Unterschiede von Neigungen und Gewohnheiten gemäß Gelug

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Allgemeine Bestimmung

Gewohnheiten (bag-chags) sind latente, nicht-statische Faktoren (bag-la nyal), die weder ein physisches Phänomen noch eine Art von Bewusstsein sind. Sie sind also Einflussvariablen, die nicht mit einer dieser Kategorien kongruent sind (ldan-min ‘du-byed).

Außerdem wird „Gewohnheit“ als allgemeiner Begriff sowohl für Tendenzen (sa-bon, Samen, Vermächtnisse) als auch für Gewohnheiten verwendet. Nur die Mahayana-Lehrsysteme betrachten Tendenzen und Gewohnheiten als zwei unterschiedliche Kategorien von Gewohnheiten. Hier werden wir nur über die Mahayana-Systeme sprechen und von den verschiedenen tibetischen Interpretationen, die es davon gibt, nur über diejenige der Gelug-Tradition. Zudem werden wir innerhalb der Gelug-Tradition gelegentlich auf Punkte hinweisen, bei denen es sich um spezifische Behauptungen bestimmter Traditionen von Lehrbüchern handelt, nämlich der Tradition der von Panchen und der von Jetsunpa verfassten Lehrbücher.

Ferner gibt es

  1. Gewohnheiten aus karmischen Handlungen, die karmische Reifungen entstehen lassen,
  2. Gewohnheiten aus Erfahrungen, die Erinnerung auftreten lassen und
  3. Gewohnheiten, die zu den beiden Arten von Schleiern gehören. Hier werden wir nur über die dritte Art sprechen.

Unterscheidung nach den Arten von Schleiern

  • Die emotionale Schleier (nyon-sgrib) – d.h. diejenigen Schleier, die störende Emotionen und Geisteshaltungen sind und die die Befreiung verhindern – beinhalten sowohl Tendenzen als auch Gewohnheiten.
  • Genauer gesagt: Diejenigen der emotionalen Schleier, die doktrinär bedingt sind (kun-brtags), beinhalten nur Tendenzen. Die automatisch entstehenden (lhan-skyes) Schleiern beinhalten sowohl Tendenzen als Gewohnheiten. Doktrinär bedingte Schleier entstehen daraus, dass man fehlerhafte Ansichten eines nicht-buddhistischen indischen Lehrsystems lernt und annimmt. Das Prasangika-System vertritt den Standpunkt, dass sie auch daraus entstehen können, dass man Ansichten eines anderen buddhistischen Lehrsystem, das nicht dem Prasangika-System entspricht, lernt und annimmt. Automatisch entstehende Schleier entstehen auf natürliche Weise, sogar bei Tieren, ohne dass man sich mit irgendwelchen Lehrsystemen befasst hat.
  • Die Tendenzen der emotionalen Schleier werden zu den emotionalen Schleiern gerechnet.
  • Außer gemäß dem Yogachara-Svatantrika-System nach Panchen-Lehrbuch-Tradition gehören die Gewohnheiten der automatisch entstehenden emotionalen Schleier zu den kognitiven Schleiern. Das Yogachara-Svatantrika-System gemäß den Lehrbüchern von Panchen zählt sie zu den emotionalen Schleiern. Gemäß allen Systemen außer dem des Prasangika beinhalten die kognitiven Schleier (shes-sgrib) – d.h. die Schleier, welche die Erkenntnisobjekte betreffen und die Allwissenheit verhindern – nur Gewohnheiten. Das gilt sowohl für die doktrinär bedingten kognitiven Schleier als auch für die automatisch entstehenden. Die Gewohnheiten zählen zu den kognitiven Schleiern. Gemäß dem Prasangika-System hingegen sind die kognitiven Schleier nichts anderes als Gewohnheiten; es ist also nicht so, dass Gewohnheiten dazugezählt werden.\Gemäß allen Systemen außer dem des Prasangika sind die Gewohnheiten der doktrinär bedingten kognitiven Schleier erworbene Gewohnheiten, und die Gewohnheiten der automatisch entstehenden kognitiven Schleier sind Gewohnheiten, die seit jeher bestehen. Gemäß dem Prasangika-System werden die kognitiven Schleier nicht in doktrinär bedingte und automatisch entstehende unterteilt. Dies liegt darin begründet, dass gemäß diesem System eben die kognitiven Schleier ausschließlich die anfangslosen Gewohnheiten der automatisch entstehenden emotionalen Schleier sind.
Emotionale Schleier Kognitive Schleier
Panchen Yogachara Svatantrika Tendenzen von dE
Tendenzen von aE
anfangslose Gewohnheiten von aE
erworbene Gewohnheiten von dK
anfangslose Gewohnheiten von aK
Alle anderen Systeme mit Ausnahme des Prasangika Tendenzen von dE
Tendenzen von aE
erworbene Gewohnheiten von dK
anfangslose Gewohnheiten von aK
anfangslose Gewohnheiten von aE
Prasangika Tendenzen von dE
Tendenzen von aE
anfangslose Gewohnheiten von aE

