Beispiele für die Gesetzmäßigkeiten von Karma

Meditationsübungen zu den Gesetzmäßigkeiten von Karma

Gestern haben wir über die Gesetzmäßigkeiten von Karma, die Gesetzmäßigkeiten verhaltensbedingter Ursache und Wirkung, gesprochen. In Bezug auf Karma im Allgemeinen beinhaltet die Hauptpraxis ausdrücklich, sich von den zehn destruktiven oder nicht-tugendhaften Handlungen zurückzuhalten und sich gleichzeitig zu bemühen, die verschiedenen konstruktiven oder tugendhaften Handlungen auszuführen. Wir haben auch etliche Besonderheiten der Gesetzmäßigkeiten von Verhalten und dessen Wirkungen erörtert – zuerst einmal vor allem den Faktor der Gewissheit, nämlich: Wenn man eine konstruktive bzw. positive Handlung begeht, ist es sicher, dass als Wirkung Glück daraus hervorgehen wird. Ebenso haben wir den Zuwachsfaktor besprochen, welcher besagt, dass auf eine geringfügige Handlung sehr viele weitreichende Wirkungen folgen können. Über all dies meditiert man bzw. baut man förderliche geistige Gewohnheiten auf, indem man über die Tatsache verhaltensbedingter Ursache und Wirkung nachdenkt und versteht, dass Glück die Auswirkung konstruktiver Handlungen ist und Unglücklichsein, Leiden und Probleme auf destruktive Handlungen folgen.

Man beginnt, indem man über die verschiedenen Arten von Glück, die man anstrebt, nachdenkt und sich fragt: „Nun ja, was werden wohl die Ursachen dafür sein?” Als Nächstes denkt man über die verschiedenen konstruktiven Handlungen nach und wozu sie heranreifen werden in Anbetracht dessen, dass diese Handlungen eine heranreifende Auswirkung haben, eine Auswirkung, die der Ursache bezüglich der Erfahrung und bezüglich unwillkürlicher Verhaltensweisen entspricht, und übergreifende Auswirkungen. Man reflektiert all diese Auswirkungen und das Glück, das man anstrebt, und wie es durch die genannten Ursachen – nämlich positives und konstruktives Handeln – zustande kommen könnte. Dann denkt man: „Ich möchte dazu in der Lage sein, dieses Glück zu erlangen.” Folglich fasst man den festen Entschluss, sich zu bemühen, dieses Glück zu erreichen.

Als Nächstes überlegt man sich, dass das, was Probleme verursachen könnte und einen davon abhält, dieses Glück zu erlangen, destruktives Handeln ist. Dabei zieht man die verschiedenen destruktiven Handlungen in Betracht und ebenso deren Auswirkungen: die heranreifenden Auswirkungen, die Auswirkungen, die den Ursachen bezüglich der resultierenden Erfahrung und der unwillkürlichen Verhaltensweisen entsprechen, und die übergreifenden Auswirkungen. Schließlich denkt man: „Auf keinen Fall will ich auch nur irgendein Problem oder Leiden dieser Art durchmachen!” Deshalb fasst man den festen Entschluss, es aufzugeben, in irgendeiner dieser zehn Arten destruktiv zu handeln.

Als Nächstes zieht man den Zuwachsfaktor in Betracht: wie also auf eine geringfügige Handlung weitreichende Auswirkungen folgen können und entscheidet dann fest: „Ich werde mich bemühen, jede noch so geringfügige konstruktive Handlung auszuführen und gleichsam jede noch so geringfügige destruktive Handlung zu vermeiden.”

Dann denkt man über die nächsten beiden Faktoren nach: nämlich, dass man die Auswirkungen einer Handlung, die man nicht begangen hat, nicht erfahren wird, und dass, wenn man eine gewisse Handlung begangen hat, es nicht umsonst sein wird und deren Auswirkungen gewiss heranreifen werden. In Bezug darauf überlegt man sich zum Beispiel, dass es nur zwei Möglichkeiten gibt, wenn man in destruktiver Weise gehandelt hat, sprich negatives Potenzial aufgebaut hat: Man kann dieses Potenzial bereinigen, sodass man es nicht erfahren muss, und zwar indem man die vier Gegenkräfte wie zum Beispiel Bedauern etc. anwendet; andernfalls ist es gewiss, dass man die Auswirkungen erfahren wird. Gleichermaßen gilt: Hat man eine positive konstruktive Handlung ausgeführt, so ist es nur eine Frage der Zeit, dass daraus Glück heranreifen wird, oder, im Falle von destruktiven Handlungen, dass Unglücklichsein und Probleme die Auswirkung sein werden. Diese Dinge werden auf jeden Fall heranreifen; da kann man sich sicher sein. Es wird niemals der Fall sein, dass ein Potenzial, das man zuvor aufgebaut hat, nicht irgendwann heranreift.

Hat man allerdings keinerlei Potenzial für etwas aufgebaut, so gibt es auch keine Ursache, die etwas bewirken könnte. Wenn man zum Beispiel über verschiedene Arten von Glück nachdenkt, die man vielleicht anstrebt, so wird man diese niemals erreichen, wenn man keine Ursachen dafür schafft. Man sollte also darüber nachdenken, dass die Auswirkungen von etwas, dessen Ursachen man nicht zuvor geschafft hat, nicht eintreten werden, und dass das Schaffen von Ursachen hingegen nicht ohne Wirkung bleiben wird.

Diverse Erzählungen, welche die Gesetzmäßigkeiten verhaltensbasierter Ursache und Wirkung veranschaulichen

Hat man eine gewisse Handlung begangen, wird dies nicht ohne Wirkung bleiben

Um dies zu veranschaulichen, gibt es den Fall eines Sohnes, der seine Mutter im Haus einschloss und ihr nichts zu essen gab. Die Mutter flehte um Nahrung, aber der Sohn nahm nur etwas Asche aus dem Feuer, die er mit etwas Wasser mischte und ihr zu essen gab. Die Mutter verhungerte am Ende.

