Der Geist bringt viele Arten von Erscheinungen hervor, sowohl Objekte der Wahrnehmung selbst als auch Arten, wie diese Objekte, die wahrgenommen werden. In beiden Fällen kann das in der Wahrnehmung Erscheinende akkurat oder inakkurat, rein oder unrein, befleckt oder unbefleckt und samsarisch oder nirvanisch sein. Warum ist es nun wichtig, diesen Prozess genauer zu betrachten? Es ist wichtig, da die Ursache all unseres Leidens unsere Unwissenheit bzw. Ignoranz ist bzgl. dessen, wie alle Phänomene existieren. Außerdem stützen wir unser Verständnis davon, wie die Dinge existieren, darauf, wie sie uns erscheinen und wie wir sie wahrnehmen. Die Art und Weise, wie sie uns erscheinen, kann jedoch verwirrend oder irreführend sein, und dasselbe betrifft auch die Art und Weise, wie wir sie wahrnehmen. Deshalb ist es wichtig, die verschiedenen Erscheinungen, die unser Geist hervorbringt, und die verschiedenen Geisteszustände, die sich daraus ergeben, verstehen und unterscheiden zu können. Es ist wichtig, unterscheiden zu können, welche Erscheinungen und Arten der Wahrnehmungen mehr Leid mit sich bringen, wenn wir glauben, dass sie der Realität entsprechen, und welche uns dabei helfen, uns von Leid zu befreien.
Bevor wir jedoch die verschiedenen Erscheinungen, die der Geist entstehen lässt, analysieren, müssen wir richtig identifizieren, was Geist ist und auf welche Weise er Erscheinungen hervorbringt.
Geistige Aktivität
Geist (tib. sems) bedeutet geistige Aktivität: das individuelle, subjektive Erleben kognitiver Objekte. Jedes einzelne Kontinuum geistiger Aktivität hat weder einen Anfang noch ein Ende und setzt sich ohne Unterbrechung fort. Geistige Aktivität bedeutet also das Erfassen kognitiver Objekte. Es kann keine geistige Aktivität ohne das Erfassen kognitiver Objekte geben. Daher sind das, was auf kognitive Weise Objekte erfasst (tib. ’dzin-pa), und die auf kognitive Weise erfassten kognitiven Objekte selbst (tib. bzung-ba) untrennbar (tib. dbyer-med). Viele Nicht-Gelug-Traditionen bezeichnen diese Untrennbarkeit als Nicht-Dualität (tib. gnyis-med).
Als erkennbares Phänomen (tib. chos, Skt. dharma) ist geistige Aktivität etwas, das eine eigene Wesensnatur besitzt (tib. rang-gi ngo-bo ’dzin-pa). Jedes erkennbare Phänomen hat zwei Wesensnaturen: eine oberflächliche (tib. kun-rdzob-kyi ngo-bo) und eine tiefste (tib. don-dam-pa’i ngo-bo).
Im Zusammenhang der Definition eines erkennbaren Phänomens (tib. shes-bya) bezieht sich die eigene Wesensnatur (tib. rang-gi ngo-bo, Skt. svarūpa) von etwas auf dessen oberflächliche Wesensnatur, nämlich welche Form oder Art von Phänomen es ist. Diese wird durch das definierende charakteristische Merkmal (tib. mtshan-nyid, Skt. lakṣaṇa) des erkennbaren Phänomens abgegrenzt und spezifiziert. Was geistige Aktivität betrifft, so ist ihre oberflächliche Wesensnatur „bloße Klarheit und Gewahrsein“ (tib. gsal-rig tsam). Obwohl geistige Aktivität nur eine oberflächliche Wesensnatur (tib. ngo-bo gcig) bezüglich dem hat, was sie ausmacht, können dennoch „Klarheit“ und „Gewahrsein“ als verschiedene Arten, dieselbe Wesensnatur zu beschreiben, konzeptuell voneinander „isoliert“ (tib. ldog-pa) werden.
- „Klarheit” bedeutet, kognitive Erscheinungen („geistige Hologramme“, tib. rnam-pa) von kognitiven Objekten entstehen (tib. ’char-ba) zu lassen.
- „Gewahrsein” bedeutet eine kognitive Auseinandersetzung (tib. ’jug-pa) mit kognitiven Objekten.
- „Bloß” (tib. tsam) bedeutet, dass diese Aktivität ohne einen gesondert auffindbaren Geist als Verursacher, der diese zustande bringt, und ohne eine gesondert auffindbare Person – „ich“ –, die den Geist bedient oder ihn verursacht oder ihn nur beobachtet, stattfindet.
Geistige Aktivität hat jedoch immer eine physische Basis als Stütze, ohne mit dieser Basis identisch zu sein.
Jedes dieser definierenden Merkmale kann akkurat oder inakkurat funktionieren. Das geistige Hologramm oder die Art der Wahrnehmung kann inakkurat sein, und der Aspekt des „Bloßen“ kann verfälscht werden, wenn man sich ein getrennt existierendes „Ich“ als Agens oder Beobachter der geistigen Aktivität vorstellt. Aber selbst, wenn sie inakkurat und mit Verwirrung vermischt ist, tritt geistige Aktivität immer noch mit diesen definierenden Merkmalen auf.
