Abhängiges Entstehen: Bestandteile und geistiges Zuschreiben

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Wir haben über die Leerheit gesprochen, die eine Abwesenheit von unmöglichen Existenzweisen ist und wir haben die Thematika auf eine sehr allgemeine und etwas freiere Weise präsentiert, damit wir in unserer Erörterung der Leerheit die verschiedenen Ebenen des Verstehens in Bezug auf das abhängige Entstehen integrieren können.

Ich habe es mit der Tatsache begründet, dass es zwei Arten von fehlendem Gewahrsein oder Unwissenheit gibt. Bei der ersten handelt es sich um Unwissenheit bezüglich Ursache und Wirkung, und das bezieht sich insbesondere auf verhaltensbedingte Ursache und Wirkung: die Auswirkungen unseres Verhaltens auf uns selbst. Und die zweite Form der Unwissenheit ist das mangelnde Gewahrsein hinsichtlich der Daseinsweise von Dingen. Mangelndes Gewahrsein kann entweder als Unkenntnis oder als ein fälschliches Verständnis dieser Dinge betrachtet werden. Und obwohl der Begriff Leerheit genau genommen nur für die Abwesenheit von unmöglichen Existenzweisen gebraucht wird, haben wir das Konzept der Leerheit übernommen, um erklären zu können, wie wir dem mangelndem Gewahrsein bezüglich Ursache und Wirkung, und dieser zweiten Form der Unwissenheit oder dem mangelndem Gewahrsein in Bezug darauf, wie die Dinge existieren, entgegenwirken können.

Und nachdem wir begonnen haben, diese Betrachtungsweise mit der Darstellung des abhängigen Entstehens in Zusammenhang zu bringen, haben wir gesehen, dass es drei Ebenen des abhängigen Entstehens gibt. Die erste ist, dass Dinge in Abhängigkeit von Ursachen entstehen. Das bezieht sich auf nichtstatische Phänomene – Phänomene, die sich von einem Augenblick zum nächsten ändern und von Dingen, also von Ursachen und Bedingungen, beeinflusst werden. Die zweite Ebene des abhängigen Entstehens besteht darin, dass Dinge abhängig von Bestandteilen entstehen und das bezieht sich auf alles Statische und Nichtstatische; also auf Dinge, die sich von einem Augenblick zum nächsten ändern und auf jene, die es nicht tun. Mit diesem Verständnis der ersten zwei Ebenen des abhängigen Entstehens betrachten wir die konventionelle oder relative Wahrheit von Dingen: wie die Dinge sind, wie sie funktionieren usw. Bei der dritten Ebene des abhängigen Entstehens geht es dann darum, dass Dinge mit Hinblick auf das geistige Zuschreiben abhängig entstehen, und das hat etwas mit der tiefsten Wahrheit von Dingen zu tun: wie sie existieren. Und es ist dieser dritte Bereich, in dem Leerheit technisch gesehen zur Anwendung kommt.

Das ist nun also der theoretische Rahmen, in dem unsere Erörterung stattgefunden hat. Wenn wir nun beginnen, über diese drei Ebenen des abhängigen Entstehens zu reden, wird uns die praktische Anwendung all dessen viel klarer werden. Ich denke jedoch, dass es in jeder Präsentation hilfreich ist, auf einer praktischen Ebene zu verstehen, wie es in das allgemeine Bild der buddhistischen Theorie passt, um gewissermaßen einen Zusammenhang zu erkennen. Haben wir dann das Gefühl, es in einem größeren Rahmen betrachten zu können, ist es möglich, viele verschiedene Lehren einander zuzuordnen. Ohne diesen größeren Zusammenhang ist es schwierig zu verstehen, wie die diversen Lehren von unterschiedlichen Texten, Lehrern oder Traditionen miteinander im Einklang stehen.

Wir haben über die erste Ebene des abhängigen Entstehens gesprochen, bei der es um Dinge geht, die sich von einem Augenblick zum nächsten ändern. Sowohl Situationen, als auch Objekte, Menschen oder Verhaltensweisen entstehen abhängig von Ursachen und Bedingungen. Die Realität ist, dass alles, was in Erscheinung tritt, von einer unglaublich großen Anzahl von ursächlichen Faktoren beeinflusst wird. Tatsächlich könnte man sagen, dass alles in Bezug auf die Kausalität mit allem anderen auf nähere oder entferntere Weise miteinander verbunden ist. Zum Beispiel sind wir mit einem Auto oder Bus hierher gekommen und die Dinosaurier, sowie die Vegetation in der Zeit der Dinosaurier, sind eine der Ursachen dafür, dass wir hierher kommen konnten, denn diese Substanzen haben sich zersetzt und daraus sind Öl und Benzin entstanden, was zum Fahren notwendig ist. Ohne die Dinosaurier und die Vegetation dieser Zeit, hätten wir unsere Reise mit dem Auto oder Bus nicht antreten können. Aber natürlich haben die Dinosaurier nicht dafür gelebt, um sich zu zersetzen, damit wir heute mit unserem Auto fahren können. Diese kausalen Beziehungen müssen also nicht unbedingt bewusst und absichtlich sein.

Wenn wir allerdings technisch gesehen von dem mangelndem Gewahrsein hinsichtlich Ursache und Wirkung sprechen, geht es insbesondere um verhaltensbedingte Ursache und Wirkung. Oder anders ausgedrückt: was sind die hauptsächlichen Ursachen dafür, Glück und Leid, sowie unkontrollierbar sich wiederholende Wiedergeburt oder Samsara zu erfahren? Wenn wir über das abhängige Entstehen in Bezug auf Kausalität sprechen, geht es insbesondere um die zwölf Glieder des anhängigen Entstehens, in denen die gesamte Wirkungsweise erklärt wird, wie wir Glücklichsein, Unglücklichsein und sich wiederholende samsarische Wiedergeburt erfahren. Und was hier das abhängige Entstehen in Bezug auf Ursachen und Bedingungen betrifft, handelt es sich bei dieser Erklärung der zwölf Glieder lediglich um eine Unterkategorie, in der es um etwas Spezifisches geht. Aber beim abhängigen Entstehen in Bezug auf Kausalität erweitern wir den Rahmen der Diskussion.

