SEE Learning: Unsere Emotionen verstehen

Soziales, emotionales und ethisches Lernen, Emory University, gekürzte Fassung

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Soziales, emotionales und ethisches (SEE) Lernen ist ein Programm, das an der Emory University im Center for Contemplative Science and Compassion-Based Ethics entwickelt wurde. Es ist darauf ausgerichtet, emotional gesunde und ethisch verantwortungsbewusste Individuen, soziale Gruppen und Gemeinschaften zu fördern. In diesem ersten Teil: SEE Learning: Unsere Emotionen verstehen, lernen wir, wie wir unsere Emotionen steuern und mit ihnen umgehen.

Einführung

SEE Learning wurde entwickelt, um uns in drei Bereichen unseres Lebens behilflich zu sein: dem persönlichen, dem sozialen und dem emotionalen. Diese drei Bereiche können unabhängig voneinander und in jeder beliebigen Reihenfolge angegangen werden; wollen wir jedoch lernen, uns um die Bedürfnisse anderer, sowie um die größerer Gemeinschaften – und sogar der gesamten Welt – zu kümmern, ist es zunächst notwendig, uns unserer eigenen Bedürfnisse und dem eigenen inneren Leben anzunehmen.

Dies tun wir, indem wir „emotionale Kompetenz“ entwickeln. Das bezieht sich auf die Fähigkeit, Emotionen und deren Auswirkungen auf uns und andere zu erkennen und zu identifizieren. Dieses Erkennen erlaubt uns, unsere Emotionen erfolgreich zu steuern. Letztendlich ermöglicht uns emotionale Kompetenz, reaktives und impulsives Verhalten, das uns selbst und anderen schaden könnte, zu unterlassen, während wir gleichzeitig über die nötige mentale Ruhe für fundierte Entscheidungen verfügen, die langfristig gesehen in unserem eigenen Interesse liegen. Emotionale Kompetenz stellt damit eine wesentliche Fähigkeit für unser Gedeihen dar.

Gewahrsein, Mitgefühl und Engagement im persönlichen Bereich

Beim SEE Learning geht es darum, die drei Kompetenzen des Gewahrseins, Mitgefühls und Engagements, die auch als „Dimensionen“ bezeichnet werden, zu pflegen. Diese Dimensionen kommen zusammen und sorgen für Wissen, Fertigkeiten und Motivation, um mit den eigenen persönlichen Problemen umzugehen, einer zunehmend komplexen Welt gegenüberzutreten und ein verantwortungsbewusster Welt-Bürger zu werden. Im persönlichen Bereich betrachtet man die drei Dimensionen aus drei Perspektiven:

  • Aufmerksamkeit und Selbstwahrnehmung
  • Selbstmitgefühl
  • Selbst-Regulierung

Aufmerksamkeit und Selbstwahrnehmung beziehen sich darauf, Aufmerksamkeit zu kultivieren und sie zu nutzen, um sich psychischer und physischer Zustände bewusster zu werden. Hierbei geht es darum, ein persönliches Verständnis von Emotionen mit einer „Landkarte des Geistes“ zu entwickeln. Mit dem Selbstmitgefühl lernen wir, unsere Gefühle und Emotionen zu untersuchen und versuchen dann, sie in ihrem größeren Kontext zu verstehen. Dazu gehört das Erforschen, wie unsere Emotionen aus verschiedenen Ursachen und Bedingungen entstehen, was dann zu größerer Selbst-Akzeptanz führen kann. Mit der Erkenntnis, die wir aus den ersten zwei Perspektiven gewonnen haben, widmen wir uns schließlich der Selbst-Regulierung, um unsere Impulse zu kontrollieren und somit unsere Fähigkeit zu verbessern, konstruktiv auf die täglichen Herausforderungen des Lebens zu erwidern.

Diese Themen des persönlichen Bereiches können als Ganzes als das Kultivieren von emotionaler Kompetenz betrachtet werden. Ohne diese Fähigkeit, den komplexen inneren Bereich unseres Geistes und der Emotionen steuern zu können, ist es so gut wie unmöglich, die tiefsitzenden, selbstzerstörerischen Gewohnheitsmuster zu überwinden, was unsere Kapazität der Selbstbeherrschung und sogar der Freiheit einschränkt. Die spezifischen Werkzeuge und Fertigkeiten, die wir durch die Selbst-Kultivierung entwickeln, sind alles andere als egoistisch und können dazu dienen, emotionale Entgleisungen bzw. Störungen zu vermeiden und stattdessen auf eine Weise zu handeln, so dass wir das Leben meistern und erfolgreich sein können. Sehen wir uns die drei Perspektiven etwas genauer an.