Kurz gesagt, ein individuelles Kontinuum geistiger Aktivität hat weder einen Anfang noch ein Ende und setzt sich ohne Unterbrechung fort. Es ist anfangs- und endlos, da seine wesentlichen Naturen – die oberflächliche und tiefste Natur:
- durch nichts geschaffen sind, obwohl jeder Moment von ihnen kraft des unmittelbar vorangegangenen Moments erzeugt wird;
- durch nichts beeinflusst werden und deswegen nicht verfallen oder zu einem Ende kommen;
- keine sich gegenseitig ausschließenden Gegenfaktoren haben, die sie ersetzen und somit ihr Ende herbeiführen könnten.
Primärbewusstsein und Geistesfaktoren
Grundlegende Darstellung
Geistige Aktivität erzeugt geistige Hologramme kognitiver Objekte und setzt sich dabei kognitiv mit diesen auseinander. Dies ist das entscheidende Merkmal, das sie von allen anderen Phänomenen unterscheidet. Alle Arten von geistiger Aktivität weisen dasselbe definierende Merkmal auf, andernfalls würde es sich nicht um Arten geistiger Aktivität handeln. Ein Phänomen, dem eines oder beide Merkmale dieses charakteristischen Merkmals fehlen, kann die Bedingungen der Definition geistiger Aktivität nicht erfüllen.
Eine Person (tib. gang-zag) zum Beispiel ist keine Art geistiger Aktivität. Sie erfasst zwar ununterbrochen kognitive Objekte, lässt jedoch keine kognitiven Erscheinungen der von ihr erfassten kognitiven Objekte entstehen. Dennoch ist die Person eine Zuschreibung auf Grundlage der geistigen Aktivität ohne Anfang und Ende und ist daher untrennbar mit dieser Aktivität verbunden.
Wie geistige Aktivität ihre Funktion erfüllt
Geistige Aktivität erfüllt seine Funktion mittels des Primärbewusstseins und der dazugehörenden Geistesfaktoren:
- Das Primärbewusstsein (tib. rnam-shes) umfasst die fünf Arten von Sinnesbewusstsein (Sehen, Hören, Riechen, Schmecken und Fühlen körperlicher Empfindungen) und das geistige Bewusstsein. Diese nehmen die Wesensnatur ihrer Objekte – nämlich welche Klasse von Objekten das Objekt ihrer Wahrnehmung sind (ein Anblick, ein Geräusch, ein Geruch, ein Geschmack, eine körperliche Empfindung, ein vom geistigen Bewusstsein wahrnehmbares Phänomen) – lediglich wahr.
- Geistesfaktoren (oder Arten von Nebengewahrsein, tib. sems-byung) sind Abkömmlinge geistiger Aktivität. Sie begleiten und ergänzen das Primärbewusstsein und erfassen Objekte auf gesonderte Weise. Einige erfüllen Funktionen, die dem Primärbewusstsein helfen, ein Objekt kognitiv zu erfassen, wie Aufmerksamkeit und Konzentration. Andere fügen dem Erfassen eines Objekts eine positive oder negative emotionale Färbung hinzu, wie z.B. Liebe oder Ärger. Mit Ausnahme der Unwissenheit (oder Ignoranz, tib. ma-rig-pa), wie Tsongkhapa es definiert, fügt keiner der anderen Geistesfaktoren seinen Objekten irgendwelche geistigen Fabrikationen (tib. spros-pa, Skt. prapañca) hinzu. Verfälschende Hinzufügung (oder geistige Hinzufügung bzw. Projektion, tib. sgro-’dogs) bedeutet, etwas hinzuzufügen, das nicht da ist.
Das Primärbewusstsein und die begleitenden Geistesfaktoren in jedem Moment der geistigen Aktivität haben fünf kongruente Kennzeichen (tib. mtshungs-ldan lnga). Gemäß der Vaibhashika-Auffassung von Vasubandhus „Schatzhaus spezieller Themen des Wissens“ (tib. Chos mngon-pa’i mdzod, Skt. Abhidharmakośa), welche auch in der Gelug-Darstellung des Prasangika-Madhyamaka vertreten wird, sind diese fünf kongruenten Kennzeichen wie folgt:
- Stütze (tib. rten) – sich auf denselben Sensor der Wahrnehmung (tib. dbang-po) stützen
- Objekt (tib. yul) – kognitiv auf dasselbe Objekt der Ausrichtung (tib. dmigs-yul) abzielen
- Aspekt (tib. rnam-pa) – dieselbe kognitive Erscheinung bzw. dasselbe geistige Hologramm entstehen lassen
- Zeit (tib. dus) – gleichzeitig entstehen, verweilen und vergehen
- Ursprungsquelle (oder Ursprungssubstanz, tib. rdzas) – aus ihren eigenen, individuellen Ursprungsquellen stammen, was sich auf ihre individuellen Tendenzen (oder Samen, tib. sa-bon) bezieht.