Um es noch einmal klar zu machen: Beim abhängigen Entstehen im Sinne von Kausalität, von Ursachen und Bedingungen, geht es bei der Diskussion der zwölf Glieder lediglich um eine Unterkategorie dessen, insbesondere um die Kategorie, die mit Karma und dem Erfahren der drei Arten von Leid zu tun hat, die in der ersten edlen Wahrheit beschrieben werden. Sprechen wir aber vom abhängigen Entstehen in Bezug auf Kausalität, ist der Rahmen der Kausalität viel breiter.

Natürlich kann man darüber streiten, denn zu den fünf Aggregaten der Erfahrung eines jeden, können alle nichtstatischen Phänomene hinzugerechnet werden. Aus diesem Grund würde der Rahmen dieser Darstellung des abhängigen Entstehens all die ursächlichen Faktoren, die am Entstehen jeder dieser Faktoren beteiligt sind, umfassen. Das würde natürlich zu einer schwierigen Diskussion mit der Frage führen, ob wirklich alles, was passiert und was jeder erfährt, abhängig von Karma entsteht, aber darauf möchte ich nicht weiter eingehen. Mit anderen Worten würde es darum gehen, ob alle ursächlichen Zusammenhänge mit Karma zu erklären sind, aber das ist eine viel zu komplizierte Sache. Wir haben allerdings schon darüber gesprochen, als es darum ging, ob alles was ich erlebe auf mein eigenes Karma zurückzuführen ist oder nicht, oder ob es auf das Zusammenspiel des Karmas eines jeden ankommt. Wir kamen zum der Schlussfolgerung, dass Letzteres der Fall war, denn mein Karma bewirkt nicht, dass der andere mich mit seinem Auto anfährt und mein Karma führt auch nicht die Magersucht meines Kindes herbei.

So gibt es also viele karmische Gründe, warum eine Person mit dem Auto unterwegs ist und jemanden, nämlich mich, anfährt. Da gibt es all die Dinge, die bereits geschehen sind, die Interaktionen mit allem, durch das es beeinflusst wurde und auch das Karma der Person. Und dann gibt es natürlich auch all die verschiedenen ursächlichen Faktoren der Menschen, die Autos erfunden und hergestellt haben, und jenen, die am Straßenbau beteiligt waren. Es gibt die Dinosaurier, durch die das Benzin entstanden ist usw., sodass wir einen Zusammenhang zum Karma der Dinosaurier und dem Karma der Menschen herstellen könnten, die Autos erfunden und hergestellt haben. Wir sehen hier also, dass die Komplexität der ursächlichen Faktoren wirklich enorm ist.

Die praktische Anwendung besteht nun darin, keine unangebrachten Schuldgefühle zu haben, wenn wir mit einer Situation konfrontiert werden, in der entweder uns oder unseren Geliebten etwas zustößt. Schuldgefühle sind vermutlich immer unangebracht, aber wir sollten keine fälschliche Vorstellung von Kausalität haben. Mit anderen Worten erkennen wir die Abwesenheit dessen, was unmöglich ist. Hier findet unser Konzept von Leerheit eine etwas freiere Anwendung. Und es ist unmöglich, dass diese Tragödien, die sich ereigneten, entweder überhaupt keine Ursache haben (also einfach nur Pech sind) oder von bedeutungsloser Ursache sind (als würde uns irgendein höheres Wesen bestrafen wollen). Auch machen wir den Grund nicht einfach nur an einem Faktoren fest, beispielsweise an uns selbst, indem wir denken: „Es ist alles meine Schuld und daher bin ich schuldig“, oder an einer äußeren Sache, wie der Regierungspolitik oder der Gesellschaft.

Erkennen wir aus einer viel umfassenderen Perspektive des abhängigen Entstehens, wie Dinge in Abhängigkeit von so vielen Ursachen und Bedingungen hervorgerufen werden, sind wir etwas entspannter und unser Geist ist viel offener und weiter, wenn wir uns in einer schwierigen Situation befinden. Aber uns ist klar, dass wir an einigen dieser Ursachen einen Beitrag haben; es ist nicht so, als wären wir gar nicht daran beteiligt. In gewissem Sinne haben wir also ein Gefühl der Verantwortung für unser Verhalten und daher können wir auch ein paar neue ursächliche Faktoren mit einbringen, indem wir einige Schritte unternehmen, die in der Situation hilfreich sein könnten. Aber wir überbewerten unsere Fähigkeiten beim Einbringen neuer ursächlicher Faktoren nicht, indem wir kontrollieren und entscheiden, wohin das führen wird.

Das ist ein ziemlich häufiger Fehler, den die Menschen machen. Darin besteht das Syndrom eines „Kontrollfreaks“, um es einmal umgangssprachlich auszudrücken, wenn wir denken, wir sollten die Situation unter Kontrolle haben und durch unsere Willenskraft und das, was wir tun, das Geschehen bestimmen können. Das ist jedoch unmöglich, denn alles was passiert entsteht abhängig von Millionen verschiedener Ursachen und Bedingungen und liegt nicht nur an mir und dem, was ich tue. Das zu verstehen ist von außerordentlicher Wichtigkeit, besonders wenn wir eine anerkannte Stellung haben – ob wir nun Geschäftsführer oder Leiter eines Unternehmens, eines Dharma-Zentrums oder etwas anderem sind. Zu denken, alles würde unserer Verantwortung unterliegen und was wir tun, würde vollends den Erfolg einer Sache oder eines Geschäftes bestimmen, wäre ein perfektes Beispiel, in dem wir die Leerheitsmeditation anwenden könnten, denn das ist unmöglich. So etwas kann es nicht geben. Es ist wie ein großer Eintopf, in den viele Menschen Zutaten hineingeworfen haben und alles, was wir tun können, ist auch ein paar dazuzugeben. Was sich jedoch schon im Topf befindet, wurde von so vielen anderen Faktoren beigesteuert.