Abkürzungen:

d = doktrinär bedingt
a = automatisch entstehend
E = emotionale Schleier
K = kognitive Schleier

Unterscheidung nach dem Zeitpunkt, an dem die Ergebnisse hervorgebracht werden

Tendenzen können, solange man nicht ihre wahre Beendigung (gog-bden) erreicht hat,

  • gelegentlich
  • oder kontinuierlich

Ergebnisse hervorbringen.

Tendenzen, die ihre Ergebnisse gelegentlich hervorbringen, können dies auf folgende Weise tun:

  • ohne einen Anfang, indem sie wiederholt zu bestimmten Zeiten und nur in einigen Leben reaktiviert werden. Wenn sie reaktiviert sind, bringen sie ihre Ergebnisse nur gelegentlich hervor, bis sie am Ende des entsprechenden Lebens zeitweilig aufhören, Ergebnisse hervorzubringen, und dann zu irgendeinem Zeitpunkt in einem anderen Leben reaktiviert werden.
  • mit einem Anfang in einem bestimmten Leben und dann gelegentlich in diesem Leben und in allen zukünftigen Leben,
  • ohne einen Anfang nur gelegentlich im Laufe eines jeden Lebens.

Wir werden die erste Art „wiederholt reaktivierte gelegentliche Tendenzen während einiger Leben“ nennen, die zweite Art „für alle folgenden Leben neu erworbene gelegentliche Tendenzen“ und die dritte Art „anfangslose gelegentliche Tendenzen in allen Leben.“

Tendenzen, die ihre Ergebnisse kontinuierlich entstehen lassen, können dies auf folgende Weise tun:

  • ohne Anfang, indem sie jedoch nur in einigen Leben wiederholt zu irgendeinem Zeitpunkt reaktiviert werden. Wenn sie einmal reaktiviert sind, lassen sie ihre Ergebnisse kontinuierlich entstehen, bis sie am Ende des entsprechenden Lebens zeitweilig aufhören, Ergebnisse entstehen zu lassen, und danach zu irgendeinem Zeitpunkt in einem anderen Leben reaktiviert werden. Oder aber
  • kontinuierlich ohne Anfang.

Wir wollen die erste Art als „wiederholt reaktivierte ständige Tendenzen während einiger Leben“ bezeichnen, und die zweite als „anfangslose ständige Tendenzen in allen Leben.“

Gewohnheiten können, bis wir ihre wahre Beendigung erreichen, ihre Ergebnisse auf folgende Weise kontinuierlich hervorbringen:

  • ohne Anfang, indem sie jedoch nur in einigen Leben wiederholt zu irgendeinem Zeitpunkt reaktiviert werden. Wenn sie einmal reaktiviert sind, lassen sie ihre Ergebnisse kontinuierlich entstehen, bis sie am Ende des jeweiligen Lebens zeitweilig aufhören, ihre Ergebnisse hervorzubringen, und danach zu irgendeinem späteren Zeitpunkt in einem anderen Leben reaktiviert werden. Oder aber
  • kontinuierlich ohne Anfang.

Wir wollen die erste Art „wiederholt reaktivierte ständige Gewohnheiten während einiger Leben“ nennen, und die zweite Art „anfangslose ständige Gewohnheiten in allen Leben.“

Beispiele für die verschiedenen Arten von Tendenzen

Um die Erläuterung zu erleichtern, wollen wir die Tendenzen von störenden Emotionen anhand der Tendenz der Anhaftung darstellen.

