sondern auch den zukünftigen Leben nutzen.

Es ist also eine sehr lohnend, die Arbeitsgrundlage, die wir haben, bestmöglichst zu nutzen. Wir müssen erkennen, dass dieser kostbare menschliche Körper nicht für immer existieren wird; wie vollkommen unsere Lebensumstände auch immer sein mögen: das Leben bleibt etwas, dass enden wird. Das liegt daran, dass jeder der Unbeständig und dem Sterben unterliegt. Am wichtigsten ist es, nicht unsere Zeit zu vergeuden. Deshalb ist es extrem wichtig, über Unbeständigkeit nachzudenken und daran, dass alle Situationen enden werden.

Es gibt verschiedene Weisen, die Unbeständigkeit darzustellen. Es gibt zum Beispiel eine Darlegung, in der sie als einer der sechzehn Aspekte der Vier Edlen Wahrheiten dargestellt wird; wir können sie auch in Bezug auf die allgemeine Unbeständigkeit und ihrer Ebenen besprechen: es gibt die grobe und die subtile Ebene. Hier, (in dieser Darstellung), besprechen wir den gröberen Aspekts der Unbeständigkeit – die Art von Unbeständigkeit, die jeder sieht, der stirbt.

Die Nachteile, sich den Tod und die Unbeständigkeit nicht zu vergegenwärtigen

Wir täten gut daran, über die Vorteile nachzudenken, die es mit sich bringt, wenn man über Unbeständigkeit meditiert und ein Gewahrsein der Unbeständigkeit entwickelt, und welche Nachteile es hat, dies nicht zu tun. Der Text behandelt zuerst die Nachteile und dann die außerordentliche Bedeutung, sich kontinuierlich der Unbeständigkeit und des Todes gewahr zu bleiben. Dies ist wichtig, denn ob wir es glauben oder nicht, es gibt zukünftige Wiedergeburten: wir können in einen der schlechteren Zustände fallen oder in einen der besseren. Es ist daher ausgesprochen wichtig, dass wir uns unserer negativen Potentiale gewahr sind, die zu einer schlimmeren Wiedergeburt führen können, und auf unsere Handlungen und auf die Dinge, die wir jetzt tun, zu achten, da sie unsere Zukunft beeinflussen werden.

Wenn wir uns des Todes nicht wirklich ständig gewahr sind – auch wenn wir den Dharma praktizieren – werden wir uns nicht voll mit dem Dharma verbinden und ihn nicht vollständig ernst nehmen. Wenn wir uns wirklich des Todes und der Unbeständigkeit gewahr sind sowie der Tatsache, dass das, was in Zukunft geschieht, von dem abhängt, was wir jetzt tun, dann braucht uns die Polizei nicht zu kontrollieren. Unser eigenes Gewahrsein der Ursachen und Wirkungen wird ein Wächter sein, der uns davon zurückhält, uns in unangebrachter Weise zu verhalten.

Wer auch immer wir sind, wenn wir die Dinge im Lichte dessen betrachten, dass wir alle sterben werden, wird uns klar, dass es nichts nutzt, die anderen reinzulegen oder uns gefühllos zu verhalten. Zumindest werden wir sehen, dass es absurd ist, uns selbst hereinzulegen, indem wir in selbstdestruktiver Weise handeln, da wir in der Zukunft die Konsequenzen unserer Handlungen ausbaden müssen. Es ist also äußerst wichtig, sich ständig der Unbeständigkeit und des Todes Gewahr zu sein.

Wie übt man sich, um ein Gewahrsein von Tod und Unbeständigkeit zu erlangen? Wir tun es indem wir uns zuerst der Tatsache gewahr werden, dass weder unser Besitz, noch unsere Freunde, Verwandte und so weiter uns im Augenblick unseres Todes helfen werden. Dann müssen wir über alle Umstände nachdenken, die im Augenblick unseres Todes eintreten werden: alle Gegenstände, die wir erworben haben – vielleicht durch Täuschung, oder Schummeln, oder indem wir uns viel Mühe gegeben haben und so weiter – werden uns, wenn wir sterben, nichts nutzen. Doch wir werden die Konsequenzen aller Täuschungsmanöver, die wir (dabei) benutzt haben, tragen müssen.

Es ist sicher, dass wir alle sterben werden, da wir unter dem Einfluss störender Geisteshaltungen und der verschiedenen karmischen Impulse auf unserem geistigen Kontinuum stehen. Sogar Könige müssen sterben und einige werden sogar exekutiert. Wenn wir unsere Zeit damit verbringen, diese Tatsache vollkommen zu ignorieren und uns selbst reinlegen, indem wir lügen und alle möglichen täuschenden Dinge tun, dann erwartet uns zur Zeit des Todes viel Bedauern und Gewissensbisse. Wenn wir uns die Tatsache, dass wir sterben werden, vergegenwärtigt würden und uns dessen gewahr wären, dann würden wir uns vermutlich viel besser verhalten, während wir am Leben sind und dann würden wir nicht mit Bedauern und Gewissensbissen sterben müssen.

Es ist zwar unmöglich zu verhindern, dass wir sterben müssen, doch wir können uns vorbereiten, damit wir im Augenblick des Todes nicht in einem Zustand abgrundtiefer Angst sterben. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis der Tod kommt; es lohnt sich also, uns jetzt darauf vorzubereiten.

Diese Punkte werden im Text wie folgt dargestellt:

  • der Tod ist gewiss,
  • der Augenblick unseres Todes ist unsicher,
  • außer dem Dharma gibt es nichts, dass zur Zeit des Todes helfen kann.

Dies sind die drei Punkte, über die man nachdenken sollte.

Die Gewissheit des Todes

In Bezug auf die Tatsache, dass der Tod sicher ist, wird gesagt: wenn sogar die unzählbaren Buddhas und Arhats sterben müssen, was kann man dann für gewöhnliche Menschen wie uns erwarten? Egal, wer wir sind, wenn wir einmal geboren wurden ist es hundertprozentig sicher, dass wir sterben werden. Es gibt niemanden, der nicht sterben muss; es ist unmöglich, den Tod zu vermeiden. Und wenn wir die verschiedenen Buddhas betrachten, die, bevor sie erleuchtet wurden, den Zustand eines Illusionskörpers verwirklicht haben und dann die Erleuchtung erlangt in diesem Zustand erlangt haben ohne tatsächlich zu sterben, dann gibt es davon nur sehr wenige. Die meisten Buddhas haben das Sterben und den Eintritt ins Parinirvana demonstriert. Wenn wir historische Beispiele nehmen – Könige und Kaiser und so weiter – dann können wir niemanden finden, der tatsächlich die Unsterblichkeit erlangt hat.

Es gibt keinen Ort, an den wir flüchten könnten, um dem Tod zu entkommen; obwohl wir einen sehr starken Körper haben mögen – es gibt keinen Körper, der stark genug ist, um dem Tod zu widerstehen. Es ist genau wie wenn wir uns an einem Ort befänden, der von allen Seiten von Bergen umringt ist, an einem Ort, von dem es kein Entkommen gibt; ebenso wenig gibt es ein Entkommen, wenn die Stunde des Todes geschlagen hat.