Dieser Sohn starb und wurde in einem späteren Leben zur Zeit, als Shakyamuni Buddha auf der Erde weilte, wiedergeboren. Er ließ sich zum Mönch ordinieren, studierte und erlangte den Zustand eines Arhats, eines befreiten Wesens. Obwohl er diesen Zustand erlangt hatte, wurde er sehr krank. In jener Zeit gingen die Mönche, welche Buddha folgten, morgens mit ihren Schalen Almosen sammeln, aber dieser Arhat konnte nicht gehen. Buddha schlug vor, dass ein paar der Mönche, die wundersame Kräfte hatten, die Almosenschale des kranken Mönches mitnehmen und dann zu ihm mit etwas Essen zurückkehren sollten. Einer der Mönche nahm also die Almosenschale des kranken Arhats und machte sich damit auf den Weg, Almosen zu sammeln. Aber als er die Schale dem kranken Mönch zurückbringen wollte, kam ein Vogel angeflogen und schnappte sich die Schale mit dem ganzen Essen darin und so konnte die Mahlzeit nicht überbracht werden.

Gleiches geschah sechs oder sieben Tage lang immer wieder und dem kranken Arhat konnte überhaupt kein Essen gebracht werden. Eines Tages nahm Shariputra selbst die Almosenschale und versuchte, sie diesem Mönch gefüllt zurückzubringen. Als er sich dessen Haus näherte, verschwanden die Türen des Hauses und es gab keinen Eingang mehr, um hineinzugelangen. All dies geschah als Auswirkung des vorherigen negativen karmischen Potenzials, welches dieser Mönch geschaffen hatte.

Shariputra verwendete seine verschiedenen wundersamen Kräfte, um eine Tür zu erschaffen. Dann brachte er die Schale hinein, platzierte sie auf dem Boden vor dem kranken Mönch und sie verschwand – als Auswirkung des vorherigen Karmas des Mönches – einfach im Boden. Obwohl sie in den Boden gesunken war, nutzte Shariputra erneut seine wundersamen Kräfte, um die Schale mit seiner Hand wieder heraufzuholen. Der Mönch versuchte, das Essen zu sich zu nehmen, aber als er es zu seinem Mund führte, verschwand dieser auch und er hatte keinen Mund mehr, um etwas essen zu können.

Nun ja, obwohl das wohl sehr eigenartig klingen mag, ist dies die Art von außergewöhnlichen Dingen, die als Auswirkung eines karmischen Potenzials, welches in vergangenen Leben geschaffen wurde, geschehen. Nach diesem Ereignis wurde Shariputra von dem Mönch erklärt, dass all dies eine Auswirkung war, die aus Vergangenem herangereift war: „Ich habe meiner Mutter Nahrung verwehrt und als Wirkung dessen wurde es für mich unmöglich, etwas zu essen bzw. Nahrung zu bekommen. Obwohl ich den Zustand eines befreiten Wesens, eines Arhats, erlangt habe, sind die Auswirkungen vergangenen Karmas nichtsdestotrotz gewiss. Allerdings habe ich in jenem Leben meiner Mutter einen Brei aus Asche zum Essen gegeben und deshalb – wenn du mir das zubereiten würdest – werde ich es essen können.” Dann aß er diesen Brei aus Asche und demonstrierte anschließend seine wundersamen Kräfte, die er als Arhat erlangt hatte. Er konnte durch die Luft fliegen und Feuer, Wasser und alle möglichen Elemente aus seinem Körper generieren. Nachdem er all diese Kräfte demonstriert hatte, starb er und erlangte die endgültige Erlösung des Parinirvana.

Diese Erzählung demonstriert, dass eine Handlung, wenn man ein gewisses karmisches Potenzial aufgebaut hat, nicht ohne Wirkung bleiben wird; sogar wenn man den Zustand eines befreiten Wesens, eines Arhats, erlangt hat, werden solche Dinge heranreifen.

Bereinigt man nicht alle karmischen Potenziale, werden die übrig gebliebenen gewiss heranreifen

Dürfte ich eine Frage stellen?

Ja.

Auf der einen Seite heißt es, dass karmische Samen durch die vier Gegenkräfte verbrannt und bereinigt werden können, aber auf der anderen Seite scheint es, dass sogar diese großen Meister, die selbst Arhats sind, die Auswirkungen ihrer Handlungen auf jeden Fall erleiden müssen. Wie ist das möglich?

Wie du bereits selbst aufgezeigt hast, muss man die Auswirkungen verschiedener Handlungen, die man in der Vergangenheit begangen hat, nicht notwendigerweise erfahren, wenn man die eigenen Fehler offen zugibt und gesteht und die Gegenkräfte anwendet, um sich zu reinigen. Die Handlungen befreiter Wesen sind allerdings nahezu unbegreiflich und es gibt Fälle wie diesen, in welchen sie vergangene Fehler nicht offen zugegeben und sie nicht bereinigt hatten, sodass sie dann die Konsequenzen als Auswirkung davon tragen mussten.