Aufmerksamkeit und Selbstwahrnehmung

Das Ziel im persönlichen Bereich besteht darin, in der Lage zu sein, ein direktes, persönliches Gewahrsein dessen, was unser Körper und Geist uns sagt, mit dem was wir über Körper und Geist an Wissen erworben haben, zu kombinieren. So lernen wir beispielsweise Wut in unserer eigenen Erfahrung zu erkennen, indem wir unseren Gefühlen und Emotionen Aufmerksamkeit schenken, während wir ein intellektuelles Verständnis davon haben, was Wut ist, warum sie auftritt und wie sie gelindert werden kann. Diese Kombination der direkten Erfahrung und des erlernten Wissens ist der erste Schritt in Richtung emotionale Kompetenz.
Aufmerksamkeit und Selbstwahrnehmung erfordern drei Fähigkeiten:

  • Wahrnehmung von Körper und Empfindungen
  • Wahrnehmen von Emotionen und Gefühlen
  • Folgen einer Landkarte des Geistes

Wahrnehmung von Körper und Empfindungen

Wir beginnen damit, dem, was in unserem Körper auf der Ebene der Empfindungen geschieht, Aufmerksamkeit zu schenken. Der Körper ist eine kontinuierliche Informationsquelle in Bezug auf den Zustand unseres Nervensystems. Emotionen werden im allgemeinen von Veränderungen im Körper begleitet, wie Herzfrequenz, Anspannung oder Entspannung der Muskeln, Wärme- oder Kältegefühle usw. Daher kann uns die Wahrnehmung dessen, was im Körper geschieht, oft schneller über unseren emotionalen Zustand informieren, als wenn ausschließlich auf die psychischen Aspekte der Erfahrung geachtet wird.
Indem wir durch das Wahrnehmen der Empfindungen im Körper auf unser Nervensystem achten, lernen wir allmählich die Zeichen von Stress und Wohlergehen zu deuten. Wir werden beginnen schneller zu bemerken, wenn wir uns in einem Zustand von Hyperarousal bzw. Über-Erregung (Angst, übermäßige Wut, Aufregung) oder Hypoarousal bzw. Unter-Erregung (Lethargie, Niedergeschlagenheit) befinden. Dieses Gewahrsein ist der erste Schritt, um zu lernen, den Körper ins Gleichgewicht zu bringen und zu einem Zustand des physiologischen Wohlbefindens zurückzukehren, was eine Voraussetzung dafür ist, im besten Interesse von sich selbst und anderen zu handeln.

Wahrnehmen von Emotionen und Gefühlen

Zu lernen, den Körper wahrzunehmen, auf ihn zu achten und ihn zu „regulieren“, bildet die Grundlage für die Wahrnehmung von Emotionen und Gefühlen, denn je ruhiger und ausgeglichener der Körper ist, desto leichter ist es, sich auf den Geist zu fokussieren.

Obwohl sich Emotionen sehr schnell entwickeln können, beginnen sie typischerweise als Funken, bevor sie zu einem heftigen Brand werden. Wenn wir unsere Emotionen in einem frühen Stadium, quasi als Funke, ertappen, können wir damit oft ganz leicht umgehen. Dafür müssen wir in der Lage sein, im gegenwärtigen Moment aufsteigende Gefühle und Emotionen zu erkennen. Diese Fähigkeit kann erlernt und im Laufe der Zeit mit Übungen, wie der Achtsamkeit, verbessert werden.

Der Landkarte des Geistes folgen

Um unsere Emotionen und Gefühle zu erkennen, ist es sehr hilfreich, eine Landkarte des Geistes zu haben, also etwas, das uns zeigen kann, wie wir uns in unserer eigenen emotionalen Landschaft zurechtzufinden. Eine Landkarte des Geistes bietet Informationen, durch die wir die verschiedenen „Emotionsfamilien“, ihre Gemeinsamkeiten und das, was diese Emotionen hervorruft und fördert, identifizieren können. Wir lernen auch, dass die meisten Emotionen nicht von Natur aus destruktiv sind, sondern destruktiv werden, wenn sie dem Kontext und der Situation nicht angemessen sind. Angst zum Beispiel kann konstruktiv sein, da sie uns vor Gefahren, wie einer giftigen Schlange, schützen kann, aber sie wird kontraproduktiv, wenn sie einen Punkt von ständiger Angst erreicht.