Wenn wir uns vorstellen, dass etwas geschehen würde, von dem es kein Entkommen gibt, wie zum Beispiel einen Nuklearkrieg, dann tut uns das nicht gut. Auf jeden Fall kann man dem Tod nicht entkommen. Man kann nicht äußeren Dingen die Schuld geben, die unseren Tod verursachen könnten, und immer mit der Angst vor etwas wie einem Nuklearkrieg leben. Die Ursachen für unseren Tod werden in unserem geistigen Kontinuum angesammelt – die störenden Geisteshaltungen, das Karma und so weiter sind die inneren Ursachen, die unseren Tod herbeiführen werden, zusammen mit den äußerlich beitragenden Umständen. Das Wesentliche ist, da wir mit einem Körper mit störenden Geisteshaltungen und Karma auf unserem geistigen Kontinuum geboren wurden werden wir mit Sicherheit sterben. Denn sobald der Körper realisiert wird, werden gleichzeitig auch die Ursachen für den Tod realisiert.

Wenn wir über Unbeständigkeit und das Leiden aller Wesen sprechen, die später ausführlicher behandelt werden, dann ist eines der Leiden, das wir alle beobachten können das Alter. Wenn wir älter werden beginnen wir zum Beispiel, unserer Sinneskräfte zu verlieren – eine Hinweis darauf, dass unser Tod bald kommen wird.

Es gibt Gründe dafür, dass der Tod mit Sicherheit kommen wird. Als erstes können uns verschiedene Dinge passieren, deren Ursachen in uns selbst liegen: wir werden älter und alles degeneriert, die Kraft der Medizin, die uns heilen soll, wird schwächer und wir sterben. Zweitens lässt sich nichts zu unserer Lebensspanne hinzufügen – ihre Dauer nimmt vielmehr ständig ab. Natürlich gibt es Gebete und bestimmte Langlebens-Pujas, doch es ist schwer, die tatsächliche Lebensspanne zu verlängern.

Die grundlegende Lebensspanne, die wir haben, kommt von der positiven Kraft, dem Karma und so weiter, die wir in vorangehenden Leben aufgebaut haben. Genauso wie auch die Tage beständig vergehen: Hätten wir letztes Jahr noch hundert Jahre zu leben gehabt, dann wären es dieses Jahr nur noch neunundneunzig. Und egal wie lange wir uns unsere Lebensspanne vorstellen mögen: wir können sehen, dass von heute Morgen bis jetzt ein Teil davon vergangen ist. Unsere Lebensspanne verstreicht mit jedem Atemzug, mit jedem Augenblick. Die Zeit vergeht ständig. Sie wird nicht warten. Wir können uns nicht zurücklehnen und auf die Stop-Taste drücken um das kürzer werden unserer Lebenspanne zu verhindern – noch nicht einmal einen Augenblick lang. Es gibt keinen Ort, an den wir gehen können, nichts was wir tun können, um das ständige Vergehen der Zeit, die wir noch zu leben haben, zu verhindern.

Es gibt viele Metaphern für das Vergehen des Lebens. Zum Beispiel: es ist wie das Wasser eines Wasserfalls – wenn es einmal über die Klippe gefallen ist, kann man es nicht mehr stoppen, es muss bis zum Boden fallen. Oder man denke daran, wie schnell das Leben vorbeifließt – wie ein Strom, der ständig vorbeirauscht. Wie ein Blitz, der durch den Himmel zuckt, hält das Leben nie an. Es geht einfach vorbei.

Der nächste Punkt ist, dass im Laufe einer Lebensspanne von hundert Jahren vermutlich die Hälfte mit Schlafen verbracht wird – besonders wenn wir betrachten, wie viel wir dieses Jahr geschlafen haben. Wenn wir über einen Schlaflosen sprechen, ist es natürlich anders. Doch im Allgemeinen verbrauchen die meisten von uns enorm viel Zeit mit Schlafen. Wenn wir eine Lebensspanne von sechzig Jahren annehmen, dann werden die ersten zwanzig durch Herumspielen verschwendet. Man denke daran, wie viel Zeit man tatsächlich in der Lage ist, sinnvoll zu nutzen: wenn wir die ganze Zeit zusammenzählen, die wir in diesen sechzig Jahren mit Schlafen und Essen und Kranksein verbringen, bleiben vermutlich nur noch ungefähr sechs Jahre übrig. Denken Sie daran, wie viel Zeit wir im Laufe eines Tages mit allen möglichen trivialen Aktivitäten verbringen, um uns um unseren Körper zu kümmern.

Ein großer Lama sagte in seiner Biographie „Ich habe die ersten zwanzig Jahre meines Lebens damit verbracht, mich nie wirklich meiner Praxis zu widmen; die nächsten zwanzig Jahre habe ich damit verbracht zu sagen ‘Nun, ich werde mich sehr bald daran machen,’ und die letzten zwanzig Jahre habe ich damit verbracht zu sagen ‘Oh! Ich wünsche mir, ich hätte früher mit meiner Praxis angefangen!’ Auf diese Weise habe ich ein perfektes menschliches Leben verschwendet.“

Natürlich gibt es Ausnahmen, Menschen die seit der frühen Kindheit ein Interesse am Studium und daran haben, sich zu verbessern. Doch die meisten denken als Kind nicht so; deshalb kümmern wir uns in den ersten zwanzig Jahren kaum ernsthaft um eine Verbesserung unserer selbst. In den nächsten zwanzig Jahren unseres Leben sind wir damit beschäftigt, uns gesellschaftlich zu etablieren und Geld zu verdienen; daher zögern wir die Dinge immer hinaus indem wir sagen „Nun, ich muss mich zuerst etablieren und all diese verschiedenen Dinge tun.“ So vergehen zehn Jahre, dann dreißig und dann vierzig. Dann beginnen wir zu denken: „Nun werde ich alt, ich kann nichts mehr tun. Ich sehe nicht mehr so gut, daher kann ich meine Augen nicht anstrengen. Und ich höre nicht mehr so gut und muss mich zu sehr anstrengen, um zu hören, was jemand sagt.“ Damit geben wir unseren Wunsch zu lernen auf.

Dies zeigt uns, wie schwer es ist, tatsächlich ein spirituelles Leben zu führen. Es ist viel leichter, einfach ein weltliches Leben zu führen. Wenn wir wirklich ein spirituelles Leben führen wollen, dann können wir es nicht immer zurückstellen, bis wir älter sind. Wir werden (sonst) feststellen, dass wir nicht tun konnten, was wir geplant hatten, und werden viel Bedauern verspüren und uns wünschen, wir hätten uns früher geschult. Wenn wir ein spirituelles Leben, ein religiöses Leben führen wollen, dann ist das etwas, das wir von diesem Moment an, gerade jetzt, mit großer Entschlossenheit und großer Überzeugung tun müssen.

Wir sollten denken: „In diesem Leben bin ich den Lehren des Hinayanas und des Mahayanas begegnet und innerhalb des Mahayanas bin ich sowohl dem Sutra als auch dem Tantra begegnet.“ Es ist wichtig zu erkennen, dass die Verantwortung bei jedem von uns liegt. Der Buddha hat uns gezeigt, was getan werden muss, welchem Pfad man folgen muss. Wir können niemand anderem die Verantwortung geben. Ob wir ihm folgen oder nicht kann jeder selbst entscheiden.