Ein anderes Beispiel dafür ist das Leben des großen Nagarjuna. Es gab einen König, der ein besonderes Verhältnis zu Nagarjuna hatte. Solange Nagarjuna lebte, würde der König nicht sterben und sein Sohn, der Prinz, konnte nicht König werden, solange sein Vater noch am Leben war. Dieser Prinz wollte unbedingt König werden und ging deshalb zu Nagarjuna, um diesen darum zu bitten, zu sterben. Nagarjuna war damit einverstanden, hatte aber einen Körper – eine Art unsterblichen Körper – erlangt, der nicht getötet werden konnte. Der Prinz verwendete alle möglichen Waffen und Mittel, um zu versuchen, Nagarjuna zu töten, aber alles blieb erfolglos; nichts funktionierte. Nagarjuna sagte: „Du solltest damit aufhören, du verschwendest deine Zeit. Du kannst mich auf diese Weise nicht töten. In der Vergangenheit habe ich eine gewisse Handlung begangen: In einem bestimmten Leben war ich ein Grasschneider und habe bei der Arbeit einer Ameise den Kopf abgeschnitten. Das Potenzial dessen ist immer noch präsent und du könntest, wenn du einen Grashalm nähmest und ihn durch meinen Hals führtest, mich in dieser Weise töten.” Der Prinz holte also einen Grashalm, legte ihn um Nagarjunas Hals und konnte ihn so durchtrennen. Dies konnte nur geschehen, da es ein gewisses Potenzial gab, welches Nagarjuna nicht bereinigt und offen eingestanden hatte, und von welchem er sein geistiges Kontinuum nicht bereinigt hatte.

Bedeutet das, dass man sich jeder Handlung, die man begangen hat, bewusst sein muss und man jede einzeln bereinigen muss, oder gibt es einen Zustand, den man erreichen kann, in dem alle Handlungen bereinigt sind?

Man kann mit der Situation umgehen, indem man die Tatsache bedenkt, dass Wiedergeburt etwas ist, das keinen Anfang hat, und es somit keine einzige negative Handlung gibt, die nicht von jedem einzelnen von uns zu der ein oder anderen Zeit begangen wurde. Wenn man also vergangenes Fehlverhalten zugeben und sich davon bereinigen will, stellt man sich absolut jede grässliche, abscheuliche Tat, die jemals getan werden könnte, vor und gesteht, dass man sie alle begangen hat. Man kann das in dieser Weise durchdenken, sodass es ein rationaler Prozess wird, indem man sich alle negativen Dinge, die man in diesem Leben getan hat, überlegt und bedenkt, dass es eine riesige Liste negativer Dinge ergäbe, wenn man sich an alle erinnern würde. Basierend darauf, dass man in vergangenen Leben in ähnlicher Weise gehandelt hat, ist es einleuchtend, anzunehmen, dass man – da Wiedergeburt keinen Anfang hat – jede mögliche destruktive Handlung zur ein oder anderen Zeit begangen hat. Wenn man sich also davon reinigt, gesteht man, jede mögliche destruktive Handlung begangen zu haben, und man stellt sich verschiedene Nektare vor, die einem von den Buddhas zufließen und einen bereinigen, während man die vier Gegenkräfte anwendet.

Gleiches gilt in Bezug darauf, sich an den konstruktiven und positiven Dingen, die man in der Vergangenheit getan hat, zu erfreuen. Dies basiert genauso auf einer Argumentation: Wenn man an das kostbare Menschenleben denkt, welches man jetzt zur Verfügung hat, mit all seinen Möglichkeiten, Ruhepausen und Freiheiten, die man hat, muss dies daher kommen, dass man eine enorme Menge positiver Dinge in vergangenen Leben getan hat. Wenn man sich also an all den positiven Dingen, die man in der Vergangenheit getan hat, erfreut, sollte man sich in sehr weitläufiger Weise freuen. Ohne Zweifel hat man auch viele gute Dinge getan.

Unbeabsichtigte Handlungen

Dürfte ich eine Frage stellen? Gestern habe ich es so verstanden, dass eine Handlung beabsichtigt und nicht aus Versehen verübt werden muss, um vollständig zu sein. Und Nagarjuna hat doch die Ameise aus Versehen getötet. Was geht hier also vor sich?

In jenem vergangenen Leben war die Handlung, der Ameise den Kopf abzuschneiden, tatsächlich beabsichtigt. In der Erzählung heißt es nicht, dass Nagarjuna den Kopf der Ameise versehentlich abtrennte: Er war dabei, Gras zu schneiden, sah diese Ameise und schnitt ihr den Kopf ab.

Der karmische Prozess – Verhalten und dessen Auswirkungen –, der stattfindet, wenn man unabsichtlich auf eine Ameise tritt, beinhaltet nicht, dass man ein volles Potenzial mit all seinen Konsequenzen geschaffen hat, sodass man als Höllenwesen wiedergeboren wird, wenn man nur versehentlich auf eine Ameise getreten ist. Obwohl es nicht die vollen Konsequenzen haben wird, hat es dennoch gewisse Konsequenzen. Es könnte zum Beispiel zur Folge haben, dass einem dasselbe irgendwann in der Zukunft geschehen wird. Ameisen zum Beispiel erleben, dass Menschen auf sie treten; genauso würde einem dasselbe geschehen als Auswirkung davon, dass man auf eine Ameise getreten ist. Irgendwann, wenn man eine Ameise ist, wird man ebenso zertreten werden.

Wir müssen verstehen, was die Aussage bedeutet, dass die Konsequenzen der eigenen Handlungen auf einen zurückfallen. Versehentlich auf eine Ameise zu treten wird nicht dazu heranreifen, in einer Hölle wiedergeboren zu werden, ein kurzes Leben zu haben oder etwas Ähnliches, aber es wird gewisse Konsequenzen haben. Die Handlung fällt in irgendeiner Form auf einen zurück. Aus diesem Grund gibt es in Klöstern die Tradition, über die Regenzeit in Klausur zu bleiben. Während der drei Monate des indischen Monsuns müssen die Mönche und Nonnen innerhalb der Grenzen des Klostergeländes bleiben und dürfen dieses nicht verlassen. Der Grund, diese Regel für die drei Monsunmonate in Indien zu institutionalisieren, war, dass es während des Monsuns draußen überall eine enorme Menge an Insekten gibt. Um zu verhindern, dass die Mönche und Nonnen auf diese Insekten traten, während sie ausgingen, um Almosen zu sammeln, ordnete der Buddha an, während dieser Zeit auf dem Klostergelände zu bleiben und hauptsächlich zu meditieren.