Durch das Kultivieren von emotionalem Gewahrsein und mithilfe einer Landkarte des Geistes werden wir sehen, dass Irritation ein milder emotionaler Zustand ist, der zu Ärger führen kann, und dass unkontrollierter Zorn zu ausgeprägter Wut führen kann. In der Lage zu sein, die feineren Formen von Emotionen zu erkennen, bevor sie sich in unkontrollierbare emotionale Zustände verwandeln, ist eine maßgebende Fähigkeit für einen harmonischen und gesunden Geisteszustand.

Selbstmitgefühl

Mitgefühl sich selbst gegenüber ist kein Selbstmitleid, und auch keine maßlose Selbstbelohnung oder lediglich hohes Selbstwertgefühl, sondern ein wahres Interesse am eigenen Wohlergehen in Bezug auf unser inneres Leben. Es ist wichtig zu verstehen, in welchem Verhältnis unsere Emotionen zu unseren Bedürfnissen stehen. Diese Ebene der emotionalen Kompetenz gibt uns die Möglichkeit zu größerer Selbstakzeptanz, denn wenn wir verstehen, warum und wie Emotionen auftauchen, können wir mit ihnen umgehen, ohne uns selbst zu verurteilen. Sehen wir dann, dass Emotionen vergänglich sind, innerhalb bestimmter Kontexte entstehen und keine festen Teile des Geistes sind, sorgt das für Selbstvertrauen und Motivation, weiter an sich zu arbeiten.

Diese zwei Eigenschaften – Selbstakzeptanz und Selbstvertrauen – schaffen die Grundlage dafür, Kritik anzunehmen und mit Niederlagen konstruktiv und mit Widerstandsfähigkeit umzugehen. Das schützt uns dann davor, wegen übermäßiger Selbstkritik oder einem mangelnden Selbstwertgefühl enttäuscht zu sein. Selbstmitgefühl hat zwei Aspekte:

  • Emotionen im Kontext verstehen
  • Selbstakzeptanz

Selbstmitgefühl beruht auf einer realistischen Bewertung unserer Möglichkeiten. Sind wir im Umgang mit uns selbst nicht freundlich, denken wir vielleicht, dass wir mehr tun sollten als wir eigentlich können, was dann zu Enttäuschung und einem Gefühl der Machtlosigkeit führt. Anstatt uns an weltlichen Erfolgen zu messen, erkennen wir unsere Mängel und Schwächen mit Aufrichtigkeit, Verständnis und Geduld an.

Emotionen im Kontext verstehen

Unsere Emotionen im jeweiligen Kontext zu verstehen – welchen Bezug sie zu unseren Werten, Bedürfnissen und Erwartungen haben – erfordert kritisches Denken. Während wir bislang gelernt haben, uns unserer inneren Welt anzunehmen, untersuchen wir hier, wie unsere emotionale Reaktion auf eine Situation nicht nur von äußeren Umständen abhängt, sondern auch von den eigenen Perspektiven und Einstellungen. Diese Perspektiven und Einstellungen wurzeln in der subjektiven Wahrnehmung unserer eigenen Bedürfnisse. So mögen Ängste beispielsweise auf den Wunsch nach mehr Sicherheit in einer Situation zurückzuführen sein, in der es diese Sicherheit nicht gibt. Wut kann aus dem Bedürfnis nach Respekt entstehen und Hoffnungslosigkeit aus dem Wunsch nach einer sofortigen Änderung einer Situation, die Zeit und Geduld erfordert. In all diesen Fällen werden Emotionen in erster Linie durch unsere eigenen Einstellungen und Erwartungen ausgelöst.

Kommen wir zu diesen Erkenntnissen, können wir unsere eigenen Werte besser erkennen und schätzen, und ein beständiges Selbstwertgefühl und ein inneres Selbstvertrauen entwickeln, während wir lernen, unrealistische Erwartungen zu identifizieren, die uns zu einer ungesunden Selbstkritik führen könnten. Zu erkennen, dass emotionale Reaktionen häufig Bedürfnissen entspringen, erlaubt uns, diese Bedürfnisse – die unterschiedlich ausgeprägt sein mögen – mehr und mehr einer kritischen Betrachtung zu unterziehen. Das bedeutet unter Umständen auch, zwischen Bedürfnissen und Wünschen zu unterscheiden, indem eine tiefere Wertschätzung sowohl für die eigenen Werte entsteht als auch dafür, wie ein Leben möglich werden könnte, das von diesen Werten geprägt ist, anstelle von kurzfristigen Wünschen, die unter Umständen kein längerfristiges Wohlergehen zur Folge haben.