Die Natur des Lebens ist die Instabilität, die Veränderung – von Augenblick zu Augenblick. Die Lebenskraft ist recht schwach: man kann sich nicht auf sie verlassen. Wir sind umherwandernde Wesen, deren Lebensspanne ständig vergeht und sich in Luft auflöst. Wenn wir uns über unsere Situation klar werden, dann stellen wir fest, dass wir uns am Rande des Abgrundes befinden und aus diesem Leben heraus zufallen drohen. Wenn wir unser Leben leben, indem wir diese Realität vollkommen ignorieren, dann ist das wirklich jammerschade.

All diese Dinge weisen darauf hin, dass der Tod mit Sicherheit kommen wird. Wenn wir alle Menschen auf dieser Welt betrachten, egal, wie viele Milliarden es davon gibt, dann wird keiner von ihnen in ein paar Jahrhunderten noch hier sein, obwohl sich die Weltbevölkerung als Ganzes stark vermehrt haben könnte. Und wenn wir die Menschen hier im Publikum betrachten, dann werden in hundert Jahren vielleicht noch einige der Babys leben, doch der Rest von uns wird bis dann mit Sicherheit gestorben sein! Wenn wir überlegen, was mit diesem Gebäude und den umliegenden Gebäuden in ein paar Jahrhunderten geschehen wird, dann kommen wir zum Schluss, dass sie dann vermutlich ebenfalls verschwunden sein werden. Nehmen Sie das Beispiel eines Baumes: ein Laubbaum kann voller Blätter sein, doch wenn der Winter kommt, fallen sie alle zu Boden. Die Welt bewegt sich in einem ständigen Fluss. Wenn wir früh morgens aufwachen, gerade vor dem Sonnenaufgang, dann ist es sehr frisch. Dann kommt die Sonne hervor und zieht über den Himmel, ohne auch nur einen Augenblick stehen zu bleiben. Unser Leben ist genauso: Tag und Nacht ziehen vorbei, ohne je anzuhalten.

Der Augenblick des Todes ist ungewiss

In (unserer) Geschichte gibt es Legenden von Unsterblichen, die in einer fernen Vergangenheit lebten. Sie hatten unermesslich lange Lebenspannen; doch heutzutage gibt es solche Menschen mit Sicherheit nicht mehr. Wir werden alle sterben, doch wenn wir fragen, wann der Tod kommen wird, dann ist die Antwort, dass wir keine Gewissheit haben – und dies ist der zweite Punkt. Es ist ganz klar: egal wohin wir auf diese Welt gehen mögen, wir wissen nicht genau, wann unser Leben enden wird. Wir sprechen hier nicht von anderen Kontinenten aus der traditionellen indo-tibetischen Kosmologie, wie sie in dem Text „Ein Schatzhaus spezieller Themen des Wissens“ dargestellt werden. Gerade hier, auf dieser Welt, ist es Realität, dass es keine definierte Lebensspanne gibt.

Wir können es selbst feststellen: viele Menschen auf dieser Welt sind nicht dazu bereit, der Realität des Todes ins Auge zu schauen. Es gibt viele Orte, an denen alte Rentner leben, die sich vollkommen weigern, die Tatsache zu akzeptieren, dass sie sterben werden. Sie verbringen ihre gesamte Zeit als Touristen und reisen auf der Welt herum, putzen sich heraus, tragen viel Make-up und versuchen, jung auszusehen. Sie versuchen damit vor der Realität ihres Lebens zu fliehen. Doch sie sollten ihren Geist vorbereiten, indem sie darüber nachdenken, wann und wo ihr Tod eintreten wird.

Einmal sagte mir ein Arzt nach einer medizinischen Untersuchung: „Ich garantiere Ihnen hundertprozentig, dass sie bis sechzig leben werden.“ Doch ich nahm die Garantie nicht an. Was sicher ist, ist, dass niemand garantieren kann, was in einer bestimmten Zeitspanne passieren wird oder nicht.

Ein wichtiger Punkt ist, dass es weit mehr Umstände gibt, die den Tod verursachen, als solche, die das Leben fördern: es gibt zahlreiche Krankheiten und so weiter. Wir brauchen eigentlich nicht nach außen zu schauen, um die Ursachen für unseren Tod zu finden; sie befinden sich alle in unserem geistigen Kontinuum. Sogar Umstände, die normalerweise das Leben stützen sollten können den Tod verursachen. Zum Beispiel: wir essen um zu leben, doch das Essen kann uns Magenprobleme, Verdauungsschwierigkeiten, Leberprobleme und so weiter verursachen. Indem wir etwas essen, um unser Leben zu fördern, könnten wir uns umbringen.

Der nächste Punkt ist, wie schwach der Körper ist, wie extrem fragil, wie er in jedem Moment zerbrechen könnte. Unser Körper ist nicht sehr stark oder hart – er kann nicht allem widerstehen. Wenn wir verschiedene Strukturen betrachten, die aus verschiedenen Elementen gemacht sind – Gebäude, Berge und so weiter – dann können uns diese als sehr stabil erscheinen und doch werden sie verschwinden. Der Wind und das Wasser verschleißen sie – daher braucht man gar nicht zu erwähnen, dass auch unser Körper verschleißt und sterben muss. Das Herz schlägt die ganze Zeit, doch wenn es auch nur eine Minute aussetzen müsste, dann würden wir einfach sterben. Wenn das Skelett mit Haut bedeckt ist, sieht es wunderschön aus, doch innerhalb der Haut ist es sehr zart und fragil. Wenn wir die Zartheit und Komplexität des menschlichen Körpers betrachten und uns wirklich darin vertiefen, dann kann man verstehen, dass einige gedacht haben, er sei so unglaublich, dass nur Gott ihn gemacht haben könnte. Doch wenn wir den menschlichen Körper wirklich betrachten, ist er so fragil und so leicht zerbrechlich, Da das Leben so schnell vergehen kann – und es wird mit Sicherheit vergehen – müssen wir uns der Dharmapraxis widmen.

Zur Zeit des Todes ist nichts von Nutzen außer dem Dharma

Der nächste Punkt in der Darstellung ist, dass zur Zeit des Todes nichts von Nutzen sein wird außer dem Dharma. Uns muss sehr klar sein, dass im Augenblick des Todes nichts helfen wird außer der spirituellen Schulung im Dharma. Keines der materiellen Objekte und der verschiedenen Dinge, die wir angesammelt haben mögen, werden uns zur Zeit des Todes irgendwie helfen. Wir werden all dies zurücklassen müssen. Auch wenn wir die reichste Person auf Erden wären, dann wäre es doch egal, wie viel Geld wir auf der Bank oder in Investitionen platziert hätten: zum Zeitpunkt des Todes könnten wir mit Sicherheit nichts davon mitnehmen. Dafür gibt es keinerlei Hoffnung.

Dasselbe gilt für unsere Verwandten und Freunden: sie können uns zur Zeit des Todes in keiner Weise helfen. Es gibt Menschen, die hingebungsvoll scheinen – sie mögen dazu bereit sein, ihr Leben für uns hinzugeben, doch sie können das nicht tatsächlich tun. und wenn alle sterben müssen, was ist dann der Nutzen dieser Menschen? Wenn ich das Ende meines Lebens erreicht habe und sage „Ich bin ein Mönch“ oder „Ich bin der Dalai Lama“, dann wird mich das nicht daran hindern, zu sterben. Da wir geboren wurden, gibt es für uns alle hier keine andere Möglichkeit als zur Zeit des Todes alleine fort zu gehen. Mao Zedong hatte so viele Menschen um sich, die enorme Armee, die er aufgebaut hatte und so viel Macht, doch zur Zeit seines Todes konnte ihm keiner seiner Soldaten helfen und er musste seinem Tod vollkommen alleine entgegengehen.