Dies hängt mit den drei Domänen der Aktivitäten von Erklärung und Praxis zusammen – eine Liste von Aktivitäten und Praktiken, die für Mönche und Nonnen verfasst wurde. Die erste davon ist die Domäne des Aufgebens von Dingen und des Erlangens geistiger Stabilität, die zweite ist die Domäne der Handlungen durch Arbeit und die dritte ist die Domäne des Lesens und Studierens durch Hören und Nachdenken. Die Praktiken der Regenzeit-Klausur würden in die erste Domäne fallen, die Domäne des Aufgebens durch Erlangen geistiger Stabilität und Meditation. Die drei Monate des Monsuns, in welchen Insekten am zahlreichsten sind, sind also die Zeit, diese Domäne des Aufgebens von Dingen in die Praxis umzusetzen, indem man geistige Stabilität erlangt.

Der Tod eines Buddhas

Mitunter habe ich die Aussage gehört, dass hohe Lamas wie der Dalai Lama und Ling Rinpoche – und auch Buddha Shakyamuni, als er starb – nicht dem Prozess des Karmas unterworfen sind, sondern es nur demonstrieren. Ist das tatsächlich der Fall oder sind sie aufgrund der Tatsache, dass sie einen Körper annehmen – auch wenn es nur aus dem Grund ist, anderen Wesen zu helfen – den Auswirkungen ihrer eigenen Handlungen, die sie in der Vergangenheit verübt haben, unterworfen?

Fragst du aus Sicht des Sutra oder des Tantra?

Ich nehme an, Sutra.

Das „Sutra des goldenen Lichts“, das „Suvarnaprabha Sutra“, besagt, dass Buddha kein letztendliches Dahinscheiden oder Parinirvana hatte und der Dharma nicht wie eine Sonne untergehen wird. Wenn das Karma und die Potenziale der Schüler, die auf den Buddha treffen können, aufgebraucht sind, demonstriert dieser seinen Tod. Es besagt auch, dass – obwohl der Körper eines Buddhas nicht aus Fleisch, Knochen und Blut besteht und daher keine realen materiellen Reliquien hervorbringen kann – der Buddha aufgrund der Kraft des Vertrauens seiner Schüler diese Reliquien für sie manifestieren und erschaffen kann.

Hat man Vertrauen und achtungsvollen Glauben, wird man die Erscheinung verschiedener erleuchteter Wesen sehen, so wie man den Mond in einem klaren See reflektiert sehen kann. Hat man jedoch keinen achtungsvollen Glauben und kein Vertrauen, wird man sie nicht sehen. Wenn Seine Heiligkeit der Dalai Lama zum Beispiel auf einem Thron sitzt und Menschen zu ihm kommen, um ihn zu treffen und seinen Segen zu bekommen, gibt es trotzdem immer noch viele Beispiele von Menschen, die einfach daran vorbeilaufen, ohne ihn überhaupt zu sehen.

Was die Nirmanakayas betrifft – das tibetische Wort dafür ist „tulku“ –, so gibt es verschiedene Arten. Eine ist die höchste Art des Nirmanakayas oder Ausstrahlungskörpers, wie zum Beispiel Buddha Shakyamuni, der in vollkommener Gestalt mit den 32 Haupt- und 80 Nebenmerkmalen erschien. Er demonstrierte seinen eigenen Tod in einer Weise, in welcher wir üblicherweise Dinge wahrnehmen und sehen können. Das „Sutra des glückverheißenden Äons“, welches Erzählungen der Leben der 1002 Buddhas dieses glückverheißenden Äons enthält, beschreibt zwei verschiedene Weisen, wie Buddhas sterben und was anschließend mit ihrem Körper passiert. Einige – wie Buddha Shakyamuni – sterben, wie er in Kushinagar verstarb und ihr Körper wird anschließend eingeäschert. Bei anderen wird ihr Körper in dem Zustand belassen, in dem sie sterben. Das bedeutet nicht, dass der Körper notwendigerweise begraben wird, sondern es kann auch sein, dass er in einer Höhle oder hoch auf einem Berg zurückgelassen und sich so unberührt selbst überlassen wird.

Es gibt zwei Möglichkeiten, den Tod Buddha Shakyamunis in Kushinagar zu verstehen: die erste ist vom Standpunkt der Shravakas, der Hörer der Lehren, und die andere vom Standpunkt der geistig weitreichenden Mahayana-Praktizierenden. Die Hörer, die Hinayana-Praktizierenden, interpretieren es als ein endgültiges Dahinscheiden, wonach die Aggregate restlos verlöschen – wie das Ausgehen einer Kerze. Das Mahayana-System beschreibt ganz anders, was nach dem Tod Buddhas geschieht. Wie dem auch sei – in beiden Fällen demonstriert Buddha einen Tod, ein Parinirvana. Im Mahayana heißt es jedoch, dass Buddha nur demonstriert, zu sterben, und nicht wirklich endgültig stirbt, wie es das Hinayana-System beschreibt. Er demonstriert seinen Tod in ganz gewöhnlicher Weise.