Selbstakzeptanz

Da sich Ärger in unserer Gesellschaft zunehmend nach innen richtet, kommt der Selbstakzeptanz enorme Bedeutung zu. Übermäßige Selbstkritik, Selbsthass und Selbstverachtung beeinträchtigen nicht nur die eigene Gesundheit und das eigene Glücksempfinden, sie können auch immensen Schaden bei anderen anrichten. Das Selbstwertgefühl zu stärken ist hier nicht die beste Lösung, da es auf einem Vergleichen mit anderen beruht und Aggression häufig dann auftritt, wenn das hohe Selbstwertgefühl eines Menschen bedroht ist. Vielversprechender ist es, innere Stärke, Resilienz, Bescheidenheit und Mut zu kultivieren, indem wir ein besseres Verständnis für unser Gefühlsleben entwickeln; das erlaubt uns, realistische Erwartungen uns selbst und anderen gegenüber zu entwickeln, anstatt Dinge auf perfektionistische Weise zu idealisieren. 

Die moderne Kultur versteht sich nur allzu gut darauf, uns über soziale Medien, Fernsehen, Filme und anderes eine Menge unrealistischer Ideen einzutrichtern. Viel zu oft vergleichen wir uns mit idealisierten prominenten Persönlichkeiten, oder glauben, wir sollten – wie „Superman“ oder „Wonder Woman“ – keinerlei Makel oder Einschränkungen aufweisen. Diese unerreichbaren Maßstäbe führen zu unnötigen psychischen Qualen; die resultierende Frustration kann sich in Depression und Selbstvorwürfen bis hin zu körperlicher Selbstverletzung äußern oder nach außen in Feindseligkeit und Gewalt, die auf andere gerichtet ist.

Haben wir ein begrenztes Verständnis unseres Gefühlslebens, fällt es uns schwerer, Herausforderungen, Schwierigkeiten, Unannehmlichkeiten und Misserfolge auszuhalten und wir werden uns schwerer damit tun, Möglichkeiten für Veränderungen und konstruktive Handlungen zu suchen und zu finden. Um diese toxische Spirale der Negativität zu umgehen, bedarf es einer realistischen Einschätzung der eigenen Grenzen und Möglichkeiten. Indem wir Geduld und Verständnis für unsere Schwierigkeiten, einschließlich deren Wesen und Ursprünge, entwickeln, können wir uns neu ausrichten und von solchen schädlichen psychischen Zuständen und Verhaltensweisen ablassen. Gleichzeitig können wir lernen zu begreifen, dass wir unabhängig von unserer Leistung oder unserer Fähigkeit, willkürliche von uns selbst oder anderen gesetzte Standards zu erfüllen, selbst wertvoll sind. Dieses von äußeren Umständen unabhängige Selbstwertgefühl ist eine kraftvolle Unterstützung für die individuelle Widerstandsfähigkeit.

Wir kultivieren diese Art der Selbstakzeptanz, indem wir über die Unausweichlichkeit bestimmter Formen von Enttäuschung und Leid nachdenken. Kein Mensch kann immer und auf allen Gebieten die Nummer 1 sein, niemand kann unaufhörlich gewinnen, alles wissen oder keinen einzigen Fehler machen. Nicht nur wir müssen uns damit konfrontieren; vielmehr handelt es sich hierbei um Tatsachen im Leben eines jeden.

Selbst-Regulierung

Die Themen und Methoden der zwei vorangegangenen Abschnitte haben den Grundstein für die Selbst-Regulierung gelegt. Selbst-Regulierung bezieht sich auf Praktiken und Verhaltensweisen, durch die Erkenntnisse und Gewahrsein in Bezug auf Körper, Geist und Emotionen untermauert werden. Das Ziel besteht hier darin, erfolgreich unsere Emotionen steuern zu können, sodass sie uns und anderen keine unnötigen Probleme bereiten werden. Statt Hindernisse zu sein, werden unsere Emotionen zu Verbündeten. Selbst-Regulierung setzt sich aus drei Komponenten zusammen:

  • Gleichgewicht des Körpers
  • Kognitive und Impuls-Kontrolle
  • Umgang mit Emotionen