Das Primärbewusstsein und die zugehörigen Geistesfaktoren erzeugen also beide dasselbe geistige Hologramm desselben kognitiven Objekts, und beide setzen sich dabei kognitiv mit demselben Objekt auseinander. Die Art und Weise, wie sie das tun, ist jedoch unterschiedlich:
- Das Primärbewusstsein setzt sich mit dem Objekt auseinander, indem es lediglich seine Wesensnatur wahrnimmt
- Die Geistesfaktoren interagieren auf ihre eigene Weise mit dem Objekt, so dass die Wahrnehmung ihre eigenen Merkmale hat.
Würde das Primärbewusstsein fehlen, könnten die Geistesfaktoren allein nicht erkennen, was ihr Objekt ist – ein Anblick, ein Geräusch, ein Geruch, ein Geschmack, eine körperliche Empfindung oder ein geistiges Objekt. Nehmen wir das grobe Beispiel eines Mobiltelefons. Ohne Primärbewusstsein wäre das Gerät nicht in der Lage, den Audioteil des digitalen Codes einer App als etwas vom Videoteil Verschiedenes zu identifizieren und anzuzeigen. Ohne Geistesfaktoren, die diesen Prozess unterstützen, könnte das Gerät nicht auf den Code zugreifen, die Audiodaten von den Videodaten unterscheiden und Unterschiede in Lautstärke, Helligkeit und Kontrast des Bildes anzeigen.
Das Primärbewusstsein und die dazugehörigen Geistesfaktoren sind also unverzichtbare Bestandteile der geistigen Aktivität. Unabhängig von der Art der Erscheinung, welche die geistige Aktivität entstehen lässt, ist immer ein Zusammenschluss von Primärbewusstsein und Geistesfaktoren vorhanden, der geistige Hologramme hervorruft und sich geistig mit diesen auseinandersetzt.
Ebenen geistiger Aktivität
Es gibt drei Ebenen der Subtilität des Bewusstseins, die an der geistigen Aktivität beteiligt sind:
- Grobes Bewusstsein – Sinnesbewusstsein: immer nichtkonzeptuell
- Subtiles Bewusstsein – geistiges Bewusstsein, ob man wach ist, schläft, träumt oder im Koma ist: sowohl konzeptuell als auch nichtkonzeptuell
- Subtilstes Bewusstsein – Gewahrsein des klaren Lichts: immer nichtkonzeptuell
Alle drei Arten des Primärbewusstseins teilen die gleichen wesentlichen Merkmale der geistigen Aktivität und werden von bestimmten Geistesfaktoren begleitet. Alle drei haben keinen Anfang, und sowohl das grobe als auch das subtile Bewusstsein kommen mit dem Erreichen der Erleuchtung zu einem Ende. Lediglich das subtilste Bewusstsein setzt sich über die Erleuchtung hinaus fort und hat kein Ende.
Manifeste Wahrnehmung und schlafende Faktoren
Diese drei Bewusstseinsebenen unterscheiden sich auch darin, wann sie manifest sind und wann sie als schlafende Faktoren fortbestehen.
- Eine Art der Wahrnehmung ist manifest (tib. mngon-’gyur-ba), wenn sie in der Wahrnehmung auftaucht und die Person (tib. gang-zag) ein geistiges Hologramm, welches sie entstehen lässt, kognitiv als Objekt erfasst.
- Eine Art der Wahrnehmung ist ein schlafender Faktor (tib. bag-la nyal), wenn sie im Geisteskontinuum vorhanden ist, ohne Teil einer manifesten Wahrnehmung zu sein. Als solche kann sie lediglich als Tendenz (oder Samen, tib. sa-bon) vorhanden sein, die als nichtkongruente beeinflussende Variable eine Zuschreibung auf der Grundlage des geistigen Kontinuums ist. In solchen Fällen handelt es sich weder um eine Art, sich etwas gewahr zu sein, noch um eine Form physischer Phänomene.
Bei dieser Variablen – manifest oder schlafend – können wir folgende Unterschiede in den Bewusstseinsebenen feststellen:
- Das grobe Bewusstsein verbleibt im schlafenden Zustand, wenn wir schlafen, unter Narkose oder im Koma sind, und während der Bardo-Periode zwischen den Wiedergeburten.
- Sowohl das grobe als auch das subtile Bewusstsein sind am Zeitpunkt des Todes vor dem Bardo in schlafendem Zustand.