Als Buddha noch auf den Ebenen des Pfades praktizierte, also noch Schulung benötigte, nahm er viele Wiedergeburten an. Es gibt eine Beschreibung, der zufolge er 500 Wiedergeburten in reinen Formen und 500 Wiedergeburten in unreinen Formen annahm. Diese unreinen Formen waren keine menschlichen Formen und in einer von ihnen wurde er als sehr großer Affe wiedergeboren. Zu jener Zeit gab es Jäger, die hinter allen Tieren des Waldes her waren. Während alle Tiere vor den Jägern wegrannten, sah dieser große Affe, der ein früheres Leben Buddhas war, einen Fluss. Er setzte seinen Fuß an ein Ufer, streckte sich über den Fluss und stützte sich mit seinen Armen auf das andere Ufer, um so mit seinem Körper eine Brücke zu formen, damit Rehe und andere Waldtiere den Fluss überqueren und so den Jägern entfliehen konnten. Nachdem alle Tiere den Fluss überquert hatten, schaute sich der Affe um und sah, dass noch ein kleines Jungtier herbeigehoppelt kam, und so wartete er, bis auch dieses den Fluss überquert hatte. Die über ihn rennende Horde von Tieren – wie die Rehe mit ihren scharfen Hufen – zehrte sehr an des Affen Rücken und verletzte ihn schwer. Sein Körper war in einem schrecklichen Zustand und nicht mehr zu gebrauchen. Er ließ also los, fiel in den Fluss und starb.

Später, als Buddha als Shakyamuni wiedergeboren wurde, hatte er sehr viele Schüler, die er zu verschiedenen Zuständen der Verwirklichung und Errungenschaft führte. Kurz bevor Buddha starb, bemerkte er, dass es noch diesen einen Nicht-Buddhisten gab, der das Karma hatte, sein Schüler zu sein und Verwirklichung zu erlangen. Buddha segnete also seine eigene Lebensspanne und verlängerte sie um einen Monat, um so diesen letzten Schüler zu lehren. Nach dieser einmonatigen Verlängerung seines Lebens ging er nach Kushinagar und verstarb. Der Grund dafür war, dass dieser letzte Schüler das Jungtier aus dem Wald war, welches hinter all den anderen Tieren, die den Fluss überquerten, zurückgeblieben war und noch das Karma hatte, die Brücke Buddhas, des Affen, zu überqueren. Er hatte also das Karma, ein Schüler Buddhas zu sein; daher kam dieses Ereignis zustande.

Die Körper eines Buddhas

Diese Art von Ausstrahlungskörper, oder Nirmanakaya, eines Buddhas nennt man höchsten Nirmanakaya: einer, der 32 hervorragende Hauptmerkmale und 80 beispielhafte Nebenmerkmale wie Buddha Shakyamuni hat. Wenn wir das Potenzial geschaffen haben, einen solchen höchsten Ausstrahlungskörper eines Buddhas anzutreffen, werden wir auch als gewöhnliches Wesen eine solche Gestalt tatsächlich treffen können; haben wir dies nicht, werden wir es nicht können. Was die Sambhogakayas – die Körper eines Buddhas, welche vollen Gebrauch des Mahayanas machen – betrifft, so verweilen diese in „Og-min“, oder im Sanskrit „Akanishta“ – der Bereich, der von nichts übertroffen wird. Dieser kann nur von Arya-Bodhisattvas gesehen werden. Arya-Bodhisattvas sind hingebungsvolle Wesen, die in nichtkonzeptueller Weise eine einfache Wahrnehmung von Leerheit haben. Abgesehen von diesen Arya-Bodhisattvas kann niemand Sambhogakayas sehen. Was die Dharmakayas betrifft, die alles umfassenden Körper der Buddhas, so kann sie außer den Buddhas selbst kein anderes Wesen wahrnehmen – nicht einmal Arya-Bodhisattvas.

Unter den verschiedenen Körpern eines Buddhas, sind es der Dharmakaya und der Sambhogakaya, der Körper des vollen Gebrauchs, die wir gewöhnliche Wesen nicht sehen können; die meisten von uns können nicht einmal einen höchsten Ausstrahlungskörper, einen Nirmanakaya, sehen. Es gibt drei Arten von Nirmanakaya; diese sind:

  • höchster Ausstrahlungskörper
  • Ausstrahlungskörper als Künstler
  • Ausstrahlungskörper als Person

Gewöhnliche Wesen wie wir können einen Ausstrahlungskörper, einen Nirmanakaya, als Künstler oder Person sehen. Beispiele für Nirmanakayas oder Ausstrahlungskörper, die tatsächlich geborene Personen sind, wären Seine Heiligkeit der Dalai Lama und dessen Haupttutor Yongdzin Ling Rinpoche.

Hinsichtlich des Sangha hat das Sanskritwort die Konnotation einer ,,überragender Gemeinschaft” und im Tibetischen einer ,,Absicht” und einem ,,positiven Ziel”. Bringt man die Bedeutungen beider Sprachen zusammen, ergibt das ,,Die überragende Gemeinschaft, die ein positives Ziel anstrebt” oder ,,Absichtsgemeinschaft”.

Es ist hilfreich, besonders in Zeremonien, in denen man die Mahayana-Gelübde ablegt, die Rezitationen sowohl auf Tibetisch als auch in der eigenen Sprache zu lesen und die Terminologie, welche Konnotationen der Originalbegriffe enthält, in Übersetzung vorliegen zu haben, anstatt nur Standardbegriffe vor sich zu haben, die einfach von vorhergehenden Übersetzern übernommen wurden.

Es gibt eine Erzählung, die das Beispiel eines Ausstrahlungskörpers als begabte Person oder Künstler zeigt. Es gab einmal einen Gandharva-König. Gandharvas sind göttliche Musiker und ihr Name bedeutet wörtlich ,,Jene, die sich mit Düften aufrechterhalten.” Der König der göttlichen Musiker war äußerst stolz und arrogant, ein solch fantastischer Spieler der Vina, eines indischen Saiteninstruments, zu sein. Um diesen stolzen König zu zähmen, manifestierte sich Buddha als Künstler, dieses Mal als Musiker. Sie machten einen Wettkampf im Spiel der Vina, welche eintausend Saiten hat. Nach jeder Runde schnitten sie Saiten ab und spielten mit immer weniger Saiten weiter, bis am Ende nur noch eine übrig blieb. Der König konnte noch immer mit Buddha mithalten, doch dann durchtrennte Buddha auch die letzte Saite und spielte weiterhin ganz ohne Saiten wundervolle Melodien. Der König musste sich geschlagen geben. So konnte Buddha dessen Stolz in die Schranken weisen und dazu beitragen, seinen Geist zu zähmen. Dies ist ein Beispiel eines Ausstrahlungskörpers als Künstler.