Die zweite Ebene des abhängigen Entstehens besteht nun darin, dass alles, sowohl Statisches als auch Nichtstatisches, abhängig von Bestandteilen entsteht, existiert oder begründet wird. Das trifft auf materielle Bestandteile, wie Atome, subatomare Teilchen usw. zu, sowie auch auf grobere physische Bestandteile, wie all die Teile unseres Automotors. Es geht jedoch auch um temporäre Dinge und zeitliche Dimensionen, denn ein Ereignis tritt abhängig von jedem winzig kleinen Augenblick auf. Wenn wir hier das Wort „Leerheit“ auf etwas freiere Weise nutzen, ist das, was abwesend ist, ein Ereignis, das ganz aus sich selbst heraus entsteht und sich selbst begründet, unabhängig von seinen Bestandteilen und jedem Augenblick, den dieses Ereignis ausmacht. Sehen wir uns dazu ein paar Beispiele und die praktische Anwendung an.

Nehmen wir an, wir haben eine bestehende Beziehung mit jemandem. Wir werden nicht darüber reden, wie die Beziehung existiert – ob sie von sich aus und unabhängig von uns existiert – das lassen wir einmal beiseite. Manche Menschen machen mitunter eine große selbst-existierende Sache aus „ihrer Beziehung“ und sagen: „Du hast nichts mit unserer Beziehung zu tun“ oder „Was hast du mit unserer Beziehung zu tun?“ Auf diese Weise konkretisiert man Dinge und es ist ganz einfach nicht angebracht, sie zu konkretisieren. In einer anhaltenden Beziehung, die wir mit einer anderen Person haben, die uns nahe steht, passiert es bisweilen, dass es zu einem Streit kommt oder diese Person gemeine Wort sagt und wir sie dann plötzlich mit diesen gemeinen Worten identifizieren. Daraufhin wird dann unsere ganze Beziehung nur durch diesen einen Streit bestimmt. Wir sagen: „Du hast so etwas Schlimmes getan und so etwas Gemeines gesagt. Du liebst mich nicht.“ Dann werden wir furchtbar wütend, was uns natürlich ganz unglücklich macht, und beruhend darauf unternehmen wir vielleicht Schritte und beenden beispielsweise die Beziehung, oder erwidern, indem wir hässliche Dinge sagen. Was es hier zu verstehen gilt, ist, dass diese Freundschaft, die Beziehung mit dieser anderen Person, aus zahlreichen Bestandteilen und unglaublich vielen Augenblicken besteht, die wir gerade nicht in Betracht ziehen. Es ist notwendig, sich daran zu erinnern, dass es tausend Augenblicke des Zusammenseins gab, um nur einmal eine Nummer zu nennen. Einige davon waren wunderschön, andere vielleicht etwas unangenehm. Dann gab es diesen einen Streit, der wirklich nicht schön war, aber wir sollten verstehen, dass die Beziehung abhängig von dem Ganzen, von einem Augenblick zum nächsten, entsteht und auch weiterhin entstehen wird. Wir messen also einem kleinen Zwischenfall keine zu große Bedeutung bei und nageln nicht die ganze Beziehung darauf fest.

Lasst mich das etwas genauer, mit ein paar Fachbegriffen ausdrücken, obwohl es vielleicht auch nicht wirklich präzise ist. Darin besteht übrigens die buddhistische Methode: Wenn wir etwas erklären, tun wir es zunächst anhand einer notdürftigen Erklärung, die vielleicht nicht so genau, dafür aber leichter verständlich ist. Dann gehen wir zu einer anderen Ebene der Erläuterung über, die auch provisorisch und nicht sehr präzise, aber etwas genauer ist und auf diese Weise wird es dann verständlicher. Wenn ich also etwas erkläre, tue ich es oft nicht auf die präziseste Art und Weise. Hier gilt es die Methodik zu verstehen.

Worauf ich hier hinaus will ist, eine Einführung in die Erörterung der begrifflichen Wahrnehmung zu geben. Begriffliche Wahrnehmung besteht aus kategorischem Denken. Hier in unserem Beispiel haben wir die Kategorie „unsere Beziehung“. Im konzeptuellen Denken ist es so, dass wir ein so genanntes „konzeptuelles Isolat“ (tib. ldog-pa) haben. Anders ausgedrückt isolieren wir etwas, das diese Kategorie der Beziehung repräsentieren wird. Wir haben also ein Isolat, das sie isoliert, und dann nutzen wir etwas – ein Bild oder was auch immer – das diese Kategorie repräsentiert. An einem Beispiel kann man das ganz einfach verstehen.

Ich bitte alle, die sich in diesem Raum befinden, an einen Hund zu denken. Wenn wir nun an einen Hund denken, ist der Hund eine Kategorie, nicht wahr? Wie wir es hier im Westen ausdrücken würden, hat jeder von uns seine eigene Vorstellung davon, wie ein Hund aussieht, der die Kategorie eines Hundes repräsentiert; oder die Kategorie einer guten Mahlzeit usw. Wir alle haben etwas, das wir isolieren, um die Kategorie darzustellen. Und dann nehmen wir natürlich verschiedene Dinge um uns herum durch diesen Mix aus der Kategorie und dem, was sie unserer Meinung nach repräsentiert, wahr und denken: „Das ist kein gutes Essen; das ist eine gute Mahlzeit; dieser Hund sieht scheußlich aus, oder Ähnliches. Was die Kategorie eines „echten Mannes“ betrifft, meinen wir: ein echter Mann geht baden, sogar wenn es eiskalt ist. Wir beurteilen uns selbst und andere durch diese Kategorien und durch das, was wir begrifflich isolieren, damit es diese Kategorie repräsentiert.