Dieser Körper, mit dem wir alle so eng verbunden sind, durch den wir Hitze, Kälte, Hunger und Durst erleben, wird sich schließlich vom Geist trennen müssen. Wir sehen unseren Körper als so wichtig an, doch er wird sich einfach in eine Leiche verwandeln. Eine Leiche finden wir normalerweise recht eklig. Wir betrachten sie als schmutzig und kontaminierend. Doch woraus entsteht eine Leiche? Sie entsteht aus unserem eigenen Körper. Woher, denken Sie, kommt der Schmutz einer Leiche? Der Körper, der sich in eine Leiche verwandelt, wird uns zu Todeszeitpunkt in keiner Weise helfen. Auf diese Weise wird also sehr deutlich, dass der Körper, Reichtum, Freunde und Verwandte uns zur Zeit des Todes in keiner Weise helfen werden.

Ohne an den Tod zu denken fahren die Menschen damit fort, Dinge zu sammeln und zu behalten, die sie dann in leeren Plastikkisten und dann in Holzkisten aufheben. Wenn sie eine schöne leere Blechdose sehen, sammeln sie, völlig sinnlos, einfach nur, um alles zurückzulassen.

Wir haben begründet, dass unser geistiges Kontinuum von vergangenen Leben in zukünftige weitergeht; dieser Grundlage haben wir das „Ich“ und so weiter zugeschrieben. Das geistige Kontinuum ist also etwas, das weitergeht und nicht dazu in der Lage ist, irgendwelche materiellen Gegenstände zu tragen. Alles, was auf das geistige Kontinuum gehen kann, sind die verschiedenen Potentiale, die in diesem Leben aufgebaut wurden. Wenn wir konstruktive Potentiale aufbauen, verschiedene Arten konstruktiver Kraft, dann wird dies zukünftigen Leben nutzen. Potentiale sind etwas, das wir durch Dharmapraxis aufbauen können.

Wir wollen verschiedene Umstände betrachten, zu denen es zur Zeit des Todes kommen kann. Möglicherweise haben wir eine Krankheit und gehen zu verschiedenen Ärzten, die uns sagen: „Wir können jetzt nichts tun, es wird eine lange Krankheit werden.“ Denken Sie daran, wie schlecht es uns gehen kann, wie unsere Verzweiflung wachsen kann, während uns klar wird, dass wir sterben werden. Am letzten Tag unseres Lebens liegen wir einfach vollkommen verängstigt im Bett; die Zeichen kommen zusammen und wir sehen, wie unser Leben davon fließt. Es gibt nichts, was wir tun könnten: wir können den Prozess nicht kontrollieren. Wir essen unsere letzte Mahlzeit und die Medizin kann uns nicht helfen. Alles erscheint immer mehr wie ein grausamer Scherz. Wir wollen sprechen, doch wir können nicht: unsere Lippen sind vollkommen ausgetrocknet. Unsere Fähigkeit zu sehen, zu hören und zu riechen gehen verloren, dann geht unsere Fähigkeit zu atmen verloren und wir sterben einfach. Was auch immer wir während unseres Lebens für einen schönen Namen gehabt haben, verwandelt sich nun in „der verstorbene Tashi“ oder „der verstorbene Kunzang“, oder was auch immer.

Wenn wir also an die Umstände unseres drohenden Todes denken und daran, wie es vor sich gehen wird, dann müssen wir die feste Überzeugung haben, dass uns nur eine gewisse spirituelle Praxis helfen kann, wenn der Tod kommt. Die effektivste spirituelle Praxis ist das entwickeln der beiden Bodhichittas: das relative und das tiefste Bodhichitta. Deshalb: indem wir daran denken, wie Tod und die Unbeständigkeit eintreten werden, müssen wir den festen Entschluss fassen, dass wir Bodhichitta entwickeln werden.

Karma: Verhaltensbedingte Ursachen und Wirkungen

Der nächste Punkt der vorbereitenden Übungen ist die Diskussion des Karmas: die verhaltensbedingten Ursachen und Wirkungen. Nachdem wir gestorben sind gibt es nur zwei Richtungen, in die wir uns bewegen können: entweder hoch oder runter, d.h. in bessere Wiedergeburtszustände oder in schlechtere. Da das geistige Kontinuum Fortbestand hat, wird es definitiv wiedergeboren – und unter welcher Kraft wird es hierbei stehen? Es wird unter dem Einfluss des Karmas geschehen; mit anderen Worten wird die Wiedergeburt von den Ursachen abhängen, die aufgebaut wurden.

Die Karmagesetze

Es gibt verschiedene Zitate aus Nagarjunas Text „Die Kostbare Girlande“, welche die Bestimmtheit des Karmas beschreiben. Wenn wir positive Kraft aufgebaut haben, indem wir konstruktive Taten ausgeführt haben, dann ist das einzige Ergebnis, das daraus entstehen kann Glück. Wenn wir destruktive Handlungen ausgeführt haben und negative Kraft aufgebaut haben, dann können daraus nur Unglücklichsein und Probleme entstehen. Dies ist etwas, das eindeutig und sicher ist. Welche Art von karmische Kraft wir auch immer aufgebaut haben – die Ergebnisse werden dementsprechend sein.

Der nächste Punkt ist das Anwachsen der karmischen Effekte. Aus einer nur kleinen Handlung kann ein enormes Resultat entstehen. Positiven Taten können zu großen Ergebnissen auf der positiven Seite führen und destruktive Handlungen können extrem negative Ergebnisse haben. Es ist durchaus möglich, dass auf eine sehr kleine negative Handlung eine große Katastrophe folgt. Wir haben dies in verschiedenen Erzählungen in den buddhistischen Schriften gesehen. Jemand beschimpfte zum Beispiel einen Mönch mit einem Schimpfwort, wie Affe oder Esel. Und als Folge hiervon wurde er in hunderten von Leben als die Art von Tier wiedergeboren, mit dem er den Mönch bezeichnet hatte. Dies sind alles Beispiele für den Faktor des Anwachsens.

Man nehme das Beispiel von echten Pflanzensamen. Wenn es der Samen einer medizinischen Pflanze oder eines medizinischen Baumes ist, dann wird auch der Samen diese medizinischen Eigenschaften haben. Wenn es der Samen einer giftigen Pflanze ist, dann wird auch der Samen giftig sein. Aus einem giftigen Samen entsteht also eine giftige Pflanze und aus einem medizinischen Samen entsteht eine medizinische Pflanze. In ähnlicher Wiese kann etwas Großes wie eine Eiche aus etwas Kleinem wie einer Eichel entstehen. Dies sind passende Beispiele für die Eigenschaften des Karmas.

Wie Shantideva es im Text „Ein Kompendium von Schulungen“ sagt: „Wenn etwas langfristig hilfreich, aber in den unmittelbaren Umständen verletzend ist, dann lohnt es sich, es zu tun. Dies liegt daran, dass wir an die langfristige Wirkung denken müssen. Doch wenn etwas nur kurzfristig hilfreich ist und langfristig schädlich, dann ist dies etwas, das wir nicht tun sollten.“ Natürlich brauchen wir nicht gar nicht erst von etwas zu sprechen, dass sowohl kurz- als auch langfristig schädlich ist.