Der höchste Ausstrahlungskörper, der Ausstrahlungskörper als Künstler oder als Person – die verschiedenen Nirmanakayas – und ebenso der Sambhogakaya, ein Körper des vollen Gebrauchs, sind Formkörper, denen wir begegnen können, bevor wir selbst Buddhas werden. Unter diesen Formkörpern ist es der Sambhogakaya, der überhaupt nicht stirbt, wohingegen die verschiedenen Nirmanakayas – entweder der höchste Ausstrahlungskörper, der Ausstrahlungskörper eines Künstlers oder der einer Person – Körper sind, in welchen Buddhas ihren Tod demonstrieren.

Wie und an welchem Punkt des Vortrags ist diese Frage aufgekommen? Was war der Anlass?

Ich glaube, das war, als Sie über die vier Gegenkräfte gesprochen haben und über die Tatsache, dass wir uns reinigen können. Danach kam die Geschichte des Arhats, der die Auswirkungen seiner Handlungen erleiden musste.

Die Frage kam im Zusammenhang mit der Erzählung von Nagarjuna auf, in welcher er sagte: „Du kannst mich nur deswegen töten, da ich dieses eine letzte karmische Potenzial habe; ich habe es nicht offen eingestanden und mich nicht davon gereinigt, diese Ameise getötet zu haben. Deshalb ist die einzige Möglichkeit, mich zu töten, dieselbe, wie ich auch die Ameise getötet habe.” Dann bleibt bezüglich der Buddhas die Frage, ob es ein vergleichbarer Fall ist, wenn die Buddhas einen Tod demonstrieren. Basiert es auf einem karmischen Potenzial, dass sie nicht bereinigt haben?

Die Buddhas erklären, dass dies der Fall ist, aber tatsächlich demonstrieren sie lediglich die Gesetzmäßigkeiten von Verhalten und dessen Auswirkungen. Buddhas haben sich von allen negativen Potenzialen bereinigt; es gibt also keinen Grund, die Auswirkungen irgendeiner negativen Handlung, die sie in der Vergangenheit begangen haben mögen, erfahren zu müssen. Um jedoch die Gewissheit der Gesetzmäßigkeiten des Karmas zu demonstrieren, demonstrieren sie manchmal, dass verschiedene Dinge mit ihnen geschehen; sie machen das lediglich, um eine gewisse Lehre zu erteilen.

Weitere Beispiele dafür, dass man die Auswirkungen einer bestimmten Handlung gewiss erfahren wird

Es gibt eine geschichtliche Erzählung, in welcher Buddha auf einen Dorn tritt. Leute fragten ihn, warum er sich diesen Dorn eingetreten hatte, und Buddha antwortete: „In einem vergangenen Leben war ich der Kapitän eines Handelsschiffes mit fünfhundert Händlern. Das Schiff stach in See, um Schätze aus der Tiefsee zu bergen. Als es an die Küste zurückkehrte, war es voll mit Juwelen und verschiedensten Reichtümern.

Es gab einen Verbrecher mit dem Namen Minag Dungdung an Bord, der das Schiff übernehmen, jeden töten und die Schätze stehlen wollte. Zu jener Zeit sah ich, dass er jeden Einzelnen getötet hätte, wenn niemand etwas unternommen hätte, um ihn zu stoppen. Ich gab mich also für die anderen hin und entschied, anstatt diesen Verbrecher ein enormes negatives Potenzial aufbauen zu lassen, indem er die ganze Schiffsmannschaft tötete, und all diese Händler, die von ihm getötet werden würden, leiden zu lassen, alle Konsequenzen, die Leid für mich bedeuten würden, auf mich zu nehmen und ihn zu töten, um ihn so an seiner Tat zu hindern. Als ich ihn dann tötete, tat ich dies in dem vollen Bewusstsein, alle verheerenden Auswirkungen, die daraus folgen würden, auf mich zu nehmen. Die Tatsache, dass ich jetzt einen Dorn in meinem Fuß habe, ist eine Auswirkung davon.”

Natürlich hatte sich Buddha von diesem negativen Karma gereinigt, aber später ließ er es zu, sich einen Splitter einzutreten, um so seine Schüler zu belehren. Es gibt also diese Art von Beispielen auch mit Buddhas. Sie sind Fallbeispiele für die Tatsache, dass, wenn man eine gewisse Handlung begangen hat, man deren Auswirkungen erfahren wird; und hat man sie nicht getan, so wird man auch ihre Auswirkung nicht erfahren.

Ein anderes Beispiel, das noch nicht genannt wurde, ist, dass Devadatta Buddha schlug oder zumindest versuchte, ihn zu schlagen. Dies erteilt uns eine ähnliche Lektion in Sachen Karma.

Ein weiteres Beispiel dafür, dass eine gewisse Handlung niemals umsonst ist

Es gibt allerdings noch eine andere Art von Beispiel: Vor langer Zeit gab es sechzehn Diebe, die eine Kuh stahlen und sie dann in die Stadt zu einer Frau brachten, die eine Herberge besaß. Sie schlachteten die Kuh und aßen sie anschließend. Zur Zeit Buddhas lebte eine gewisse Frau, die die Ehefrau eines Ministers war und mit diesem sechzehn Söhne hatte. Diese Söhne waren alle sehr begabt, gelehrt und intelligent; der König mochte und begünstigte sie sehr. Zu jener Zeit wurde die Kuh, die in ihrem vorherigen Leben gestohlen wurde, ebenfalls als Minister desselben Königs wiedergeboren und dieser Minister mochte jene Söhne überhaupt nicht. Eines Tages waren die sechzehn Söhne, welche ziemlich rauflustige, sportliche Jungen waren, dabei, eine Brücke zu überqueren, und alberten dabei herum, schubsten sich gegenseitig und rauften miteinander. Dieser andere Minister, der in seinem vergangenen Leben jene Kuh war, sagte zum König: „Vielleicht mögen Sie diese Burschen, aber tatsächlich sind sie Nichtsnutze und geben in Ihrer Anwesenheit lediglich vor, nett und unschuldig zu sein.”