Darin besteht nun das Problem hier in unserem Beispiel der Beziehung. Wir denken über unsere Beziehung nach und isolieren diesen einen Vorfall – den Streit – der auf einmal unsere Beziehung repräsentiert. Wir betrachten die Person und die gesamte Beziehung ausschließlich in diesem Zusammenhang. Wir meinen, es wäre eine furchtbare Beziehung und handeln dann beruhend auf diesem Glauben. Es wäre allerdings genauso irreführend, nur die wirklich gute Zeit, die wir mit dieser Person hatten, zu isolieren und für die Beziehung zu halten, denn auf diese Weise würden wir die schwierigen Aspekte der Beziehung verdrängen.

Dieses Beispiel ist jetzt nicht wirklich hundertprozentig präzise, aber in dieser Situation wäre es besser zu erkennen, dass die Situation von einem Augenblick zum nächsten in Abhängigkeit von all den verschiedenen ursächlichen Faktoren und Geschehnissen entsteht und dann zu versuchen, mit dieser Person – und hier weiche ich etwas ab – nicht-begrifflich zu interagieren. Mit anderen Worten sollten wir nicht im Hinblick auf das Konzept – diese Kategorie „unsere Beziehung“ und wie sie sein sollte – handeln, sondern einfach interagieren.

Hier muss man vorsichtig sein – und hier kommt die Ungenauigkeit meiner Beschreibung mit ins Spiel – denn wir sollten nicht einfach nur blind aufeinander einwirken, sondern es geht darum zu verstehen, wie alles in Abhängigkeit voneinander entsteht. Es ist also nicht so, als würden wir es einfach ignorieren, wenn wir oder die andere Person destruktiv handelt. Vielmehr ergreifen wir Maßnahmen und versuchen, die Beziehung zu verbessern. Wir werden hier nicht weiter darauf eingehen, ob das nun begrifflich oder nicht-begrifflich ist. Wir sind uns hier also der Grundlage, all der verschiedenen Momente und Episoden unseres Zusammenseins bewusst und erkennen, dass „unsere Beziehung“, diese Kategorie, in Abhängigkeit all dessen entsteht. Man kann nicht sagen, irgendein Vorfall würde „unsere Beziehung“ repräsentieren. Aus diesem Grund machen wir die Beziehung nicht nur an einer Sache fest, die passiert ist, ob es sich nun um einen furchtbaren oder schönen Zwischenfall handelt. Und wir interagieren auch nicht auf begriffliche Weise, indem wir eine Beziehung wie etwas aus einem Märchen betrachten, mit Prinzen und schönen Prinzessinnen auf weißen Pferden, die bis an ihr Lebensende glücklich sind, und denken dann mit solchen Konzepten im Kopf, der andere wäre nicht die perfekte Prinzessin oder der perfekte Prinz. Erwarten wir dann vom Anderen so zu sein, sind wir vollkommen enttäuscht und wütend, wenn er oder sie nicht so ist und leiden daraufhin wirklich.

Diese Art der Analyse findet nicht nur in Beziehungen mit Anderen Anwendung, sondern auch in unserem Job, der perfekt sein sollte. Haben wir einen schwierigen Tag im Büro, meinen wir, unser Job wäre einfach schrecklich. Diese Arten der Anwendung sind von großem Nutzen und das Gleiche gilt in Bezug auf Stimmungen, wenn wir das Gefühl haben, unglücklich oder dieses und jenes zu sein. Da gibt es diese Kategorie „Ich“ und wir repräsentieren sie durch etwas, das wir isolieren. Diese Sache oder dieser Aspekt von uns, durch den wir uns repräsentieren, könnte wahr, aber auch vollkommen unrealistisch sein. Ungeachtet dessen sind wir jedoch nicht offen gegenüber der gesamten Bandbreite von allem, was geschieht und das ist eine weitere Facette von Dingen, die abhängig von Bestandteilen entstehen. Die Anwendung des Verständnisses der Leerheit besteht hier darin, dass es unmöglich ist. Es handelt sich um eine unmögliche Existenzweise. Das Ganze, also die Kategorie, kann nicht mit nur einer Sache, die sie repräsentiert, identisch sein.

Eine weitere Anwendung dieser Analyse von Dingen, die in Abhängigkeit von Teilen entstehen, findet sich auch im Beispiel der Beziehung zu jemandem. Oft haben wir eine falsche Vorstellung oder ein falsches Konzept davon und denken, wir wären der einzige Mensch im Leben des Anderen. Wir meinen, das ganze Leben dieser anderen Person würde sich nur um uns drehen und sind vollkommen blind gegenüber der Tatsache, dass sie noch viele andere Freunde, Verwandte und auch andere Beziehungen hat. Wir hängen an ihr und wollen nicht, dass sie irgendetwas mit anderen zu tun hat. Vielmehr sollte es sich nur um uns drehen.

Oder wie in dem klassischen Beispiel einer Partnerschaft, in dem einer zu Hause ist. Traditionell wäre das die Frau, die zu Hause bleibt, aber heutzutage könnte es auch der Mann sein, egal. Unser Partner kommt nach Hause und wir sehen nicht, dass er den ganzen Tag mit anderen Menschen zu tun hatte. Wir denken nur: „Jetzt bist du da und solltest begeistert sein, mit mir zusammen sein zu können.“ Und umgekehrt kommt der Partner nach Hause und sieht nicht, dass wir den ganzen Tag mit den Kindern, dem Einkaufen und all diesen anderen Sachen zu tun hatten und meint: „Jetzt sollte das Abendessen auf dem Tisch stehen und du solltest nur für mich da sein.“

Das ist Unwissenheit. Es ist unmöglich, dass sich das Leben eines Anderen nur um mich und die Beziehung mit mir dreht. Das Leben einer Person entsteht abhängig von all den Teilen, all den verschiedenen Beziehungen zu all den anderen Menschen, die am Leben dieser Person beteiligt sind, und daher hat sie Verpflichtungen, Zeit mit ihren Eltern, ihren Verwandten, mit anderen Freunden usw. zu verbringen und nicht nur mit mir. Das ist ein großes Problem, das entsteht, wenn wir an jemandem hängen. Hier können wir uns wieder auf die Leerheit beziehen: So etwas, wie jemanden, dessen Leben nur auf die Beziehung mit einer Person beschränkt ist, gibt es nicht.