- Außer während des Zeitpunktes des Todes vor dem Bardo, während der eigentlichen Phase des klaren Lichts der Anuttarayoga-Tantra-Meditation und wenn es zur Erleuchtung kommt, verbleibt das subtilste Bewusstsein immer im schlafenden Zustand. Es liegt jedoch jedem Moment geistiger Aktivität zugrunde und erzeugt als solches eine ähnliche Erscheinung wie bei der Wahrnehmung der Leerheit: eine dunkelblaue Erscheinung, ähnlich dem Himmel bei der sogenannten falschen Dämmerung
Die Verteilung von Primärbewusstsein und Geistesfaktoren auf die fünf Aggregatfaktoren (Aggregate)
Die fünf Aggregatfaktoren (oder Aggregate, tib. phung-po lnga) sind ein Schema zur Beschreibung der sich ständig verändernden nichtstatischen Komponenten jedes Moments geistiger Aktivität. Sie können von sogenannten „flüchtigen Makeln” (tib. glo-bur-gyi dri-ma) „befleckt“ (tib. zag-bcas) oder „unbefleckt“ (tib. zag-med) sein, wie wir später sehen werden. Jeder Moment der geistigen Aktivität muss zumindest einen Faktor beinhalten, der in jedem der fünf enthalten ist.
Die an der Wahrnehmung beteiligten physischen Objekte sind alle in einem Aggregat enthalten:
- Formen physischer Phänomene, die als kognitive Objekte sowohl für die Sinneswahrnehmung als auch für die geistige Wahrnehmung dienen: Anblicke, Geräusche, Gerüche, Geschmäcker und körperliche Empfindungen
- Formen physischer Phänomene, die nur durch geistige Wahrnehmung erfasst werden können, wie Objekte in einem Traum
- Die Sensoren der Sinneswahrnehmung: lichtempfindliche Zellen der Augen, geräuschempfindliche Zellen in den Ohren usw.
- Der Körper oder – zumindest während des Todes und der Erleuchtung – der subtilste, lebenserhaltende Energiewind
Das Primärbewusstsein findet sich in einem weiteren, separaten Aggregat:
- Die sechs Arten des Primärbewusstseins
Die Geistesfaktoren verteilen sich auf die letzten drei Aggregatfaktoren:
- Das Empfinden verschiedener Grade von Glücklichsein (tib. tshor-ba).
- Das auseinanderhaltende Gewahrsein (tib. ’du-shes), mit dem man das definierende Merkmal eines Objekts der Wahrnehmung, das es von allem anderen unterscheidet, erfasst.
- Andere beeinflussende Variablen (tib. ’du-byed), zu denen alle anderen Geistesfaktoren plus die Person bzw. das konventionelle „Ich“ und andere nichtkongruente beeinflussende Variablen (tib. ldan-min ’du-byed) gehören, die weder Formen physischer Phänomene noch Weisen, sich etwas gewahr zu sein, sind.
Wahrnehmung muss also mindestens aus der Form eines physischen Phänomens, einer Art von Primärbewusstsein, den Geistesfaktoren des Empfindens und auseinanderhaltenden Gewahrseins und mindestens einem zusätzlichen Geistesfaktor aus dem Aggregat der anderen beeinflussenden Variablen bestehen. Das bedeutet, dass nicht alle Geistesfaktoren aus diesem letzten Aggregat in jedem Moment der geistigen Aktivität vorhanden sein müssen. Einige Geistesfaktoren müssen jedoch immer da sein, sonst könnte die geistige Aktivität ihre Funktion nicht erfüllen, welche darin besteht, geistige Hologramme von Objekten der Wahrnehmung entstehen zu lassen und sich dabei kognitiv mit diesen auseinanderzusetzen.
Geistesfaktoren, die für das Funktionieren der geistigen Aktivität unverzichtbar sind
Die fünf immer arbeitenden Geistesfaktoren
Einige Geistesfaktoren sind in jedem Moment der Wahrnehmung immer vorhanden, und diese sind die fünf immer arbeitenden Geistesfaktoren (tib. kun-’gro lnga). Jeder dieser fünf umfasst ein Spektrum von Möglichkeiten und verändert sich jeden Moment:
- Das Empfinden eines Grades von Glücklichsein, was ein Spektrum von extremem Unglücklichsein bis extremem Glücklichsein umfasst.
- Das Unterscheiden der definierenden Merkmale eines Objekts der Wahrnehmung, die es mit auseinanderhaltendem Gewahrsein von allem unterscheiden, was richtig oder falsch sein kann.
- Ein Drang (tib. sems-pa), der die geistige Aktivität dazu veranlasst, sich einem Objekt zuzuwenden oder in dessen Richtung zu gehen, und dieser kann von unterschiedlicher Intensität sein.
- Kontaktbewusstsein (tib. reg-pa), das unterscheidet, ob das Objekt der Wahrnehmung angenehm (tib. yid-du ’ong-ba), unangenehm oder neutral ist, und somit als Grundlage dafür dient, das Objekt mit einem Gefühl von Glücklichsein, Unglücklichsein oder Neutralität zu erleben, was ebenfalls von unterschiedlicher Intensität sein kann.
- Aufmerksam sein oder geistiges Aufnehmen (tib. yid-la byed-pa), was die geistige Aktivität mit einem Objekt zusammenbringt (tib. ’jug-pa), z.B. indem man dem Objekt ein gewisses Maß an Aufmerksamkeit schenkt (mit unterschiedlicher Intensität), sich auf eine bestimmte Weise auf das Objekt konzentriert (Wiederherstellen und Aufrechterhalten der Aufmerksamkeit usw.) oder das Objekt auf eine bestimmte Art und Weise betrachtet (übereinstimmend oder nicht übereinstimmend damit, wie es tatsächlich ist).