Eines Tages gab dieser Minister jedem der sechzehn Söhne einen hohlen Stab aus einer Art von Kristall; innen war ein scharfes Messer versteckt. Von außen konnte man nicht sehen, dass ein Messer darin verborgen war, und so sahen diese lediglich aus wie wunderschöne Kristallstäbe. Der Minister wandte sich darauf an den König und sagte: „Sie mögen glauben, dass jene Jungen noch so unschuldig und reizend seien, doch werden sie eines Tages hier mit Kristallstäben, die innen Waffen beherbergen, hereintreten und Sie töten.” Der König sah die Jungen draußen mit diesen Stäben spielen und, obwohl er dem Minister nicht traute, beauftragte er jemanden, ihm einen der Stäbe zu bringen und aufzubrechen, um zu sehen, was sich darin verbarg.

Buddha, welcher sich dieses schrecklichen Komplottes, der da vor sich ging, bewusst war, ging in jener Nacht zum Haus der Mutter der Jungen und gab ihr Unterweisungen, woraufhin sie bloße Wahrnehmung der Realität, der Leerheit, erlangte und somit den Zustand eines befreiten Wesens, eines Arhats, erlangte. Zurück am Hofe hatte der König einen dieser Stäbe aufbrechen lassen und gesehen, dass tatsächlich eine Waffe darin versteckt war. Er wurde sehr zornig auf die Jungen und ließ sie – ohne jeglichen Prozess oder weitere Ermittlungen – alle enthaupten, legte deren Köpfe in eine große Kiste und schickte sie zum Haus der Mutter. Wie zuvor erklärt, hatte Buddha sie in der Nacht zuvor aufgesucht und sie hatte nichtkonzeptuelle, bloße Wahrnehmung der Realität erlangt und somit konnte sie, als sie die Kiste mit den abgetrennten Köpfen ihrer sechzehn Söhne öffnete, ruhig bleiben und sich davon nicht aufbringen lassen.

Die sechzehn Söhne in dieser Erzählung waren in ihrem vorherigen Leben die sechzehn Kuhdiebe und ihre Mutter war die Besitzerin der Herberge, jene Frau, welche geholfen hatte, das Essen zuzubereiten, und die Kuh den Dieben serviert hatte. Dies zeigt, dass, wenn man gewisse Handlungen in der Vergangenheit begangen hat, das karmische Potenzial, welches dadurch geschaffen wurde, nicht verloren geht und es in der Tat heranreifen wird.

Weitere Beispiele für das Heranreifen von Karma

Zur Zeit Buddhas gab es einen Holzhändler, der Buddha und der Sangha-Gemeinschaft Goldmünzen als Gabe darbrachte. Als Auswirkung dessen wurde dieser Mann mit Goldohrringen wiedergeboren. Auch eine andere Person brachte Buddha eine Gabe in Form von Gold und als diese Person wiedergeboren wurde, fiel jedes Mal, wenn sie die Hände ballte und wieder öffnete, eine Goldmünze heraus.

An einem anderen Ort ließ jemand einen riesigen Stupa, ein Reliquienmonument, bauen und einer der Arbeiter, der sich immer über all die daran beteiligte Arbeit beschwerte, sagte: „Warum in der Welt willst du so ein riesiges Monstrum bauen?! Das ist einfach zu viel Arbeit!” Er beschwerte sich die ganze Zeit. Er hörte nicht auf, sich zu beklagen, dass der Stupa zu groß und eine Monstrosität sei, aber irgendwann wurde der Stupa tatsächlich fertig. Als er jedoch das fertige Bauwerk sah, hatte er Freude daran und dachte, dass es sich schließlich doch gelohnt hatte. Er verwendete sein Gehalt, um eine goldene Glocke zu kaufen, die er dann als Gabe darbrachte; sie wurde oben auf dem Stupa aufgehängt. Die Auswirkung dessen war, dass er zur Zeit Buddha Shakyamunis als Mönch wiedergeboren und ,,Der mit der lieblichen Stimme” genannt wurde, da er eine äußert liebliche Stimme hatte. Sein Körper allerdings war eine einzige Abscheulichkeit, ein völliges Desaster. Er war ein total deformierter Kleinwüchsiger und jeder, der ihn sah, war entsetzt und angewidert von seinem Anblick. Seine Stimme jedoch war so lieblich, dass jeder, der vorbeilief, anhielt, um ihm zuzuhören. Sogar Tiere spitzten die Ohren, wenn er ein Gebet sang.

Einmal kam ein wohlhabender Förderer, um Buddha zu treffen und diese wunderschöne Singstimme zu hören. Er sagte: „Ich würde diesen Mönch, der so wunderbar singt, wirklich gerne treffen.” Buddha entgegnete: „Nein, das solltest du nicht. Es wäre besser, wenn du ihn nicht aufsuchst.” Aber der Förderer bestand darauf, den Mönch zu treffen und als er ihn sah, war er von dessen Anblick total abgestoßen. Er fragte Buddha, was die Ursache für dessen Erscheinung sei, und dieser erklärte ihm, dass der Mönch in seinem vorherigen Leben an jenem Stupa mitgearbeitet hatte und sich immer wieder darüber beschwert hatte, dass der Stupa eine Monstrosität sei und nicht so groß sein sollte. Die Auswirkung dessen war, dass er als sehr kleiner, deformierter Zwerg – selbst eine Monstrosität – wiedergeboren wurde. Da er jedoch, als die Konstruktion schließlich fertig wurde, dem Stupa eine Opfergabe in Form einer Glocke gemacht hatte, hatte er jetzt als Auswirkung davon eine wunderschöne Stimme.