Nun gilt es, dieses Verständnis bei uns selbst anzuwenden, wenn wir an jemandem hängen und alles nur in Bezug auf diese Beziehung sehen. Lasst mich das noch etwas deutlicher erklären. In unserem Leben mag es viele Leute geben, die uns mögen oder gar lieben. Aber da ist diese eine besondere Person und wir wollen, dass sie uns liebt, und wenn sie uns nicht liebt, ist das das Ende der Welt. Dann zählt es nicht wirklich, dass all diese anderen Menschen uns lieben. Wenn dann diese Beziehung mit dieser besonderen Person endet, ist es, als wäre unser Leben vorbei und wir haben große Schwierigkeiten uns einzugestehen, dass wir noch Freunde, Verwandte und unseren Hund haben, der uns liebt. Wiederum gilt es zu beachten, dass ein Leben voller Beziehungen zu anderen abhängig von Teilen entsteht; wir ordnen sie nicht nur einer Sache zu, wie beispielsweise die Beziehung mit dieser besonderen Person.

So viel zur zweiten Ebene des abhängigen Entstehens. Habt ihr irgendwelche Fragen dazu? Nehmen wir uns ein wenig Zeit, um über die Dinge, die wir gerade besprochen haben, nachzudenken.

Wir sollten uns vor Augen halten, dass es bei dieser Art der Leerheitsmeditation darum geht, sich auf: „das ist unmöglich“ zu fokussieren. Es ist unmöglich, dass ich die einzige Person im Leben dieser anderen Person bin oder dass diese Person die einzige in meinem Leben ist. Es ist unmöglich und darum geht es in dieser Form der Meditation: So etwas gibt es nicht. Wir lassen den Ballon der Projektion dieser Fantasie platzen und akzeptieren daraufhin die Realität des abhängigen Entstehens – oder die Wahrheit des abhängigen Entstehens (wir wollen es zu nichts Solidem machen).

Frage: [fehlt]

Die Frage ist, ob es diese Thematik auf meiner Webseite gibt. Noch nicht. Sie wird sich allerdings auf der Webseite befinden, sobald diese Vorlesung bearbeitet wurde. Die zwei Ebenen des abhängigen Entstehens und die Beispiele, die ich in Bezug auf die Analyse von Beziehungen benutzt habe, kann man aber in meinem Buch: „Den Alltag meistern wie ein Buddha“ nachlesen. Ich habe dort diese Analyse in Bezug auf das Platzenlassen der Ballons unserer Fantasien entwickelt. Dort gibt es also bereits eine Abhandlung dessen.

Wir haben über diese Beziehungen gesprochen und nun haben wir also eine Situation, in der vielleicht eine Person die Beziehung für die wichtigste Sache im Leben hält, für die die Familie bei der Arbeit und im Leben höchste Priorität hat und für die sonst nichts anderes wirklich wichtig ist. Aber der Partner sieht das vielleicht etwas anders. Sollte die andere Person dann versuchen, die Beziehung zu verändern, indem sie sich anpasst und sollte sie es darüber hinaus dem Partner erklären?

Ich glaube, dass natürlich alles von den Beteiligten abhängt, davon, wie aufgeschlossen sie sind und so weiter. Diese Dinge können der Grund für große Konflikte in einer Beziehung sein. Ich denke da an ein bestimmtes Beispiel einer Beziehung, in der es einer Person äußerst wichtig war, Freunde im Leben zu haben und Zeit mit ihnen zu verbringen, während die andere sagte: „Du verbringst zu viel Zeit mit deinen Freunden. Ich bin dir nicht wichtig genug. Du solltest all deine Zeit mit mir verbringen.“ Auf diese Weise kommt es zu großen Streitigkeiten und der Partner, dem Freundschaften im Leben wichtig sind, ist keinesfalls bereit, das aufzugeben und keine Zeit mehr mit den Freunden zu verbringen. Er lädt die andere Person ein mitzukommen, die jedoch nicht daran interessiert. Der Partner ist bereit, etwas mehr Zeit mit dem Anderen zu verbringen, will jedoch die Freunde nicht ganz aufgeben. Die andere Person, die diese Anhaftung hat und verlangt, dass man alle Zeit mit ihr verbringt, versucht vielleicht sich zu ändern und es zu akzeptieren, aber es kommt immer wieder zu diesem Streit. Die Person fühlt sich wirklich schlecht und lässt es ihren Partner wissen, dass sie sich schlecht und vernachlässigt fühlt.

Der Partner erklärt es ihr vielleicht und sogar wenn die andere Person zu einem Kompromiss bereit ist und versucht, sich zu ändern, heißt das nicht, dass sie sich auch ändern wird. Hier müssen wir auf unsere Darlegung zurückkommen, wie Dinge abhängig von Ursachen und Bedingungen entstehen. Jemand hat vielleicht eine feste Angewohnheit der Anhaftung und Unsicherheit, und nur weil jemand sagt: „ändere dich doch einfach“, wird das nicht dieses Syndrom beseitigen. Vielleicht ist es für ein paar Tage besser, aber dann fällt man wieder in die alten Verhaltensmuster zurück.