Denken Sie an folgende Beispiele: man tötet ein Tier aus Begierde nach seinem Fleisch oder einen Feind aus Wut. Kurzfristig gesehen mögen wir uns erleichtert fühlen und mögen sogar ein kurzes Glücklichsein erfahren. Doch langfristig gesehen müssen wir möglicherweise die Konsequenzen des Tötens tragen. Es wird daher mit Sicherheit zu viel Unglücklichsein und Leiden führen. Wenn wir dagegen das Leben eines Wesens, das getötet werden soll, schützen und retten, dann hat das nur Glücklichsein zur Folge, kurz- und langfristig. Aus einem kleinen Samen wächst ein großer Baum und in ähnlicher Weise kann aus einer kleinen Handlung ein großes Resultat entstehen. Daher ist es wirklich wahr, dass großes Glücklichsein und großes Leiden aus kleinen Ursachen entstehen.

Es folgt ein Zitat, welches zeigt, wie Karma und die verschiedenen Potentiale mit uns gehen: „Der Schatten eines Vogels folgt dem Vogel überall hin. Auch wenn er sehr hoch fliegt und der Schatten nicht sehr klar auf dem Boden zu erkennen ist, folgt er doch immer dem Vogel. Wenn der Vogel landet, wird der Schatten klar.“ In ähnlicher Weise folgen uns die Potentiale des Karmas, das wir aufgebaut haben, überallhin, wo hin wir auch gehen mögen, durch die Kontinuität unserer Leben. Es mag zwar jetzt nicht klar sein, wie sie reifen; doch irgendwann werden diese Potentiale wieder klar.

Lassen Sie uns wir verschiedene Arten von Verhalten, die andere unglücklich machen, betrachten, beispielsweise, dass man jemanden mit einem Schimpfwort anredet. Niemand wird gerne mit einem Schimpfwort angesprochen. Daher verursacht diese Handlung Unglücklichsein. Dies baut negatives Potential auf für weitere destruktive Handlungen. (Dieses Potential) wird nicht einfach verschwinden. Der Punkt, auf den es ankommt, ist, dass Karma nicht einfach verloren geht: es ist nur eine Frage der Zeit, bis es reift.

Es gibt verschiedene Gegenkräfte, die wir anwenden können und verschiedene Methoden, um zu vermeiden, dass wir die negativen Konsequenzen unserer Handlungen erfahren müssen. Wir können als Gegenkraft konstruktive Handlungen ausführen. Dies sind Dinge, die wir schrittweise aufbauen – nicht bloß spektakuläre Handlungen, wie unseren Körper zu verschenken und solche Dinge. Wie es im Text „Eintritt in das Verhalten eines Bodhisattvas“ heißt, müssen wir in einer bescheidenen Weise beginnen und fortschreitend zu umfangreicheren Handlungen übergehen. Wir sollten also nicht entmutigt sein, wenn wir etwas über die Taten der großen spirituellen Helden lesen, über die Bodhisattvas, die ihren Körper hingaben und so weiter. Wir können daran denken, wie sie angefangen haben, indem sie kleine positive Handlungen ausführten. Dasselbe gilt vom Aufgeben destruktiver Handlungen und verzerrter Gewohnheiten. Wir fangen klein an und steigern uns, indem wir uns langsam von schlechten Gewohnheiten befreien. Dies schließt unseren Punkt dazu ab, wie die Ergebnisse im Verhältnis zu unseren Handlungen anwachsen.

Der nächste Punkt ist Folgender: wenn wir eine bestimmte Handlung ausgeführt haben, werden wir ein Ergebnis erzielen und wenn wir eine bestimmte Handlung nicht ausgeführt haben, werden wir das Ergebnis nicht erzielen. Wenn wir eine Handlung nicht ausgeführt haben, werden wir die Konsequenzen nicht erleben, egal, ob das Resultat Glücklichsein oder Unglücklichsein ist. Wenn wir die Ursachen nicht angesammelt haben, werden wir das Ergebnis nicht erleben. Und wenn wir eine Handlung ausgeführt haben, wird es nicht umsonst sein. Ob es ein positives oder ein negatives Potential ist, das wir aufgebaut haben – es wird nicht reifen, bis wir den Umständen begegnet sind, welche die Reifung verursachen werden, und dazwischen wird es einfach nicht verschwinden. Es ist bloß eine Frage der Zeit, wann es reift.

Im nächsten Punkt erfahren wir Folgendes: wenn wir durch konstruktive Handlungen positive Potentiale aufgebaut haben und dann sehr wütend wurden, dann zerstört und schwächt dies extrem die Macht dieser positiven Kraft. Also: es sei denn, dass etwas geschieht, das die Kraft die wir aufgebaut haben komplett zerstört, wird das von uns aufgebaute Potential reifen, wenn die Umstände dazu zusammenkommen.

Die derzeitigen äußeren Umstände, in denen die Tibeter ihr Land verloren haben, entsprechen inneren Ursachen. Eine lange Akkumulation destruktiver Handlungen hat bewirkt, dass wir unser Land verlieren, dass wir im Exil leben und Schwierigkeiten erfahren. Nehmen Sie die Situation in Afrika, mit der extremen Trockenheit und der Hungersnot, zu denen es dort gekommen ist, oder der Tatsache, dass Millionen von Menschen von einem Virus angesteckt wurden und sterben. Das hat mit weltweiten karmischen Mustern zu tun, die durch verschiedene Kräfte in den geistigen Kontinua verschiedener Menschen entstehen. Wir könnten natürlich die Tiere mit einschließen, aber es hängt vor allem von den Potentialen in den geistigen Kontinua der Menschen ab, die zur Kategorie des geteilten Karmas oder allgemeinen Karmas gehören. Diese führen zu Veränderungen im Weltkarma und führen zu Ereignissen wie der schrecklichen Trockenheit und Hungersnot in Afrika.

Sogar in solchen Situationen, in denen es zu großflächigen Katastrophen kommt, gibt es einige Menschen, die überleben und keine großen Schwierigkeiten haben, und dies kommt durch ihre eigenen individuellen Potentialen und durch ihr eigenes Karma. Wenn wir also schreckliche Situationen erleben, müssen wir daran denken, dass dies das Ergebnis von Dingen ist, die wir in der Vergangenheit getan haben, von Potentialen, die wir aufgebaut haben. Wenn wir so denken, kann unser Geist etwas entspannter sein, weniger verkrampft und verstört durch die schwierige Situation, in der wir uns befinden.

Innere Disziplin entwickeln

Wir können dann überlegen „Genau wie ich jetzt glücklich sein will und keine Leiden und Probleme will, werde ich in Zukunft weiterhin dieselbe Natur haben – ich werde keine Probleme haben wollen. Ich werde auch in Zukunft glücklich sein wollen; daher kümmere ich mich besser jetzt schon darum.“ Mit dieser Denkweise werden wir keine Gefängnisse, kein Zivilrecht und keine Polizei brauchen, die uns davon abhalten, gesetzlose Menschen zu sein. Wir werden erkennen, dass wir unser eigenes Verantwortungsgefühl haben und wissen, dass wir die Konsequenzen unserer Handlungen ausbaden müssen. Dies wird uns davon abhalten, zu stehlen, zu betrügen, zu töten und solche Handlungen auszuführen, die uns in Zukunft nur großes Leiden bringen werden.