Diese fünf sind unverzichtbar, damit geistige Aktivität ihre Funktion erfüllen kann. Asanga erklärt Folgendes in seinem Werk „Anthologie spezieller Themen des Wissens (tib. Chos mngon-pa kun-las btus-pa, Skt. Abhidharmasamuccaya):
- Wir erleben ein Objekt nicht wirklich, es sei denn, wir empfinden einen gewissen Grad von Glücklichsein auf dem Spektrum von Glücklichsein, Neutralität und Unglücklichsein.
- Wir erfassen etwas innerhalb eines Sinnesfeldes oder unserer geistigen Landschaft nicht als Objekt der Wahrnehmung, es sei denn, wir erfassen ein charakteristisches Merkmal davon.
- Wir wenden uns einem Objekt der Wahrnehmung nicht einmal zu oder gehen in seine Richtung, wenn wir keinen Drang dafür haben.
- Wir haben keine Grundlage dafür, das Objekt mit einer Empfindung zu erleben, ohne das Kontaktbewusstsein, mit dem wir es als angenehm, unangenehm oder neutral unterscheiden.
- Wir befassen uns nicht wirklich mit dem jeweiligen Objekt, wenn wir ihm nicht ein gewisses Maß an Aufmerksamkeit schenken, selbst wenn dieses Maß sehr gering ist.
Die fünf bestimmenden Geistesfaktoren
Dann gibt es die fünf bestimmenden Geistesfaktoren (tib. yul-nges lnga), welche die geistige Aktivität befähigen, ihr Objekt entschieden und akkurat zu erfassen. Vasubandhu erklärt, dass diese jeden Moment der Wahrnehmung begleiten und definierte sie entsprechend, wohingegen sie laut Asanga lediglich konstruktive Wahrnehmungen begleiten, die ihre Objekte erfassen.
- Das Begreifen (tib. rtogs-pa) ist eine Wahrnehmung, die ihr Objekt akkurat und entschieden erfasst.
Wenn man geistige Aktivität im Zusammenhang mit den Aspekten akkurat/inakkurat, rein/unrein darstellt, ist Vasubandhus Erklärung vielleicht angemessener, da die Stärke dieser Faktoren ebenfalls variieren können.
- Absicht (tib. ’dun-pa) ist die Motivation (tib. kun-slong), ein beliebiges Objekt zu erlangen, ein bestimmtes Ziel zu erreichen oder etwas mit dem einmal erhaltenen Objekt bzw. erreichtem Ziel zu tun.
- Beachtung (tib. mos-pa) geht davon aus, dass das Objekt ein gewisses Maß an Qualitäten auf dem Spektrum von keinen Qualitäten bis hin zu allen Qualitäten hat – auf akkurate oder inakkurate Weise.
- Vergegenwärtigung (tib. dran-pa) ist der Geistesfaktor, mit dem man das wahrgenommene Objekt „festhält“, ohne es aus dem Fokus zu verlieren – das Spektrum reicht von stark bis schwach.
- Geistiges Fixieren (oder Konzentration, tib. ting-nge-’dzin) bedeutet, auf ein wahrgenommenes Objekt fixiert zu bleiben – das Spektrum reicht von stark bis schwach.
- Unterscheidendes Gewahrsein (oder Weisheit, tib. shes-rab), welches Vasubandhu intelligentes Gewahrsein (tib. blo-gros) nennt, unterscheidet auf entschiedene Weise, ob etwas wahr oder falsch, konstruktiv oder destruktiv usw. ist. Es fügt der Unterscheidung eines Objekts der Wahrnehmung ein gewisses Maß an Entschiedenheit hinzu, selbst wenn dieses Maß sehr schwach ist – auf richtige oder falsche Weise.
So können wir etwas fälschlicherweise für etwas anderes halten, z.B. Leid für Glück, und wir können eine Sache als etwas betrachten, das positive oder negative Eigenschaften hat, die es eigentlich nicht hat. Wir können etwas entschieden als wahr erkennen, obwohl es falsch ist, und dies kann mit unterschiedlichen Graden der Entschiedenheit stattfinden. Nichtsdestotrotz helfen die Geistesfaktoren Überlegung, Beachtung und unterscheidendes Gewahrsein der geistigen Aktivität bei der Erfüllung ihrer Funktion und sind unverzichtbar.
Alle Wesen, sowohl begrenzte Wesen (oder fühlende Wesen, tib. sems-can) als auch Buddhas, haben diese zehn Geistesfaktoren sowie das Primärbewusstsein als Teil jedes Moments ihrer Erfahrung, ohne Anfang und Ende. Dies ist der Fall unabhängig von der Erscheinung, die ihre geistige Aktivität entstehen lässt.