Wenn es sich um eine Beziehung handelt, die uns wichtig ist und die wir aufrechterhalten wollen, insbesondere wenn es um eine familiäre Beziehung geht, in der zum Beispiel die Eltern darauf bestehen, dass man mehr Zeit mit ihnen und der Verwandtschaft verbringt, ist es sicherlich notwendig, einen Kompromiss einzugehen. Es sollten jedoch beide Seiten zu einem Kompromiss bereit sein, jedoch ohne die falsche Vorstellung zu haben, ein Kompromiss könnte die Gefühle und Tendenzen auf beiden Seiten vollkommen verändern.

In so einer Situation ist es jedoch hilfreich, eine Art Sicherheit zu vermitteln, indem man sich für eine bestimmte Zeit verpflichtet. Vielleicht sagt man: „Ich kann euch nicht all meine Zeit widmen, aber dafür komme ich euch jeden Sonntag besuchen“ oder: „wir könnten jeden Tag zusammen frühstücken“. Wir bieten also etwas an und versichern, etwas zu tun, soweit es uns möglich ist, damit die andere Person ein Gefühl der Sicherheit hat, zumindest etwas zu bekommen. Das Schwierigste in dieser Situation ist die Unsicherheit der Person, die sich vernachlässigt fühlt und nicht weiß, wann der Andere kommen wird. Wenn wir ihr jedoch eine Garantie dafür geben können, dass sie sich darauf verlassen kann, eine bestimmte Zeit mit uns zu verbringen, hilft das in den meisten Fällen; natürlich nicht immer. Und wenn wir derjenige sind, der jemandem etwas garantieren muss, können wir es auch einmal so betrachten: Haben wir beispielsweise einen Hund, müssen wir auch mit ihm jeden Tag raus gehen. Und wenn wir Eltern haben, müssen wir sie einmal die Woche besuchen oder zumindest anrufen. Mit anderen Worten sollten wir es nicht als Bestrafung betrachten und uns als Märtyrer sehen. Es ist im Übrigen einfach ein Teil des Ganzen, einen Hund, Eltern oder Kinder zu haben. Wir müssen den Kindern versichern, dass wir Zeit mit ihnen verbringen werden.

Ein Freund von mir gab mir einmal einen sehr guten Ratschlag. Er ist kein Buddhist und man muss kein Buddhist sein, um gute Ratschläge geben zu können. Er sagte: Wenn man sich in einer Beziehung mit jemandem befindet, ob es sich nun um eine Ehe handelt oder nicht, besteht eine Möglichkeit einer erfolgreichen Beziehung darin, jeden Tag mindestens eine halbe Stunde ausschließlich mit dem Partner und niemandem sonst zu verbringen. Ich denke, dass das ein wirklich guter Tipp ist.

Kommen wir nun also zum letzten Thema. Wir haben nicht mehr viel Zeit, aber auch traditionell wird es so gemacht, dass man sich nicht zu lange mit der höchsten Ebene beschäftigt. Hier geht es nun um das abhängige Entstehen in Bezug auf das geistige Zuschreiben. Wie begründen wir die Existenz von etwas? Gibt es da etwas auf Seiten des Objektes, durch das es sich selbst begründet, oder geschieht es abhängig von anderen Dingen?

Nun, wir haben gesehen, dass Dinge abhängig von Ursachen und Bedingungen begründet werden, wenn sie nichtstatisch sind und alles abhängig von Teilen entsteht. Sprechen wir jedoch über das Thema Leerheit im technischen Sinne und betrachten wir es vom Verständnis der Gelug-Prasangika-Schule, ist es notwendig, hier etwas präziser zu werden. Eine Sache, die wir beachten müssen, ist, dass es in den buddhistischen Lehrsystemen zahlreiche verschiedene Darstellungen des Begründens unmöglicher Existenzweisen von etwas gibt. Mit anderen Worten versteht man die Leerheit hinsichtlich des Negierens von etwas Unmöglichem auf vielerlei unterschiedlichen Ebenen. Die verschiedenen Autoren haben in jeder der tibetischen Traditionen, und oft sogar innerhalb einer Tradition, eine unterschiedliche Interpretation und ein anderes Verständnis in Bezug auf jeden dieser indisch-philosophischen Standpunkte des Buddhismus. Und natürlich sind sie alle nützlich. Man kann nicht sagen, dass nur einer korrekt wäre. Wenn wir also versuchen, uns von unserem Glauben an unmögliche Dinge zu lösen, müssen wir erkennen, dass wir an immens viele verschiedene Ebenen unmöglicher Existenzweisen glauben und sie projizieren. Und alle müssen beseitigt und negiert werden. Sehen wir uns das an der Gelug-Darstellung des indischen Systems namens Prasangika an.

Wenn wir nun von geistiger Zuschreibung sprechen, geht es um ein begriffliches Phänomen. Die Rede ist von Namen und Konzepten, wobei sich Konzepte auf Kategorien beziehen. Namen oder geistige Bezeichnungen beziehen sich auf eine Basis. Wir geben etwas einen Namen und benennen es. Das ist eine geistige Zuschreibung. Und natürlich besteht die Basis aus vielen verschiedenen Teilen. Hier müssen wir nun zwischen dem unterscheiden, worauf sich der Name bezieht und dem bezeichnenden Ding, das für den Namen steht.

Sehen wir uns das an einem Beispiel an. Hier benutze ich oft das gleiche Beispiel, da ich das Gefühl habe, dass es die Sache sehr gut veranschaulicht. Es geht um Farben und da gibt es ein ganzes Lichtspektrum, für das wir Namen und Konzepte der verschiedenen Farben haben. Es gibt Rot, Orange, Gelb, Blau, Grün und Violett, all diese Farben. Hierbei handelt es sich um geistige Bezeichnungen, die bestimmten Wellenlängen und Bereichen von dieser bis zu jener Wellenlänge zugeschrieben werden. Das Bezugsobjekt (tib. btags-chos), also das, worauf sich der Name bezieht, ist rot, gelb oder orange. Es gibt also so etwas wie Rot, Gelb und Orange.