Gleichgewicht des Körpers

Es ist nicht einfach, kognitive und Impuls-Kontrolle zu kultivieren, die für ein erfolgreiches Steuern unserer Emotionen notwendig sind, wenn wir uns in einem Zustand des Stresses oder der übermäßigen oder schwachen Erregung befinden. Ohne eine physische Regulierung des Körpers ist das Herbeiführen einer Stabilität und Klarheit des Geistes fast unmöglich. Daher werden Methoden, die uns helfen den Körper im Gleichgewicht zu halten, von großem Nutzen für uns sein. Dies ist besonders wichtig, wenn wir Traumata erlitten haben, unter weniger wünschenswerten Bedingungen leben oder in der Kindheit schädliche Erfahrungen gemacht haben. 

Hier ist es wichtig, den Unterschied zwischen dem Ausgleichen des Körpers und der bloßen Entspannung oder dem Erzeugen von Trägheit und Schläfrigkeit zu verstehen. Es geht darum, Fähigkeiten zu schulen, die einen Zustand der körperlichen und geistigen Regulierung bewirken, welche die Aufmerksamkeit und das Lernen sinnvoll fördern. Dabei meinen wir einen aktiven, resilienten und ausgeglichenen Zustand und keinen trägen, schläfrigen oder lethargischen.

Der erste Schritt besteht darin, einen sicheren Raum zu schaffen, denn ohne ein Gefühl von Vertrauen und Sicherheit, kann es passieren, dass wir in einen erhöhten Wach- oder Alarmzustand versetzt werden. Fühlen wir uns hingegen sicher, sind wir frei, unsere Gedanken und Gefühle neugierig zu erforschen. Ein Gefühl von Sicherheit basiert auf Vorhersagbarkeit bzw. Verlässlichkeit und wird durch konsistentes Verhalten geschaffen.  Die Beständigkeit wiederum kommt nicht von der Rigidität mit uns selbst, sondern von beständigen und stimmigen Interaktionen mit uns selbst auf der Basis von Verständnis und Mitgefühl.

Den Körper ins Gleichgewicht zu bringen und ein Gefühl der Sicherheit zu entwickeln, kann durch Folgendes unterstützt werden:

  • Resourcing heißt, äußere oder innere „Ressourcen“ miteinzubeziehen. Äußere Ressourcen könnten ein Freund, ein Lieblingsort, eine angenehme Erinnerung, ein Haustier oder ähnliches sein, während sich innere Ressourcen beispielsweise auf eine Fertigkeit, eine positive persönliche Eigenschaft, wie unseren Sinn für Humor oder einen Körperbereich beziehen, der sich kraftvoll und leistungsfähig anfühlt. Sich der eigenen Ressourcen bewusst zu sein, kann helfen, einen Zustand der Widerstandsfähigkeit, Sicherheit und Geborgenheit zu schaffen. Haben wir diese Fähigkeit erst einmal entwickelt, können wir unsere Empfindungen wahrnehmen, wenn wir an unsere Ressourcen denken und damit spüren, wie sich unser Körper anfühlt, wenn wir Ängsten oder Stress ausgesetzt sind.
  • Sich zu erden heißt, ein Objekt zu berühren oder zu halten, das uns erdet oder bei dem man merkt, dass der Körper getragen wird. Wir achten darauf, wie das Objekt oder die Stütze sich anfühlt und während wir unsere Körperhaltungen ändern, versuchen wir festzustellen, wie sich das auf unsere Gefühle auswirkt.
  • Aktivitäten wie Yoga, Tai-Chi-Übungen, Musikhören, Zeichnen und Schreiben sind ebenfalls gute Methoden, um den Körper durch alltäglichere Lernaktivitäten auszugleichen. Das vielleicht älteste und einfachste Mittel ist die Anwendung verschiedener Atemtechniken, bei denen wir die eigenen Atemzüge zählen oder tiefes Atmen üben.

Kognitive und Impuls-Kontrolle

Um im Leben Erfolg zu haben, müssen wir in der Lage sein, die Aufmerksamkeit lenken und verankern zu können, ohne uns ständig ablenken zu lassen. Hier geht es nicht nur darum, in wichtigen Meetings aufmerksam zu sein, sondern auch um die Fähigkeit, die Gedanken und Verhaltensweisen zu bemerken, die kontraproduktiv sind. In der Lage zu sein, die eigenen Impulse zu kontrollieren, ohne von ihnen überwältigt zu werden, hängt davon ab, inwieweit wir unsere Aufmerksamkeit kultivieren und sie bewahren können, ohne uns ablenken zu lassen. Aufmerksamkeit bezieht sich hier auf unsere Fähigkeit, unseren Fokus nach innen zu richten und uns der Veränderungen in unserem Körper und Geist gewahr zu sein, wenn sie auftreten. Aufmerksamkeitstraining hilft uns zu lernen, einen Raum zwischen Reiz und Reaktion zu schaffen: einen Raum, in dem eine besonnenere Reaktionsweise möglich ist.