Wenn wir innere Disziplin haben, sind äußere Restriktionen nicht notwendig. Es gibt in Indien noch viele Orte, an denen die Menschen ihre Türe nicht abzuschließen brauchen. Wenn es zu einem Diebstahl kommt, haben sie das Gefühl, dass es eine Schande für die gesamte Gemeinschaft ist, da ihnen ihre innere Disziplin, sich von solchen gesetzlosen Aktivitäten zurückzuhalten, so viel bedeutet. Am besten ist es, unsere eigene Selbstdisziplin zu haben ohne jemand anderes zu brauchen, der unsere Handlungen überwacht. Schaut euch den Westen an, in dem die Polizei über ausgefeilte Techniken verfügt mit Funkgeräten und allen möglichen elektronischen Ausrüstungen. Es scheint, dass die Kriminalität umso mehr steigt, umso stärker die Polizei wird. Menschen, die keine innere Disziplin haben, werden nicht davon abgehalten, Verbrechen zu begehen. Es ist also klar, dass äußere Einschränkungen und Kraftanwendungen einen nicht daran hindern, Verbrechen zu begehen und dass es vielmehr innere Kräfte sind, die dazu führen, dass man unsoziale Handlungen ausführt.

Die Chinesen waren wirklich darauf angewiesen, ihre Gesetze zu verschärfen und die Aktivitäten der Menschen zu kontrollieren. Doch ohne Enthusiasmus und innere Kooperation ist es sehr schwer, in einer Gesellschaft Gesetz und Ordnung gelten zu lassen. Es scheint, als würde der Versuch, durch Polizeikräfte und Ähnliches Kontrolle zu erlangen, zu mehr Missbräuchen im System führen. Das liegt daran, dass die Polizei und die Gefängniswärter selbst mehr Verbrechen begehen. Es ist daher ausgesprochen wichtig, die Betonung auf unseren inneren Verantwortungssinn für unsere Handlungen zu setzen und auf die späteren Ergebnisse dieser Handlungen.

Unterteilungen des Karmas: die zehn destruktiven Handlungen

In dem Text „Ein Schatzhaus spezieller Themen des Wissens“ wird Karma auf verschiedene Weise unterteilt: Karma, das durch die Handlungen von Körper, Rede und Geist aufgebaut wurde; Handlungen deren Ergebnis sicher erlebt wird und solche, deren Ergebnis nicht mit einer solchen Sicherheit erlebt wird. Es gibt Ergebnisse, die sicher in diesem Leben erlebt werden, oder in unserem nächsten Leben, oder in unserem übernächsten Leben oder in einem späteren Leben. Dies sind einige der zahlreichen Unterteilungen in der Darstellung des Karmas.

Obwohl es zahlreiche Arten karmischer Handlungen gibt, entsprechend der unendlichen Arten von Wesen, können sie alle in den zehn große Handlungen zusammengefasst werden. Es handelt sich um die drei Handlungen des Körpers, die vier Handlungen der Rede und die drei des Geistes. Wenn wir diese zehn aus der Perspektive negativer Handlungen betrachten, gibt es zehn destruktive Handlungen; wenn wir uns von ihnen zurückhalten, dann sind dies die zehn konstruktiven Handlungen. Es ist extrem wichtig, einen überzeugten Glauben an die Gesetze der verhaltensbedingten Ursachen und Wirkungen zu haben sowie in den daraus folgenden Prozess, im Sinne von konstruktiven und destruktiven Handlungen. Dies ist einer der wichtigsten Punkte in den buddhistischen Lehren.

Betrachten wir beispielsweise die destruktive Handlung des Tötens. Sie unterteilt sich in die Absicht; das Erkennen des Objekts; die dabei beteiligte störende Geisteshaltung, wie Begierde und Wut; und die abschließende (bzw. vervollständigende) Handlung. Ein Leben zu nehmen ist eines der schwerwiegendsten Dinge, die wir je tun können. Selbst ein winziges Insekt hängt mehr an seinem Leben als an irgendetwas anderem. Die meisten Tibeter sagen sogar in ihrer frühen Kindheit, dass es etwas sehr Schlechtes und Negatives ist, ein kleines Insekt zu töten. Obwohl kleine Kinder möglicherweise nicht wissen, was diese Worte bedeuten, kennen sie doch sehr früh den Satz „Es ist schlecht, ein kleines Insekt zu töten“. Wenn kleine Kinder so etwas sagen, ist das etwas sehr Gutes.

In Bezug darauf, Tieren um des Fleisches willen zu töten, müssen wir sicher vermeiden, das Fleisch zu essen, auf das sich in den drei Erkenntnissen bezogen wird. Entsprechend der Vinaya-Regeln der mönchischen Disziplin dürfen kranke Mönche und Nonnen Fleisch esse, das ihnen serviert wird, solange sie die folgenden drei Erkenntnisse haben: sie erkennen, dass (1) sie nicht gesehen haben, wie das Tier getötet wurde, (1) sie nicht gehört haben, wie das Tier getötet wurde, (3) sie keinen Zweifel daran haben, dass das Fleisch entweder von einem Tier stammt, das eines natürlichen Todes gestorben ist, oder das auf angemessene Weise auf dem Markt gekauft wurde. Wir geben keine Anweisung, dass Tiere extra für uns geschlachtet werden. Wenn wir an einem Ort sind, an dem es enorm viel Fleisch gibt, ist es eine Sache, doch wenn wir uns an einem Ort befinden, an dem Fleisch selten ist oder wenn wir denken, dass (ein Tier) extra für uns getötet wird, können versuchen, unseren Fleischkonsum so sehr wie möglich zu vermindern. Was mich angeht, habe ich 1965 zwei Jahre lang vollkommen aufgehört, Fleisch zu essen. Doch ich bekam Schwierigkeiten mit Hepatitis und konnte nicht weiter Vegetarier bleiben. Doch wenn es Ihre Gesundheit nicht beeinflusst, ist es am besten, mit dem Fleischessen aufzuhören.

Stehlen ist auch sehr negativ, genauso wie sexuelles Fehlverhalten, wie beispielsweise mit dem Partner einer anderen Person Sex zu haben. Das ist sehr destruktiv, besonders, wenn Kinder daraus entstehen, führt es zu vielen Komplikationen. Wir sollten es vermeiden, diese Art von Beziehung mit jemand anderem als mit unserem Partner zu haben.

Dann gibt es die negativen Handlungen der Rede: Lügen, trennende Rede, verletzende Worte und nutzloses Schwätzen, wie zum Beispiel Tratschen. Tratschen scheint nicht so schlimm zu sein, doch es zerstört den Ruf von Menschen und führt zu einer enormen Zeitverschwendung. Und dann kommen die negativen Handlungen des Geistes: begierig sein, böswilliges Denken und verzerrtes feindseliges Denken.

Begierig zu sein ist sehr schwer zu kontrollieren. Z.B. hatte jemanden der Nachbar ein wunderschönes Radio mit Kassettenrekorder. er sagte „Oh, ich möchte mir deinen Apparat nur eine Weile ansehen“ und dann entwickelte er eine enorme Begierde danach, (den Apparat) zu besitzen. Wenn wir an jemanden böswillig denken, wie wenn wir eine Person nicht mögen, dann wünschen wir uns zum Beispiel, während die Person vorbeigeht, dass sie stolpern und fallen möge. Eine feindselige verzerrte Sicht ist eine Sicht, die abstreitet, was in Wirklichkeit existiert und annimmt, was nicht existiert.