Wiederholt reaktivierte gelegentliche Tendenzen während einiger Leben

Die Tendenz der doktrinär bedingten Anhaftung (dod-chags kun-btags) lässt die doktrinär bedingte Anhaftung entstehen. Sie beginnt nur dann, diese entstehen zu lassen, wenn wir zu irgendeinem Zeitpunkt in irgendeinem Leben die Behauptung eines nicht-buddhistischen indischen Lehrsystems lernen und akzeptieren, dass Personen eine „Seele” haben – und zwar gemäß einer groben Vorstellung davon (gang-zag-gi bdag rags-pa) und auf eine Weise, die unmöglich existieren kann – und infolgedessen Anhaftung an dieses System entwickeln. Es gibt allerdings kein erstes Leben, in dem diese Tendenz festgelegt wird. Dies liegt darin begründet, dass alle indischen Lehrsysteme die anfangslose Wiedergeburt vertreten, und somit gab es kein „erstes Mal“, an dem ihre Systeme gelehrt wurden.

Während des Lebens, in dem sie reaktiviert wurde, lässt die Tendenz dann gelegentlich die doktrinär bedingte Anhaftung entstehen. Am Ende dieses Lebens hört sie zeitweilig auf, die Anhaftung an das falsche Lehrsystem hervorzubringen. Die Tendenz beginnt nur dann wieder, diese Art von Anhaftung gelegentlich entstehen zu lassen, wenn sie irgendwann in einem anderen Leben reaktiviert und verstärkt wird, indem man noch einmal die Behauptung lernt und annimmt, dass Personen eine „Seele” haben – die grobe Vorstellung ihrer Existenz, die von einem nicht-buddhistischen indischen Lehrsystem vertreten wird, die es aber unmöglich geben kann. Auch am Ende jenes Lebens hört sie auf, gelegentlich doktrinär bedingte Anhaftung zu produzieren.

Gemäß dem Prasangika-System entsteht diese Art von Tendenz auch, wenn wir eine Ansicht von wahrhafter Existenz (bden-grub) lernen und akzeptieren, wie sie von einem niedrigeren buddhistischen Lehrsystem vertreten wird.

Neu erworbene gelegentliche Tendenzen für alle folgenden Leben

Diese Art von Tendenzen wird nur vom Prasangika-System vertreten.

Im Fall von Personen, die vom Lehrsystem her Shravaka-Arhats sind (grub-mtha’ nyan-thos dgra-bcom-pa), bringen die Tendenzen von automatisch entstehender Anhaftung eine subtile automatisch entstehende Anhaftung (dod-chags phra-mo) hervor. „Personen, die vom Lehrsystem her Shravaka-Arhats sind“ sind diejenigen, die zwar mit unbegrifflicher Wahrnehmung erkennen, dass es keine eigenständig erkennbare „Seele” der Person gibt (gang-zag-gi rang-rkya thub-‘dzin-pa’i rdzas-yod-ki bdag-med), wie sie von einer der niedrigeren buddhistische Lehrsysteme vertreten wird, denen es aber an der unbegrifflichen Wahrnehmung der Leerheit von wahrer Existenz fehlt, wie sie im Gelug-Prasangika-System definiert wird. Diese Tendenzen beginnen, während der ersten nachfolgenden Phase der Erlangung bestimmter Wahrnehmungen (rjes-thob, Periode der Nachmeditation), nachdem diese Praktizierenden die Arhatschaft gemäß dem Shravaka-Lehrsystem erlangt haben, gelegentlich subtile automatisch entstehende Anhaftung hervorzubringen. Den Rest dieses Lebens hindurch und in jedem folgenden Leben lassen sie weiterhin die subtile automatisch entstehende Anhaftung entstehen, und zwar nur gelegentlich, außer während Perioden völliger Vertiefung (mnyam-bzhag) in die Nicht-Existenz einer eigenständig erkennbaren „Seele” der Person, wie sie von einem der niedrigeren buddhistischen Lehrsysteme vertreten wird. Während solcher Perioden der Vertiefung lassen sie keinerlei subtile automatisch entstehende Anhaftung aufkommen.

Dass die subtile automatisch entstehende Anhaftung in Perioden wieder auftritt, bei denen es sich nicht um völlige Vertiefung in die Nicht-Existenz einer eigenständig erkennbaren „Seele” der Person handelt – wie sie von einem der niedrigeren buddhistischen Lehrsysteme definiert wird, aber unmöglich vorhanden sein kann -, entspricht der Lehre des Prasangika-Systems über das Nirvana mit Überrest (lhag-bcas myang-‘das) und das Nirvana ohne Überrest (lhag-med myang-‘das, parinirvana).