Technisch ausgedrückt sind all diese Komponenten gleichzeitig entstehende Ursachen (tib. lhan-cig ’byung-ba’i rgyu) geistiger Aktivität. Mit anderen Worten, das Primärbewusstsein und die zehn Geistesfaktoren entstehen gleichzeitig miteinander und gleichzeitig mit jeder Art von geistiger Aktivität und umfassen jeden Moment dieser Aktivität. Da sie das Funktionieren der geistigen Aktivität, zu der sie gehören, ermöglichen, sind sie in diesem Sinn deren Ursache. Anders als ein Samenkorn, das die Ursache eines Sprosses ist, existieren sie jedoch gleichzeitig mit der geistigen Aktivität, deren Ursache sie sind.
Hat ein Telefon geistige Aktivität?
Man könnte argumentieren, dass unser Mobiltelefon auch geistige Aktivität besitzt. Schließlich nimmt es über die Tastatur, die Kamera und das Mikrofon Informationen auf, verarbeitet diese und setzt sich somit gewissermaßen kognitiv mit ihnen auseinander. Ebenso generiert es Erscheinungen auf seinem Bildschirm und Töne aus dem Lautsprecher. Es kann sich auf bestimmte Worte fixieren und, wenn es aufmerksam bleibt, diese mit bestimmten Apps voneinander unterscheiden, und zwar auf entschiedene Weise und mit unterscheidendem Gewahrsein. Mit einer Absicht kann es diese Worte in eine andere Sprache übersetzen und mit künstlicher Intelligenz sogar lernen, sich zu verbessern. Unser Mobiltelefon kann sogar mit anderen Geräten kommunizieren. Trotz all dem besteht es den Test der geistigen Aktivität nicht, da es keine Informationen als angenehm oder unangenehm empfindet und sie auch nicht als Resultat seines vorherigen Verhaltens mit Glücklichsein oder Unglücklichsein erlebt.
Auch wenn sich manche Menschen mit ihren Handys identifizieren mögen – sie sind keine gültige Grundlage für die Zuschreibung einer Person. Nur Personen erleben Glücklich- oder Unglücklichsein als Resultat ihrer absichtlichen Handlungen, Handys nicht. Unser Handy fühlt sich nicht unglücklich, wenn seine Autokorrektur beim Schreiben einer Nachricht einen Fehler macht.
Hauptgewahrsein
Geistige Aktivität umfasst ebenso verschiedene Arten von Hauptgewahrsein (tib. gtso-sems). Ein Hauptgewahrsein ist eine Ansammlung oder ein Netzwerk aus einem Primärbewusstsein und bestimmten begleitenden Geistesfaktoren.
Die fünf Arten des tiefen Gewahrseins (fünf Weisheiten)
Die fünf Arten des Hauptgewahrseins sind ebenfalls unverzichtbar, damit die geistige Aktivität ihre Funktion erfüllen kann. Diese sind die fünf Arten des tiefen Gewahrseins (oder fünf Weisheiten, Buddha-Weisheiten, tib. ye-shes lnga). Sie sind eine Ansammlung aus Primärbewusstseins zusammen mit dem auseinanderhaltenden Gewahrsein und einer Reihe von anderen, immer funktionierenden oder objektbestimmenden Geistesfaktoren wie Aufmerksamkeit, Beachtung, Absicht und so weiter. Sie sind die grundlegendste Weise, in der geistige Aktivität Informationen verarbeitet.
Diese fünf sind:
- Spiegelgleiches tiefes Gewahrsein (tib. me-long ye-shes), bei dem die geistige Aktivität die grundlegenden Informationen über ihr Objekt aufnimmt, wie ein Spiegel oder ein Aufnahmegerät
- Gleichsetzendes tiefes Gewahrsein (tib. mnyam-nyid ye-shes), bei dem die geistige Aktivität mehrere Objekte als einander in gewisser Hinsicht gleichwertig wahrnimmt.
- Individualisierendes tiefes Gewahrsein (tib. so-sor ye-shes), mit dem die geistige Aktivität ihr Objekt als individuell und einzigartig wahrnimmt.
- Vollbringendes tiefes Gewahrsein (tib. don-grub ye-shes), mit dem geistige Aktivität ihr Objekt unter dem Aspekt wahrnimmt, wie man etwas damit Zusammenhängendes erreichen kann, oder unter dem Aspekt, was das Objekt tut.
- Tiefes Gewahrsein der Wirklichkeitsspähre (oder Dharmadhātu-Weisheit, tib. chos-dbyings ye-shes), mit dem die geistige Aktivität entweder die oberflächliche Wahrheit (oder Verdeckerwahrheit, konventionelle Wahrheit, tib. kun-rdzob bden-pa) ihres Objekts (was es konventionell zu sein scheint) oder seine tiefste Wahrheit (oder letztendliche Wahrheit, tib. don-dam bden-pa) (wie es existiert) wahrnimmt.
Diese fünf Arten des Hauptgewahrseins haben weder Anfang noch Ende. Je nach Intensität der Geistesfaktoren, aus denen sie bestehen, variieren sie in ihrer Wertigkeit. Für einen Buddha funktionieren diese fünf Arten des tiefen Gewahrseins in voller Effizienz. Obwohl Mobiltelefone ebenfalls die oben genannten fünf Faktoren erfüllen, qualifiziert sie das noch nicht als etwas, das geistige Aktivität besitzt.
