Chittamatra: Die zwei Wahrheiten Einleitung

Wenn wir über die zwei Wahrheiten im Chittamatra und anderen Mahayana-Schulen reden, geht es nicht um zwei unterschiedliche Arten von wahren Phänomenen. Vielmehr werden wir über die zwei Wahrheiten reden, und zwar über jene, die beschreibend für alle Phänomene sind, jedoch von zwei verschiedenen Sichtweisen. Es handelt sich um zwei Tatsachen in Bezug auf sie, die vollkommen wahr sind. Die zwei Tatsachen, die im Hinblick auf alle Phänomene wahr sind, beziehen sich darauf, was sie zu sein scheinen – auf ihre Erscheinung – und wie sie existieren. Ihre Existenzweise wird in Bezug auf die Abwesenheit dessen dargestellt, wie sie nicht existieren – ihre Leerheit. In diesen Mahayana-Systemen bezeichnet man dies als unmögliche Existenzweisen. Die Leerheit oder Leere ist die völlige Abwesenheit dieser unmöglichen Arten zu existieren. Unmögliche Existenzweisen gab es nie und wird es nie geben.

In der Chittamatra-Schule tauchen wir nun tiefer in die Beziehung zwischen Geist und Realität ein. Das Wort „Chittamatra“ bedeutet wörtlich „rein geistig“, aber wir sollten es nicht zu wörtlich nehmen und denken, es würde sich nur um uns drehen, nur der Geist würde existieren und alles würde nur in unserem Kopf ablaufen. Es handelt sich nicht um ein solipsistisches, narzisstisches System, sondern um Mahayana. Wenn also alle Wesen nur in unserem Kopf existieren würden, wie könnten wir dann Mitgefühl gegenüber allen haben? Ganz offensichtlich ist es also nicht solipsistisch. Wir denken nicht: „Ich bin der einzig Existierende und du bist lediglich eine Fantasievorstellung.“ Vielmehr zielt es darauf hin, nur wirklich über etwas reden zu können, wenn wir es mit dem Geist in Beziehung setzen. Wenn wir über etwas reden, handelt es sich um eine Beziehung zum Geist; denken wir darüber nach, tun wir es in Bezug zum Geist. Ich kann nicht über etwas reden oder mich mit etwas auseinandersetzen, ohne es mit dem Geist in Beziehung zu bringen.

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