Dann haben wir ein bezeichnendes „Ding“ (tib. btags-don) und diese Worte sind wirklich schwer zu übersetzen, aber ich unterscheide hier zwischen einem Bezugsobjekt und einem bezeichnenden „Ding“, wobei ich Ding in Anführungsstriche setze. Konventionell gesehen gibt es also Rot, Gelb und Orange. Innerhalb einer Gesellschaft haben wir ein gegenseitiges Einvernehmen und ein Übereinkommen in Bezug auf diese verschiedenen Farben. Ein bezeichnendes „Ding“ würde sich jedoch darauf beziehen, dass es auf Seiten des Lichtes so eine Sache wie Rot, Gelb und Orange gäbe. Das heißt, innerhalb des Lichtspektrums würde es dann auf Seiten des Lichtes Rot eine große Abgrenzung zwischen dieser und jener Wellenlänge geben; und das Gleiche für Orange und Gelb. Mit anderen Worten geht es um etwas auf Seiten der Basis, das diese Farben festlegt und ganz offensichtlich gibt es so etwas nicht. Es gibt keine solchen Abgrenzungen auf Seiten des Lichtspektrums, das die verschiedenen Farben begründet. Heißt das jedoch, es gibt keine Farben? Nein. Es gibt Farben: Rot, Orange und Gelb. Wodurch werden diese Farben Rot, Orange und Gelb festgelegt? „Rot“, „Orange“ und „Gelb“ sind lediglich Namen oder Konzepte. Und sogar die definierende Eigenschaft von Rot, Orange und Gelb ist nur eine Konvention. Einige Menschen haben einfach entschieden, dass wir dem Bereich von dieser bis zu jener Wellenlänge diesen Namen geben und so ist sogar die definierende Eigenschaft eine geistige Zuschreibung.

Das ist in der Tat nicht so leicht zu verstehen. Aber ich denke, mit diesem Beispiel von Farben können wir uns dem etwas leichter annähern. In verschiedenen Kulturkreisen wird man das Lichtspektrum auf verschiedene Weise unterteilen. In manchen mag es hier drei Farben geben: Rot, Orange und Gelb, und in anderen vielleicht nur zwei. Und die Grenzen dessen, was wirklich rot ist und wo es ins Violette geht, könnte in verschiedenen Kulturkreisen anders sein, und nicht nur dort sondern auch in Bezug auf den Einzelnen. Vielleicht erinnert ihr euch daran, wie wir Dinge isolieren, um sie darzustellen. Denken wir an die Farbe Rot, wird jeder von uns ein anderes Bild davon haben, was Rot für ihn repräsentiert.

Reden wir hier von geistigem Zuschreiben, geht es nicht darum, Dinge zu erschaffen. Dinge werden durch Ursachen und Bedingungen erzeugt. Könnt ihr dem folgen? Die Farben entstehen in der Atmosphäre durch die Brechung des Lichtes, die Lichtquellen und all diese Dinge. Aus diesem Grund betone ich hier in unserer Übersetzung, dass es darum geht, was die Existenz von etwas begründet und nicht, wodurch etwas existiert. Wie kann man beweisen, dass es so etwas wie Rot gibt? Nun, es gibt ein Wort dafür und es geht um das, worauf sich das Wort auf der Grundlage von Lichtwellen bezieht. Gibt es jedoch ein Rot, das irgendwo da draußen, zwischen zwei Abgrenzungen existiert? Nein. Ob wir es also geistig als „Rot“ oder „Orange“ bezeichnen, macht keinen großen Unterschied. Man muss nicht aktiv etwas benennen, um eine wahre Aussage dazu zu machen, dass das, was Rot und Gelb begründet, das Wort oder Konzept für „Rot“ oder „Gelb“ ist. Wir müssen nicht herumlaufen und ständig „Rot“ sagen, damit das T-Shirt von Boris rot aussieht. Ein Buddha hat keine begriffliche Wahrnehmung und ein Buddha macht keine geistigen Benennungen. Ein Buddha würde dem jedoch zustimmen, dass das, was Rot, Orange und Gelb begründet, eine geistige Benennung ist.

Die gleiche Art der Analyse und des Verständnisses können wir nun auf Emotionen anwenden. Da gibt es dieses breite Spektrum von Emotionen und innerhalb dessen haben wir die Konzepte von Treue, Eifersucht, Stolz, Anhaftung und so weiter. Gibt es so etwas wie Eifersucht, Stolz oder Wut? Natürlich. Wodurch wird es festgelegt? Nun, durch Worte und Konzepte und durch das, worauf sich Worte und Konzepte beziehen. Das ist das Einzige, was wir sagen können. Wodurch wird begründet, dass es Wut gibt? Nun, es ist das, worauf sich das Wort „Wut“ und das Konzept „Wut“ bezieht. Gibt es jedoch bei einem jeden von uns so etwas wie Abgrenzungen seitens der Emotionen? Gibt es Bereiche, in denen etwas von hier bis dort als Wut, und darüber hinaus als Hass festgelegt wird? Es gibt keine Begrenzungen und auch keine soliden Linien oder Dinge, die wie in Plastik eingekapselt sind, wie in dem Beispiel, das wir uns angesehen haben. So etwas gibt es bei den Emotionen nicht. Sogar die definierenden Charakteristika von Wut, Eifersucht oder Hass wurden von einer Gruppe von Menschen, vielleicht von Höhlenmenschen, erschaffen, die beschlossen hatten, diese Emotionen sowohl bei Menschen als auch bei Tieren zu kategorisieren, um kommunizieren zu können. Ungeachtet dessen gibt es jedoch Emotionen. Es gibt Eifersucht und es gibt Wut. Wenn wir von Leerheit reden, ist es unmöglich, dass es irgendwo dort, auf Seiten der Basis, ein bezeichnendes „Ding“ gibt, durch das Liebe, Wut oder die Farbe Orange festgelegt wird.