Bodhichitta
Bodhichitta ist ein weiteres Beispiel für ein Hauptgewahrsein. Es beinhaltet ein geistiges Bewusstsein, das sich auf unsere eigene individuelle, noch nicht eingetretene Erleuchtung konzentriert als eine Zuschreibung auf der Grundlage der Faktoren der Buddha-Natur, die selbst eine Zuschreibung auf der Grundlage unseres Geisteskontinuums sind und das Erlangen der Erleuchtung für uns möglich machen.
- Relatives (oder konventionelles) Bodhichitta zielt auf unseren noch nicht eingetretenen Körper der Formen (oder Formkörper, Skt. rūpakāya) ab.
- Tiefstes Bodhichitta zielt auf unseren noch nicht eingetretenen Körper des tiefen allumfassenden Gewahrseins (oder Weisheits-Dharmakāya, Skt. jñānadharmakāya) und den Körper der essenziellen Natur (oder Naturkörper, Skt. svabhāvakāya) ab.
Beide Aspekte des Bodhichitta werden von der Absicht begleitet, die noch nicht eingetretene Erleuchtung zu erlangen und allen Wesen dadurch Nutzen zu bringen. Sie werden unterstützt durch die zusätzlichen Geistesfaktoren der Liebe, des Mitgefühls usw.
Zu den Faktoren der Buddha-Natur gehören:
- Der andauernde Faktor, nämlich die Leerheit (tib. stong-nyid, Skt. śūnyatā) der geistigen Aktivität: geistige Aktivität ist frei von unmöglichen Existenzweisen.
- Die zwei sich entwickelnden Faktoren, d.h. ein Netzwerk positiver Kraft (oder Ansammlung von Verdienst, tib. bsod-nams-kyi tshogs) aus in der Vergangenheit erbrachten konstruktiven Handlungen und ein Netzwerk des tiefen Gewahrseins (oder Ansammlung von Weisheit, tib. ye-shes-kyi tshogs).
- Der Faktor, der es der geistigen Aktivität ermöglicht, inspiriert und erhoben zu werden.
Diese Faktoren der Buddha-Natur im Geisteskontinuum einer jeden Person haben keinen Anfang. Ebenso anfangslos ist der Aspekt der beiden Netzwerke – ihre Fähigkeit, die verschiedenen Körper eines Buddhas (Buddha-Körper) hervorzubringen, wenn alle unterstützenden Bedingungen vollständig sind. Ebenso anfangslos ist die individuelle, noch nicht eingetretene Erleuchtung, die diesen Aspekten zugeschrieben wird, unterstützt sowohl durch die Leerheit als auch durch die Fähigkeit des geistigen Kontinuums, inspiriert und angehoben zu werden.
Die Entwicklung der Bodhichitta-Ausrichtung im individuellen Geisteskontinuum eines jeden Wesens und das Aufgeben dieser Ausrichtung haben keinen Anfang. Das Aufgeben von Bodhichitta hat jedoch ein Ende, wenn wir erstmalig zum letzten Mal Bodhichitta entwickeln und diese Entwicklung ununterbrochen zu unserer Erleuchtung führt. Da Bodhichitta mit der Buddhaschaft weitergeht – allerdings ohne die Absicht, Erleuchtung zu erlangen –, hat die Entwicklung von Bodhichitta, die ununterbrochen zur Erleuchtung führt, kein Ende. Wenn wir von jemandem lesen, der Bodhichitta zum ersten Mal entwickelt, bedeutet dies, dass derjenige es zum ersten Mal entwickelt, ohne es später aufzugeben.
Konzeptuelle und nichtkonzeptuelle Wahrnehmung
Ebenfalls anfangslos sind die beiden allgemeinsten Arten von geistiger Aktivität: konzeptuell (tib. rtog-bcas) und nichtkonzeptuell (tib. rtog-med).
- Bei konzeptueller Wahrnehmung, die immer mit dem geistigen Bewusstsein ist, lässt die geistige Aktivität statische Hörkategorien (tib. sgra-spyi) und/oder statische bedeutungsbezogene Kategorien/Objektkategorien (tib. don-spyi) entstehen. Durch das Medium dieser Kategorien nimmt die konzeptuelle Wahrnehmung das geistige Hologramm eines bestimmten Gegenstands wahr, welches sie ebenfalls entstehen lässt. Dabei ordnet sie den Gegenstand in diese Kategorien ein, als wäre ihre Existenz wahrhaft als in diese Kategorie gehörend erwiesen.
- Nichtkonzeptuelle Wahrnehmung erfasst die geistigen Hologramme, die sie hervorbringt, direkt, ohne das Medium einer Kategorie.
Die Kategorien, durch die die konzeptuelle Wahrnehmung (tib. rtog-pa) seine beteiligten Objekte (tib. ’jug-yul) erfasst, sind verfälschende Hinzufügungen. Zum Beispiel ist die Kategorie „Tisch“, durch die die konzeptuelle Wahrnehmung einen bestimmten Tisch als ihr beteiligtes Objekt erkennt, eine solche verfälschende Hinzufügung. Sie fügt dem einzelnen Tisch etwas hinzu, das nicht von Natur aus vorhanden ist – nämlich, dass er zur statischen Kategorie „Tisch“ gehört – so wie man eine Feder an das Ende eines Pfeils anbringt.