  • Subtile störende Emotionen sind solche, die nur auf der Grundlage von Greifen nach wahrer Existenz und auf der Grundlage von doktrinär bedingtem und automatisch entstehendem Greifen nach einer eigenständig erkennbaren „Seele” der Person entstehen, wie sie vom Prasangika vertreten wird, ohne dass sie auch auf dem automatisch entstehenden Greifen nach einer eigenständig erkennbaren „Seele“ der Person basieren, wie sie von einem der niedrigeren buddhistischen Lehrsysteme vertreten wird.
  • Man beachte, dass gemäß den niedrigeren buddhistischen Lehrsystemen das Greifen nach einem eigenständig erkennbaren Selbst ausschließlich automatisch entsteht. Es wird nicht erworben, indem man die Behauptungen über das Selbst lernt und akzeptiert, die von den nicht-buddhistischen Lehrsystemen aufgestellt werden.
  • Gemäß der Sicht des Prasangika-Systems tritt das Nirvana ohne Überrest (lhag-bcas myang-‘das) während der völligen Vertiefung eines Aryas in die Leerheit auf, wenn es keine Erscheinung irgendeiner unmöglichen Existenzweise oder irgendein Greifen danach gibt. Nirvana mit Überrest (lhag-med myang-‘das, parinirvana) tritt auf, (1) während sich ein Arya auf unbegriffliche Weise völlig in irgendetwas anderes als die Leerheit vertieft, (2) während der Meditation der nachfolgenden Erlangung bestimmter Wahrnehmungen oder (3) während Perioden zwischen den Meditationen. Während dieser Zeiten gibt es ein Hervorbringen von Erscheinungen unmöglicher Existenzweisen und das Greifen nach einer derartigen Existenzweise.

Anfangslose gelegentliche Tendenzen in allen Leben

Die Tendenz der automatisch entstehenden Anhaftung (‘dod-chags lhan-skyes) lässt die automatisch entstehende Anhaftung nur gelegentlich entstehen, jedoch anfangslos durch alle Leben hindurch.

Wiederholt reaktivierte ständige Tendenzen während mancher Leben

Die Tendenz des doktrinär bedingten Greifens nach einer groben unmöglichen Seele” der Person – wie sie unmöglich existieren kann und gemäß grober Vorstellung – beginnt nur dann dieses Greifen hervorzurufen, wenn wir zu irgendeinem Zeitpunkt in irgendeinem Leben die Behauptung eines nicht-buddhistischen indischen Lehrsystems, es gäbe eine solche „Seele” der Person, lernen und akzeptieren. Es gibt allerdings kein Leben, in dem die Tendenz zum ersten Mal festgelegt wird. Während dieses Lebens lässt sie dann kontinuierlich doktrinär bedingtes Greifen nach einer derartigen „Seele” der Person entstehen. Die übrige Beschreibung entspricht derjenigen für die doktrinär bedingte Anhaftung.

Gemäß dem Prasangika-System trifft dieselbe Beschreibung auf das doktrinär bedingte Greifen nach wahrer Existenz (bden-‘dzin kun-btags) zu.

Anfangslose ständige Tendenzen in allen Leben

Die Tendenz des automatisch entstehenden Greifens nach einer subtilen „Seele” der Person (gang-zag-gi bdag-‘dzin phra-mo lhan-skyes) lässt das automatisch entstehende Greifen nach einer subtilen „Seele” der Person kontinuierlich ohne Anfang durch alle Leben hindurch entstehen. Die einzige Ausnahme ist der Zeitraum während der unbegrifflichen völligen Vertiefung in die Leerheit von einer subtilen „Seele” der Person, während dessen es noch nicht einmal das Hervorbringen von Erscheinungen einer solchen unmöglichen „Seele” gibt.

Gemäß dem Prasangika-System trifft dieselbe Beschreibung auf die Tendenz des automatisch entstehenden Greifens nach wahrer Existenz (bden-‘dzin lhan-skyes) zu.

Beispiele für die verschiedenen Arten von Gewohnheiten

Wiederholt reaktivierte ständige Gewohnheiten während einiger Leben

Diese Art von Gewohnheiten wird nur von Systemen vertreten, die nicht dem Prasangika entsprechen.