Auf einer praktischen Ebene beginnen wir diese Dinge anzuwenden. Nehmen wir als Beispiel unsere Lauen: Was ist gute Laune und was ist schlechte Laune? Nun, wir haben etwas geistig als „schlechte Laune“ bezeichnet. Gab es da etwas Solides, eine wirklich „schlechte Laune“, oder eine große, schwere Wolke über unserem Kopf? Nein. Konventionell gesehen mögen wir schlechte Laune haben – etwas, das wir oder jemand in einem Wörterbuch als „schlechte Laune“ bezeichnet – aber mit dem Verständnis der Leerheit erkennen wir, dass es da keine schwere, schwarze und solide Laune gibt, die wir haben. Nun können wir die anderen Ebenen des abhängigen Entstehens miteinander vereinen und sehen, dass sie durch all diese Ursachen und Bedingungen entstanden sind und sich von einem Augenblick zum nächsten ändern. Es gibt also all diese verschiedenen Bestandteile. Vielleicht fühlen wir uns nicht gut, aber dieses Verständnis und dieses Dekonstruieren erlaubt uns, demgegenüber gleichmütig zu sein. Was damit? Wen kümmert es, ob ich schlechte Laune habe? Ob sie nun durch dieses oder jenes entstanden ist, wir sollten sie nicht als diese schlechte Laune betrachten, die so schwer und solide ist. Dann können wir uns ändern. Wir können in diesen Eintopf weitere Ursachen und Bedingungen hineinwerfen und so unsere Gefühlslage ändern.

Vielleicht fühlen wir uns krank und da gibt es die Konvention, was es heißt krank zu sein. Was ist das Kranksein? Es ist das, worauf sich das Wort „krank“ bezieht. Ganz offensichtlich gibt es hier eine breite Grundlage der Benennung. Wir sind also krank. Gut, dann legen wir uns hin, schlafen ein wenig, oder wir gehen zu einen Arzt. Wir machen jedoch keine große Sache daraus. Das ist es, was bei diesem Verständnis der Leerheit, sogar auf einer sehr oberflächlichen und anfänglichen Ebene, so hilfreich ist. Darüber hinaus erweitern wir diese Analyse auf andere Dinge. Was ist beispielsweise ein Freund oder ein Partner? Nun, es ist das, worauf sich das Wort „Freund“ oder „Partner“ auf der Grundlage einer Konvention bezieht, die entweder in einem Wörterbuch definiert wurde, oder vielleicht haben wir auch unsere eigene Definition davon, was ein Partner oder Freund sein sollte. Haben wir Freunde? Haben wir Partner? Natürlich. Aber ist es so, dass es etwas auf Seiten der Person gibt, das sie zu etwas Bestimmten macht, und wenn sie nicht so ist, dann ist irgendetwas falsch mit ihr? Nein.

Letztendlich ist es also notwendig, unser Verständnis all dieser verschiedenen Ebenen des abhängigen Entstehens zu kombinieren. Jemand ist abhängig von so vielen Ursachen und Bedingungen unser Freund oder unser Partner geworden und es gibt all die verschiedenen Teile und Aspekte der Beziehung. Und der Partner, die Beziehung oder die Freundschaft ist lediglich das, worauf sich das Wort bezieht. Die Beziehung wird durch all diese Dinge begründet, aber es gibt da nicht so etwas Solides, wie „diesen Freund“ oder „diesen Partner“. Alles ist beweglich und fließend. Wir neigen dazu, eine Standaufnahme zu machen, ein festes Bild zu haben. Dann machen wir es an einer bestimmten Sache fest und meinen, alles wäre wie in diesem Bild. Um es einmal grob zu verallgemeinern, ist alles eher wie in einem Film und wird von Millionen verschiedener Dinge beeinflusst, einschließlich unserer Konzepte in Bezug darauf, wie wir Dinge, Teile, Ursachen und Bedingungen benennen.

Damit kommen wir zum Ende unseres Vortrages. Dies sind Themen, die ein großes Maß an Betrachtung und Überlegung erfordern, aber wenn wir eine wahre Beendigung unserer Verwirrung und der störenden Emotionen erreichen wollen, sowie all des karmischen Mülls, der durch das Ausleben dieser störenden Emotionen folgt, ist das Verständnis der Leerheit in Bezug auf das abhängige Entstehen unverzichtbar. Und es ist wichtig, diese Punkte über die Leerheit und das abhängige Entstehen nicht einfach nur zu verstehen. Vielmehr müssen wir überzeugt davon sein, dass sie korrekt sind. Und nicht nur das. Es ist auch notwendig, es zu verinnerlichen und in unserem täglichen Leben anzuwenden. Wenn wir das dann mit dem Ziel tun, unser eigenes Leiden und unsere samsarische Existenz zu überwinden, wirkt es als Ursache dafür, Erleuchtung zu erlangen – natürlich in Verbindung mit vielen anderen Ursachen. Und wenn unser Geist, der dieses Verständnis der Leerheit hat, von dieser Kraft des Bodhichitta, der Basis von großem Mitgefühl und Liebe, gestützt wird, indem wir Erleuchtung zum Wohle aller erreichen wollen, wirkt dieses Verständnis als Ursache dafür, die Erleuchtung eines Buddhas zu erlangen.

Lasst uns nun mit einer Widmung schließen. Wir denken: Möge jegliches Verständnis, jegliche positive Kraft, die aus all dem entstanden ist, immer weiter anwachsen und nicht nur als Ursache für meine eigene Erleuchtung, sondern für die Erleuchtung aller und zum Wohle eines jeden wirken.

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