Diese Fähigkeit ist notwendig, wenn wir mit Ausdauer langfristigen Zielen folgen und Herausforderungen erfolgreich meistern wollen, die uns begegnen. Können wir, anstatt lediglich gegenüber unserem Lehrer oder Chef achtsam zu sein, unsere Aufmerksamkeit unter Kontrolle bringen, werden wir in der Lage sein, unsere kognitiven Prozesse und Emotionen zu beherrschen und somit unsere Handlungen besser zu artikulieren. Auf diese Weise werden wir uns am Leben erfreuen und einen Vorteil daraus ziehen können.

Es gibt spezifische Strategien, die uns helfen können, unsere Aufmerksamkeit zu fördern. Wir können lernen, „völlig präsent“ zu sein, indem wir uns auf bestimmte Objekte der Aufmerksamkeit konzentrieren, Achtsamkeit gegenüber dem entwickeln, was in unserem Körper und Geist abläuft und uns darin üben, unsere Gedanken und Emotionen zu beobachten.

Emotionen steuern

Wir nutzen die Fähigkeiten, die wir uns beim Ausgleichen des Körpers und dem Kultivieren der kognitiven Kontrolle angeeignet haben, um unsere Emotionen zu steuern. Bei diesem letzten Schritt geht es darum, unser Wissen in die eigentliche Praxis umzusetzen und er ist der letzte Schritt der emotionalen Kompetenz.

Hier entwickeln wir emotionales Unterscheidungsvermögen, also die Fähigkeit zu erkennen, wann Emotionen produktiv und hilfreich für uns selbst und andere sind bzw. wann sie toxisch oder schädlich werden. Wir können dies tun, indem wir über unsere persönlichen Erfahrungen nachdenken und die Landkarte des Geistes nutzen. Wenn wir versuchen herauszufinden, wozu Emotionen in der Vergangenheit geführt und welche Auswirkungen sie hervorgebracht haben, werden wir ganz natürlich ein Verständnis über konstruktive und destruktive Emotionen entwickeln. Dadurch werden wir mehr auf unsere Geisteszustände achten, die uns selbst und anderen schaden können. Wir können uns auch entscheiden, welche Geisteshaltungen wir in uns selbst fördern und welche wir verändern wollen. Wenn wir Kompetenz im Identifizieren und Regulieren von Emotionen entwickeln, werden wir beginnen, Enthusiasmus, sowie Mut und einen Schub von Selbstvertrauen zu erleben.

Zusammenfassung

Das Entwickeln von emotionaler Kompetenz – dem Verstehen unseres Geistes, unserer Emotionen und Gefühle – ist ein notwendiger Schritt auf dem Weg zu einem gesunden Selbstwertgefühl und der Fähigkeit, mit dem ganzen Spektrum unserer Emotionen zurechtzukommen. Wenn wir verstehen, dass unsere Emotionen kein inhärenter Teil von uns sind, werden wir mit ihnen erfolgreich umgehen können und Selbstakzeptanz erlangen. Wir werden sehen, dass es keinen Grund dafür gibt, sich schuldig zu fühlen, wütend zu sein oder sich darüber zu ärgern, wenn wir betrübt sind. Haben wir erst einmal unsere Landkarte des Geistes und verstehen die Ursachen und Auswirkungen der verschiedenen Emotionen, können wir für uns selbst entdecken, was uns inneren Frieden bringt und was zu Leiden führt. Was diese negativen Emotionen betrifft, so werden wir die Fertigkeiten haben, sie einzufangen und Gegenmittel anzuwenden, bevor sie außer Kontrolle geraten. Dieses Training gibt uns Zuversicht und hilft uns zu erkennen und unsere Potenzial zu erreichen.


Möchten Sie mehr dazu erfahren, können sie die vollständige Fassung des SEE Learning Framework lesen und etwas über die anderen Programme des Center for Contemplative Science and Compassion-Based Ethics lernen.

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