Die reaktivierte Gewohnheit des doktrinär bedingten Greifens nach einer unmöglichen „Seele“ der Phänomene lässt das doktrinär bedingte Greifen nach einer unmöglichen „Seele“ der Phänomene entstehen. Sie beginnt nur dann, dieses hervorzubringen, wenn wir zu irgendeinem Zeitpunkt irgendeines Lebens die Behauptung eines nicht-buddhistischen indischen Lehrsystems lernen und akzeptieren, dass es eine solche Art unmöglicher „Seele“ gibt. Es gibt allerdings kein Leben, in dem diese Gewohnheit zum ersten Mal festgelegt wird. Während dieses Lebens lässt sie dieses Greifen dann kontinuierlich entstehen, außer während der unbegrifflichen völligen Vertiefung in die Leerheit von einer „Seele”, wie sie unmöglich existieren kann.

Am Ende dieses Lebens hört die reaktivierte Gewohnheit zeitweilig auf, dieses doktrinär bedingte Greifen hervorzubringen. Die Gewohnheit beginnt nur dann wieder, kontinuierlich dieses Greifen hervorzubringen, wenn sie zu irgendeinem Zeitpunkt in einem anderen Leben reaktiviert und verstärkt wird, indem man erneut die Ansicht, es gäbe eine unmögliche „Seele” der Phänomene, die von einem nicht-buddhistischen indischen Lehrsystem vertreten wird, lernt und annimmt. Auch am Ende jenes Lebens hört sie wieder auf, dieses Greifen kontinuierlich entstehen zu lassen.

Anfangslose ständige Gewohnheiten in allen Leben

Gemäß den Systemen, die nicht dem Prasangika angehören, bringen die anfangslosen Gewohnheiten der automatisch entstehenden Anhaftung kontinuierlich ohne Anfang die Fesselung an den Daseinskreislauf hervor. Die einzige Ausnahme besteht nur zeitweilig während der unbegrifflichen völligen Vertiefung in die Leerheit von einer subtilen unmöglichen „Seele” der Person.

Gemäß der Sicht der Panchen-Lehrbuchtradition vertreten die Nicht-Prasangika-Systeme, dass die anfangslosen Gewohnheiten des automatisch entstehenden Greifens nach einer subtilen unmöglichen „Seele“ der Person kontinuierlich und ohne Anfang sowohl die Fesselung an den Daseinskreislauf als auch das Hervorbringen der Erscheinung einer subtilen unmöglichen „Seele“ einer Person bewirken. Aus der Sicht der Jetsunpa-Lehrbuchtradition bringen sie auch das unterschwellige (bag-la nyal) automatisch entstehende Greifen nach einer subtilen unmöglichen „Seele” der Person hervor. Die Ausnahmen davon sind dieselben wie diejenigen, die für die anfangslosen ständigen Gewohnheiten der automatisch entstehenden Anhaftung gelten.

Gemäß allen Lehrsystemen lassen die anfangslosen Gewohnheiten des automatisch entstehenden Greifens nach einer unmöglichen „Seele” aller Phänomene kontinuierlich ohne Anfang die Hervorbringung von Erscheinungen einer unmöglichen „Seele” aller Phänomene entstehen, außer während der unbegrifflichen völligen Vertiefung in die Leerheit von einer derartigen „Seele“. Dieses Hervorbringen von Erscheinungen ist in dem Sinne dualistisch, dass die Erscheinung, wie alle Phänomene existieren (snang-tshul), anders ist als die Art, wie sie bestehen (gnas-tshul), d.h. die Art, wie sie tatsächlich existieren. Durch das Hervorbringen dualistischer Erscheinungen beinhalten diese anfangslosen ständigen Gewohnheiten auch einen Täuschungen verursachenden Bestandteil (gnyis-snang-gi 'khrul-cha). Dieser Bestandteil wirkt ohne Anfang kontinuierlich dahingehend, dass das gleichzeitige Erkennen der beiden Wahrheiten irgendeines Phänomens verhindert wird.

Gemäß dem Prasangika-System wirken die anfangslosen ständigen Gewohnheiten der automatisch entstehenden Anhaftung als Umstand, der kontinuierlich den „Mangel an Klarheit“ (gsal-ba med-pa) des geistigen Kontinuums, dem sie aufgeprägt sind, mit aufrechterhält. In diesem Kontext bedeutet „Mangel an Klarheit“ die Unfähigkeit des geistigen Kontinuum, die beiden Wahrheiten irgendeines Phänomens gleichzeitig auftreten zu lassen.

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