Es gibt eine andere Erzählung über ein Land, in welchem sieben Königinnen lebten, die zusammen mit ihrer Dienerin ausgingen, um ein Picknick zu machen. Während des Picknicks wollten sie ein Lagerfeuer machen und in der Nähe gab es einen Busch, in dem sich jedoch ein Fasanennest befand. Während die Dienerin Wasser holen ging, machten die Königinnen mit diesem Busch ein Lagerfeuer und die Fasane starben im Feuer. Diese Königinnen wurden zur Zeit Buddhas als Nonnen wiedergeboren und erlangten den Zustand von Arhats, befreiten Wesen. Als befreite Wesen hatten sie wundersame Kräfte und konnten durch die Luft fliegen und die verschiedenen Elemente wie Feuer und Wasser aus ihren Körpern hervorkommen lassen. Die Dienerin wurde ebenfalls zur Zeit Buddhas wiedergeboren und war Teil dieser Nonnengruppe; sie erlangte allerdings nicht den Zustand eines befreiten Arhats.

Eines Tages fing das Haus, in welchem sie sich alle befanden, Feuer und, obwohl die sieben Nonnen Befreiung erlangt und wundersame Kräfte hatten, mit denen sie fliegen konnten, konnten sie diese nicht benutzen und sind alle verbrannt und gestorben. Dies ist erneut ein Beispiel dafür, dass, wenn man ein gewisses karmisches Potenzial geschaffen hat, man dessen Auswirkungen erfahren wird und dieses Potenzial nicht verloren gehen wird. Auch in diesem Beispiel hatten sie ihre Fehler nicht gestanden und sich nicht von dem Potenzial, welches sie geschaffen hatten, gereinigt. Die Dienerin, die nicht an der Handlung, den Busch mit den Fasanen darin zu verbrennen, beteiligt war, wurde ebenso in diesem späteren Leben von dem Feuer eingeschlossen, konnte aber entkommen, indem sie durch einen Abwasserkanal des Hauses nach draußen kroch. Ihr Beispiel zeigt, dass, wenn man ein gewisses Potenzial nicht geschaffen hat, man dessen Auswirkungen auch nicht erfahren muss.

Überzeugtes Vertrauen in die Lehren von Karma entwickeln

All die genauen, komplizierten und subtilen Details der Gesetzmäßigkeiten von Verhalten und dessen Auswirkungen können lediglich von einem voll erleuchteten Buddha vollständig wahrgenommen werden. Es ist sehr wichtig, diese Gesetzmäßigkeiten und die damit einhergehende Materie zu studieren. Die Texte, welche diese erläutern, sind in verschiedenen Bänden der ins Tibetisch übersetzten Worte Buddhas, des „Kangyur“, enthalten, besonders in dem Text „Das Sutra ‚Der Weise und der Tor‘“. Diese Bände behandeln das Thema Karma und man sollte sich bemühen, sie zu studieren.

Bezüglich der eigentlichen Darstellung von Verhalten und dessen Auswirkungen ist die Tatsache, in niederen Bereichen wiedergeboren zu werden und ähnliche Dinge, etwas, das wir mit bloßer Wahrnehmung – mit unseren eigenen Augen – nicht sehen können. Der einzige Weg, diesbezüglich Überzeugung zu erlangen, ist, sich auf die autoritären Schriften Buddhas zu stützen – sich auf sein Wort zu verlassen. Wie können wir eigentlich dieses überzeugte Vertrauen entwickeln, dass das, was Buddha über Karma gesagt hat, wahr ist? Es einfach deshalb zu akzeptieren, weil Buddha hochverehrt und ein heiliges Wesen ist, ist etwas, das nicht jeder einfach annehmen kann und auch kein tragfähiger oder solider Grund, daran zu glauben, was er sagte. Es kann gut sein, dass man am Ende denkt, dass Buddha dies alles erfunden hat.

Wie entwickeln wir überzeugtes Vertrauen in das, was Buddha über Karma und dessen Gesetzmäßigkeiten gesagt hat? Nun ja, wir erwägen alles, was Buddha über Leerheit, über Realität, sagte. Buddha hinterließ viele Reihen logischer Schlussfolgerungen, um zu begründen, dass es so etwas wie all diese fantasierten, unmöglichen Existenzweisen nicht gibt. Wenn wir unsere Fähigkeit des logischen Denkens benutzen, um diese Logik zu durchdringen, werden auch wir überzeugt sein, dass das, was Buddha über Realität gesagt hat, tatsächlich wahr ist. Genauso gab Buddha viele verschiedene Methoden an, um einen still gewordenen und zur Ruhe gekommenen Geisteszustand – Shamatha oder geistige Ruhe genannt – erlangen zu können; und wenn wir diese Methoden praktizieren, werden wir tatsächlich in der Lage sein, einen solchen Geisteszustand zu entwickeln. Sobald man davon überzeugt ist, kann man ein überzeugtes Vertrauen darin entwickeln, dass das, was Buddha lehrte, und folglich auch das, was er über die Gesetzmäßigkeiten von Verhalten und dessen Auswirkungen sagte, wahr ist.

All dies ergab sich aus der Erörterung der jeweils zehn destruktiven und konstruktiven Handlungen. Es ist sehr wichtig, darüber Bescheid zu wissen und es in die Praxis umzusetzen. 

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