Die Chinesen erkennen zum Beispiel verschiedene Dinge nicht an, die existieren, und sie haben eine vollkommen materialistische Sicht. Einige Menschen erkennen die Existenz des Bewusstseins nicht an und selbst wenn sie sie annehmen, erkennen sie nicht an, dass das Bewusstsein eine Kontinuität in früheren und späteren Leben hat. Darauf basierend streiten sie die Existenz von Befreiung und so weiter ab.

Was konstruktive Handlungen angeht: wenn es zum Beispiel zu einer Situation kommt, in der wir vor dem Töten stehen und wir in dem Augenblick über die Nachteile dieser Handlung nachdenken und uns davon zurückhalten, dann ist das die konstruktive Handlung, sich vom Töten zurückzuhalten. Zur konstruktiven Handlung des sich vom Töten Zurückhaltens kommt es nicht ganz Allgemeinen wenn es keine Situation gibt, in der wir töten könnten. Sie muss stattfinden, wenn wir tatsächlich etwas töten könnten und ein Gedanke auftaucht, der uns vom Töten zurückhält. Die zehn konstruktiven Handlungen sind solche Handlungen.

In Bezug auf durch üble Nachrede und Lügen: es gibt Menschen, die immer gerne Lügen oder einfach ein paar Worte hinzufügen. Doch auch wenn uns die Dharmapraxis nicht interessiert sollte, sollten wir uns doch um unseren Ruf kümmern. Ferner ist es wichtig, die anderen nicht zu betrügen; daher ist es sehr negativ, die Gewohnheit zu lügen zu entwickeln. In diesem Fall ist es ausgesprochen wichtig, egal, was wir tun, ausgesprochen sorgsam in Bezug auf unser Verhalten zu sein, ruhig und zurückhaltend zu sein, jemand zu sein, der lieb und hilfreich zu den anderen ist. Nehmen Sie beispielsweise Ameisen und Bienen. Auf Englisch werden sie „social insects“ – soziale Insekten – genannt, da sie in großen Gemeinschaften leben. Wir müssen sagen, dass auch die Menschen soziale Tiere sind. Wir leben in der Gesellschaft und daher ist es notwendig, den anderen gegenüber rücksichtsvoll zu sein.

Soziale Tiere und Insekten verteidigen sich, wenn sie mit einem äußeren Feind konfrontiert werden. Sie haben untereinander wenig Streit und wenn sie eine Meinungsverschiedenheit haben, dann klären sie sie sofort. Wir sollten versuchen, von innen her Toleranz zu üben und diese auf andere Gemeinschaften auszudehnen. Wenn wir alle zusammen arbeiten und leben müssen, dann hilft es niemandem, wenn reingelegt und gelogen wird, oder? Wenn wir vollkommen unabhängig voneinander wären, wenn wir wie die Bergziegen leben könnten, die zum Überleben nicht voneinander abhängen, dann wäre es ausgezeichnet, sich so zu verhalten. Doch solange wir von der Hilfe und der Freundlichkeit anderer Menschen abhängen, müssen wir lernen, wie wir mit ihnen leben können. Wir müssen lernen, wie man friedlich zusammenlebt.

Da wir in der Gemeinschaft leben und alle glücklich sein wollen ist die einzige Möglichkeit glücklich zu sein, dass alle zusammenarbeiten, damit es zwischen allen enge Beziehungen und Harmonie gibt. Wenn es kein Gefühl der Nähe und der Harmonie gibt, dann funktioniert es einfach nicht, noch nicht einmal in einer Familie. Es führt zu viel Unglücklichsein und zu Streit. Wenn alle harmonisch sind, dann stehen die Chancen gut, dass die gesamte Gruppe glücklich sein kann.

Der schlimmste Fehler der chinesischen Kommunisten besteht darin, dass sie Zwietracht und Misstrauen zwischen Verwandten, zwischen Eltern und Kindern, zwischen den Menschen gesät haben. Das ist der Grund, weshalb ihre Verbreitung der Ideale des Sozialismus und des Kommunismus gescheitert ist. Die Chinesen können einem leid tun. Sie lehnen die Religion ab; sie lehnen andere Dinge aus bloßer Ignoranz heraus ab und wissen nicht, was sie tun. Es gibt niemanden auf der Welt, der sich nicht um sich selbst kümmert und sich nicht selbst liebt. Doch wenn die kommunistischen Regierungen versuchen, den Sozialismus mit dem Gewehr oder dem Knüppel zu verbreiten, dann zeigt dies, dass sie keinerlei Respekt oder Rücksicht für die Individuen haben und wenig ehrliches Mitgefühl für die anderen. Wie könnten sie dann ihre Ziele verwirklichen?

Es ist wichtig, die verhaltensbedingten Ursachen und Wirkungen wirklich eingehend zu studieren. Viele hier anwesende gebildete Menschen, Geshes und so weiter, sind darin vertieft. Sie können an diesem Thema großes Interesse haben und prüfen, was die Verbindung zwischen äußeren Elementen und inneren Elementen ist, zwischen äußeren Prozessen von Ursache und Wirkung und inneren Prozessen von Ursache und Wirkung. All diese Dinge müssen sehr sorgfältig untersucht werden. Dies beendet unsere Diskussion von verhaltensbedingten Ursachen und Wirkungen.

Die Fehler von Samsara

Bei der vierten vorbereitenden Übung geht es um das Leiden bzw. um die Probleme von Samsara, der unkontrollierbar wiederkehrenden Wiedergeburt. Es gibt zwei Arten von Leiden: das Leiden der individuellen Klassen von Lebensformen und das allgemeine Leiden. Hier sprechen wir von der allgemeinen Erfahrung des Leidens. Sie kann in sechs Arten des Leidens und der Probleme unterteilt werden.

Der erste Punkt ist, dass es im Samsara keine Gewissheit gibt. Unser Zustand kann sich jederzeit verändern. Wir haben unendliche Leben gehabt; daher werden Freunde aus vorangehenden Leben in diesem Leben zu Feinden und Feinde aus vergangenen Leben werden in diesem Leben zu Freunden. Wir können sehen, wie dasselbe auch in einem Leben geschieht. Wir sollten daher an die denken, die freundlich zu uns waren und an die, die eklig zu uns waren und feststellen, wie wir ihnen auf dieser Grundlage als Freund und Feind bezeichnen. Es gibt keine Gewissheit, dass jemand sich uns gegenüber freundlich oder feindlich verhalten wird – das kann sich verändern. Das kann man recht leicht feststellen wenn jemand, den wir unseren besten Freund nennen, uns etwas sagt und sich darauf basierend unsere Gefühle für diese Person sehr rasch verändern. Zuerst haben wir Zweifel darüber, was die echten Gefühle dieser Person sind und dann haben wir alle möglichen Vorurteile in Bezug auf diese Person. Sehr schnell wird diese Person zu einem Feind, den wir hassen. Wir müssen uns also klar machen, dass niemand ein absoluter Freund oder ein absoluter Feind ist, der immer in dieser Kategorie bleiben wird.