Sieben Arten der Wahrnehmung von Objekten
Sowohl konzeptuelle als auch nichtkonzeptuelle Wahrnehmung können akkurat oder inakkurat und entschieden oder unentschieden sein. Je nach den verschiedenen Permutationen dieser beiden Faktoren (Korrektheit und Entschiedenheit) unterscheidet man sieben Arten der Wahrnehmung von Objekten, die in geistiger Aktivität auftreten können.
Akkurat oder inakkurat, aber immer entschieden
Zwei Arten, Objekte zu erkennen, die erscheinen können, sind entweder akkurat oder inakkurat, aber immer entschieden:
- Einfache Wahrnehmung (tib. mngon-sum), die laut der Gelug-Prasangika-Darstellung eine Wahrnehmung ist, die sich nicht auf eine Argumentationskette stützt und entweder konzeptuell oder nichtkonzeptuell sein kann. Gemäß dem Sautrantika-System ist sie immer nichtkonzeptuell und sollte daher in diesem Kontext besser als „bloße Wahrnehmung“ übersetzt werden.
- Schlussfolgernde Wahrnehmung (tib. rjes-dpag), die sich auf eine Argumentationskette stützt und immer konzeptuell ist.
Wenn entweder die einfache oder die schlussfolgernde Wahrnehmung sowohl akkurat als auch entschieden ist, wird sie als Begreifen (tib. rtogs-pa) des Objekts bezeichnet, was gleichbedeutend mit gültiger Wahrnehmung (tib. tshad-ma) ist.
Wenn einfache Sinneswahrnehmung, die immer nichtkonzeptuell ist, inakkurat ist, liegt das daran, dass sie z.B. basierend auf geistiger Trübheit oder defekten Sensoren der Wahrnehmung beruht, wie beispielsweise bei Schwerhörigkeit oder etwas Externem wie nebliges Wetter.
Ist schlussfolgernde Wahrnehmung inakkurat, liegt das daran, dass sie auf einer fehlerhaften Argumentationskette beruht.
- Ist sie inakkurat, erfasst die einfache oder schlussfolgernde Wahrnehmung ihren Gegenstand nicht und ist keine gültige Art der Wahrnehmung.
Das Sautrantika-Lehrsystem sieht eine dritte Art der Wahrnehmung eines Objekts vor, die ebenfalls immer entschieden ist und entweder genau oder ungenau sein kann. Es handelt sich dabei um die nachfolgende Wahrnehmung (tib. bcad-shes), d.h. die Abfolge von Momenten der Wahrnehmung von etwas nach dem anfänglichen Moment der bloßen oder schlussfolgernden Wahrnehmung davon. Da es sich dabei nicht mehr um eine frische (tib. gsar) Wahrnehmung des Objekts handelt, kann sie niemals eine gültige Erkenntnis sein, selbst wenn sie akkurat und entschieden ist. Das Prasangika-System lehnt diese Art der Wahrnehmung ab, da in Übereinstimmung mit dessen Erklärung dazu, wie alle Phänomene existieren, jeder Moment der Wahrnehmung frisch ist.
Akkurat oder inakkurat, aber immer unentschieden
Die drei Arten, Objekte wahrzunehmen, die entstehen können, können akkurat oder inakkurat sein, sind aber immer unentschieden:
- Vermutung (tib. yid-dpyod)
- Unentschlossenes Schwanken (tib. the-tshoms)
- Unentschiedene Wahrnehmung (tib. snang-la ma-nges-pa)
Entschieden oder unentschieden, aber immer inakkurat
Eine Art der Wahrnehmung, die auftreten kann, kann entweder entschieden oder unentschieden sein, ist aber immer inakkurat. Dies ist die verzerrte Wahrnehmung (tib. log-shes).
Zusammenfassung
Unabhängig von der Art und Weise, wie sie ihre Objekte erfassen, gehen all diese Arten der Wahrnehmung nicht über das hinaus, was in der wesentlichen Natur der geistigen Aktivität liegt. Jede von ihnen ist lediglich ein Beispiel für das Entstehen und die kognitive Auseinandersetzung mit einem geistigen Hologramm. Als solche haben auch sie keinen Anfang. Da Wahrnehmung entweder akkurat oder inakkurat und entschieden oder unentschieden sein kann, sind Korrektheit und Entschiedenheit nicht Teil der wesentlichen Natur der geistigen Aktivität. Sie können durch die Korrektheit und Entschiedenheit einer gültigen Wahrnehmung für immer ersetzt und beseitigt werden.
Gültige Wahrnehmung wird durch die drei von Chandrakirti genannten Kriterien bestimmt. Diese werden später im Zusammenhang mit der Darstellung von akkuraten und inakkuraten Erscheinungen erläutert.