Der nächste Punkt ist, dass es in Samsara keine Befriedigung gibt. Eine der wundervollsten Früchte, die wir haben könnten, ist die Befriedigung oder Zufriedenheit. Doch sie ist sehr selten. Jemand kann zum Beispiel eine große Menge Geldes oder materiellen Wohlstand haben, doch wenn sein Geist damit nicht zufrieden ist, dann erlebt er dieselbe Art von Leiden, wie wenn er arm währe. Egal wie viel sie haben – in ihrem Geist sind sie arm und leiden.

Wir müssen auch an die verschiedenen Leben und Körper denken, die wir gehabt haben. Denken Sie darüber nach: wenn wir von der Zeit des Buddhas bis heute immer als Mensch wiedergeboren wären, wie viele Körper hätten wir dann gehabt? Wenn wir darüber nachdenken: wir werden geboren, dann versuchen wir, so viel Besitz wie möglich anzusammeln und sterben dann; wir werden wiedergeboren, sammeln Dinge an und sterben wieder; wir werden geboren, sammeln Dinge an und sterben noch einmal. Und so geht es weiter und weiter. Wenn wir an all die Milch denken, die wir getrunken haben, dann ist der Ozean demgegenüber klein. Wenn wir beispielsweise fünfzig Jahre alt sind, versuchen Sie sich die ganze Nahrung, die einer von uns in diesen fünfzig Jahren gegessen hätte vorzustellen – wahrscheinlich gäbe es genug, um diesen ganzen Tempel zu füllen. Und es wurde alles zu Stuhlgang. Und wie viel Stuhl haben Sie in diesem Leben ausgeschieden?

Wenn wir nicht dazu in der Lage sind, diese Existenz richtig auszunutzen, dann ist das, wie wenn wir unsere Energie und unsere Zähne verschwenden würden; wir haben dann unserem Gebiss unnötig Schmerzen bereitet, indem wir Dinge gekaut haben. Sie sehen also, dass es sehr wichtig ist, die tatsächliche Realität der Situation, in der wir leben, zu erkennen. Denn wenn wir uns der Realität nicht bewusst sind, dann führt dies zu zahlreichen Problemen. Wenn wir in diesem Leben als Schwein wiedergeboren würden, was für gute Eigenschaften hätten wir dann? Man sagt, Schweine würden zum Schlachten geboren, und dies scheint wahr zu sein. Auch wenn man es nicht schlachten würde, sondern es einfach zum Spaß halten würde, was würde man dann mit den Schweinen oder den Schweinchen machen? Ihre Form ist nicht schön, sie sind so schmutzig und sind einfach lächerlich und sehr mitleiderregend. Wenn Menschen einen Hundebaby oder eine kleine Katze sehen, dann sagen sie „Oh, wie süß!“ Doch wenn sie kleine Schweine sehen, die Müll und Stuhlgang fressen, sagen sie nicht „Wie süß!“ Sie halten sich nur die Nase zu. Wenn wir also unser Leben nicht genutzt haben und stattdessen unsere Zeit nur damit verbracht haben, wie ein Schwein eine enorme Menge an Müll zu fressen, wozu hat dann alles, was wir getan haben, gedient? Und wir haben dies seit anfangsloser Zeit getan.

Betrachten Sie die vielen Male, als die Tibeter mit den Chinesen im Krieg standen. Manchmal haben die Tibeter die Chinesen gefangen, haben sie an den Haaren zusammengebunden und sich auf sie gesetzt. Sie haben auch viele andere brutale Foltermethoden benutzt. Solche Dinge finden sich in den Geschichtsbüchern. Wenn wir einige Darstellungen der Vergangenheiten betrachten, können wir dort (Berichte über) einige erstaunliche und schreckliche Ereignisse, die stattgefunden haben, finden.

In den gesammelten Werken des Fünften Dalai Lamas finden wir den Bericht über einen bestimmten Helfer des Ersten Dalai Lamas, der als ein Vogel wiedergeboren wurde. Wenn wir diesem Bericht Vertrauen schenken können, wurde diese Person später, nach mehreren Wiedergeburten, als der sehr große Guru Suchicho wiedergeboren. Anhand dieser Art von Beispielen können wir sehen, dass wir hier und dann dort wiedergeboren wurden, in allen möglichen Situationen. Wie in einem Kinderspiel sind wir in verschiedenen Feldern auf einem Spielbrett gelandet. Oder es ist wie in einem Würfel-Glücksspiel: es werden verschiedene Zahlen geworfen und wir erleben aufgrund der Kraft unserer Verblendungen und unseres Karmas ständig Wiedergeburten.

Wenn diese Situation so wäre wie eine Pflanze oder ein Baum auf einem Feld, den wir schneiden und der dann wieder wächst und wir schneiden ihn wieder und er wächst erneut, dann würde es sich nicht lohnen. Der Baum kann nichts tun, außer ständig zu wachsen und abgeschnitten zu werden, zu wachsen und abgeschnitten zu werden. In unserem Fall dagegen kann etwas getan werden, da die sich wandelnden Wiedergeburts-Situationen unter dem Einfluss unseres geistigen Kontinuums stehen und das geistige Kontinuum steht unter dem Einfluss verschiedener Impulse und karmischer Potentiale, die darin aufgebaut wurden. Wir können daher wirklich etwas tun, um das Potential zu verändern und das Muster zu zerstören. Wir sind nicht einfach Marionetten.

Wir haben viele verschiedene Arten von Wiedergeburt angenommen, doch wie oft waren wir tatsächlich in der Lage, das Wesentliche einer sinnvollen Wiedergeburt zu nehmen und sie richtig auszunutzen, so dass sie sich wirklich gelohnt hat? Und wie viele Leben haben wir einfach verschwendet? Wir haben Millionen und Milliarden von Wiedergeburten gehabt, ohne sie auszunutzen – das ist wirklich schrecklich. Wir sollten daran denken, dass wir zahllose Körper angenommen haben und sie nie wirklich genutzt haben; in dieser Weise müssen wir ein Gefühl des Widerwillens aufbauen.

Wir werden wieder und wieder geboren, ohne Ruhepause. Wir nehmen zahllose Körper an, gute und schlechte, immer und immer wieder. Versuchen Sie, diese endlose Spirale von Wiedergeburten zu ergründen, meditieren Sie darüber. Dies kann eine Grundlage zum Entwickeln der Entsagung sein – der Entschlossenheit, sich vom unkontrollierbar wiederkehrenden Kreis der Geburt und des Todes zu befreien.

Im nächsten Punkt geht es darum, wie die Menschen ihren Status verlieren können und von oben nach unten sowie von unten nach oben gehen können. Wesen, die als Menschen geboren wurden, können große Herrscher, hohe Würdenträger und so weiter sein. Aufgrund der Umstände können sie dann abstürzen und zu Sklaven werden. Oder: Wesen, die als Götter geboren wurden, können in die schlechteren Wiedergeburtszustände fallen. Wir können am Beispiel der Menschen um uns herum sehr klar sehen, wie man von oben nach unten fallen und von unten nach oben aufsteigen kann. Wir sollten daher uns selbst ansehen und unsere Situation bedenken: wir haben als Arbeitsgrundlage einen Körper mit einer Wiedergeburt von höherem Status. Eine Wiedergeburt mit einem höheren Status ist entweder die Wiedergeburt als ein Mensch oder als ein Gott und wir haben eine Wiedergeburt als Mensch erzielt, was am besten ist.

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